| Titel: | Ueber die Erhaltung und Vermehrung der Blutegel; von Ch. Fermond. | 
| Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. CXI., S. 449 | 
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                        CXI.
                        Ueber die Erhaltung und Vermehrung der Blutegel;
                           								von Ch.
                              								Fermond.
                        Im Auszug aus dem Journal de Pharmacie, April und Mai
                              									1851.
                        Fermond, über Blutegelzucht.
                        
                     
                        
                           Nachdem im J. 1844 die Verwaltung der Spitäler zu Paris in der Salpetrière Bassins
                              									zur Aufbewahrung der entleerten Blutegel hatte herstellen lassen, entschloß ich
                              									mich, die ihrer Erhaltung und wo möglich ihrer Vermehrung günstigsten Umstände zu
                              									erforschen; ich war auch so glücklich meinen Zweck zu erreichen, denn im Verlauf des
                              									dritten Jahres besaß ich vollkommen entwickelte junge Blutegel. Die dazu
                              									erforderlichen Umstände sollen in Folgendem dargelegt werden.
                           Es sollen hier nur die zur Abtheilung Ohnkiemen (Endobranches) gehörenden Blutegel, d. h. diejenigen abgehandelt werden,
                              									deren Athmungsorgane äußerlich nicht sichtbar sind; nämlich die im Handel unter den
                              									Namen grauer Blutegel (hirudo medicinalis) und grüner
                              									Blutegel (hir. Officinalis) bekannten. Die Anatomie
                              									dieser Thiere bleibt hier ausgeschlossen; die Veränderungen jedoch, welche sie in
                              									ihrem äußern Aussehen erfahren, sollen angeführt werden.
                           
                              Verfahren zur Erhaltung der
                                    											Blutegel.
                              Die Beschaffenheit des Aufenthaltsorts der Blutegel muß wesentlich verschieden
                                 										seyn von der bisher empfohlenen. Von Wichtigkeit sind dabei 1) die Lage der
                                 										Bassins, 2) die Art der Erneuerung des Wassers und 3) die Pflanzen, in deren
                                 										Mitte die Blutegel leben sollen.
                              
