| Titel: | Ueber die Wetterführung in Bergwerken und ein neues System derselben; von Benj. Gibbons. | 
| Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. LXXXV., S. 354 | 
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                        LXXXV.
                        Ueber die Wetterführung in Bergwerken und ein
                           								neues System derselben; von Benj.
                              									Gibbons.
                        Aus dem London Journal of arts, Juni 1851, S.
                              									465.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									V.
                        Gibbons, über die Wetterführung in Bergwerken.
                        
                     
                        
                           In dieser in dem Institut der Maschinen-Ingenieure zu Birmingham vorgetragenen
                              									Abhandlung beschränkt sich der Verfasser hauptsächlich auf die Wetterführung in den
                              									Süd-Staffordshirer Steinkohlengruben, welche auf 24 bis 30 Fuß mächtigen
                              									Flötzen bauen — bemerkt aber sogleich, daß dieselben Grundsätze auch auf
                              									minder mächtige Flötze in andern Bergwerksbezirken anwendbar seyen. Es ist auch
                              									einleuchtend, daß es schwieriger ist die schlagenden Wetter von den oberen Theilen
                              									30 Fuß mächtiger Flötze abzuführen, als von minder mächtigen; dieß rührt von der
                              									großen Leichtigkeit des Halb-Kohlenwasserstoffgases (Grubenluft) her, welches
                              									sich aus den Steinkohlen entwickelt und sich daher an den höchsten Punkten der
                              									Grubenbaue ansammelt. Beim Abbau mächtiger Flötze ist eine unebene Förste weit
                              									weniger zu vermeiden, als bei schwächeren, und es werden sich daher überall
                              									Vertiefungen und Höhlungen finden, in denen die schlagenden Wetter stehen
                              									bleiben.
                           Hr. Gibbons, selbst praktischer Bergmann, war oft Zeuge
                              									von den fürchterlichen Unglücksfällen, welche durch die schlagenden Wetter
                              									herbeigeführt werden, was ihn zur Bekanntmachung der vorliegenden Bemerkungen
                              									veranlaßte.
                           Das Halb-Kohlenwasserstoffgas, welches diese fürchterlichen Unglücksfälle
                              									veranlaßt, ist nur dann explodirend, wenn es mit einer gewissen Menge von
                              									atmosphärischer Luft, d. h. mit etwa seinem 7–9fachen Volum vermischt ist;
                              									kommt man einem solchen Gemisch, welches der Bergmann „schlagende
                                 										Wetter“ nennt, mit einem Licht nahe, so erfolgt eine Explosion.
                              									Manche Steinkohlengruben erzeugen mehr schlagende Wetter als andere, jedoch findet
                              									man sie in den meisten; eine Hauptaufgabe der Bergbaukunst besteht daher darin, sie
                              									unschädlich zu machen und aus den Gruben zu entfernen.
                           Der allgemeine Grundsatz der Wetterführung besteht darin, die schlagenden Wetter mit
                              									einer gehörigen Menge von atmosphärischer Luft zu verdünnen; dazu ist das 30fache
                              									Volum die niedrigste Gränze, d. h. wenn sich aus den Steinkohlen 1 Kubikfuß
                              									Kohlenwasserstoffgas entwickelt,  so muß ein Strom von 30 Kubikfuß atmosphärischer Luft
                              									hinzukommen, um das Gas unschädlich zu machen; diese Luftmenge reicht aber in der
                              									Regel deßwegen nicht aus, weil das Athmen der Arbeiter und der Pferde, wo solche zur
                              									Förderung benutzt werden, sowie das Verbrennen der Lichter, schon ein bedeutendes
                              									Luftvolum absorbiren.
                           Viele Bergleute haben mechanische Mittel zur Wetterführung empfohlen und angewendet,
                              									sowohl Druck- als Saugpumpen, um einen künstlichen Wetterzug in den Bauen zu
                              									unterhalten; diese Art der Wetterführung hat aber ihre praktischen Schwierigkeiten,
                              									weil sogleich Gefahr entsteht, wenn eine Unterbrechung des Betriebes solcher
                              									Maschinen stattfindet. Derselbe Einwurf läßt sich auch gegen Wetteröfen machen. In
                              									jeder Beziehung ist daher die natürliche Wetterführung vorzuziehen, obgleich die
                              									künstliche, sowohl durch Maschinen als durch Oefen, in nicht seltenen Fällen
                              									angewendet werden muß.
