| Titel: | Ueber den Einfluß des Eichenholzes auf die Weine; von Hrn. Fauré. | 
| Fundstelle: | Band 125, Jahrgang 1852, Nr. LIV., S. 217 | 
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                        LIV.
                        Ueber den Einfluß des Eichenholzes auf die Weine;
                           von Hrn. Fauré.
                        Aus dem Agriculteur-praticien, Decbr. 1851, S.
                              76.
                        Fauré, über den Einfluß des Eichenholzes auf die
                           Weine.
                        
                     
                        
                           Aus einer vom Verfasser in den Akten der Akademie der Wissenschaften und Künste zu
                              Bordeaux veröffentlichten Abhandlung, betitelt: „Analytische Untersuchung des zu Fässern dienenden Eichenholzes und über die
                                    Wirkung desselben auf Weine und Alkohol“, theilen wir im
                              Folgenden dasjenige mit, was auf die Industrie der Weinbereitung und den Weinhandel
                              Bezug hat.
                           Die Weinhändler, sagt der Verf., glaubten zu bemerken, daß neue Fässer einen, je nach
                              dem Ursprung ihres Holzes, vortheilhaften oder nachtheiligen Einfluß auf Farbe,
                              Geschmack und Milde des Weins haben. Diese für die Wein-Industrie im
                              Allgemeinen, besonders aber für jene Gegenden, wo die angenehmsten und feinsten
                              Weine wachsen, wichtige Thatsache veranlaßte mich eine Reihe vergleichender Versuche
                              anzustellen, um die Natur der auflöslichen Stoffe kennen zu lernen, welche das
                              Eichenholz an Weine und geistige Flüssigkeiten abtreten kann, und die relative Menge
                              derselben in den verschiedenen, zu Fässern verwendeten Holzarten zu ermitteln.
                           Man sollte glauben, daß schon mehrere Chemiker das Eichenholz analysirt haben; ich
                              finde aber nirgends eine Analyse desselben; wegen seines großen Gehalts an
                              adstringirender Substanz und seiner Anwendung zum Gerben der Häute, entging es zwar
                              der Aufmerksamkeit der Chemiker nicht, keiner scheint aber, wie ich, die
                              Zusammensetzung des Eichenholzes und dessen Wirkung auf besagte Flüssigkeiten zum
                              Gegenstand einer Untersuchung gewählt zu haben.
                           Man nennt Dauben- oder Faßholz, Stabholz – Stücke Eichenholz, die zu Brettern gesägt,
                              geschnitten und so zugerichtet sind, daß Fässer daraus gemacht werden können. In
                              Beziehung auf Form, Dicke und Ursprung findet dabei eine sehr große Verschiedenheit
                              statt; man kann es in letzterer Hinsicht in vier große Reihen abtheilen, die wieder
                              in mehrere Sorten zerfallen.
                           
                           Die erste Reihe begreift das Holz aus dem Norden, das
                              Stabholz aus Lübeck, Riga, Memel und Stettin.Auf dem Platze zu Danzig gibt es zweierlei Sorten Eichenholz, welche in
                                    Balken, Brettern und als Stabholz versandt werden: 1) volhynisches
                                    Eichenholz, ein hartes, feines und dichtes Holz, welches zum Schiffbau sehr
                                    beliebt ist; das Stabholz dieses Ursprungs wird theurer bezahlt; es hat
                                    dieses Holz gleiche Dimensionen wie das Memel'sche und ist, wie versichert
                                    wird, gleichen Ursprungs; 2) galizisches oder Weichselholz, ein glattes,
                                    minder hartes Holz. Das Stabholz dieses Ursprungs wird zu Stettin gemacht
                                    und zwar alles in der Länge von Stückfässern, jedoch minder regelmäßig in
                                    Breite und Dicke. Ein großer Theil davon wird auf Balkenflößen nach Danzig
                                    gebracht, wodurch es eine schwärzliche Farbe bekömmt. Der größte Theil des
                                    Stettiner Holzes soll gleichen Ursprungs, d.h. aus Galizien seyn.
                              