                                 Einrichtung der Bassins.
                                 Sie ist sehr wichtig und muß der Art seyn, daß 1) die Thierchen sich nicht
                                    											verlieren können; 2) daß das Wasser sich gehörig erwärmen kann, ohne jedoch
                                    											zu warm zu werden und ohne zu raschen Wechsel zu erfahren. Durch die
                                    											gehörige Erwärmung des Wassers wird die Fortpflanzung der Blutegel gesichert
                                    											und durch die Verhinderung eines zu raschen Temperaturwechsels deren
                                    											Erhaltung. Nach meiner Erfahrung sind gemauerte Bassins von 3 Fuß Tiefe,
                                    											deren Boden waagerecht mit dem Erdboden ist, recht zweckmäßig. Gewöhnlich
                                    											macht man sie dreimal so lang als  breit.Die rechtwinkelige Form ist deßwegen besser als jede andere, weil
                                          													sie, in einer Richtung schmäler, mittelst Brettern besser alle
                                          													Theile der Bassins zu durchgehen gestattet. Die eine
                                    											Seite ist der Mittagssonne ausgesetzt, die andere vor dem Nord- und
                                    											Nordostwind durch eine ziemlich hohe Mauer oder wenigstens ein sehr starkes
                                    											Pfahlwerk gesichert; die andern Seiten werden durch den Schatten einiger
                                    											Bäume gegen zu große Sonnenhitze geschützt.
                                 Die Bassins in der Salpetrière haben eine der beschriebenen ziemlich ähnliche
                                    											Lage. Sie haben 3 Fuß Tiefe, 27 Fuß Länge und 9 Fuß Breite, das Mauerwerk
                                    											nicht mit eingeschlossen, und sind in drei geiche Abtheilungen
                                    												getheilt.Dieses Abtheilen derselben ist nicht unerläßlich, und geschah hier,
                                          													um den Blutegeln nach ihrer Entleerung gesicherte Ruhe zu
                                          													verschaffen. Sie sind von einer sehr dichten Hecke gegen
                                    											den Nord-, Nordost- und Ostwind und im Uebrigen durch Bäume
                                    											und Grünes vor zu großer Hitze geschützt, welche jedoch noch hinlänglich
                                    											Sonnenstrahlen hindurchlassen; übrigens sind die Bassins mit gewalztem Blei
                                    											gefuttert, wodurch es den Blutegeln unmöglich wird, sich in die Erde zu
                                    												verschlüpfenDie Blutegel machen es wie die Regenwürmer; sie verkriechen sich
                                          													immer tiefer, besonders in feuchte Erde, und kommen dann sehr oft
                                          													nicht mehr in die Bassins zurück. Ich fand deren in einer Entfernung
                                          													von mehr als 300 Fuß von einem Graben, in welchen man eine große
                                          													Anzahl gelegt hatte, in der Erde wieder auf. und welches
                                    											ohne nachtheiligen Einfluß auf deren Erhaltung seyn dürfte. Der Boden dieser
                                    											Bassins wird mit einer 10 bis 11 Zoll dicken Schicht aufgeweichten Lettens
                                    											belegt, welcher den Blutegeln zum Verschlüpfen und zugleich als Träger der
                                    											sogleich anzuführenden Pflanzen dient. Mittelst eines Hahns wird Wasser
                                    											eingelassen, welches durch eine Ueberlaufrinne stets in einer Höhe von
                                    											1½ Fuß, oder 7½ bis 13 Zoll über der Lettenschicht erhalten
                                    											wird. Endlich muß dafür gesorgt werden, daß verschiedene Pflanzen darin
                                    											wachsen, und zwar vorzüglich Rohrkolben (typha
                                       												latifolia und angustifolia), Wasserschwertlilie (iris pseudacorus), die verschiedenen
                                    											Armleuchterarten (Chareen; Chara vulgaris, flexilis
                                       												hispida) etc., unter denen der Chara
                                       												hispida der Vorzug zu geben ist, weil ihr mit dünnen und
                                    											engbeisammenstehenden Stacheln besetzter Stengel sehr geeignet ist, die
                                    											Blutegel von der schleimigen Substanz zu befreien, deren sie sich oft
                                    											entkleiden müssen.
                                 Folgende Versuche veranlaßten mich zur Anwendung eines Verfahrens, welches
                                    											auf den ersten Blick im Widerspruch zu seyn scheint mit der Sorgfalt, welche
                                    											man behufs ihrer Erhaltung zu empfehlen pflegt; nach einigem Nachdenken aber
                                    											wird man meine Methode vernunftgemäß  finden und durch einige Versuche sich überzeugen,
                                    											daß sie gut ist.
                                 Zwei Goldfischchen, welche sich in einem ziemlich großen Gefäße befanden und
                                    											täglich frisches Wasser erhielten, starben nach 7–8 Monaten, obwohl
                                    											man ihnen Zwieback, Brod oder Oblatenstückchen gegeben hatte. — Zwei
                                    											andere Goldfischchen in einem ähnlichen Gefäße, erhielten niemals frisches
                                    											Wasser. Es entwickelte sich jene einfache, grüne Vegetation, welche sich in
                                    											allen ruhenden, dem Licht ausgesetzten Wässern so häusig vorfindet. Das
                                    											Wasser verdarb nicht und die minder leckern, oder vielmehr minder
                                    											hungerigen, jedoch lebhaftern Fische haschten nicht nach solchen
                                    											Nahrungsmitteln; sie lebten im besten Zustande über zwei Jahre. — Bei
                                    											andern, in gleicher Weise mit Wassersalamandern, Nestlingen (Cyprinus alburnus) und Blutegeln angestellten
                                    											Versuchen wurden gleiche Resultate erhalten.
                                 Diese leicht zu begreifenden Resultate, welche aber erst durch die Erfahrung
                                    											bestätigt werden mußten, erklären sich folgendermaßen. Wie bekannt können
                                    											die Thiere, selbst diejenigen der niedersten Stufe, nicht lange inmitten
                                    											einer Luft oder eines Wassers leben, welche mit Kohlensäure gesättigt sind;
                                    											nun löst aber das Wasser bei gewöhnlicher Temperatur und gewöhnlichem
                                    											Luftdruck sein gleiches Volum Kohlensäure auf, welches Wasser demnach für
                                    											Fische und andere Wasserthiere asphyktisch wirken muß; diese Thiere kommen
                                    											darin um. Andererseits ist bekannt, daß hingegen selbst die einfachsten
                                    											Gewächse unter dem Einfluß des Lichts die Eigenschaft besitzen, die
                                    											Kohlensäure zu zersetzen, sich deren Kohlenstoff anzueignen und deren
                                    											Sauerstoff auszuscheiden, welchen sie dem Wasser zurückerstatten. Aus diesem
                                    											Grunde ersetzen die in einem von Thieren bewohnten Wasser lebenden Gewächse
                                    											dem Wasser einen Theil der zur Erhaltung dieser Thiere nothwendigen
                                    											Elemente. So löst das Wasser auch das Schwefelwasserstoffgas sehr gut auf,
                                    											welches den Thieren ebenfalls tödtlich ist; positive Versuche beweisen aber,
                                    											daß die Pflanzen unter ihren Bestandtheilen Schwefel enthalten, und
                                    											sicherlich wirkt die Vegetation auf die Schwefelwasserstoffsäure wie auf die
                                    											Kohlensäure, indem sie den Schwefel und den Wasserstoff dieser Verbindung
                                    											fixirt, woraus folgt, daß die Pflanzen auch in dieser Hinsicht den
                                    											Aufenthalt der im Wasser lebenden Thiere gesund machen. Aus demselben Grunde
                                    											fault das Wasser nicht, wenn es auch nur Gewächse der niedrigsten Stufe
                                    											enthält.
                                 Betrachten wir nun diese Flüssigkeit aus einem andern Gesichtspunkt, so
                                    											finden wir, daß sich unter diesen Umständen darin nicht nur  eine Menge sehr
                                    											einfacher Gewächse (Conferven oder Süßwasseralgen), sondern auch Infusorien
                                    											(Monaden und Volvox etc.) bilden, welche alle zur Ernährung gewisser Thiere
                                    											mehr oder weniger beitragen. Dieß scheint mir hinzureichen, um zu erklären,
                                    											warum Fische, Salamander, Blutegel in nicht erneuertem Wasser, worin sich
                                    											eine mehr oder weniger thätige Vegetation entwickelte, besser fortleben als
                                    											in täglich erneuertem Wasser, welchem die erwähnten nährenden Bestandtheile
                                    											fehlten. Indem ich diese Betrachtungen auf die Aufbewahrung der Blutegel
                                    											anwandte, konnte ich mich von ihrer Richtigkeit überzeugen, besonders
                                    											hinsichtlich der Fortpflanzung und Entwickelung der jungen Blutegel. In der
                                    											That wechselte ich in den Bassins der Salpetrière niemals das Wasser und
                                    											beschränkte mich darauf, dasjenige zu ersetzen, welches durch freiwillige
                                    											Verdunstung verloren ging. Ich fand, daß auf diese Weise das Wasser niemals
                                    											verdarb, vorausgesetzt, daß man die todten Blutegel fleißig entfernte, was
                                    											sehr leicht zu bewerkstelligen ist, wenn nicht zu viel Chara darin wächst,
                                    											indem die Blutegel fast immer auf der Oberfläche des Lettens sterben. Man
                                    											läuft ferner, wenn man das Wasser nicht erneuert, niemals Gefahr die jungen
                                    											Blutegel zu verlieren, welche beim Auskriechen aus dem Ei so dünn sind, daß
                                    											sie in dem sie mitreißenden Wasserstrom sehr schwer zu bemerken wären.
                                 
