| Titel: | Ueber die Bestimmung der Constanten eines Hipp'schen Chronoskops; von Prof. G. Decher. | 
| Autor: | Georg Decher [GND] | 
| Fundstelle: | Band 125, Jahrgang 1852, Nr. VIII., S. 12 | 
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                        VIII.
                        Ueber die Bestimmung der Constanten eines
                           Hipp'schen Chronoskops;
                           von Prof. G.
                              Decher.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Decher, über die Bestimmung der Constanten eines Hipp'schen
                           Chronoskops.
                        
                     
                        
                           Die Zeit, welche ein Hipp'sches ChronoskopMan sehe dessen Beschreibung im polytechn. Journal Bd. CXIV S. 255. als die Dauer einer Bewegung angibt, ist im Allgemeinen mit einem doppelten
                              Fehler behaftet. Diese Zeit ist nämlich einmal nicht in jedem Falle das richtige
                              Maaß für jene Dauer, weil die Zeit, welche nach dem Oeffnen der Kette die Feder
                              braucht, um den Zeiger einzurücken, mit dem Uhrwerke in Verbindung zu setzen, nicht
                              in jedem Falle dieselbe ist, wie die Zeit, welche der Elektromagnet nach dem
                              Schließen der Kette braucht, um den Zeiger auszurücken, da diese von der Stärke des
                              angewendeten elektrischen Stromes abhängt, und weil deßhalb zu jener Zeitdauer,
                              welche man mittelst des Chronoskops untersuchen will, noch der Unterschied zwischen
                              den beiden ebengenannten Zeiten hinzukommt, so daß die untersuchte Zeitdauer zu groß
                              ausfällt, wenn der Elektromagnet langsamer wirkt als die Feder, und zu klein, wenn
                              das Umgekehrte der Fall ist. Ferner wird die von dem Instrument angegebene Zeit
                              nicht genau in wahrer mittlerer Zeit ausgedrückt seyn, da es nicht leicht zu erreichen ist, daß die
                              den Gang regulirende Feder in einer Secunde gerade genau tausend Schwingungen macht,
                              und weil dieses höchstens bei einer einzigen Temperatur stattfinden könnte.
                           Um daher mittelst eines solchen Instrumentes die Zeitangaben so genau zu erhalten,
                              als es seine vortreffliche Construction gestattet, ist es nothwendig, daß man vorher
                              die Constanten desselben bestimmt, nämlich 1) das
                              Verhältniß der von dem Chronoskop als Zeiteinheit angegebenen Zeit zu der wahren
                              Zeiteinheit, und 2) den Unterschied zwischen der Zeit für das Einrücken und der Zeit
                              für das Ausrücken des Zeigers für einen elektrischen Strom von bekannter Stärke,
                              oder umgekehrt die Stärke dieses Stromes, durch welche jener Unterschied Null wird,
                              die Feder also den Zeiger in derselben Zeit einrückt, in welcher er durch den
                              Elektromagneten ausgerückt wird.
                           Zu diesem Zweck habe ich folgendes Verfahren angewendet, durch welches die genannten
                              Größen mit jeder wünschenswerten Genauigkeit erhalten werden können.
                           Auf dem untern Querstück eines hölzernen Rahmens, in welchem ein einfaches Pendel,
                              wie es bei Vorlesungen gebraucht wird, aus einer kleinen Bleikugel und einem
                              doppelten Faden von etwas mehr als 1 Meter Länge bestehend, so aufgehängt war, daß
                              es nur in einer Vertical-Ebene schwingen konnte, wurde ein ebenes Brett von
                              etwa 0,60 Met. Länge in der Richtung der Pendelschwingungen horizontal befestigt,
                              und auf diesem der von Hrn. Hipp construirte Apparat,
                              welcher bei Fallversuchen zur Aufnahme der Kugel vor dem Falle dient und den Strom
                              öffnet, in einiger Entfernung von der Gleichgewichtslage des Pendels und in einer
                              solchen Höhe angeschraubt, daß die Pendelkugel in der geschlossenen Zange liegen
                              blieb, beim Oeffnen derselben aber frei gelassen wurde und dann ungehindert
                              schwingen konnte. Diesem Apparat gegenüber, auf der andern Seite der
                              Gleichgewichtslage des Pendels, war der zum Schließen des Stromes nach dem Fall
                              dienende Apparat aufgestellt, welchem ich folgende einfache Einrichtung gegeben
                              habe. Das Brettchen A, B, Fig. 10 und 11, an welches
                              die Kugel anschlägt, ist 15 Centim. lang, 5 Centim. breit, in der Mitte 0,7 Cent.,
                              an den Enden 0,3 Cent. dick, und mittelst zweier Zapfen F, deren Achsen durch seinen Schwerpunkt gehen, auf einem etwas breiteren,
                              18 Centim. langen und 2 Centim. dicken Unterbrettchen C,
                                 D so befestigt, daß es in jeder Lage im Gleichgewicht bleibt, sich aber um
                              jene Zapfen leicht um den kleinen Winkel AFD drehen
                              läßt. Die Säulchen H und K,
