| Titel: | Ueber das Trocknen und Rösten einiger als Nahrungs- und Arzneimittel gebräuchlichen vegetabilischen Körper; vom Apotheker Dausse. | 
| Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. LXVIII., S. 304 | 
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                        LXVIII.
                        Ueber das Trocknen und Rösten einiger als
                           Nahrungs- und Arzneimittel gebräuchlichen vegetabilischen Körper; vom Apotheker
                           Dausse.
                        Aus dem Journal de Pharmacie, August 1850, S.
                              134.
                        Dausse, über das Trocknen und Rösten einiger als Nahrungs-
                           und Arzneimittel.
                        
                     
                        
                           Gewisse Substanzen dienen als Nahrungs- oder Arzneimittel, nachdem man sie
                              zuvor der Einwirkung der Wärme ausgesetzt, d.h. geröstet hat. Bisher haben hierbei
                              nur die Uebung, das Auge oder die Erfahrung geleitet, um den erforderlichen Grad der
                              Veränderung durch die Wärme zu beurtheilen. Ich glaube nun ein sicheres,
                              mathematisch richtiges Mittel gefunden zu haben, um den Augenblick zu bestimmen, wo
                              der Proceß beendigt ist; es ist ein leichtes Mittel das jedermann anwenden kann, und
                              beruht auf dem Erfahrungssatz: daß wenn man eine Substanz erhitzt bis sie als gut
                              geröstet zu betrachten ist, und den Gewichtsverlust bestimmt, welchen sie hierbei
                              erlitt, man stets versichert seyn kann, dasselbe Product wieder zu erzielen, so oft
                              man dieselbe Menge dieser Substanz röstet und sie dabei genau eben so viel an
                              Gewicht verlieren läßt.
                           Zur Erreichung dieses Zweckes bedurfte ich einer Rösttrommel, aber einer von der
                              gewöhnlichen sehr verschiedenen. Die von mir erfundene Wäge- und Röstvorrichtung (Ponde-torréfacteur) unterscheidet sich von
                              der einfachen Trommel durch folgende Zusätze:
                           1) der Ofen enthält auf einer Seite eine kleine Tafel von Eisenblech (Register
                              genannt), welche zwischen den Kohlen und der Trommel gleitet, und je nachdem sie in
                              den Brennraum geschoben, oder herausgezogen wird, zum Vermindern oder Verstärken der
                              Wirkung des Feuers dient; man erspart dadurch also das öftere Wegheben der alten
                              Trommel vom Ofen, falls die Hitze zu stark ist und die Operation gegen das Ende
                              geht.
                           2) Die Trommel oder der Cylinder ist (wie der Körper des Ofens) ebenso breit als
                              lang. Im Innern derselben bringe ich ein kleines, halbmondförmig gebogenes Stück
                              Eisenblech an, Centrifugium gegenannt. Dasselbe
                              schleudert bei jedesmaligem Umdrehen der Trommel mittelst der Kurbel, die in der
                              Mitte befindlichen Körner an die zwei Enden; sie wechseln so beständig ihren Platz,
                              und falls das Feuer unregelmäßig wäre, ist man versichert daß die Körper alle Temperaturgrade
                              durchmachen und gleichmäßiggleichmäßg geröstet werden. Man erspart mithin durch dieses Centrifugium das bei der
                              bisherigen Trommel zu demselben Zweck so nothwendige oftmalige Umschütteln.
                           3) An der Seite des Ofens, welche der das Register enthaltenden entgegengesetzt ist,
                              kann nach Belieben ein starker Eisenstab eingesetzt werden, dessen oberes Ende einen
                              Waagebalken trägt. Auf der linken Seite dieses Balkens ist eine Waagschale, auf der
                              rechten eine eiserne Stange aufgehängt; letztere ist auf zwei Drittel ihrer Länge
                              umgebogen und hat an jedem Ende einen Haken mit ziemlich großer Oeffnung. Die Stange
                              muß die Trommel tragen mittelst der zwei Haken, auf welchen der durch selbe
                              hindurchgehende Spieß aufliegt. Die Waagschale zur Linken wird bis zum Gleichgewicht
                              mit der leeren Trommel belastet. Es ist, als würde eine wirkliche Waage
                              aufgerichtet, mit Waagschalen von verschiedener Gestalt; ferner ist zur Linken an
                              dem Eisenstab eine bewegliche Gabel befestigt, womit man den linken Arm des
                              Waagebalkens während des Umdrehens der Trommel unterstützt oder hebt.
                           Durch diese Waage ist man der Unbequemlichkeit überhoben, jeden Augenblick die Thüre
                              der Trommel öffnen zu müssen, um die Färbung der zu röstenden Substanz zu
                              besichtigen und darnach zu beurtheilen ob sie den geeigneten Grad der Röstung
                              erreicht hat, was bei den bisherigen Brenntrommeln nothwendig war.
                           Gesetzt man wolle z.B. Martinique-Kaffee brennen. Die Erfahrung lehrt, daß
                              dieser Kaffee, um den besten Grad der Röstung zu erlangen, durchschnittlich 95
                              Gramme von 500 Grammen verlieren muß.