                              
                                 
                                    Einfluß des Brunnenwassers, des
                                       												Wassers aus dem Ourcq-Canal und der Seine auf die Erhaltung der
                                       												Blutegel.
                                    
                                 Ich hielt die Frage für sehr wichtig, welches Wasser sich für die Erhaltung
                                    											der Blutegel am besten eigne, denn nicht alle Wasser schienen mir dazu
                                    											gleich tauglich zu seyn. Zu diesem Behufe wurden von 150 Blutegeln, welche
                                    											schon gedient hatten, aber wieder gehörig entleert worden waren, 50 in
                                    											Brunnenwasser, 50 in Canalwasser und 50 in Seinewasser gebracht. Diese
                                    											Wasser wurden hinsichtlich der Gefäße und der Temperatur gleich gehalten und
                                    											jeden Tag gewechselt. Der Versuch begann am 7. Febr. 1848. Am 27. März waren
                                    											alle in Brunnenwasser gebrachten Blutegel todt; es befanden sich an diesem
                                    											Tage in dem Gefäß mit Canalwasser noch 14, in demjenigen mit Seinewasser
                                    											noch 21. Am 8. April waren alle Blutegel im Canalwasser todt, während sich
                                    											im Seinewasser noch 13 befanden. Im Seinewasser endlich starb der letzte
                                    											Blutegel erst am 3. Mai.
                                 Die 50 im Brunnenwasser aufbewahrten Blutegel waren also sämmtlich nach 50
                                    											Tagen todt; die 50 im Wasser des Ourcqcanals aufbewahrten aber erst in 62
                                    											Tagen; endlich die 50 im Seinewasser aufbewahrten  erst nach 87 Tagen,
                                    											woraus folgt, daß das Canalwasser unter den gegebenen Umständen den
                                    											Blutegeln besser zusagt als das Brunnenwasser, daß aber das Seinewasser dem
                                    											Canalwasser vorzuziehen ist.
                                 Mehrere Gründe erklären diese Resultate; erstens der verschiedene Gehalt
                                    											dieser Wasser an Kalksalzen, denn offenbar eignen sie sich um so weniger zur
                                    											Aufbewahrung der Blutegel, je mehr sie von diesen Salzen enthalten. So
                                    											eignet sich das Brunnenwasser, welches am meisten schwefelsauren Kalk (Gyps)
                                    											enthält, am wenigsten zu diesem Zweck; das Wasser des Ourcqcanals enthält
                                    											nach Vauquelin's und Bouchardat's Analysen wenigstens zweimal soviel Kalksalze als das
                                    											Seinewasser, welcher Umstand allein schon hinreicht, besagte Erscheinung zu
                                    											erklären. Ein nicht minder einflußreicher Umstand kommt noch dazu, nämlich
                                    											daß im Canalwasser beinahe dreimal so viel Kohlensäure enthalten ist als im
                                    											Seinewasser. Endlich haben dieselben Chemiker gefunden, daß das Seinewasser
                                    											immer etwas mehr Saucrstoff enthält als das Canalwasser. Die chemische
                                    											Analyse bestätigt also die gemachten Beobachtungen und die angegebenen
                                    											Resultate erklären sich auf das Befriedigendste. Es folgt daraus, daß zum
                                    											Speisen von Blutegelbassins das Seinewasser (Flußwasser) vorzuziehen ist und
                                    											in dessen Ermangelung das Canalwasser vor dem Brunnenwasser den Vorzug
                                    											verdient.
                                 Man darf nicht außer Acht lassen, daß bei diesen Versuchen der Einfluß der
                                    											Vegetation auf die Kohlensäure nicht stattfinden konnte, daher die
                                    											Bedingungen der Erhaltung sehr abweichend, und gewiß weniger zahlreich waren
                                    											als in dem Falle wo sich die Blutegel in Bassins inmitten einer thätigen
                                    											Vegetation befinden.
                                 Man könnte glauben, daß man im Winter, wo die Vegetation minder thätig ist,
                                    											das Wasser der Bassins wechseln sollte, um die Blutegel besser zu erhalten.
                                    											Die Erfahrung belehrte mich aber, daß dieser Wasserwechsel nichts nutzt und
                                    											daß das Wasser im Winter nicht mehr verdirbt als im Sommer. Dieß läßt sich
                                    											leicht erklären: erstens wenn die Vegetation minder thätig ist, so ist auch
                                    											die Lebensthätigkeit der Thiere niedrigerer Stufen minder lebhaft, folglich
                                    											wird auch nicht so viel Kohlensäure von ihnen ausgeathmet; da ferner die
                                    											Temperatur niedrig genug ist, so kann die faule Gährung der organischen
                                    											Materien bei weitem nicht so leicht eintreten wie im Sommer. Die einzige im
                                    											Winter erforderliche Vorsicht, um das Wasser vor strenger Kälte, namentlich
                                    											in Folge der Strahlung, zu bewahren, besteht darin, die Bassins bei
                                    											Annäherung der Fröste mit Brettern und zwar hinreichendem  Abstand von einander zu
                                    											bedecken und eine gute Lage Stroh darüber zu legen. Hierbei wird die Kälte
                                    											nie so stark, daß das Wasser ganz gefriert, noch weniger dasjenige, womit
                                    											der Letten getränkt ist; übrigens können die Blutegel, wie viele andere
                                    											Thiere der niedern Gattungen, so weit gefrieren daß sie spröde werden, ohne
                                    											deßwegen ihr Leben einzubüßen; denn sobald es wieder aufthaut, beginnen sie
                                    											sich wieder zu bewegen, und man sollte nicht glauben daß sie sich kurz
                                    											vorher in einem dem Tode ähnlichen Zustande befanden.
                                 
