| Titel: | Verfahrungsarten um die baumwollenen, leinenen und halbwollenen Gewebe dichter und feiner zu machen; patentirt für John Mercer in Oakenshaw-within-Claytonle-Moors, Lancashire, am 24. October 1850. | 
| Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. CVIII., S. 438 | 
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                        CVIII.
                        Verfahrungsarten um die baumwollenen, leinenen
                           								und halbwollenen Gewebe dichter und feiner zu machen; patentirt für John Mercer in
                           									Oakenshaw-within-Claytonle-Moors,
                           								Lancashire, am 24. October 1850.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Juni
                              									1851, S. 358.
                        Mercer's Verfahrungsarten um die baumwollenen, leinenen etc. Gewebe
                           								dichter und feiner zu machen.
                        
                     
                        
                           
                              Verfahren für baumwollene oder leinene
                                 										Zeuge.
                              
                           Gebleichte Zeuge. — Ich passire den Zeug in einer
                              									Klotzmaschine (Grundirmaschine) durch Aetznatron oder Aetzkali von gewöhnlicher
                              									Temperatur (12° Reaumur) und einer Dichtigkeit von 60–70°
                              									Twaddell (35–39° Baumé); der Zeug wird dann, ohne ihn vorher zu
                              									trocknen, in Wasser gewaschen, hierauf durch verdünnte Schwefelsäure genommen, und
                              									wieder gewaschen. — Will man anstatt der Klotzmaschine einen mit einer Reihe
                              									von Leitwalzen versehenen Behälter anwenden, so nimmt man Aetznatron oder Aetzkali
                              									von 40–50° Twaddell (25–30° Baumé) bei gewöhnlicher
                              									Temperatur. Am Ende des Behälters werden zwei Ausringewalzen angebracht, von welchen
                              									das überschüssige Alkali in den Behälter zurückgelangt; der Zeug lauft dann über und
                              									unter Leitwalzen in einer Reihe von Behältern, die man am Anfang der Operation bloß
                              									mit Wasser füllt, so daß im letzten Behälter fast alles Alkali aus dem Zeug
                              									ausgewaschen ist. — Der Zeug, welcher die Grundirmaschine oder die Behälter
                              									mit Leitwalzen passirte, muß dann noch in Wasser gewaschen, durch verdünnte
                              									Schwefelsäure genommen und wieder in Wasser gewaschen werden.
                           Ungebleichte Zeuge. — Solche Zeuge aus Baumwolle
                              									oder Leinen weiche ich zuerst in heißem oder kochendem Wasser ein, nehme sie hierauf
                              									durch Ausringewalzen oder den Hydro-extractor, um den größten Theil des
                              									Wassers zu entfernen, und passire sie dann auf beschriebene Weise durch caustische
                              									Kali- oder Natronlösung.
                           
                           
                              Behandlung der Garne.
                              
                           Gebleichtes Kettengarn. — Ich wende meine Erfindung
                              									auch auf baumwollenes Kettengarn an; aber nachdem dasselbe den Behälter, welcher das
                              									Alkali enthält, passirt hat, nehme ich es entweder durch Ausringewalzen oder durch
                              									ein Loch in einer Metallplatte, um das Alkali auszupressen, passire dann das Garn
                              									durch Wasserbehälter, worauf ich es säuere und wieder wasche. — Gebleichtes,
                              									gezwirntes Garn tauche ich in das Alkali, ringe es dann
                              									aus, wie es beim Appretiren oder Färben geschieht, wasche es hierauf, säuere es
                              									dann, und wasche es wieder. — Rohes Garn koche ich
                              									zuerst in Wasser, und befreie es dann von dem größten Theil des Wassers im
                              									Hydro-extractor oder in einer Presse. Dann tauche ich es in die alkalische
                              									Lösung und hierauf entferne ich das Alkali im Hydro-extractor; oder ich
                              									drücke das Alkali in einer Presse aus, wasche dann das Garn in Wasser, nehme es
                              									durch verdünnte Schwefelsäure, wasche es wieder und presse dann das Wasser aus.
                           