                           Die zweite Reihe besteht aus den amerikanischen Hölzern,
                              unter welchen zusammen vorkommen das Stabholz von New-York, Philadelphia,
                              Baltimore, Boston und New-Orleans.
                           Die dritte Reihe begreift unter dem Namen bosnisches Holz
                              alles Stabholz, welches über das adriatische Meer zu uns kommt.
                           Die vierte Reihe besteht aus dem inländischen (französischen) Holz, unter welchem das von der Dordogne-, dem
                              Angoumois- und dem Bayonne-Gebiet begriffen ist.
                           Der Verf. verschaffte sich von allen in seinem Departement zu benanntem Zweck
                              verarbeiteten Hölzern Proben, die zu drei verschiedenen Zeiten geschlagen worden
                              waren und gibt als Resultat stets das Mittel der damit angestellten Versuche an. Die
                              numerirten und besonders gepulverten Muster wurden, statt, wie gewöhnlich bei
                              Pflanzenanalysen, nach einander, jedesmal direct mit Aether, Alkohol und
                              destillirtem Wasser behandelt. Die Resultate dieser Arbeit ergaben solche
                              Verschiedenheiten in der Zusammensetzung des Holzes, daß sich der Verf. dadurch in
                              den Stand gesetzt sah, die für jede Weinsorte der Gironde geeignete Eichenholzsorte
                              mit Bestimmtheit anzugeben, so daß der Wein, weit entfernt, im Fasse Stoffe zu
                              finden, durch welche er entartet, zweckmäßig eingefaßt, mit Stoffen in Berührung
                              kommt, die ihn verbessern und seine guten Eigenschaften hervortreten machen.
                           Aus der Gesammtuntersuchung geht hervor, daß das Stabholz Cerin, Quercin, Quercitrin
                              (gelben Farbstoff), Gerbstoff, Gallussäure, bittern Extractivstoff, Pflanzenschleim
                              und Eiweißstoff, Holzstoff, kohlensauren Kalk, schwefelsauren Kalk, Thonerde,
                              Eisenoxyd und Kieselerde enthält.
                           Unter diesen Bestandtheilen sind einige ganz unschädlich, weil sie entweder in zu
                              geringer Menge vorhanden, oder in geistigen Flüssigkeiten vollkommen unauflöslich sind.
                              Diese ließ der Verf. unberücksichtigt und befaßte sich nur mit jenen, welche wegen
                              ihrer Quantität, Auflöslichkeit, Farbe, ihres Geruchs und Geschmacks einigen Einfluß
                              auf diese Flüssigkeiten haben können. So wurden das Cerin, der Eiweißstoff, der
                              Holzstoff und die Mineralsalze unberücksichtigt gelassen, hingegen das Quercin, der
                              Gerbstoff, Extractivstoff, Farbstoff und die Gallussäure genau untersucht.
                           Das Quercin ist eine eigenthümliche Substanz von harzähnlichem Aussehen, in Alkohol
                              sehr löslich, in Aether ziemlich löslich, in reinem Wasser sehr wenig löslich, wenn
                              es nicht mit dem Schleim oder dem Extractivstoff in Gesellschaft vorkömmt, wie dieß
                              beim Stabholz der Fall ist. Dem Quercin verdankt das Eichenholz seinen
                              eigenthümlichen Geschmack und manches nordische Stabholz, welches viel Quercin
                              enthält, verdankt solchem den balsamischen Geruch, welchen es den geistigen
                              Flüssigkeiten mittheilt. Das Stabholz, welches am meisten Quercin enthält, ist
                              dasjenige, worin sich am wenigsten Schleimsubstanz findet; alles Eichenholz enthält
                              Quercin, in manchen Sorten kommt aber so wenig von diesem Harz vor, oder es ist so
                              unvollkommen ausgebildet, daß es nicht den angenehmen Geschmack des im nordischen
                              Stabholz enthaltenen besitzt.
                           Der Gerbstoff, eine zusammenziehend und herbe schmeckende Substanz, die man
                              hauptsächlich in der Eiche findet, zu deren conservirenden Stoffen er gehört, hat
                              bekanntlich die Eigenschaft, den Eiweißstoff, den aufgelösten Extractivstoff zum
                              Gerinnen zu bringen, und mit ihm unauflösliche Verbindungen zu bilden, welche zu
                              Boden fallen. Daraus erhellen die Veränderungen, welche in einer Flüssigkeit
                              eintreten können, die keinen Gerbstoff, aber Farbstoff, Eiweißstoff und
                              Pflanzenschleim enthält, wenn sie in ein neues eichenes Faß gebracht wird. In sehr
                              kurzer Zeit löst sich der im Holz enthaltene Gerbstoff auf, verbindet sich mit den
                              genannten Stoffen und reißt sie mit sich zu Boden. Die Flüssigkeit erscheine alsdann
                              entfärbt und bekommt oft, wenn der Gerbstoff vorwaltet, den unangenehmen, herben
                              Geschmack desselben.
                           Die Eigenschaften des gefärbten Extractivstoffs, der Gummi- oder
                              Schleimsubstanz und der Gallussäure können wir als allgemein bekannt hier umgehen.
                              Die Eigenschaften des dem Eichenholz eigenthümlichen citrongelben Farbstoffs, des
                              Quercitrins, sollen hingegen angegeben werden. Dieser Farbstoff kommt nicht in
                              großer Menge in dem zu Stabholz dienenden Eichenholz vor; er ist in Aether und
                              Alkohol löslich, in reinem Zustande in Wasser wenig löslich, in Verbindung mit den
                              andern
                              Bestandtheilen des Stabholzes ist er aber im Wasser ziemlich löslich; er ist
                              geruchlos; die Bitterlichkeit seines Geschmacks ist unbedeutend, und wenn er den
                              geistigen Flüssigkeiten nicht eine safrangelbe Farbe mittheilen würde, so könnte man
                              ihn zu den wirkungslosen Bestandtheilen des Eichenholzes zählen.
                           Die meisten Bestandtheile des Stabholzes, das Quercin, das Quercitrin, der bittere
                              Extractivstoff verlieren, wenn sie isolirt werden, einen großen Theil ihrer
                              Auflöslichkeit in den schwach geistigen Flüssigkeiten. Der Verf. mußte daher darauf
                              verzichten, direct die Wirkung jedes einzelnen isolirten Bestandtheils zu ermitteln
                              und sich mit dem Studium ihrer vereinigten Wirkung, wie sie sich beim Stabholz
                              natürlich zeigt, befassen. Zu diesem Behufe ließ er 20 Gramme jeder Stabholzsorte
                              pulverisirt in 500 Gram. verschiedener weißer und rother Weine, Branntweins und
                              Alkohols maceriren, wobei dieselben Weine und dieselben Alkohole mit den
                              verschiedenen Sorten des Stabholzes zusammengebracht wurden. Nach achttägiger
                              Berührung wurden alle diese Flüssigkeiten filtrirt und es ergab sich, daß sie unter
                              sich sowohl hinsichtlich der Farbe, als des Geruchs und Geschmacks, große
                              Verschiedenheiten darboten, welche mit der besondern Natur jedes Holzes vollkommen
                              übereinstimmten. Wir führen hier die Worte des Verf. hinsichtlich des Verhaltens der
                              Gironde-Weine an:
                           