                           Die große Leichtigkeit des Kohlenwasserstoffgases gibt uns selbst ein Mittel an die
                              									Hand, die Gruben von demselben zu befreien. Es können allerdings Fälle vorkommen, wo
                              									auch andere Hülfsmittel zeitweilig erforderlich sind; in diesen Fällen ist es
                              									zweckmäßig, die Wärme anzuwenden, um die ausziehenden Wetter dünner und leichter zu
                              									machen als es die einfallenden sind, oder mechanische Mittel zu benutzen, um frische
                              									Wetter einzutreiben oder die verdorbenen anzusaugen. In letzterer Beziehung ist der
                              									Wettersauger von Struve (polyt. Journal Bd. CXIII S. 203)
                              									eine sehr zweckmäßige Maschine.
                           In der vorliegenden Abhandlung will der Verfasser zeigen, daß dem Bergmann in den
                              									meisten Fällen eine selbstwirkende Kraft zu Gebote steht, um in seinen Bauen einen
                              									zweckmäßigen Wetterwechsel hervorzubringen, so daß sich keine schlagenden Wetter
                              									anhäufen und dem Leben der Bergleute gefährlich werden können. Das
                              									Kohlenwasserstoffgas ist nämlich um die Hälfte leichter als die atmosphärische Luft,
                              									und hat dasselbe Bestreben in die Höhe zu ziehen, wie die letztere, wenn sie bis auf
                              									87° R. erwärmt worden ist. Wenn daher das Gas entweichen kann, so geschieht
                              									dieß mit einer großen Kraft; in vielen Gruben befolgt man aber eine solche
                              									Abbaumethode, daß das Gas und die daraus sich bildenden schlagenden Wetter nicht
                              									immer entweichen können.
                           Das gewöhnliche in Süd-Staffordshire angenommene Abbausystem besteht darin,
                              									daß ziemlich nahe bei einander zwei Schächte von 7 bis 7½ Fuß Weite
                              									abgesunken werden, und zwar beide bis zum Tiefsten der Grube, so daß beide Schächte
                              									in derselben Sohle anfangen und in  derselben endigen. In einem von diesen Schächten fallen
                              									die Wetter ein und durch den andern ziehen sie aus, wenn die tiefsten Punkte der
                              									Schächte miteinander verbunden sind. Da nun die einzige Ursache, welche die Bewegung
                              									der Luft veranlaßt, eine zufällige ist, so weiß man vorher nicht, welche Richtung
                              									der Wetterzug nehmen wird, in welchem von den Schächten die Wetter einfallen und in
                              									welchem sie ausziehen. In der Regel kann auf diese Weise nur eine sehr geringe
                              									Geschwindigkeit der ausziehenden Wetter hervorgebracht werden, also der Wetterzug
                              									dabei sehr leicht unterbrochen, ja ein ganz entgegengesetzter werden. Dieses hat
                              									aber große Nachtheile und Gefahren, wie man sehr leicht erkennen wird.
                           Die Gefahr dieser Veränderung des Wetterwechsels steigt sehr wesentlich dadurch, daß
                              									der Schacht, durch welchen die Wetter ausziehen, als Förderschacht benutzt wird, so
                              									daß er nicht, wie es eigentlich nöthig wäre, gegen die Einwirkungen der äußeren Luft
                              									verschlossen und gegen störende Winde geschützt werden kann, um jede Unterbrechung
                              									des Wetterzuges zu verhindern, sondern es wird in diesem Schacht durch die Förderung
                              									ein stetes Schwanken der Wetter veranlaßt. Zerreißt das Förderseil, was nicht zu den
                              									Seltenheiten gehört, so werden die ausziehenden Wetter von der eingehenden
                              									Fördertonne abwärts gedrängt, und es wird der Wetterzug also plötzlich unterbrochen;
                              									die schlagenden Wetter werden aus ihren Höhlungen heraus und nicht selten den Lampen
                              									der Bergleute entgegen getrieben.