                           Man legt auf die Waagschale 405 Gramme Gewicht und bringt in die Trommel 500 Gramme
                              Kaffee, verschließt sie, läßt auf den Ofen die Kuppel herab, zieht das die glühenden
                              Kohlen verdeckende Register heraus, hebt den linken Arm des Waagebalkens auf, indem
                              man die Gabel daran befestigt, und versetzt sogleich die Trommel in ziemlich rasche
                              und regelmäßige Umdrehung, bis sich rußige Dämpfe reichlich entwickeln; alsdann
                              schiebt man das Register wieder in den Ofen, zieht die Kuppel wieder auf, ohne das
                              Umdrehen zu unterbrechen, welches man jedoch etwas langsamer vor sich gehen läßt,
                              und bringt dann mit dem Daumen der linken Hand die Gabel zum Fallen; sobald die
                              Trommel ohne Stoß aus dem Ofen tritt und die Zunge der Waage in der Mitte stehen bleibt, hat der
                              Kaffee genau 95 Gramme verloren und ist richtig gebrannt; man nimmt nun die Trommel
                              sogleich weg, schüttet die Bohnen auf eine Marmor- oder verzinnte
                              Metallplatte und breitet sie dünn aus, um sie möglichst schnell abzukühlen. Wenn die
                              Junge sich nicht in der Mitte einstellt, bringt man alles wieder in den vorigen
                              Zustand, um den Versuch zu wiederholen.
                           Ebenso werden alle Körper behandelt, welche getrocknet oder geröstet (oder auch
                              verkohlt) werden sollen; für jeden ist im folgenden der geeignete Gewichtsverlust
                              angegeben.
                           Rösten des Cacao's. – Der Ausdruck Rösten ist zur Bezeichnung der beabsichtigten Einwirkung
                              der Wärme auf die Cacaobohnen nach meiner Meinung nicht richtig; besser würde man
                              sagen: Austrocknen. Der Zweck dabei ist die leichte Absonderung der Hülle vom
                              Häutchen und dem Kern, welchen es bedeckt, ferner die Austrocknung des Kerns selbst,
                              damit er sich leicht pulvern lasse. Damit ist aber auch der Zweck erreicht, und wenn
                              man die Wärme auf den Cacao länger einwirken läßt, so erleidet er sicher eine
                              nachtheilige Veränderung; der Cacao enthält nämlich viel fettes Oel oder Butter,
                              welche sich färbt und statt des zarten und angenehmen Geschmacks einen scharfen und
                              unangenehmen annimmt.
                           Man muß daher den Augenblick genau bestimmen können, wo die Cacaobohnen den gehörigen
                              Grad von Trockene erreicht haben, wobei sich das Häutschen leicht ablöst. Durch
                              Versuche habe ich gefunden, daß der Cacao von Carracas 70–75 Gramme per Kilogr.; der Maragnan-Cacao aber 80–85
                              Gramme per Kilogr. verlieren muß.
                           Von der wahren Rüstung. – Die Einwirkung der Wärme
                              ist bei den zu röstenden Substanzen nicht nur wegen ihres Trocknens nöthig, oder um
                              sie zerreiblicher zu machen; sondern sie hat vorzüglich den Zweck, deren
                              Constitution zu verändern, die Bestandtheile derselben zu modificiren und eine
                              wechselseitige Einwirkung derselben hervorzurufen, wobei neue Verbindungen gebildet
                              werden, die den ursprünglichen Geschmack und Geruch der Substanz verändern und ihr
                              neue Eigenschaften ertheilen.
                           Die Röstung kommt bei einer ziemlichen Anzahl von Körpern in Anwendung, z.B. beim
                              Kaffee, den Eicheln, Castanien, der Cichorienwurzel, den Kichererbsen, der Gerste
                              und dem Hafer (in der Medicin auch der Rhabarber und den Schwämmen).
                           
                           Rösten des Kaffees. – Um den Kaffee gut zu rösten
                              (brennen), muß die Röstung nie so weit getrieben werden, daß er schwarz wird, weil
                              sich sonst eine Bittere in ihm entwickelt, welche er nicht besitzen soll und die
                              seinen guten Geschmack beeinträchtigt; ferner würde dadurch das beim Rösten erzeugte
                              Arom größtentheils wieder, verloren gehen; das Feuer darf beim Brennen nur ein
                              mäßiges seyn.
                           Zahlreiche Versuche überzeugten mich:
                           1) Daß alle grünen Kaffeesorten, z.B. der von Martinique, von Guadeloupe,
                              Porto-Rico, Rio etc., Hayti, kurz alle von den Antillen oder dem
                              amerikanischen Continent zu uns kommenden Sorten, wenn sie trocken sind, von 500
                              Grammen 90 Er. verlieren sollen; wenn sie aber frisch und noch feucht sind, 100 Gr.
                              von 500.
                           Im Durchschnitt ist 95 Gramme von 500 das zweckmäßigste Verhältniß.