                              „Die weißen Weine, in welchen das Danziger und
                                 Stettiner Holz macerirt wurden, hatten ihre Farbe nicht merklich verändert; der
                                 Gerbstoff hatte ihnen nur eine unbedeutende Herbe ertheilt, welche durch den
                                 balsamischen Geschmack des Quercins theilweise maskirt war. Dieser angenehme
                                 Geschmack harmonirt vollkommen mit dem Wein, von welchem er herzurühren scheint,
                                 so daß weiße Weine ohne angenehmen Geschmack und Geruch durch ihre Berührung mit
                                 dem Danziger und Stettiner Holz erst ein nicht unangenehmes Aroma erhalten.
                              
                           
                              Dieselben weißen Weine, in welchen Holz von Lübeck, Riga und Memel macerirt
                                 hatte, waren bedeutend gefärbt und hatten einen herben Geschmack, welcher die
                                 Erkennung des balsamischen Geschmacks des Quercins, welches sie vom Holze in
                                 nicht unbedeutendem Maaße aufgenommen hatten, verhinderte.
                              
                           
                              Das amerikanische Holz hat einen geringen Einfluß auf die weißen Weine; es färbt
                                 sie nicht und ertheilt ihnen keinen fremdartigen Geruch und Geschmack, es sey
                                 denn eine geringe Bittere, welche bei diesen Versuchen wahrnehmbar ist, aber
                                 nicht, wenn die Weine mit dem ganzen Holz in Berührung waren. Der Grund ist, daß
                                 dieses Holz wenig Gerbstoff und wenig Quercin enthält und daß der schleimige
                                 Extractivstoff darin vorherrscht; da nun letzterer in den süßen Weinen nicht
                                 sehr auflöslich ist, so eignet sich dieses Holz besonders für die weißen
                                 Weine.
                              
                           
                              Das bosnische Stabholz hat auf feine weiße Weine die auffallendste Wirkung; die
                                 große Menge des darin enthaltenen Gerbstoffs ertheilt ihnen einen herben,
                                 unangenehmen Geschmack; ferner werden sie von dem Extractivstoff, welchen es
                                 ihnen in Menge abtritt, je nach ihrer Natur mehr oder weniger gefärbt; es gibt
                                 sogar Weine, die nach ihrem Verweilen in diesem Holze an der Luft eine schwarze
                                 Färbung bekommen, in Folge der aus dem Daubholz aufgenommenen Gallussäure, die
                                 dann sehr merklich auf die an Eisensalzen reichen Weine reagirt. Man muß sich
                                 folglich hüten, feine weiße Weine in Fässer aus bosnischem Holze zu bringen, und
                                 dasselbe nur für ordinäre, vorzüglich rothe Weine, verwenden.
                              