                           Wenn nun die beiden Schächte das 30 Fuß mächtige Kohlenflötz durchsunken haben, so
                              									wird am tiefsten Punkte des Grubenfeldes eine Hauptförderstrecke und zwar im
                              									Liegenden von dem Flötz getrieben, welche bei Pferdeförderung 8 bis 9 Fuß hoch und
                              									fast eben so breit ist. Sie beginnt von dem Tiefsten des Schachtes von welchem die
                              									Wetter einfallen. Zu gleicher Zeit, oder vielmehr dem Betriebe der
                              									Hauptförderstrecke etwas vorangehend, wird eine Wetterstrecke, und zwar in der Mitte
                              									der Mächtigkeit des Kohlenflötzes, oder 15 Fuß von der Sohle oder dem Liegenden des
                              									Flötzes getrieben. Diese Wetterstrecke, welche eine parallele Richtung mit der
                              									Hauptförderstrecke hat, ist mit dem Schacht durchschlägig, durch welchen die Wetter
                              									einfallen. Die Länge beider Strecken richtet sich nach der Größe der Förderung und
                              									beträgt 100 bis 500 Yards (à 3 Fuß engl.).
                           Von der Förderstrecke bis zur Wetterstrecke werden von 10 bis 15 Yards, je nachdem
                              									sich aus den Kohlen mehr oder weniger Gas entwickelt, Verbindungsschächte getrieben,
                              									um die schlagenden Wetter abzuführen  und den Arbeitern frische Luft zuzuführen; sowie ein
                              									neuer Wetterschacht eröffnet ist, wird der vorhergehende verschlossen. Es wird
                              									alsdann der Abbau des ganzen etwa 30 Fuß mächtigen Flötzes vorgenommen, indem man
                              									rechts und links von der Förderstrecke Oerter treibt und dabei an dem einen Ende
                              									anfängt. Ein solches Abbaufeld ist 90 Yards lang und 50 Yards breit, und außer den
                              									10 Quadrat-Yards starken Pfeilern, welche 10 Yards von einander entfernt
                              									sind, sucht man die ganze Kohlenmasse wegzunehmen. Diese Pfeiler dienen zur
                              									Sicherheit gegen Einbrüche des Hangenden.
                           Die Wetter fallen durch den Schacht ein, ziehen längs der Förderstrecke in die Baue,
                              									strömen durch die Wetterschächte in die Wetterstrecke und dann zu dem zweiten
                              									Tagesschacht, durch welchen sie ausströmen und die schlagenden und matten Wetter mit
                              									sich führen, soweit eine solche Wetterführung den Zweck zu erreichen gestattet. Man
                              									kann bei diesem System so lange eine Grube ventiliren oder lüften, als es sich um
                              									den Abbau der untern 15 Fuß von der ganzen Mächtigkeit des Flötzes handelt; soll
                              									aber die obere Hälfte des Flötzes, welche sich über der Wetterstrecke befindet,
                              									abgebaut werden, indem man große Massen von den Kohlen von unten nach oben schlitzt
                              									und sie von selbst eingehen läßt, so entstehen über der Sohle der Wetterstrecke
                              									Gasbehälter, die sich nach und nach mit schlagenden Wettern anfüllen und den Raum
                              									von mehreren Hunderttausend Kubikfuß einnehmen. Eine zufällige Veränderung in dem
                              									Wetterzuge kann das angehäufte Gas in die Baue führen und Explosionen veranlassen.
                              									Nachdem der Abbau eines Feldes vollendet ist, läßt man feste Wälle von 6–10
                              									Yards Mächtigkeit rings um dasselbe stehen, um das Feld von dem benachbarten zu
                              									trennen. Das von der Förderstrecke aus querschlägig getriebene Ort wird fest
                              									verschlossen, damit in dem abgebauten Felde gar kein Wetterwechsel stattfinden kann.
