| Titel: | Verfahren die Runkelrüben hinsichtlich ihres Zuckergehalts schnell zu beurtheilen; von Louis Vilmorin. | 
| Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XCIV., S. 385 | 
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                        XCIV.
                        Verfahren die Runkelrüben hinsichtlich ihres
                           								Zuckergehalts schnell zu beurtheilen; von Louis Vilmorin.
                        Aus dem Moniteur industriel, 1851, Nr.
                              								1572.
                        Verfahren die Runkelrüben hinsichtlich ihres Zuckergehalts zu
                           								beurtheilen.
                        
                     
                        
                           Schon früher habe ich den Vorschlag gemacht, den Zuckergehalt der Runkelrüben durch
                              									Aussuchen der zuckerreichsten Rüben zur Fortpflanzung zu vergrößern. Ich mußte zu
                              									diesem Zweck eine Methode ermitteln, wornach sich der Zuckergehalt der Rüben schnell
                              									und leicht ermitteln läßt. Das Verfahren, welches ich zuerst versuchte, beruhte
                              									darauf, die Dichtigkeit der Flüssigkeit zu messen, welche man durch Maceriren eines
                              									bestimmten Gewichts vom Fleische der zu prüfenden Rübe in einem bekannten Volum
                              									destillirten Wassers erhielt. Dieses Verfahren war jedoch zu umständlich und
                              									erheischte sehr genaue Wägungen, sowie Correctionen wegen der Temperatur. —
                              									Ich erfuhr später ein Verfahren, dessen man sich in Deutschland in den
                              									Kartoffelstärke-Fabriken bedient, um die Dichtigkeit und daher den Gehalt der
                              									Kartoffeln zu erfahrenPolytechn. Journal Bd. CXIX S. 308.; es besteht
                              									darin, daß man sie in eine Kochsalz-Auflösung von gewisser Dichtigkeit legt,
                              									wo dann alle Kartoffeln, welche wegen zu geringer Schwere schwimmen, verworfen
                              									werden. Ich benutzte dieses Verfahren sogleich zu meinem Zwecke.
                           