                              welche zur Aufnahme der Leitungsdrähte dienen, sind unmittelbar unter dem Kopfe durch einen plattirten
                              Kupferdraht L, M in Verbindung gesetzt, welcher in dem
                              einen bei L befestigt ist, an das andere aber sich bloß
                              mit einer geringen Federspannung anlegt und da auf einem in dem Säulchen K befestigten hölzernen Zäpfchen N aufruht. In dieser Lage ist dann der Strom geschlossen und es genügt
                              eine kaum bemerkbare Entfernung des Drahtes von K, um
                              den Strom zu öffnen. Dazu ist das bewegliche Brettchen A,
                                 B bei B mit einem Haken G versehen, welcher beim Niederdrücken etwas über den Draht L, M greift, und ihn von K
                              entfernt; es reicht dann ein sehr geringer Druck bei A
                              hin, um den Haken G auszuheben und den Strom durch das
                              Zurückspringen des Drahtes L, M an das Säulchen K augenblicklich zu schließen.
                           Dieser einfache und empfindliche Apparat, welcher noch den Vorzug besitzt, daß das
                              Vibriren des Brettchens A, B nach dem Anschlag der Kugel
                              kein wiederholtes Oeffnen und Schließen des Stromes bewirken kann, und den ich kurz
                              die Auslösung nennen will, weil der Zeiger des
                              Chronoskops durch ihn festgestellt wird, wurde zu meinem jetzigen Zweck auf einem
                              Fuß P, Q vertical befestigt und konnte mittelst dieses
                              letztern auf dem obenerwähnten, am Fuße des Pendelgestelles befestigten horizontalen
                              Brette längs einer Leiste verschoben werden, wobei die Höhe seiner Stellung so
                              bemessen war, daß die schwingende Pendelkugel an das bewegliche Brettchen A, B bei A anschlagen mußte.
                              Zuletzt wurde noch auf demselben horizontalen Brette eine Querleiste so befestigt,
                              daß das Brettchen A, B von der Pendelkugel gerade bei
                              dem Durchgange durch ihre Gleichgewichtslage getroffen wurde, wenn die Auslösung mit ihrem Fuße P, Q
                              an jener Querleiste fest stand.
                           Nachdem der Apparat auf diese Weise eingerichtet war, wurden die Leitungsdrähte der
                              Batterie, welche aus fünf Kupfer-Zink-Elementen, nach Eisenlohr mit verdünnter Schwefelsäure und
                              Weinsteinlösung gefüllt bestand, mit dem Chronoskop und den beiden Apparaten zum
                              Oeffnen und Schließen des Stromes, der Ein- und
                              Auslösung, in Verbindung gesetzt, und zwischen den
                              letztern und das Chronoskop eine empfindliche Boussole und ein Rheostat
                              eingeschaltet, um die relative Stärke des Stromes zu kennen, und dieselbe nach
                              Erforderniß zu reguliren. Es wurde nun die Pendelkugel in die Zange der Einlösung gebracht, die Auslösung bis an die Querleiste in die Gleichgewichtslage des Pendels
                              gerückt, und so mittelst des Chronoskops die Dauer einer halben Schwingung mehrmal
                              nach einander bestimmt; dann wurde die Auslösung so weit zurückgezogen, daß das
                              Pendel ganz ausschwingen
                              konnte, aber so wie dieses sich zurückbewegte, unmittelbar bis zur Querleiste
                              nachgeschoben, damit das Pendel bei seinem dritten Durchgange durch die
                              Gleichgewichtslage an das Brettchen A, B anschlug, und
                              so die Zeit für 2 1/2 oder 5/2 Schwingungen bestimmte. Nachdem auch dieser Versuch
                              öfter wiederholt war, ließ ich das Pendel zwei Schwingungen vollenden, ehe ich mit
                              der Auslösung nachrückte, und erhielt die Zeit für 4 1/2 = 9/2 Schwingungen, und man
                              sieht leicht, daß man auf diese Art auch die Zeit für 13/2, 17/2 etc. Schwingungen
                              bestimmen kann; ich begnügte mich jedoch nach einigen vorläufigen Versuchen mit der
                              Bestimmung der Dauer für 1/2, 5/2 und 9/2 Schwingungen, weil diese für den
                              beabsichtigten Zweck vollkommen ausreichten, und für dieselben auch die Ausweichung
                              des Pendels ziemlich gleich blieb, während sie für eine größere Anzahl von
                              Schwingungen merklich abnahm. Daß die Leitungsdrähte zwischen der Ein- und
                              Auslösung hinreichend lang und beweglich waren, um der letztern die erforderliche
                              Bewegung zu gestatten, braucht kaum bemerkt zu werden.
                           In der nachfolgenden Tabelle sind die Ergebnisse einiger solchen Versuche
                              zusammengestellt; jede einzelne Zeitdauer in derselben ist in Tausendteln einer
                              Secunde, wie sie das Chronoskop ergab, ausgedrückt, und das Mittel aus wenigstens
                              fünf Beobachtungen, welche höchstens um fünf solcher Zeiteinheiten unter sich
                              verschieden waren.
                           
