| Titel: | Ueber die Extraction des Goldes aus göldischen Erzen durch Chlorwasser; von Theodor Richter. | 
| Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. XCI., S. 421 | 
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                        XCI.
                        Ueber die Extraction des Goldes aus göldischen
                           Erzen durch Chlorwasser; von Theodor Richter.
                        Aus dem Journal für praktische Chemie, 1850, Nr.
                              19.
                        Richter, über die Extraction des Goldes aus Erzen durch
                           Chlorwasser.
                        
                     
                        
                           Die Benutzung von Chlorwasser zur Extraction des Goldes aus armen göldischen Erzen
                              wurde zuerst im Jahre 1848 von Plattner in Freiberg
                              vorgeschlagen, nachdem derselbe durch Versuche im Kleinen sich hinlänglich von der
                              Anwendbarkeit dieser Methode überzeugt hatte. Plattner
                              stellte diese Versuche mit Arsenikabbränden von Reichenstein in Schlesien an, von
                              welchen er eine kleine Quantität durch die Güte des damals auf der Freiberger
                              Bergakademie studirenden Hrn. Websky erhalten hatte. Da
                              diese Abbrände wegen ihres zu geringen Goldgehaltes (derselbe soll nämlich im Ctr.
                              1/10 bis 1/12 Lth. betragen) durch den Schmelzproceß nicht mit Erfolg entgoldet
                              werden können, so war es von Wichtigkeit, ein Verfahren auszumitteln, diesen
                              Rückständen, welche sich seit Jahren in Reichenstein angehäuft haben und noch
                              anhäufen, auf eine schnelle und dabei verhältnißmäßig wohlfeile Weise ihren Gehalt
                              an Gold zu entziehen.
                           Nachdem sich Plattner durch eine qualitative Untersuchung
                              überzeugt hatte, daß die Abbrände hauptsächlich aus einem Gemenge von Eisenoxyd,
                              Eisenoxydoxydul und basisch arsensaurem Eisenoxyd bestanden, behandelte er dieselben
                              ohne Vorbereitung in einem geräumigen Glaskolben mit frisch bereitetem Chlorwasser,
                              und es gelang ihm aus 1 Ctr. dieser Abbrände beim ersten Versuche 1/12 Lth., beim
                              zweiten aber reichlich 1/15 Lth. Gold zu extrahiren.
                           Seit den ersten Versuchen Plattner's sind in dessen
                              Laboratorium sowohl von ihm selbst, als auch vom Verfasser dieses Aufsatzes,
                              dieselben mehrfach wiederholt, und die Anwendung dieser Methode auf verschiedene
                              goldführende Erze und zwar vorzugsweise Schwefelkiese versucht worden. Dabei hat
                              sich ergeben, daß außerordentlich viel von der, mit dergleichen Erzen vorher
                              vorzunehmenden Röstung, die bei den soeben erwähnten Versuchen in einem kleinen
                              Flammofen vorgenommen wurde, abhängt. Geschah das Rösten nicht vollständig, so daß
                              noch unzersetzte Theilchen von Schwefelmetallen vorhanden waren, so verschwand bald
                              nach dem Aufgießen von Chlorwasser, in Folge der Bildung von Chlorschwefel und
                              Chlormetallen, der Geruch nach Chlor, und in der abfiltrirten Flüssigkeit war höchstens eine
                              Spur von Gold zu entdecken. Namentlich war dieß bei solchen Kiesen der Fall, die
                              nicht wenig Zinkblende enthalten mochten; denn in der Flüssigkeit ließ sich dann
                              Zink in ziemlich großer Menge nachweisen.
                           Die Entgoldung solcher Erze in denen das Gold in metallischem Zustande, und zwar in
                              feinen Flittern eingesprengt vorkommt, wie namentlich in Quarz, in dem sogenannten
                              Goldsand etc., erfolgt ohne Schwierigkeiten: nur muß, wenn dergleichen Erze sehr
                              fest sind, bei dem Pochen derselben darauf Rücksicht genommen werden, daß durch die
                              zum Pochen angewendeten eisernen Stempel u. dergl. das Erzmehl nicht mit zu viel
                              Eisentheilchen verunreinigt werbe, von denen ebenfalls eine entsprechende Menge
                              Chlor sofort absorbirt wird; in solchen Fällen müßte das gepochte Erz vor der
                              Entgoldung einem hinreichend lange fortgesetzten schwachen Glühen bei Luftzutritt
                              unterworfen werden, um das Eisen vollständig zu oxydiren, ohne jedoch die
                              Goldflitterchen zum Schmelzen zu bringen.
