| Titel: | Einfaches Verfahren, um vertiefte oder wenig erhabene Sculpturen und Inschriften mittelst Papier abzuformen. | 
| Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XCVI., S. 391 | 
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                        XCVI.
                        Einfaches Verfahren, um vertiefte oder wenig
                           								erhabene Sculpturen und Inschriften mittelst Papier abzuformen.
                        Aus dem großherzogl. hessischen Gewerbeblatt, 1851 S.
                              									71.
                        Verfahren, um vertiefte oder wenig erhabene Sculpturen und
                           								Inschriften mittelst Papier abzuformen.
                        
                     
                        
                           Häufig kommt es vor, daß man eine möglichst getreue Copie von einer Sculptur zu haben
                              									wünscht, z. B. dem Architekten, Bildhauer, Steinmetz, Vergolder, Gürtler,
                              									Archäologen u. s. w., wenn er Schnitzereien oder Inschriften in Holz, Metall oder
                              									Stein copiren und bewahren will. Diese Copien durch Zeichnung zu nehmen, erfordert
                              									einen gewissen Grad von Fertigkeit im Zeichnen und ist oft sehr zeitraubend, wenn
                              									die Copie dem Original möglichst getreu nachgebildet werden soll. Abformungen in
                              									Gyps, Schwefel u. s. w. haben den Mißstand, daß das Material hierfür bei Reisen und
                              									Excursionen beschwerlich nachzuführen ist, daß die Originale nicht immer solche
                              									Abformungen dulden, und daß die Abgüsse, wenn deren viele gefertigt wurden, schwer
                              									zu transportiren sind. Das Verfahren, Abformungen in Papier zu machen, welches wir
                              									hier angeben werden, ist zwar nicht neu, sicherlich  aber nicht von allen unsern
                              									Lesern gekannt, weßhalb wir es hier mittheilen.
                           Nachdem die abzuformende Sculptur oder Inschrift von allen anhängenden
                              									Unreinlichkeiten mittelst einer trockenen oder nassen Bürste befreit worden ist,
                              									legt man einen gut angefeuchteten Bogen Papier — ungeleimtes Druckpapier ist
                              									besser als geleimtes Schreibpapier — darauf, und drückt denselben mittelst
                              									eines steifen Pinsels (Anstreichpinsels), durch mäßig hartes Aufdupfen in alle
                              									Vertiefungen ein. Das Eindrücken dieser ersten Papierlage in alle Vertiefungen der
                              									Sculptur muß mit großer Sorgfalt geschehen, wenn man einen genauen, alle
                              									Einzelnheiten scharf wiedergebenden Abdruck haben will. Für größere Flächen kann man
                              									sich zum Aufdrücken des Papiers einer gewöhnlichen steifen Kleiderbürste, anstatt
                              									des Pinsels, bedienen. Ein Reißen der ersten Papierlage an einzelnen Stellen hat gar
                              									nichts zu bedeuten, da später noch eine zweite, dritte und vierte Lage Papier darauf
                              									gebracht wird. Wenn das Papierformat kleiner ist als die abzuformende Sculptur oder
                              									Inschrift, so hat man nur nöthig, so viel einzelne Bogen neben einander aufzudupfen,
                              									als erforderlich sind, um die ganze abzuformende Fläche zu bedecken; hierbei läßt
                              									man die einzelnen Papierbogen sich um weniges übergreifen.
                           Auf diese erste Papierlage wird, wenn dieselbe etwas abgetrocknet ist, eine zweite
                              									Lage gebracht. Man bestreicht das Papier der zweiten Lage vor dem Auflegen am besten
                              									mit Stärkekleister oder Leimwasser, oder netzt es auch nur gut mit Wasser an. Diese
                              									zweite Lage wird wie die erste mittelst Pinsel und Bürste fest aufgeschlagen. In
                              									dieser Weise kann man zwei, drei, vier und mehr Papierbogen auf einander bringen und
                              									dadurch die Form verstärken.
                           Es versteht sich hierbei von selbst, daß man die einzelnen Papierbogen der
                              									verschiedenen Lagen wechselnd sich überdecken läßt. Den Abdruck löst man nicht eher
                              									von der Form ab, bis er beinahe trocken ist; er würde, zu früh abgenommen, an
                              									Schärfe verlieren, während er Risse erhält, wenn man ihn vollkommen auf der Form
                              									austrocknen läßt.
                           Derartige Abformungen können in jeder beliebigen Größe angefertigt werden, sie lassen
                              									sich für das Verpacken zusammenrollen, umbiegen und drücken, ohne daß sie ihre Form
                              									verändern; sie sind leicht, nehmen wenig Raum ein und sind daher bequem zu
                              									transportiren. Die Modelle selbst leiden durch das Abformen in gar nichts. Die
                              									Arbeit geht sehr rasch von statten, da man stets an mehreren Abformungen  so arbeiten kann, daß man an
                              									der einen Papier auflegt, während die andere trocknet u. s. w. Wir hörten von Hrn.
                              									Archivar Habel in Schierstein, daß derselbe in
                              									verhältnißmäßig sehr kurzer Zeit die sämmtlichen schönen Schnitzwerke, welche sich
                              									an den Kirchenstühlen einer Kirche befinden, durchaus scharf und rein in der
                              									angegebenen Weise abgeformt hat.