                              Eigenschaften der behandelten baumwollenen
                                 										oder leinenen Zeuge.
                              
                           Wenn solche Zeuge auf angegebene Weise mit Aetzkali oder Aetznatron getränkt und dann
                              									durch Säuern und Waschen von dem Alkali befreit worden sind, so haben sie gewisse
                              									Veränderungen erlitten und insbesondere folgende neue Eigenschaften erlangt:
                           1) ihre Dimensionen sind verkürzt, indem sie in ihrer Länge und Breite sehr
                              									einschrumpften, sie sind daher dichter und specifisch schwerer geworden; die Zeuge
                              									aus Baumwolle oder einer sonstigen vegetabilischen Faser werden also durch Aetzkali
                              									oder Aetznatron in ähnlicher Art verändert, wie die wollenen Zeuge durch das
                              									Walken;
                           2) sie haben eine größere Stärke und Festigkeit erlangt, indem jeder Faden zum
                              									Zerreißen eine größere Kraft erfordert;
                           3) sie nehmen die Farben beim Drucken und Färben bei weitem besser an.
                           
                              Abänderungen des Verfahrens.
                              
                           Man kann die Aetzkali- und Aetznatron-Auflösungen von sehr
                              									verschiedener Stärke und Temperatur anwenden, wobei man proportionale Wirkungen
                              									erzielt.
                           
                           Eine ähnliche Wirkung wie mit caustischer Lauge, kann man durch Behandlung der Zeuge
                              									mit Schwefelsäure hervorbringen, welche auf 48° Baumé verdünnt ist und bei
                              									einer Temperatur von 30° R. angewandt wird. — Deßgleichen kann man
                              									statt des Alkalis eine Auflösung von Chlorzink (salzsaurem Zinkoxyd) von 64°
                              									B. anwenden, welche auf 52 bis 57° R. erwärmt worden ist.
                           Gemischte Gewebe.
                           Für Gewebe, welche aus Baumwolle oder Leinen in Verbindung mit Seide oder Wolle
                              									bestehen, nehme ich das caustische Alkali nicht über 40° Twaddle (25°
                              									Baumé) stark, und behandle sie mit demselben bei einer Temperatur von bloß 8°
                              									R., weil sonst die thierische Faser leiden würde.
                           
                        
                           
                              Zusatz.
                              