                              
                           
                              Ueber die Fortpflanzung der
                                    											Blutegel.
                              Die Blutegel sind bekanntlich Zwitter, d. h. dasselbe Individuum verbindet beide
                                 										Geschlechter, kann aber den Act der Befruchtung nicht für sich allein vornehmen,
                                 										sondern bedarf der Paarung. Ich werde hier nicht über die
                                 										Zeugungs-Apparate der Blutegel sprechen, welcher Gegenstand von Savigny, Carena, Moquin-Tandon etc. auf das
                                 										Vollkommenste behandelt wurde. Ich bemerke nur, daß die Blutegel sich zur warmen
                                 										Jahreszeit, in den Monaten Mai und Juni, ganz wie die Regenwürmer begatten, was
                                 										vorzüglich während der Frische des Morgens geschieht. Sie legen sich Bauch an
                                 										Bauch in entgegengesetztem Sinne aneinander und verbleiben so zwei bis drei
                                 										Stunden. Die Begattung findet immer unter dem Wasser statt, und zwar eben so gut
                                 										zwischen verschiedenen Species, schwarzen und grauen, als zwischen gleichen.
                              Alle Schriftsteller über Blutegel sagen, daß sie Cocons erzeugen, eine Art Eier,
                                 										welche mit einer schwammigen Substanz überzogen sind, und aus denen die jungen
                                 										Blutegel hervorkriechen; meines Wissens aber hat noch niemand die Erzeugung
                                 										nackter Eier, wie bei dem Wasserschlängelchen, dem leuchtenden Meerwurm, der
                                 										Feuerlwalze etc. entdeckt, in welchen zusammengesetzten Eiern man vier bis zehn
                                 										Blutegel findet — eine Lücke, welche ich, nachdem ich mich sechs Jahre
                                 										lang mit der Beobachtung und Zucht der Blutegel abgab, nun auszufüllen
                                 										vermag.
                              Trotz aller Mühe, welche ich mir gab, Cocons in den Bassins zu finden, fand ich
                                 										davon nicht die geringste Spur, und doch konnte ich schon im ersten Jahr hie und
                                 										da auf den Wasserpflanzen ganz junge Blutegelchen wahrnehmen. Schon verzweifelte
                                 										ich daran, mir die Entstehung dieser Blutegel je erklären zu können, als ich
                                 										einmal am Ursprung der Blattscheide eines Rohrkolbens eine Menge
                                 										schwärzlichbrauner kleiner Körperchen gewahr wurde. Bei näherer Betrachtung,
                                 										besonders mit der Loupe, fand ich bald, daß sie bewohnt waren; aber  noch wußte ich nicht, von
                                 										welchem Thiere. Erst nach längerer Untersuchung und an der Sonne sah ich aus
                                 										einem kleinen Deckelloch einen jungen Blutegel auskriechen, den ich bei seiner
                                 										Größe und Farbe, wenn er sich nicht bewegt hätte, nicht hätte wahrnehmen können;
                                 										bald darauf schlüpfte ein zweiter, ein dritter heraus u. s. f. bis das Ei ganz
                                 										leer war. Diese Eier waren in Gestalt, Größe und Textur von den Cocons der
                                 										Blutegel so verschieden, daß ich lange glaubte, ich müsse mich getäuscht haben,
                                 										bis oft wiederholte Beobachtungen, auch anderer Personen, die Ueberzeugung von
                                 										der Existenz der Eier feststellten.
                              Da die Fortpflanzung der Blutegel durch Cocons von mehreren Naturforschern, und
                                 										erst neuerlich von Charpentier, ausführlich
                                 										beschrieben wurde, so habe ich mich hier nur mit deren Fortpflanzung durch
                                 										nackte Eier zu befassen.
                              Dieselben werden 30–40 Tage nach der Begattung, also in den Monaten Juni,
                                 										Juli und August, gelegt. Die Blutegel bei diesem Act zu beobachten, ist sehr
                                 										schwierig. Doch glaubte ich eines Morgens einige Blutegel auf dem unter Wasser
                                 										befindlichen Theil von Rohrkolben- und Schwertlilienblättern, 9 Linien
                                 										bis 3 Zoll unter dem Wasserspiegel, zu sehen. Sie blieben hier etwa eine halbe
                                 										Stunde, und nachdem sie die Stelle verlassen hatten, überzeugte ich mich von dem
                                 										Vorhandenseyn der Eier, welche anfangs blaß von Farbe waren, durch den Einfluß
                                 										der äußern Agentien aber eine mehr oder weniger ins Braune übergehende gelbliche
                                 										Farbe annahmen. Vier dieser Eier wurden mit etwas Wasser aus den Bassins und
                                 										einigen Charapflanzen in ein Glas gebracht, um die zur Bildung der Blutegel
                                 										erforderliche Zeit zu beobachten. Am 38sten Tag entschlüpften einem dieser Eier
                                 										sechs kleine Blutegel; am 39sten Tage krochen die Blutegel aus zwei andern Eiern
                                 										aus; am 40sten Tag endlich kamen aus dem vierten Ei acht Blutegel.
                              Es versteht sich, daß die zum Auskriechen der Eier erforderliche Zeit von der
                                 										Jahreszeit, der Temperatur und der mehr oder weniger südlichen Lage der Bassins
                                 										abhängt. Wenigstens scheint dieß aus folgendem Versuch hervorzugehen: mehrere
                                 										dem Auskriechen sehr nahe Eier hatte man acht Tage lang in den Schatten
                                 										gebracht; als einige derselben nach dieser Zeit der Sonne ausgesetzt wurden,
                                 										ließen sie die in ihnen befindlichen Blutegel ausschlüpfen, während die im
                                 										Dunkeln gelassenen Eier in ihrem Zustand verblieben, bis ich sie ebenfalls der
                                 										Sonne aussetzte (ungefähr 14 Tage später); die jungen Blutegel bewegten sich
                                 										sogleich und krochen dann aus dem Ei; die Eier aber, welche ich im Schatten
                                 										aufbewahrte, ließen die jungen Blutegel niemals auskriechen.
                              