                              
                                 
                                    Stromstärke
                                 
                                     Dauer für
                                 
                                 
                              
                                     Nummerdes Versuchs.
                                 beziehungsweise     Ablenkung
                                    der       Nadel.
                                       
                                    1/2Schwingung.  
                                         
                                    5/2Schwingungen.  
                                         9/2
                                    Schwingungen.
                                 
                              
                                         1
                                         
                                    30°
                                       539
                                       2574
                                       4610
                                 
                              
                                         2
                                         
                                    32°
                                       519
                                       2556
                                       4593
                                 
                              
                                         3
                                         
                                    34°
                                       511
                                       2548
                                       4586
                                 
                              
                                         4
                                         
                                    36°
                                       505
                                       2543
                                       4580
                                 
                              
                                         5
                                         
                                    38°
                                       502
                                       2539
                                       4577
                                 
                              
                                         6
                                         
                                    40°
                                       498
                                       2535
                                       4572
                                 
                              
                                         7
                                         
                                    35°
                                       509
                                       2546
                                       4582
                                 
                              
                           
                           Es ist nun einleuchtend, daß der Zeitunterschied zwischen der Dauer von 1/2
                              Schwingung und 5/2 Schwingungen, zwischen 5/2 und 9/2 Schwingungen u.s.f. für
                              dieselbe Stromstärke unabhängig ist von der Zeit für das Ein- und Ausrücken
                              des Zeigers, weil diese für dieselbe Stromstärke die gleiche bleibt, und bei jeder
                              Zeitbestimmung auf gleiche Weise in Rechnung kommt. In der That findet man aus den
                              obigen Zeiten für die Dauer von 4/2 oder 2 Schwingungen nahe dieselben Werthe, wenn
                              man die genannten Unterschiede zwischen der Zeitdauer für 5/2 und 1/2 Schwingung,
                              9/2 und 5/2 Schwingungen bei gleicher Stromstärke nimmt; man findet nämlich:
                           
                              
                                     Nummerdes
                                    Versuchs.
                                 Stromstärke.   
                                     Unterschiedin der
                                    Dauer von    5/2 und
                                    1/2    Schwingung.
                                          
                                     Unterschiedin der
                                    Dauer von    9/2 und
                                    5/2  Schwingungen.
                                 
                              
                                         1
                                       30°
                                         2035
                                         2036
                                 
                              
                                         2
                                       32
                                         2037
                                         2037
                                 
                              
                                         3
                                       34
                                         2037
                                         2038
                                 
                              
                                         4
                                       36
                                         2038
                                         2037
                                 
                              
                                         5
                                       38
                                         2037
                                         2038
                                 
                              
                                         6
                                       40
                                         2037
                                         2037
                                 
                              
                                         7
                                       35
                                         2037
                                         2036
                                 