                           In der dießjährigen Versammlung der brittischen Naturforscher zu Ipswich ließ Hr. Mercer durch Dr. L. Playfair eine seine Entdeckung betreffende Abhandlung
                              									unter dem Titel vortragen: „über eine neue Methode die Baumwollfasern
                                 										zusammenzuziehen und auf dem so vorbereiteten Kattum viel glänzendere Farben zu
                                 										erhalten.“
                              									Mercer's Entdeckung besteht im Wesentlichen darin, daß
                              									eine Auflösung von kaltem aber caustischem Aetznatron eigenthümlich auf die Baumwollfaser wirkt und
                              									dieselbe veranlaßt sich sogleich zusammenzuziehen; obwohl das Natron leicht
                              									ausgewaschen werden kann, so hat doch die Faser eine Veränderung erlitten und
                              									wahrscheinlich einen Antheil Wasser chemisch gebunden. Die Verdichtung soll ein
                              									Fünftel bis ein Drittel vom Gesammtvolum der angewandten Baumwolle betragen.
                           Dr. Playfair behandelte vor der Gesellschaft einen groben
                              									Baumwollenzeug mit kalter caustischer Natronlauge, welcher nach dem
                              									Verdichtungsproceß auffallend feiner aussah. Sehr merklich zeigt sich diese
                              									Veränderung der Textur an den Farben; Baumwollensammet,
                              									nach Mercer's Methode vorbereitet, nahm eine bei weitem
                              									intensivere rothe Farbe an; Kattune, welche stellenweise durch Gummi reservirt und
                              									dann mit Aetznatron behandelt worden waren, lieferten beim nachherigen Bedrucken auf
                              									dem durch die Lauge verdichteten Theil ein viel schöneres und glänzenderes Lilas
                              									etc. Ueberdieß werden die Baumwollenzeuge durch eine solche Behandlung stärker
                              									gemacht; ein Baumwollfaden, welcher  mittelst Aetznatron zur Hälfte verdichtet wurde, zerriß
                              									durch 20 Unzen, während der Theil auf welchen das Natron nicht eingewirkt hatte,
                              									durch 13 Unzen zerriß.
                           Bei der Discussion über diesen Gegenstand, an welcher sich Dr. Faraday, Hr. Warrington, Prof. Dumas etc. betheiligten,
                              									schlug man vor, das Mikroskop anzuwenden, um zu ermitteln ob durch das neue
                              									Verfahren eine sichtbare Veränderung in den Eigenschaften der Baumwolle
                              									hervorgebracht wird. (Practical Mechanic's Journal,
                              									August 1851, S. 115.)
                           Hr. W. Grüne theilt in Nr. 6 seiner „Deutschen
                                 										Muster-Zeitung“ über das neue Verfahren folgende Bemerkungen
                              									mit:
                           „Für manche Fälle von besonderem Nutzen dürfte ein in neuester Zeit in
                              									Vorschlag gebrachtes Verfahren seyn, um weiße baumwollene Gewebe dichter und feiner
                              									zu machen, ohne daß dieselben die zum Färben und Drucken erforderlichen
                              									Eigenschaften auch nur im geringsten verlieren.
                           Das Verfahren bezweckt gleichsam ein größeres Einlaufen der Waare, als es auf
                              									gewöhnlichem Wege, z. B. durch Kochen zu erzielen ist; nach demselben wird eine
                              									vollständig gereinigte, mithin auch soviel als möglich eingelaufene Waare so
                              									verdichtet, daß wenn dieselbe vor demselben durch die Loupe betrachtet auf einen
                              									Viertelzoll 16 Fäden zeigte, sie nach demselben 18–20, ja selbst 22 Fäden für
                              									denselben Raum zeigt.
                           Dieses Verfahren beruht auf der Eigenschaft starker Alkalien und Säuren, den Faden
                              									zusammenzuziehen, und besteht einfach darin, entweder die Stücke in 39° Baumé
                              									starker caustischer Lauge, bei einer Temperatur von 39–40° R. eine,
                              									zwei bis drei Minuten lang zu behandeln und darauf zu reinigen, oder dieselben
                              									½–1 Minute lang in Schwefelsäure, welche auf 40–48°
                              									Baumé verdünnt ist und bis 30° R. warm seyn kann, liegen zu lassen und darauf
                              									zu spülen.
                           Wir haben selbst die Versuche gemacht und die Angaben bestätigt gefunden; für reine
                              									baumwollene Stoffe ist die Behandlung mit Lauge jedenfalls die welche den Vorzug
                              									verdient, da solche von sehr geringer Gefahr für die Faser ist, was bei der
                              									Schwefelsäure nicht der Fall ist, man auch deßhalb bei der Behandlung nicht die Eile
                              									nöthig hat, welche letztere erfordert.
                           Für Halbwollenstoffe, welche durch starke Lauge zerstört werden, muß man Säure
                              									anwenden und erhält damit sehr gute Resultate.
                           
                           Baumwollene Gewebe wurden in heißer caustischer Lauge in einer halben Minute auf 20,
                              									in zwei Minuten auf 22 Fäden verdichtet.
                           Bei dem späteren Bedrucken so behandelter Stücke wurden die Farben besser, als ohne
                              									die Behandlung; der Grund hiervon ist wohl hauptsächlich das engere Zusammenliegen
                              									der Fäden.“