| Titel: | Ueber Gutta-percha; von Arppe. | 
| Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. CIX., S. 442 | 
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                        CIX.
                        Ueber Gutta-percha; von Arppe.
                        Aus dem Journal für praktische Chemie, 1851 Nr.
                              									11.
                        Arppe, über Gutta-percha.
                        
                     
                        
                           Die allgemeine Annahme, daß in chemischer Beziehung Gutta-percha ganz mit
                              									Kautschuk übereinstimme, fand Arppe nicht bestätigt. Er
                              									betrachtet ersteren Stoff als ein Gemisch mehrerer Harze, die höchst wahrscheinlich
                              									durch Oxydation eines flüchtigen Oeles, C10
                              									H16, entstanden
                              									seyen.
                           Auf folgende Weise reinigte und untersuchte er jene Substanz. Gewöhnlich besteht die
                              									rohe Gutta-percha aus einer zusammengepackten Masse von Membranen, die durch
                              									Verdunstung des Milchsaftes sich bildeten, untermischt mit Laub, Spänen und Sand.
                              									Von diesen Verunreinigungen befreit man Gutta-percha durch Aufweichen in
                              									kochendem Wasser, wobei die dünnen Schichten sich trennen. Nimmt man diese Operation
                              									in einem Destillationsapparat vor, so verdichtet sich in der Vorlage ein braunes
                              									Wasser von eigenthümlichem unbehaglichem Geruch, der wahrscheinlich von einem
                              									Antheil unveränderten flüchtigen Oels herrührt. Die braune Farbe aber wird durch
                              									quellsalzsaure Salze von Magnesia, Ammoniak, etwas Kali und eine Spur von
                              									Manganoxydul verursacht, welche man mit Alkohol ausfällen kann.
                           Wird die so gereinigte Gutta-percha mehrmals mit Alkohol von 0,81 spec.
                              									Gewicht digerirt, so erhält man beim Verdunsten des Alkohols ein Gemisch von
                              									mehreren Harzen, welches sich zum größten Theil in kaltem Aether löst. Das weiße
                              									Pulver, welches sich nicht löst, nennt Arppe das α
                              									Harz der Gutta-percha. Es ist in Alkohol von 0,81 spec. Gewicht schwer
                              									löslich und setzt sich aus solcher Lösung beim Verdunsten in undeutlichen
                              									Krystallblättern ab, die erst bei höherer Temperatur(+ 200° C.?) schmelzen,
                              									aber dabei sich zersetzen und Producte geben, die mit leuchtender und rußender
                              									Flamme brennen.
                           
