| Titel: | Die neue Bereitungsart des chlorsauren Kalis. | 
| Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. XCII., S. 424 | 
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                        XCII.
                        Die neue Bereitungsart des chlorsauren
                           Kalis.
                        Die neue Bereitungsart des chlorsauren Kalis.
                        
                     
                        
                           Im polytechn. Journal Bd. CXVI S. 393 wurde
                              Calvert's Verfahren zur wohlfeileren Bereitung des
                              chlorsauren Kalis mitgetheilt; Professor Payen beschreibt
                              die technische Anwendung dieser Methode in der neuen Ausgabe seines Précis de Chimie
                                    industrielle, Paris 1851, folgendermaßen:
                           
                              „Um das chlorsaure Kali wohlfeil zu erhalten, sättigt man in der Wärme mit
                                 Chlor einen Brei von Kalkhydrat, welcher auf 400 Wasser 300 Kalk und 154
                                 Chlorkalium enthält, so lange bis das Chlor darin in Ueberschuß ist: dieß
                                 geschieht in einem bleiernen Cylinder, welcher mit einer äußeren Hülle umgeben
                                 ist worin Dampf circulirt. Dieser Cylinder ist geschlossen und im Inneren mit
                                 einem Rührer versehen, der von Eisen, aber mit Blei überzogen ist; der Cylinder
                                 ist überdieß mit einer weiten Tubulatur versehen, welche ein Mannsloch bildet;
                                 ferner mit zwei weiten Röhren, um Flüssigkeiten hineingießen zu können; endlich
                                 mit einem Hahn welcher das Niveau der Flüssigkeit anzeigt, und unten mit einem
                                 Zapfen zum Entleeren.
                              
                           
                              Die Temperatur, welche anfangs auf 48° Reaumur getrieben wird, steigt bald
                                 auf 76° R., wobei sich chlorsaures Kali und Chlorcalcium bilden. Während
                                 also bei der gewöhnlichen directen Bereitungsart des chlorsauren Kalis 5
                                 Aequivalente Chlorkalium gebildet werden, entstehen bei dem neuen Verfahren 5
                                 1/2 Aequiv. Chlorcalcium auf 1 Aequivalent chlorsaures Kali, so daß 5/6 des
                                 Kalis durch Kalk ersetzt werden. 154 Chlorkalium geben hierbei mehr als 200
                                 chlorsaures Kali, während 115 Aetzkalihydrat, welche wenigstens das Doppelte
                                 kosten, bei dem directen Verfahren nur 30 chlorsaures Kali liefern. (Das
                                 Chlorkalium könnte man durch sein Aequivalent schwefelsaures Kali ersetzen.) Man
                                 zieht alsdann die Mischung ab, welche man filtrirt und in einer bleiernen (durch
                                 Dampf erhitzten) Schale fast bis zur Trockne abdampft. Man löst hierauf die
                                 Masse in der Wärme wieder in 700 bis 800 Wasser auf und läßt die Flüssigkeit
                                 erkalten: das Chlorcalcium bleibt in der Flüssigkeit zurück, und nur das
                                 chlorsaure Kali krystallisirt; man läßt die Krystalle desselben auf einem Filter
                                 abtropfen, wascht sie mit Wasser aus und trocknet sie.
                              
                           
                           
                              Die unkrystallisirbare Mutterlauge besteht bis auf wenige Procente aus
                                 Chlorcalcium (salzsaurem Kalk), womit man den Dünger für trockenen Boden etc.
                                 begießen kann. Man könnte dieses Chlorcalcium in der Wärme mit schwefelsaurem
                                 Kali zersetzen; es würde sich Gyps niederschlagen (welcher in den Papier-
                                 und Tapetenfabriken verwendbar ist) und die Auflösung enthielte Chlorkalium,
                                 welches sich bei einer folgenden Operation verwenden ließe; in letzterem Salz
                                 wäre auch das in der Mutterlauge zurückgebliebene chlorsaure Kali
                                 enthalten.“
                              
                           
                        
                           Anwendung des chlorsauren Kalis beim Zeugdruck.
                           Eine neue Anwendung des chlorsauren Kalis dürfte in der Folge seinen Verbrauch
                              ziemlich steigern: diese Anwendung besteht darin, einige Procente chlorsaures Kali
                              mit den Druckfarben zu vermischen; wenn man dann die bedruckten Zeuge dem Dampf
                              unter einem Druck von drei bis vier Atmosphären aussetzt, um die Farben zu
                              befestigen, so zersetzt sich das mit den organischen Substanzen vermischte
                              chlorsaure Kali und erzeugt in vielen Fällen eine merkwürdige Belebung der
                              Druckfarben, indem es entweder fremdartige braune Stoffe zerstört, oder den
                              Farbstoff oxydirt. Es ist leicht mit Probestückchen den Erfolg dieses Verfahrens zu
                              ermitteln, um zu erfahren, welche Farben das chlorsaure Kali zu aviviren vermag.