                              
                           und demnach als Mittelwerth für die Dauer von 2 Schwingungen
                              2037, von 1 Schwingung 1018,5 Tausendtel Secunden.
                           Diese Tabelle zeigt ferner, daß bei einer Stromstärke, welche durch eine Ablenkung
                              der Magnetnadel von 35° gemessen wurde, der Zeitunterschied für das
                              Ein- und das Ausrücken des Zeigers Null war, oder daß bei dieser Stromstärke
                              das Instrument die Dauer einer Pendelschwingung in seinen Zeiteinheiten richtig
                              angab, daß dagegen die Angaben desselben für schwächere Ströme zu groß, für stärkere
                              zu klein sind.
                           Um jenen Zeitunterschied für die einzelnen Stromstärken zu bestimmen, bezeichne man
                              denselben mit τ, die Zeit einer halben
                              Pendelschwingung mit t, so hat man nach der ersten
                              Tabelle für einen Strom von 30°
                           
                           
                              
                                 
                                 t + τ
                                 = 539,
                                     5t +
                                   τ =
                                    2574,
                                     9t +   τ =
                                    4610
                                 
                              
                                 5 ×
                                 (t + τ)
                                 =
                                     5t +
                                 5τ = 2695
                                 
                                 
                              
                                 9 ×
                                 (t + τ)
                                 =
                                 
                                 
                                     9t + 9τ = 4851
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 4τ =  
                                    121
                                             8τ =   241
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                   τ
                                    =     30,25
                                                 
                                    =    30,13
                                 
                              
                           Bei einer Stromstärke von 30° braucht demnach der Elektromagnet des
                              Chronoskops 30 Tausendtel einer Secunde mehr Zeit um den Zeiger auszurücken, als die
                              Feder um ihn einzurücken. Berechnet man ebenso die übrigen Versuche, so ergibt
                              sich:
                           
                              
                                     Nummerdes Versuchs.
                                       
                                 Stromstärke.    
                                   4τ.
                                   8τ.
                                      τ.
                                 
                              
                                         1
                                       
                                    30°
                                 + 121     
                                 + 241     
                                 + 30,17
                                 
                              
                                         2
                                       
                                    32
                                 +   39
                                 +     8
                                 +   9,75
                                 
                              
                                         3
                                       
                                    34
                                 +     7
                                 +   13
                                 +   1,67
                                 
                              
                                         4
                                       
                                    36
                                 –   18
                                 –   35
                                 –   4,42
                                 
                              
                                         5
                                       
                                    38
                                 –   29
                                 –   59
                                 –   7,33
                                 
                              
                                         6
                                       
                                    40
                                 –   45
                                 –   90
                                 – 11,25
                                 
                              
                                         7
                                       
                                    35
                                 –     1
                                 –     1
                                 –   0,17
                                 
                              
                           und man sieht daraus, daß der Strom von 35° schon etwas
                              zu stark war, daß aber auch der Zeit-Unterschied τ in diesem Falle zu gering ist, um ihn bei der Anwendung des
                              Chronoskops beachten zu dürfen.
                           Nachdem mittelst dieser Berechnung der Zeit-Unterschied τ für eine gegebene Stromstärke, und umgekehrt diejenige
                              Stromstärke gefunden ist, für welche jener Zeit-Unterschied Null wird,
                              handelt es sich nur noch um die Vergleichung der Zeiteinheit des Instrumentes mit
                              der wahren Zeit. Diese wird nun einfach durch Beobachtung der Zeitdauer einer großen
                              Anzahl von Schwingungen des vorher angewendeten Pendels mittelst einer
                              Secunden-Uhr, deren Gang man bereits kennt, erhalten. Nach meiner Beobachtung
                              machte das obige Pendel 1120 Schwingungen in 1140 Secunden, oder es braucht zu einer
                              Schwingung 1,0178 Secunden = 1017,8 Tausendtel Secunden. Diese Dauer ist nur wenig
                              kleiner, als die von dem Chronoskop angegebene Zeit, und man schließt daraus, daß
                              bei einer Temperatur von 10° R., wie sie während der obigen Versuche statthatte, die
                              regulirende Feder nur sehr wenig zu schnell vibrirt, indem sie in einer Secunde
                              1000,7 Schwingungen machte d. i. um 7/10 einer Schwingung zu viel.
                           Bei einer andern Temperatur habe ich noch keine ähnliche Reihe von Versuchen
                              angestellt; ich kann mir daher noch kein Urtheil gestalten über den Einfluß, welchen
                              die Temperatur auf den Gang des Werkes haben mag.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