                           Die oben erwähnte ätherische Lösung hinterläßt beim Verdunsten eine klebrige Masse,
                              									die lichtgelbbraun, halbflüssig und mit einem pulverigen Körper untermischt ist. Bei
                              									Behandlung dieser Masse mit kochendem wasserfreiem Alkohol löst sie sich völlig, mit
                              									Ausnahme des Pulvers, welches eine Verbindung des δ Harzes mit Kalkerde zu
                              									seyn scheint. Die Alkohollösung enthält zwei Harze, welche nach dem Verdunsten des
                              									Alkohols als klebrige Masse mit beigemischten Krystallen zurückbleiben. Durch kalten
                              									wasserfreien Alkohol kann das leichter lösliche nicht krystallisirende von dem
                              									krystallisirenden β Harz geschieden werben. Letzteres schießt aus der
                              									Harzlösung in Alkohol in nadelförmigen eine halbe Linie langen Prismen an, die beim
                              									Uebergießen mit Alkohol glanzlos werden, zu Pulver zerfallen und sich dann lösen.
                              									β Harz schmilzt bei + 125° C., erstarrt zu einer farblosen,
                              									glasähnlichen Masse; seine alkoholische Lösung reagirt nicht sauer und wird durch
                              									essigsaures Bleioxyd nicht gefällt; seine ätherische Lösung treibt aus kohlensaurem
                              									Kali keine Kohlensäure aus. Es besteht aus C40
                                 										H62
                                 										O6.
                           Von ihm läßt sich das eingemengte γ Harz durch kalten wasserfreien Alkohol
                              									ausziehen, worin letzteres sehr leicht sich löst, aber auch den Alkohol so fest
                              									bindet, daß derselbe nur bei 100–110° C. davon getrennt werden kann.
                              									Es ist klebrig, schmilzt bei + 50° C. und ist dann lichtgelbbraun, färbt sich
                              									aber an der Luft dunkler. In Wasser verliert es allmählich seine Klebrigkeit und
                              									verwandelt sich in weiße Flocken, die schwerlöslich in Alkohol sind. Es gibt mit
                              									essigsaurem Bleioxyd eine lichtbraune, butterweiche Fällung, die bei 100° C.
                              									schmilzt. Seine Zusammensetzung ist C40
                              									H62
                              									O3.
                           Wenn Gutta-percha nach der Behandlung mit Alkohol von 0,81 spec. Gewicht mit
                              									Alkohol von 0,83 spec. Gewicht gekocht, die Lösung verdunstet und deren Rückstand
                              									mit kaltem Wasser behandelt wird, so löst sich im Aether das δ Harz und
                              									bildet beim Verdunsten des Aethers einen klebrigen Rückstand, der beim Erkalten aus
                              									einer alkoholischen Lösung in farblosen Körnern sich absetzt und bei + 175°
                              									C. schmilzt. δ Harz ist leichtlöslich in Aether, schwerlöslich in kaltem
                              									wasserfreiem Alkohol, wird durch Bleizucker nicht gefällt und besteht ausArppe äußert die Ansicht, daß dieses Harz
                                    											vielleicht ein während der Behandlung entstandenes Umwandlungsproduct seyn
                                    											könnte.
                           C40H48O8.
                           Der in Alkohol lösliche Theil der Gutta-percha beträgt 13 Proc., der in
                              									Alkohol unlösliche Theil, welcher aus einer Mengung des ε und  ζ Harz besteht, ist in
                              									Aether löslich bis auf eine geringe Menge eines fremden Körpers. Durch Aether wird
                              									Gutta-percha völlig gelöst, namentlich wenn er frei von Alkohol ist; war aber
                              									Gutta-percha vorher mit Alkohol behandelt, so löst sie sich nicht in Aether.
                              									Aeußerlich wird die Gutta-percha durch Aether anfangs schleimig, dann
                              									gelatinös durch die ganze Masse, und die Lösung geschieht, selbst in der Wärme, nur
                              									schwierig. Um das ε und ζ Harz darzustellen, löst man am besten
                              									Gutta-percha in warmen Aether, verdunstet den letztern und zieht durch
                              									Alkohol die andern Harze aus, dann bleiben ε und ζ Harz zurück.
                           ε Harz ist leichter löslich in Aether als ζ Harz, es läßt sich daher
                              									aus den ersten Quantitäten Aether, womit das Gemisch behandelt wird, erhalten. Es
                              									ist ein schneeweißes Pulver, schmilzt bei + 55° C., bildet beim Erkalten eine
                              									hellgelbe spröde Masse, wird aus der ätherischen Lösung durch Zusatz von Alkohol
                              									ausgefällt, löst sich jedoch, obwohl nur unbedeutend, auch in kochendem Alkohol.
                              									Nach der Analyse besteht es aus C40
                              									H62
                              									O10.
                           ζ Harz bildet eine weiße, etwas weiche, doch brechbare, schwer pulverisirbare
                              									Masse. Es schmilzt bei + 40° C. und ist dann gelbbraun, klebrig, in Fäden
                              									ausziehbar. Bei 100–110° C. ist es braun, nach dem Erkalten
                              									ziegelroth, glanzlos und ähnelt der rohen Gutta-percha, deren
                              									Hauptbestandtheil es ausmacht. Es ist fast unlöslich in kaltem Aether, und sehr
                              									unbedeutend in kochendem Alkohol. Die Analyse ergab seine Zusammensetzung nahezu C40
                              									H62
                              									O.
                           Beim Uebergießen dieser zwei Harze mit concentrirter Salpetersäure entzünden sie
                              									sich, mit schwacher Salpetersäure oxydiren sie sich weniger heftig, unter den
                              									Endproducten der Oxydation ist Oxypikrinsäure. Wird das Harzgemisch mit
                              									alkoholischer Kalilösung gekocht, so wird es braun, ohne sich zu lösen.
                           Bei der trockenen Destillation der Gutta-percha erhält man ganz andere
                              									Producte als bei der des Kautschuks; Arppe wird sie
                              									später untersuchen.
                           Die Formeln für die Harze können nicht als zuverlässig angesehen werden, da keine
                              									Verbindungen der Harze dargestellt, also die atomistischen Zusammensetzungen nicht
                              									controlirt werden konnten.