                              									Erfolgt eine Explosion, so kommen gewöhnlich noch mehrere, da das
                              									Kohlenwasserstoffgas sich nach und nach mit dem gehörigen Verhältniß von
                              									atmosphärischer Luft vermischt, um die schlagenden Wetter zu erzeugen. Nur ein sehr
                              									kräftiger Wetterzug, welcher die schädlichen Wetter abführt, kann Unglücksfälle
                              									vermeiden und den Störungen des Windes und des Witterungswechsels
                              									entgegenwirken.
                           Fig. 31 und
                              										32
                              									stellen das vom Verfasser angenommene System der Wetterführung dar. Statt zweier
                              									Schächte wird nur einer a abgesunken, und neben
                              									demselben wird ein kleinerer Schacht b nachgerissen,
                              									welcher die Wetteresse bildet und der alsdann von dem Hauptschacht durch einen
                              									Scheider getrennt wirb. Diese Wetteresse ist rund und muß wenigstens 3 Fuß im
                              									Durchmesser haben. Sie wird zu gleicher Zeit  mit dem Schacht in Ziegelstein-Mauerung gesetzt,
                              									und da beide kreisrund sind, so bildet ein Theil der gegeneinander stehenden Bogen
                              									des Schachtes und der Wetteresse einen doppelten Scheider zwischen beiden.
                           Die Förderstrecke c wird von dem Schachte aus im
                              									Liegenden des Flötzes, wie es gewöhnlich der Fall ist, getrieben. Der Betrieb der
                              									Wetterstrecke d aber erfolgt von der Wetteresse aus, und
                              									zwar 2 Fuß von dem Hangenden der Kohle entfernt, oder wo möglich in einer noch
                              									höhern Sohle. Förder- und Wetterstrecke werden in paralleler Richtung
                              									betrieben, und beide durch kleine Wetterschächte e mit
                              									einander verbunden und der vorhergehende von einem neuen mit Bergen versetzt, sobald
                              									der letztere eröffnet worden ist. Beim Betrieb dieser Wetterschächte auf einer von
                              									den Gruben dieses Reviers hatte Hr. Gibbons mit großen
                              									Schwierigkeiten zu kämpfen. In der Nachbarschaft dieser Baue wurde das Flötz von
                              									einem sehr mächtigen Rücken durchsetzt, und es fand daher eine so bedeutende
                              									Gasentwickelung statt, daß es nicht möglich war nur einige Fuß der Uebersichbrechen
                              									zu betreiben, ohne daß sich eine gefährliche Ansammlung von schlagenden Wettern
                              									bildete. Es mußte daher ein 4 Zoll weites Bohrloch aufwärts getrieben werden, um die
                              									schlagenden Wetter der Wetterstrecke zuzuführen und die Uebersichbrechen gefahrlos
                              									bewirken zu können.
                           Der Abbau der Kohlen wird auf dieselbe Weise betrieben wie weiter oben beschrieben,
                              									und da die Wetterstrecke in den obern Schichten oder im Hangenden des Flötzes
                              									getrieben worden ist, so kann auch die Förste der Abbaue von den schlagenden Wettern
                              									befreit werden. Da außerdem zwischen den Abbauen der Förder- und
                              									Wetterstrecke enge Verbindungslöcher bleiben, so können nie bedeutende Ansammlungen
                              									von Wasserstoffgas stattfinden und es wird die Gefahr so gut als möglich
                              									entfernt.
                           Bei dem gewöhnlichen Abbausystem ist der Wetterzug nie kräftig und kann durch geringe
                              									Veränderungen des Wetters oder der Winde gestört werden. Will man gehörige
                              									Sicherheit für die Arbeiter beim Abbau haben, so muß ununterbrochen ein lebhafter
                              									Wetterzug stattfinden, und ist dieß nicht der Fall, so wird diese Sicherheit, welche
                              									ein Haupterforderniß bei diesem Bergbau ist, sogleich gefährdet.