                              Die Zeit von der Begattung bis zum Eierlegen läßt sich natürlich nur
                                 										annäherungsweise bestimmen; bedenkt man aber, daß die Paarung bei günstigem
                                 										Jahrgang im Monat Mai beginnt, und daß man die Eier erst in der Mitte Junius
                                 										findet, so bleibt es wahrscheinlich, daß die Trächtigkeit der Blutegel
                                 										30–40 Tage dauert. Zwar versuchte ich, Blutegel während ihrer Begattung
                                 										zu fangen, um die Zeit zum Eierlegen genau zu ermitteln; allein trotz der
                                 										vorsichtigsten Behandlung starben die meisten, und die noch lebenden blieben, da
                                 										sie wahrscheinlich die dem Eierlegen günstigen Umstände nicht mehr vorfanden,
                                 										unfruchtbar.
                              Die Blutegeleier haben in der Regel eine elliptische Gestalt, sind auf der an der
                                 										Pflanze haftenden Seite abgeplattet, auf der andern gewölbt. Einige sind
                                 										höchstens 1 3/10 Linien lang und 9/10 Linien breit, während andere 3½
                                 										Linien Länge und 2 1/5 Linien Breite haben. Zwischen diesen Extremen sind alle
                                 										Größen möglich. Statt elliptisch, sind sie bisweilen auch rund. Die gewölbte
                                 										Oberfläche zeigt immer zwei kleine Deckelöffnungen an den zwei entgegengesetzten
                                 										Punkten der größten Achse der Ellipse. Diese Oeffnungen bleiben bis zu dem
                                 										Augenblick geschlossen, wo die jungen Blutegel stark genug sind, um den Deckel
                                 										zu heben und auf das den Eiern als Unterlage dienende Blatt
                                 										herauszukriechen.
                              Diese Eier bestehen aus einer durchsichtigen, häutigen Substanz von gelblicher,
                                 										mehr oder weniger brauner Farbe, welche eine ganz klare, schleimige Substanz
                                 										einschließt; wenn man die im Ei enthaltene Materie mit dem Mikroskop untersucht,
                                 										so unterscheidet sie sich in den ersten Tagen nicht merklich von einer Auflösung
                                 										arabischen Gummis; acht bis zehn Tage später gewahrt man darin durchsichtige
                                 										Kügelchen, welche immer deutlicher werden und sich gegen den 20sten bis 25sten
                                 										Tag in Reihen zu vereinigen scheinen; am 28sten bis 35sten Tag kann man, selbst
                                 										durch die Hülle hindurch, diese linienförmigen Reihen in verschiedenen
                                 										Richtungen gedreht erkennen, welche Reihen ebensovielen Würmchen gleichen, die
                                 										vom 35sten bis zum 40sten Tag Bewegung erhalten und aus dem Ei kriechen.
                              Beim Auskriechen aus dem Ei hat der Blutegel die Dicke eines Fadens und ist
                                 										silberartig weiß von Farbe; er kriecht auf dem unter Wasser befindlichen Theil
                                 										des Blattes fort, das gewöhnlich mit einer schleimigen Substanz überzogen ist,
                                 										in welcher er wahrscheinlich seine erste Nahrung findet. Das Wasser darf zu
                                 										dieser Zeit nicht gewechselt werden, weil auch der sachteste Strom desselben die
                                 										Blutegel mitreißen würde.
                              
