| Titel: | Verfahren das Kupfer aus seinen Erzen ohne vorheriges Rösten derselben mittelst Ammoniak auszuziehen; von Hrn. Germain Barruel. | 
| Fundstelle: | Band 125, Jahrgang 1852, Nr. XXXI., S. 115 | 
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                        XXXI.
                        Verfahren das Kupfer aus seinen Erzen ohne
                           vorheriges Rösten derselben mittelst Ammoniak auszuziehen; von Hrn. Germain Barruel.
                        Aus dem Moniteur industriel, 1852, Nr.
                              1674.
                        Barruel's Verfahren das Kupfer aus seinen Erzen
                           auszuziehen.
                        
                     
                        
                           Ich hatte mir im Interesse des Besitzers eines Kupferbergwerks in Algier die Aufgabe
                              gestellt: aus jedem Kupfererz, sey es Kupferkies oder Fahlerz und von noch so
                              complicirter Zusammensetzung, alles Kupfer auszuziehen, und zwar bloß das Kupfer,
                              ohne Rösten, und so daß alle übrigen Bestandtheile des Minerals zurückbleiben.
                           Wegen der großen Verwandtschaft des Kupfers zum Sauerstoff bei Gegenwart von
                              Ammoniak, versuchte ich zuerst die Anwendung dieses Reagens; der Erfolg war ein
                              vollständiger. Ich brachte gepulvertes Fahlerz mit verdünntem Ammoniak in eine
                              Flasche, welche außerdem so viel Luft fassen konnte als nöthig war um dem Kupfer
                              allen zu seiner Oxydation erforderlichen Sauerstoff zu liefern, schüttelte diese
                              Flasche kurze Zeit und verschloß sie dann vollkommen; das Ammoniak färbte sich
                              augenblicklich, und der absorbirte Sauerstoff brachte ein Vacuum hervor, wovon man
                              sich leicht überzeugen konnte, indem man die Flasche umkehrte und den Pfropf langsam
                              herauszog, denn die Luft drang rasch ein; die Flüssigkeit (durch Kochen) vom
                              Ammoniak befreit, setzte Kupferoxyd ab.
                           Das Problem war also theoretisch gelöst; ich mußte aber noch ermitteln, ob andere
                              Metalle, wie Zink, Kobalt, Nickel, Silber, welche im Fahlerz vorhanden seyn konnten
                              und deren Oxyde ebenfalls in Ammoniak auflöslich sind, sich nicht wie das Kupfer
                              verhalten. Ich behandelte daher die im Mineralreich vorkommenden Verbindungen dieser
                              Metalle mit Schwefel und Schwefelarsenik auf dieselbe Weise; es fand keine Wirkung
                              statt; folglich wurde nur das Kupfer ausgezogen. Um mich zu überzeugen, daß alles
                              Kupfer durch Ammoniak ausgezogen wurde, behandelte ich den Rückstand weiter, erhielt
                              aber mit Blutlaugensalz keine Spur einer rothen Färbung; die Aufgabe war folglich
                              als Laboratoriums-Versuch vollständig gelöst.
                           Ich kann hier nicht auf die Schwierigkeiten eingehen, welche ich hinsichtlich der
                              technischen Anwendung dieses Verfahrens zu bekämpfen hatte, und bemerke bloß, daß ich
                              das Verhältniß des zur Operation erforderlichen Ammoniaks direct bestimmte, wobei
                              ich fand, daß genau 1 Aequivalent Ammoniak auf 1 Aequiv. Kupfer nöthig ist; um die
                              Oxydation zu bezwecken, blast man einen Luftstrom langsam durch die Flüssigkeit,
                              worin das gepulverte Erz suspendirt ist, wobei, wie ich fand, 1 Kilogr. Kupfer 833
                              Liter Luft erfordert. Die Operation darf nicht zu lebhaft vor sich gehen, denn da
                              sich die Temperatur erhöht, so würde ein großer Theil des Ammoniaks von dem
                              Luftstrom mitgerissen werden. Dieser Umstand läßt sich nicht ganz vermeiden, daher
                              man die Anordnung so treffen muß, daß man dieses Ammoniak wieder gewinnt.
                           Die von dem Rückstand des Erzes getrennte ammoniakalische Kupferlösung wird
                              destillirt, um das Ammoniak wieder zu gewinnen und zu einer folgenden Operation
                              verwenden zu können; dabei scheidet sich das Kupferoxyd in glimmerartigen,
                              schwarzen, glänzenden Blättchen ab, welche man reducirt und schmilzt, um
                              metallisches Kupfer zu erhalten.
                           Das Verfahren gelang mir auch vollständig, als ich direct gefaulten und gehörig
                              behandelten, aber nicht destillirten Urin anwandte.
                           Das beschriebene Verfahren läßt sich mit Vortheil zum Probiren solcher Erze anwenden,
                              wobei man in kurzer Zeit alles Kupfer in Form eines Königs erhält, indem man das
                              Oxyd mit ein wenig Kohle schmilzt.
                           Auf den Rath des Hrn. Dumas,
                              vor welchem ich den Versuch wiederholt hatte, ließ ich mir dieses Verfahren vor zwei
                              Jahren patentiren, und da ich von Hrn. Wurtz erfuhr, daß jetzt auf dasselbe in England und Amerika ein
                              Patent genommen wurde, so beschloß ich das Resultat meiner Versuche zu
                              veröffentlichen, welche in der Absicht angestellt worden waren, die Arbeiter und
                              Nachbarn der Kupferhütten gegen die Gefahren zu schützen, welche oft durch die beim
                              Rösten entstehenden Dämpfe veranlaßt werden.