                           Um aber einen lebhaften Wetterzug zu bewirken, muß die aufwärtssteigende Luftsäule
                              									specifisch leichter als die abwärts strömende, welche durch die Baue geführt wird,
                              									seyn; und dieser Unterschied im specifischen Gewicht muß frei von jeder Störung
                              									durch zufällige Ursachen gehalten werden, so daß stets ein lebhafter Wetterzug in
                              									der Grube stattfindet, 
                              									um nicht allein die matten, sondern auch die schlagenden Wetter abzuführen. Man
                              									erreicht diesen Zweck durch die erwähnte von dem Schacht luftdicht getrennte
                              									Wetteresse, und es wird dieser Wetterzug noch befördert, wenn man über Tage eine
                              									hinreichend hohe Wetteresse aufführt, wie sie in Fig. 31 deutlich skizzirt
                              									ist. Ein kleiner Wetterofen oder das Einströmenlassen von Dampf genügen auch bei
                              									sehr stürmischer Witterung, um das Einströmen frischer Wetter lebhaft zu
                              									erhalten.
                           Der Temperaturunterschied zwischen den ein- und ausströmenden
                              									Wettern wird schon durch die höhere Temperatur in einiger Teufe unter Tage, und
                              									außerdem durch die Wärmeentwickelung von Arbeitern, Pferden, und durch Verbrennung
                              									von Lichtern veranlaßt. Ueberdieß wird der Wetterzug durch die Entweichung der Gase
                              									gesteigert, welche specifisch leichter als die atmosphärische Luft sind. Da nun die
                              									Abbaue in ununterbrochener Verbindung mit der Wetteresse stehen, so werden auch
                              									diese leichtern Gase fortwährend abgeführt. Es können Fälle vorkommen, wie z. B. bei
                              									starker Sommerhitze oder bei starken Winden, wo der natürliche Wetterzug auf einige
                              									Zeit gestört wird, und dann ist es zweckmäßig einen Wetterofen zu feuern, der an der
                              									Wetteresse über Tage angebracht ist, oder man läßt einen Dampfstrahl in die Esse
                              									einströmen. Dadurch kann jeder erforderliche Grad der Luftverdünnung erreicht und
                              									der Wetterzug nach Belieben gesteigert werden. Es ist unter diesen Umständen
                              									zweckmäßig, die über Tage auszuführende Wetteresse, welche man 30 bis 40 Fuß hoch
                              									macht, in der Nähe des Dampfkessels der Fördermaschine anzubringen.
                           Die hier mitgetheilten Grundsätze der Wetterführung mit einer (zu keinem andern Zweck
                              									benutzten) Wetteresse wurden von Hrn. Gibbons seit länger
                              									als 30 Jahren beim Abbau mehr oder weniger mächtiger Steinkohlenflötze angewendet,
                              									und er hat dadurch den beabsichtigten Zweck stets sehr gut erreicht. In den vielen
                              									Gruben, deren Direction ihm anvertraut ist, hat die beschriebene Wetterführung die
                              									besten Resultate geben. Das mächtige Steinkohlenflötz wird zuweilen mittelst eines
                              									Schachtes abgebaut, und mittelst eines zweiten Schachtes die im Hangenden
                              									anstehenden Kohlen und der im Liegenden vorkommende Thoneisenstein; zuweilen wird
                              									aber auch das Hauptsteinkohlenflötz von beiden Schächten aus gewonnen. Die
                              									Vorrichtungsbaue, um von einem System auf das andere überzugehen, sind gering, weil
                              									die Wetteresse bis zum tiefsten Punkte des liegenden Flötzes niedergeht und durch
                              									Wetterthüren oder Wetterscheider jede Sohle leicht von den übrigen  geschieden werden kann. Die
                              									mächtigen Flötze in diesen Revieren entwickeln sehr viel schlagende Wetter, allein
                              									es ist niemals eine Explosion derselben erfolgt, und die Anwendung der
                              									Sicherheitslampen gehört zu den Seltenheiten.
                           Ein weiterer Beweis der Zweckmäßigkeit des beschriebenen Wetter abführungssystems ist
                              									das Wohlbefinden der Arbeiter. Die Luft ist in diesen Gruben immer um 10
                              									Fahrenheit'sche Grade (4 2/5 Reaumur'sche Grade) kälter als in den benachbarten
                              									Revieren, welche nach dem gewöhnlichen System betrieben werden, was natürlich von
                              									der regelmäßigen Zuführung frischer Wetter herrührt. Es beträgt nämlich die
                              									Temperatur in diesen Gruben 62 bis 64° F. (13 3/10 bis 14 2/10° R.)