                              Etwas später färben sich die Blutegel aschgrau und man gewahrt auf den zwei
                                 										hintern Dritteln ihres Körpers einige rothe Punkte, welche immer deutlicher und
                                 										größer werden und endlich in der allgemeinen Färbung der Blutegel, welche aber
                                 										noch nicht die gewöhnliche ist, verschwinden.
                              In der Regel haben die Blutegel, obgleich schon sehr groß, noch eine
                                 										eigenthümliche dunkelzimmetbraune Farbe, durch welche
                                 										ich mich versichert halten konnte, daß der Blutegel von dieser Farbe ein im
                                 										Bassin erzeugter ist; manchmal erreichen sie sogar die Größe des käuflichen
                                 										Blutegels, ohne diese Farbe zu verlieren, weßhalb man sie für eine besondere,
                                 										durch die Paarung zweier verschiedenen Species erzeugte Varietät zu halten
                                 										versucht werden könnte.
                              Die Färbung des jungen Blutegels geht nicht immer auf gleiche Weise vor sich; sie
                                 										beginnt manchmal mit einigen schwarzen Punkten am hintern Ende des vordern
                                 										ersten Drittheils. Auch trifft man nicht selten Blutegel, bei welchen die
                                 										hintern drei Viertel ganz gefärbt sind, während das übrige Viertel ganz weißlich
                                 										und durchsichtig ist. Schwerlich sind diese Verschiedenheiten krankhafte
                                 										Zustände, da solche Blutegel sehr lebhaft sind und in diesem Zustande lange
                                 										leben.
                              Bemerkenswerth ist, daß die Blutegel, so lange sie weiß sind, ihre Aftermündung
                                 										so nahe zur vordern Mündung bringen, daß diese sich berühren, wogegen in dem
                                 										Maaße als die Färbung vorschreitet, auch der Abstand zwischen ihren beiden
                                 										Mündungen zunimmt. Merkwürdig ist auch, daß kleine erst ausgekrochene Blutegel
                                 										oft unter dem Bauche eines größern, jedoch noch weißen oder aschgrauen, Schutz
                                 										suchen, und zwar nicht bloß während letzterer auf einem Blatte ruht, sondern
                                 										auch an ihm haften bleiben, wenn er sich fortbewegt.
                              Die bekannte Gefräßigkeit der Blutegel erstreckt sich auch auf die jungen, welche
                                 										sich gerne auf den ältern, schon gefärbten, festsetzen und dieselben anbeißen,
                                 										so daß sie auch durch die angestrengtesten Bewegungen sich ihrer kaum erwehren
                                 										können.
                              Wie schon bemerkt wurde, befinden sich die Blutegeleier 9 Linien bis 2½
                                 										Zoll tief unter dem Wasserspiegel. Es erhellt daraus wie zweckmäßig es ist, das
                                 										Wasser stets in gleicher Höhe zu erhalten, weil die Eier, sobald sie sich außer
                                 										dem Wasser befänden, austrocknen würden und nicht zum Auskriechen kämen.
                                 										Vorzüglich im Sommer, während der großen Hitzen, zu welcher Zeit auch die Eier
                                 										gelegt werden, muß man die Basis fleißig besichtigen und das verdunstete  Wasser ersetzen;
                                 										durch eine mit einem Drahtgewebe (das so fein ist, daß die Blutegel nicht
                                 										hindurchströmen) versehene Ueberlaufrinne verhindert man, daß es zu hoch
                                 										anwachse.
                              Nach dem Vorausgehenden kann man nicht umhin, zwei Arten der Fortpflanzung, oder
                                 										doch wenigstens zweierlei Arten von Blutegeleiern anzunehmen; eine Vermehrung
                                 										durch Cocons und eine Vermehrung durch Eier. Um diese zwei Modificationen zu
                                 										erklären, kann man zweierlei annehmen, entweder: 1) daß der unter etwas andern
                                 										Umständen als den gewöhnlichen oder natürlichen lebende Blutegel nur Eier lege;
                                 										oder 2) daß er in den Monaten Junius und Julius Eier legt, welche bei der
                                 										Sommerwärme bald auskriechen; während er im Septemper und October aber Cocons
                                 										erzeugt, eine Art Eier, die von einer schwammigen Substanz umgeben sind, welche
                                 										sie vielleicht vor zu strenger Kälte zu schützen vermag.Wenn ich hier die Cocons als eine Art Eier betrachte, so füge ich mich
                                       												damit nur der gewöhnlichen Anschauungsweise. Ich für meinen Theil möchte
                                       												den Cocons lieber eine von den Müttern zum Schutze der jungen Blutegel
                                       												gegen die vielen zerstörenden Einflüsse bereitete Wohnung erblicken.
                                       												Diese Ansicht wird dadurch unterstützt, daß der hirudo vulgaris ähnliche Eier wie die Blutegel unserer Bassins
                                       												legt, Eier welche Linné für Coccus aquaticus ansah. Der bisherige
                                       												Irrthum fände in dem Umstand, daß die wahren Eier bisher noch nicht
                                       												beobachtet worden waren, leicht seine Erklärung. Gewiß ist,
                                 										daß ich in günstigen Jahrgängen schon im Monat Mai hie und da in den Bassins
                                 										junge Blutegel fand, ganz wie diejenigen, welche aus den Eiern schlüpfen,
                                 										niemals aber eine Spur von Eiern, welche erst im Junius zum Vorschein
                                 										kommen.
                              Mir ist nicht wahrscheinlich, daß jene Blutegel aus Cocons kommen, da aus solchen
                                 										die Blutegel bekanntlich schon gefärbt und sehr groß herauskommen; vielmehr
                                 										glaube ich, daß es Blutegel vom vorigen Jahre waren, deren Heranwachsen und
                                 										weitere Entwickelung durch den Winter aufgehalten wurde und während desselben
                                 										stillstand.
                              