                           Ich fülle eine Reihe gleicher Gefäße mit Flüssigkeiten von 7, 8, 9, 10 und 15 Proc.
                              									Zuckergehalt; dann lege ich auf diese Flüssigkeiten ein Stück vom Fleisch der zu
                              									prüfenden Rüben, und notire bei jeder Sorte das Gefäß, wo es auf der Oberfläche zu
                              									schwimmen aufhörte. Um die Zusammensetzung der Flüssigkeiten durch das Uebertragen
                              									der Stücke von einem Gefäß in das andere nicht zu verändern, operire ich so, daß
                              									diese Stufenleiter der Dichtigkeiten abwechselnd steigend und fallend passirt wird.
                              									Dieses Verfahren ist vollkommen ausreichend, wenn es sich darum handelt, von einer
                              									großen Menge Wurzeln diejenigen auszusuchen, welche sich durch eine besonders große
                              									Dichtigkeit auszeichnen. Hat man es aber mit einer einzigen Wurzel zu thun, deren
                              									Zuckergehalt man genauer erfahren will, so schüttet man in einen graduirten
                              									gläsernen Probebecher eine Zuckerlösung (mit 4 Thln. Wasser und 1 Th. Zucker
                              									bereitet), welche jedenfalls dichter ist als das zu prüfende Stück, und läßt
                              									letzteres darauf schwimmen; hierauf setzt man allmählich, unter jedesmaligem
                              									Umrühren, reines Wasser zu, bis das angewandte Stück eine absteigende Bewegung
                              									annimmt. Man braucht nun an der Graduirung des Probebechers bloß noch abzulesen,
                              									wieviel Wasser zugesetzt wurde, um daraus den Zuckergehalt der Flüssigkeit zu
                              									erschließen.
                           Da nämlich die Dichtigkeit des Rübenstücks fast ausschließlich von dessen
                              									Zuckergehalt abhängt, so muß nach zwei noch vorzunehmenden Correctionen der
                              									Zuckergehalt der Flüssigkeit, welche zur Beobachtung diente, auch der Ausdruck für
                              									den Zuckergehalt des Rübenstücks seyn. Die erste dieser Correctionen betrifft den
                              									Zellenstoff, dessen Dichtigkeit etwas größer ist als die des Wassers; wie Payen zeigte, beträgt der Zellenstoff in den Rüben fast
                              									immer gleich viel, so daß sich diese Correction sehr wahrscheinlich auf eine
                              									constante Quantität beschränken wird, deren (noch zu bestimmende) Ziffer von der
                              									zuerst erhaltenen Zahl abzuziehen ist. Die zweite Correction, welche wegen der
                              									Gegenwart von Salzen oder fremdartigen löslichen Stoffen (von größerer Dichtigkeit
                              									als das Wasser) erforderlich ist, läßt sich durch Einäscherung ermitteln. Ich habe
                              									mich jedoch überzeugt, daß die Quantität letzterer Substanzen sehr unbedeutend ist,
                              									und bekanntlich steht der Salzgehalt der Runkelrüben fast immer in umgekehrtem
                              									Verhältniß zu ihrem Zuckergehalt, so daß die zuckerreichsten Rüben am wenigsten
                              									Salze enthalten, und zwar nicht nur im Verhältniß zu ihrem Ergebniß an Zucker,
                              									sondern auch zu ihrem Bruttogewicht.Nach dem Vortrag dieser Abhandlung in der Société
                                       												d'Agriculture bemerkte Hr. Payen, daß
                                    											der Salzgehalt der Rüben ziemliche Irrthümer veranlassen könnte, nicht
                                    											sowohl bei Rüben welche in demselben Boden wuchsen (deren Salzgehalt
                                    											ziemlich constant ist), als bei solchen aus verschiedenem Boden. Der
                                    											Salzgehalt variirt von 3–5 Procent. — Hr. Chevreul erkennt die Nützlichkeit dieses
                                    											Verfahrens unter gewissen Umständen an; er wünscht jedoch dasselbe durch die
                                    											optische Probe und die chemische Analyse controlirt. — Hr. Dumas bemerkte, daß die Runkelrüben aus demselben
                                    											Acker in den Hauptbestandtheilen ihres Fleisches, nämlich dem Zucker, den
                                    											Salzen und den eiweißartigen Substanzen, sehr variiren, so daß hierin nie
                                    											zwei neben einander gewachsene Rüben übereinstimmen; er würde es daher für
                                    											besser halten, statt der Dichtigkeit des festen Theils, diejenige des
                                    											flüssigen Theils zu messen, und zwar mittelst kleiner Röhrchen oder hohler
                                    											Kügelchen von bekannter Dichtigkeit.(Wir verweisen auf das von Hrn. Dr. Gall
                                    											ermittelte allgemein anwendbare Verfahren den Zuckergehalt der Runkelrüben
                                    											nach der Gewichtsverminderung ihres Safts durch die geistige Gährung zu
                                    											bestimmen, in diesem Bande des polytechn. Journals S. 59. Die
                                    										Redact.)
                           
                           Wegen der Schnelligkeit dieses neuen Verfahrens konnte ich meine durch das
                              									Macerationsverfahren schon geprüften Rüben noch einmal probiren, wobei sich eine
                              									vollkommene Uebereinstimmung der Resultate herausstellte.
                           Ich fand unter den zu derselben Race gehörigen Individuen einen ungeheuren
                              									Unterschied; so z. B. unter einer kleinen Partie (von Hrn. Crespel bezogener) sehr veredelter Rüben, eine welche mehr als 14, mehrere
                              									welche über 13, und wieder andere, welche nicht einmal 7 Proc. Zucker
                              									enthielten.