                              									und ist also eine sehr angenehme, während diejenige von nicht selten 72 bis
                              									74° F. (18 bis 18 6/10° R.) in den benachbarten nach dem gewöhnlichen
                              									System ventilirten Gruben offenbar zu hoch ist.
                           Ein anderer Vortheil dieses Abbau- und Wetterführungssystems besteht in den
                              									geringern Kosten, weil bei dem ältern System zwei Schächte, bei dem verbesserten
                              									aber nur ein Schacht erforderlich ist, das Nachreißen und Ausmauern der Wetteresse
                              									aber nur geringe Kosten im Vergleich mit denen eines zweiten Schachtbetriebes
                              									verursacht. Hr. Gibbons hat in einem Falle eine 140 Yards
                              									tiefe Wetteresse in den Nächten eines Monats vollendet, während am Tage eine sehr
                              									lebhafte Förderung in dem Hauptschachte stattfand.
                           Wenn die Förderung einer Grube sehr bedeutend ist, so sind auch mehrere Schächte
                              									nothwendig. Zwei derselben können so nahe an einander liegen, daß sie von derselben
                              									Fördermaschine bedient werden können; nur dürfen die Schächte nicht mit einander
                              									durchschlägig seyn. Wenn es aber die Verhältnisse gestatten, sollte jeder Schacht
                              									für sich abgesunken werden, da ein jeder seine eigenen Wetter hat, und es alsdann
                              									möglich ist, jede Grube in Beziehung auf die Wetterführung in mehrere Abtheilungen
                              									zu bringen. Bei einem solchen System, d. h. eine Grube in Beziehung auf die
                              									Wetterführung in mehrere Abtheilungen zu bringen, kann man den Zweck einer kräftigen
                              									Wetterführung weit eher erreichen.
                           Die Abtheilung einer Grube in Bezug auf Wetterführung läßt sich durch Wetterthüren,
                              									welche unter specieller Aufsicht der Grubenbeamten stehen, sehr leicht
                              									bewerkstelligen.
                           Bei den verschiedenen bisher gebräuchlichen Systemen der Wetterführung bestand der
                              									Hauptgrundsatz darin, durch mechanische Mittel  oder durch Wetterröhren eine bedeutende Luftmasse durch
                              									die Baue strömen zu lassen. Das von Hrn. Gibbons hier
                              									erläuterte Wetterführungssystem ist ein gänzlich verschiedenes, indem es darin besteht, die Steinkohlenflötze von dem
                                 										Kohlenwasserstoffgase zu befreien, ehe sie noch in Abbau genommen werden, und
                                 										den Wetterzug nicht mehr zu steigern als zum Wohlbefinden der Arbeiter und zu
                                 										einem guten Brennen der Grubenlichter erforderlich ist.
                           Um dieß näher zu erläutern, wollen wir annehmen, daß nach dem ältern System in der
                              									Minute 1000 Kubikfuß Gas aus dem Kohlenstotze entwickelt werden, und durch die
                              									Abbaue 35,000 Kubikfuß Luft in der Minute strömen, wovon 30,000 Kubikfuß zur
                              									Verdünnung der Gase und 5000 zum Athmen der Arbeiter und Pferde sowie zum Brennen
                              									der Lichter erforderlich sind. Wenn nun diese 1000 Kubikfuß Gas durch ihre eigene
                              									geringe Schwere abgeleitet und verhindert werden in die Baue zu strömen, so werden
                              									zu einem weit bessern Wetterwechsel in der Grube schon 5000 Kubikf. Luft genügen.
                              									Ueberdieß hat ein sehr starker Wetterwechsel in einer Grube stets große Nachtheile
                              									für die Arbeiter und ist mit großen Gefahren verbunden, weil bei einer so großen
                              									Geschwindigkeit der Wetter das Kohlenwasserstoffgas, welches an gewissen Punkten
                              									plötzlich in Masse entweicht, gewissermaßen wie eine Dampfwolke vorwärts getrieben
                              									werden kann, und nachdem es sich endlich mit Luft hinreichend gemischt hat, bei
                              									zufälliger Berührung mit Lichtern explodiren muß.