                           
                              Ueber die Nahrung der
                                    										Blutegel.
                              Ueber die Natur der den Blutegeln zur Nahrung dienenden Substanzen ist uns noch
                                 										wenig bekannt. Den jungen Blutegeln scheinen jedoch Pflanzenstoffe zur Nahrung
                                 										zu dienen, da sie im Ei zur Ernährung eine Substanz absorbirten, welche einer
                                 										Auflösung von arabischem Gummi ähnlich ist, ferner sich am liebsten auf Blättern
                                 										aufhalten,  welche
                                 										in Zersetzung begriffen sind, und auf denen sich eine schleimige Schicht
                                 										befindet. Sie greifen nicht das Gewebe des Blattes an, wie man behauptete,
                                 										sondern saugen die dasselbe bedeckende schleimige Substanz ein, welche auch die
                                 										Fasern gewisser in stehenden Wassern so häufigen Conferven umhüllt. Ferner
                                 										besitzen sie in ihrer zarten Jugend noch nicht die nöthige Kraft um durch die
                                 										Haut der Thiere zu beißen deren Flüssigkeit späterhin ihre Nahrung bildet. Sie
                                 										scheinen sonach in den schleimigen Substanzen ihre schon zubereitete Nahrung zu
                                 										finden. Später, wenn ihre Zähne Kraft gewinnen, finden sie gewisse Larven von
                                 										Wasserinsecten vor, deren Haut sie durchbeißen können, um die Flüssigkeit
                                 										herauszusaugen; vielleicht verschlingen sie sogar ganze Thiere, wie gewisse
                                 										Monaden und andere Insusorien; wenigstens könnte dieß aus der Erfahrung
                                 										geschlossen werden, daß in den Bassins, worin sich das Wasser erneuert, keine
                                 										Blutegel erzeugt werden.
                              Einige empfahlen das Blut als Nahrungsmittel der Blutegel. Huzard scheint damit nicht einverstanden zu seyn, und ich theile seine
                                 										Meinung.
                              Wenn ein Bassin recht viele Pflanzen enthält, so finden sich in seinem Wasser
                                 										nothwendig mannichfaltige Insectenlarven und sonst nahrhafte Substanzen für die
                                 										jungen Blutegel vor. Niemals fiel mir ein, ihnen Blut zu geben, dessen
                                 										geringster Nachtheil schon der ist, daß es das Wasser der Bassins zur Fäulniß
                                 										geneigt macht. Ich halte in der That das Blut warmblütiger Thiere für kein sehr
                                 										gesundes Nahrungsmittel der Blutegel; allerdings beißen die Blutegel diese
                                 										Thiere an, um sich mit ihrem Blute anzusaugen; allein sie thun dieß mehr
                                 										instinctweise, als um sich zu nähren; als Beweis dafür möge nur die
                                 										Schwierigkeit dienen, mit welcher sie das Blut verdauen. Die Blutegel scheinen
                                 										mir nur als Saugthiere zu betrachten zu seyn, organisirt, um sich von den im
                                 										Organismus gewisser, vorzüglich im Wasser lebender Thiere enthaltenen
                                 										Flüssigkeiten zu nähren. Ueberdieß ist das Blut, vorzüglich das der warmblütigen
                                 										Wirbelthiere, eine höchst nahrhafte Substanz, für die Blutegel als Thiere
                                 										niederer Gattung folglich eine zu nahrhafte Substanz, und wenn es wahr ist, daß
                                 										gewisse Thiere, wie Frösche, Kröten etc. wenn sie in einen Blutegelteich fallen,
                                 										verschlungen werden, so kann ich auch dieses Nahrungsmittel nur als ein
                                 										zufälliges betrachten, welches nicht so oft wiederkehrt, daß die Blutegel in
                                 										großer Zahl und Jahre lang davon leben könnten; vielmehr erblicke ich in den
                                 										erwähnten schleimigen Substanzen, dann in den Infusorien und in den vielen
                                 										Insectenlarven ein den Blutegeln fast immer gesichertes Nahrungsmittel.
                              