                           Eigenthümliche Schwierigkeiten konnten sich bei Anwendung dieser Methode im Großen,
                              in Bezug auf die Beschaffenheit der Gefäße in denen die Entgoldung vorgenommen
                              werden sollte, einstellen, da die Benutzung von bloßem Holz oder von Metall hierzu
                              vermieden werden mußte. Man bediente sich daher in Reichenstein, und zwar mit
                              glücklichem Erfolge, irdener Zuckerhutformen; ob dasselbe zur Zeit noch stattfindet,
                              ist dem Verfasser dieses unbekannt. Diese Formen faßten 1/4 Ctr. Abbrände, und die
                              Entgoldung fand mittelst der Verdrängungsmethode statt.
                           Dergleichen Gefäße behalten indeß immer den Nachtheil daß sie zerbrechlich sind und
                              ihr Fassungsraum ein verhältnißmäßig geringer ist. Zu den Versuchen, die in neuerer
                              Zeit im Kleinen in Freiberg gemacht wurden, ließ Plattner
                              ein Gefäß von Holz anfertigen, nach Art der Auslaugbottiche bei der Augustin'schen Entsilberungsmethode.Man vergl. über die Augustin'sche
                                    Entsilberungsmethode polytechn. Journal Bd. CXVI B. 147. Am Boden dieses Gefäßes liegt ein hölzernes Kreuz, und auf diesem eine
                              hölzerne, durchlöcherte Scheibe. Das Innere des Fäßchens aber ist gut ausgepicht,
                              und ebenso sind Kreuz und Scheibe mit Pech überzogen. Auf der erwähnten Scheibe
                              befindet sich eine als Filter dienende 3/4 Zoll hohe Lage reiner Quarzstückchen,
                              deren Zwischenräume und Oberfläche durch groben Quarzsand ausgefüllt und geebnet
                              sind. Unmittelbar auf die Quarzsandlage wird das zu entgoldende Erz geschüttet, und
                              auf dessen Oberfläche
                              wiederum eine hölzerne Scheibe, die ebenfalls durchlöchert und gut mit Pech
                              überzogen ist, gelegt. Unten am Boden des Gefäßes endlich, wo das Kreuz liegt,
                              befindet sich ein gläserner Hahn zum Ablassen der Flüssigkeit.
                           Das Chlorwasser wird auf jene an der Oberfläche des Erzes liegende Scheibe gegossen,
                              damit es sich gleichförmig über das Erz verbreitet, und dasselbe zugleich
                              durchdringt. Sobald die Flüssigkeit durch den Hahn abzufließen beginnt, und sich
                              keine Luftblasen mehr zeigen, wird derselbe geschlossen und das Chlorwasser beliebig
                              lange Zeit mit dem Erze in Berührung gelassen, während der Zeit aber das Gefäß mit
                              einem an der untern Seite mit Pech überzogenen Holzdeckel bedeckt gehalten. Die
                              Flüssigkeit läuft beim Ablassen schnell und vollkommen klar durch, und kann, sobald
                              sie noch stark nach Chlor riecht, behufs einer größern Concentration ein-
                              oder mehrmals zurückgegossen werden. Differenzen in Bezug auf das Ausbringen an Gold
                              bei Anwendung dieses Gefäßes, im Gegensatz zu gläsernen oder irdenen Gefäßen, haben
                              sich nicht ergeben. Auch ist eine nachtheilige Einwirkung des Chlorwassers auf
                              dieses Gefäß bis jetzt nicht wahrzunehmen gewesen, so daß also zu erwarten steht,
                              eine solche Einrichtung – vielleicht mit einigen Abänderungen – werde
                              sich ebenfalls im Großen bewähren.
                           Die Ausfällung des Goldes aus seiner Auflösung geschah bei diesen Versuchen durch
                              eine Auflösung von Eisenvitriol, wozu jedoch das in der goldhaltigen Flüssigkeit im
                              Ueberschuß vorhandene Chlor erst durch Wärme entfernt wurde. Ob sich im Großen
                              vielleicht ebenfalls Cementkupfer mit Vortheil anwenden lassen würde, wie zur
                              Ausfällung des Silbers bei der Augustin'schen
                              Extractionsmethode, oder ob sich andere, das Gold reducirende Mittel, noch
                              zweckmäßiger zeigen dürften, darüber läßt sich erst bei Versuchen in größerem
                              Maaßstabe urtheilen.