                           Es sind von mehreren Seiten Einwürfe gegen solche Wetteressen neben dem Schacht
                              									gemacht worden, z. B. die Esse sey nicht weit genug um einen gehörigen Wetterzug zu
                              									befördern; die Erfahrung hat jedoch das Gegentheil vollkommen dargethan. Alle diese
                              									Einwürfe, welche unter gewissen Umständen als gerechtfertigt erscheinen,
                              									verschwinden, wenn man die Sache im Allgemeinen nimmt und besondere Fälle
                              									unberücksichtigt läßt, weil sich bei deren Vorkommen auch besondere Mittel anwenden
                              									lassen.
                           Es ist nicht zu verkennen, daß das vorliegende System der Wetterführung im genauen
                              									Zusammenhange mit dem Abbau steht. Die gewöhnliche Methode besteht darin, daß man
                              									einen schmalen Streckenbetrieb führt und breite Pfeiler stehen läßt, die man alsdann
                              									später zu gewinnen sucht. Die Gefahr dieser Abbaumethode ist einleuchtend, wenn man
                              									weiß, daß die Wetter durch sehr viele Windungen strömen, und durch Thüren geleitet
                              									werden, welche, wenn sie längere Zeit geöffnet  bleiben müssen, die ganze Wetterführung verändern. Wird
                              									hingegen der Abbau nach Gibbons' System so geführt, daß
                              									die schädlichen Gase vor dem Angriff der Grubenfelder auf
                              									den Strecken entfernt wurden, so sind nur sehr wenig Wetterthüren erforderlich,
                              									welche sehr leicht in dem gehörigen Stande erhalten werden können; man wird die
                              									Wetter stets so führen können, daß sie auf den zu bearbeitenden Stoß treffen.
                              									Pfeiler stehen zu lassen, welche erst zuletzt weggenommen werden sollen, ist ein
                              									sehr nachtheiliges System. Mag das Hangende der Flötze auch noch so brüchig seyn, so
                              									ist es stets zweckmäßig, die Pfeiler sofort von hinten nach vorne abzubauen und das
                              									Hangende zu Bruche gehen zu lassen, wenn man ihm nicht durch Bergversatz die
                              									gehörige Unterstützung geben kann. Hr. Gibbons hat durch
                              									die Erfahrung erkannt, daß ein solches System bei jeder Mächtigkeit der
                              									Steinkohlenflötze zweckmäßig ist; das Hangende wird nach und nach niedergehen, die
                              									abgebauten Räume werden dicht ausgefüllt werden, und es können sich keine
                              									Ansammlungen von schlagenden Wettern bilden.
                           Wir stellen im Folgenden die Grundsätze des Verfassers zusammen:
                           1) Die Wetterstrecke muß stets in einer möglichst hohen Sohle über dem tiefsten Grund
                              									der Gruben geführt werden.
                           2) Diese Wetterstrecke muß mit einer Wetteresse von 3–6 Fuß Durchmesser, je
                              									nach dem Umfange des Grubenfeldes, in Verbindung stehen.
                           3) Die Wetteresse darf zu nichts Anderm, als zum Ausströmenlassen der aus der Grube
                              									ziehenden Wetter benutzt werden.
                           4) Ueber Tage muß die Wetteresse von dem Schacht genau geschieden werden und mittelst
                              									eines söhligen Canals mit einer 30 Fuß hohen Esse in Verbindung stehen. Diese muß
                              									ihrerseits mit einem Wetterofen oder Dampfkessel so verbunden seyn, daß die in
                              									derselben befindliche Luft durch Ofenwärme oder durch Dampf verdünnt werden
                              									kann.
                           5) Endlich muß die Förderstrecke dem Abbau so weit vorangehen, daß die abzubauenden
                              									Kohlen durch diese und die Wetterstrecke stets von schlagenden Wettern befreit
                              									werden können, ehe noch die Gewinnungsarbeiten beginnen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