                           2) Die blassen oder gelben Kaffeesorten, z.B. der von
                              Bourbon, Malabar, der afrikanischen Küste etc., sind weniger wasserhaltig und
                              delicater; sie dürfen auch nicht so stark geröstet werden. Wenn die Bohnen alle
                              recht trocken sind, läßt man sie 80 Gr. von 500 verlieren; wenn sie noch etwas
                              feucht sind, 90 Gr. von 500. Im Durchschnitt ist 85 Gramme der geeignete
                              Gewichtsverlust.
                           3) Der Mokka- und Java-Kaffee sollen mindestens 75 Gr.,
                              und höchstens 80 Gr. von 500 verlieren.
                           So geröstet sind alle Kaffeesorten leicht zu mahlen; ihr Pulver wechselt in der Farbe
                              zwischen Chocoladebraun und Gelblichbraun; ihr Geruch ist angenehm und ohne allen
                              rauchigen oder bittern Nachgeschmack.
                           Rösten der Eichel-Samenlappen. – Man nimmt schöne, recht trockne und nicht
                              wurmstichige Eicheln, befreit sie von der die Samenlappen umgebenden dicken Hülle,
                              und zerschneidet die größern, wenn sie in der Größe zu sehr von einander
                              abweichen.
                           Um sie gut zu rösten, muß man sie von 500 Gr. 140 verlieren lassen. Sie sind im
                              gerösteten Zustande von dunkelbrauner Farbe und ziemlich schwer zu mahlen; wegen
                              ihres Gerbestoffgehaltes thut man besser, sie in einem Marmormörser zu stoßen und
                              durch das Sieb zu schlagen. Unter dem Namen Eichelkaffee werden sie von den Aerzten
                              häufig verordnet.
                           Rösten trockner Kastanien. – Diese kommen
                              getrocknet aus den südlichen Ländern; man befreit sie von ihrer Schale; auch sollte
                              man nur süßschmeckende, recht gesunde und eiförmige auswählen. Da die Früchte ziemlich groß sind,
                              so ist es besser, sie in vier Stücke von möglichst gleicher Größe zu
                              zerschneiden.
                           Sie müssen von 500 Gr. 110 Gr. verlieren. Um sie zu pulvern, ist die Keule der Mühle
                              vorzuziehen.
                           Rösten der Kichererbsen. – Im mittäglichen
                              Frankreich werden diese Erbsen geröstet (gebrannt), um eine Art Kaffee davon zu
                              bereiten; anstatt beim Rösten an Volum zuzunehmen, wie es bei allen Kaffeesorten
                              mehr oder weniger der Fall ist, verlieren sie vielmehr an Volum; diese Eigenschaft
                              haben sie mit allen in dieser Abhandlung besprochenen Substanzen gemein, mit
                              Ausnahme des Kaffees.
                           Wenn man sie von 500 Gr. 100 verlieren läßt, so erlangen sie äußerlich und innerlich
                              eine röthlich braune Farbe; obwohl etwas schwer zu mahlen, gehen sie doch durch die
                              Mühle.
                           Rösten der wilden Cichorienwurzel. – Im nördlichen
                              Frankreich, sowie auch in Deutschland röstet man die Cichorienwurzel im Großen;
                              leider benutzt man sie zum Fälschen des ächten Kaffees und um dessen Aufguß dunkler
                              zu färben. Man muß diese Wurzeln zum Rösten recht trocken anwenden. Man bezieht sie
                              im Handel geschabt und weiß; die wurmstichigen sind zu verwerfen; die zu dicken
                              spaltet man und schneidet sie dann in kleine Stückchen von der Länge des äußersten
                              Glieds des Kleinfingers, möglichst gleich.
                           Trotz aller Sorgfalt nehmen diese Wurzeln aber, weil sie ungleich sind, beim Rösten
                              keine reine regelmäßige Färbung an; um gut geröstet zu werden, müssen 500 Gr. 140
                              Gr. verlieren. Die geröstete Wurzel läßt sich in großen Mühlen leicht zerkleinern;
                              das Pulver hat eine schöne gelblichbraune Farbe. Sie muß in einem verschlossenen
                              Gefäße aufbewahrt werden, weil sie gerne Feuchtigkeit anzieht und sich erweicht, wo
                              sie dann schwer zu mahlen ist. Dasselbe gilt von allen gerösteten Substanzen, welche
                              man in Vorrath aufbewahren will. Wenn sie nicht innerhalb 24 Stunden gepulvert
                              werden und man sie in offenen Gefäßen stehen läßt, erweicht sich allmählich ihr
                              Gewebe, und wenn man sie dann mahlen will, so gehen sie schwer durch die Mühle und
                              geben statt eines feinen Pulvers ein grobes.
                           Rösten der Gerste und des Hafers. – Diese
                              Getreidekörner müssen vor dem Rösten geschwungen werden. Man läßt sie beim Rösten
                              höchstens 90 bis 95 Gr. von 500 verlieren.
                           
                           Geröstet gehen sie recht gut durch die Mühle, und doch ist das Pulver ungleich, weil
                              die Kleie sich nicht auf gleiche Weise zerreibt, wie der mehlige Theil. Beide
                              geröstete Substanzen werden sehr oft als Aufguß statt des Kaffees mit Milch
                              gemischt.