                              Diese Erörterung führt mich auf eine von Hrn. Soubeiran in einem Bericht an die medicinische Akademie und in der
                                 										letzten Abhandlung des Hrn. Huzard ausgesprochene
                                 										Ansicht. Dieselben glauben nämlich in Uebereinstimmung mit den HHrn. Pallas, Charpentier, Lenoble, de Plancy, Laubert
                                 										etc., daß die vollgesogenen Blutegel zur Fortpflanzung die geeignetsten seyen.
                                 										Diese Ansicht scheint mir aber mit den Thatsachen vollkommen im Widerspruch zu
                                 										seyn. Ich legte nämlich vollgesogene Blutegel in eine Abtheilung der Bassins der
                                 										Salpetrière, und überzeugte mich, daß die meisten starben, während die andern
                                 										sich in die Erde verkrochen, um dort das Blut, mit welchem sie sich vollgesogen
                                 										hatten, zu verdauen.
                              Ferner erhielt ich aus dieser Abtheilung, obwohl ich die Blutegel im December und
                                 										Januar hineingelegt hatte, am Anfange des darauffolgenden Sommers keine Spur von
                                 										Eiern, während die beiden andern zur selben Zeit mit entleerten Blutegeln
                                 										beschickten Abtheilungen mit Eiern und jungen Blutegeln versehen waren. Gegen
                                 										Ende des Sommers fand ich jedoch Eier in der ersten Abtheilung, da aber zu
                                 										dieser Zeit die etlichen noch vorhandenen Blutegel sich schon 8–9 Monate
                                 										darin befanden, so hatten sie wahrscheinlich ihre Verdauung ganz beendigt.
                              Sehr wahrscheinlich kamen die jungen Blutegel, von welchen Hr. Huzard spricht, von Blutegeln, die wenig oder gar
                                 										nicht vollgesogen waren; übrigens ist bekannt, daß selbst die auf gewöhnliche
                                 										Weise vollgesogenen Blutegel sich in einem auffallend krankhaften Zustand
                                 										befinden, in welchem sie meistens an Unverdaulichkeit sterben; daß sie ferner,
                                 										wenn sie nicht sterben, von dem aufgenommenen Blut Monate lang in sich behalten,
                                 										sich träger bewegen, mehr in die Länge gestreckt bleiben, sich weniger
                                 										zusammenziehen und unter den Fingern minder fest sind.
                              Hr. Huzard sagt ferner, daß die gezwungene Entleerung
                                 										ein Hinderniß für die Fortpflanzung der Blutegel sey; dieser Satz muß meines
                                 										Erachtens beschränkt werden. Ich bin wohl mit Hrn. Huzard der Ansicht, daß die früher angewandten Mittel, das Wälzen der
                                 										Blutegel in Asche, Kleie, Kohlenstaub etc. diese Thiere kränker machen, daher
                                 										sie dann zur Fortpflanzung minder geeignet sind; aber ihre Entleerung mittelst der Hand, geschickt vorgenommen, scheint sie
                                 										kaum viel anzustrengen, und in das gegenwärtig so productive Bassin der
                                 										Salpetrière kamen nie anders als mittelst der Hand entleerte Blutegel.
                              
                              Diese Entleerung mittelst der Hand strengt in der That die Blutegel nicht sehr
                                 										an; doch unterliegen bald einige, nicht in Folge der Entleerung, sondern höchst
                                 										wahrscheinlich der Krankheit, welche einer Aufnahme von zu viel Blut sogleich
                                 										nachfolgt.
                              Ich suchte 100 Blutegel aus, die zusammen 176 Gramme wogen, und wählte sie
                                 										möglichst gleich an Größe und Lebendigkeit. Ich ließ dieselben mehreren Kranken
                                 										appliciren und empfahl dabei, sie sich vollsaugen, also von selbst abfallen zu
                                 										lassen. Sie wogen nach dem Abfallen zusammen 590 Gramme. Nun wurden sie höchst
                                 										sorgfältig entleert, worauf man sie 24 Stunden ruhen ließ, nach deren Verlauf
                                 										die 50 lebendigsten ausgesucht und neuerdings applicirt wurden. Diese Blutegel,
                                 										welche nach der Entleerung 88 Gramme gewogen hatten, wogen nach dem zweiten
                                 										Anlegen genau 295 Gramme, sie zogen also dieses zweitemal ebensoviel Blut wie
                                 										das erstemal.
                              Diese, öfters mit gleichem Erfolge wiederholten Versuche beweisen dreierlei: 1)
                                 										was ich darthun wollte, daß die Entleerung mittelst der Hand die Blutegel
                                 										beinahe gar nicht anstrengt; 2) daß dieselbe so vollständig geschieht, daß in
                                 										dem gut entleerten Blutegel kein Blut mehr zurückbleibt; 3) endlich, daß der
                                 										Blutegel beinahe mechanisch wirkt und, einmal angelegt, sich mit Blut ganz
                                 										ansaugt oder vielmehr wie ein Gefäß anfüllt.
                              
                           
                              Ueber das Alter der erwachsenen
                                    											Blutegel.
                              Zahlreiche Beobachtungen ergaben, daß die käuflichen Blutegel nahezu folgendes
                                 										ihrem Alter entsprechende Gewicht haben.
                              
                                 
                                    
                                    Gewicht.
                                    
                                    Alter.
                                    in runder Zahl.
                                    
                                 
                                    Die Fäden (filets) von
                                    0,38
                                    bis
                                    0,45
                                    Gramme.
                                    18
                                    bis
                                    20
                                    Monate
                                    =
                                    1½
                                    Jahre
                                    
                                 
                                    Kleinmittelsorte
                                    0,62
                                    bis
                                    0,75
                                    Gramme.
                                    20
                                    bis
                                    22
                                    —
                                    =
                                    1¾
                                    Jahre
                                    
                                 
                                    Großmittelsorte
                                    1,12
                                    bis
                                    1,25
                                    Gramme.
                                    22
                                    bis
                                    26
                                    —
                                    =
                                    2
                                    Jahre
                                    
                                 
                                    Große erste Sorte
                                    2,05
                                    bis
                                    3,00
                                    Gramme.
                                    30
                                    bis
                                    36
                                    —
                                    =
                                    3
                                    Jahre