                           
                              Die Anwendung französischen Holzes, namentlich jenes von Angoumois, ist nicht mit
                                 so großen Uebelständen verbunden, denn obwohl es stets Gerbstoff und
                                 Extractivstoff in ziemlich großer Menge enthält, so liefert es davon doch bei
                                 weitem nicht so viel wie das bosnische Holz.
                              
                           
                              Folgendes ist die Ordnung, in welcher die Stabholz-Sorten hinsichtlich
                                 ihrer Einwirkung auf die weißen Weine zu reihen sind:
                                 amerikanisches, ohne sichtbare Einwirkung; Danzig-Stettiner, welches
                                 diesen Weinen einen angenehmen Geschmack ertheilt; das Stabholz von Lübeck, Riga
                                 und Memel, welches ihre Farbe merklich verändert und ihnen einen etwas herben
                                 Geschmack verleiht; dasjenige von Angoulème, Dordogne und Bayonne,
                                 welches ebenfalls Farbe und Geschmack dieser Weine verändert.
                              
                           
                              Die rothen Weine werden in Berührung mit Eichenholz
                                 ebenfalls mehr oder weniger verändert; in den rothen Weinen befinden sich jedoch
                                 Stoffe, welche das Stabholz ausscheiden oder vermehren kann, wie Gerbstoff,
                                 Farbstoff etc., ohne daß die Güte dieser Weine dadurch so merklich alterirt
                                 wird, wie die weißen Weine gleichen Gewächses.
                              
                           
                              Der Gerbstoff ist (wie ich in meiner Untersuchung der Gironde-Weine schon
                                 gesagt habe) ein Bestandtheil, dessen Mengenverhältniß auf die Läuterung und
                                 Haltbarkeit der Rothweine den größten Einfluß hat; doch gibt es solche Weine,
                                 welche sehr stark gefärbt und sehr reich an Schleimsubstanz, doch in gewissen
                                 Jahrgängen nicht die hinlängliche Menge Gerbstoff enthalten; daraus erhellt, wie
                                 vortheilhaft es ist, sie in Fässer zu bringen, deren Holz ihnen so viel
                                 Gerbstoff abtreten kann, als sie noch brauchen, um alle Grade der weinigen
                                 Gährung durchzumachen und sich von Schleim und überflüssigem Farbstoff zu
                                 läutern; dazu dienen Fässer aus bosnischem und französischem Holz.
                              
                           
                              Was ich über die Wirkung des Stabholzes auf die weißen und rothen Weine gesagt
                                 habe, findet auch auf Branntwein und Alkohol Anwendung, wobei man jedoch beachten muß, daß
                                 nur das Quercin, der Gerbstoff und der Farbstoff auf geistige Flüssigkeiten zu
                                 wirken vermögen; der Schleim- und Eiweißstoff etc. aber sich in stark
                                 alkoholischen Flüssigkeiten nicht auflösen. Die geringste Einwirkung auf
                                 geistige Flüssigkeiten hat das amerikanische Holz; den angenehmsten Geschmack
                                 ertheilt ihnen das Danziger, Stettiner, Rigaer und Angoulèmer Stabholz;
                                 am meisten Farbe gibt ihnen das bosnische, französische, Memeler und Lübecker
                                 Holz.
                              
                           
                              Man hat schon längst beobachtet, daß der Branntwein, wenn er alt wird, etwas
                                 eigenthümlich Angenehmes und einen sehr beliebten pomeranzenartigen Geschmack
                                 erhält; offenbar treten diese Eigenschaften schneller ein, wenn man geeignetes
                                 Faßholz für ihn auswählt; dazu ist das Holz vorzuziehen, welches bittern
                                 Extractivstoff und am meisten Quercin und Quercitrin enthält, also das nordische
                                 Stabholz und dasjenige von Angoumois.
                              
                           
                              Da man sich aber nicht immer der Natur der Weine angemessene Fässer verschaffen
                                 kann, auch die meisten Weinbergbesitzer das zu ihren Fässern verwendete Stabholz
                                 nicht zu unterscheiden vermögen, so muß ihnen ein Mittel willkommen seyn, durch
                                 welches sie ihre feinen, lieblichen Weine vor den Gefahren schützen können,
                                 welche eine lange Berührung derselben mit dem Extractivstoff und Gerbstoff des
                                 Eichenholzes zur Folge hätte.
                              
                           
                              Die Alkalien wirken auf den Extractivstoff, indem sie seine Farbe dunkler und ihn
                                 leichter auflöslich machen, während Mineralsäuren die Farbe und Auflöslichkeit
                                 desselben schwächen; daraus erhellt, daß die neuen Fässer, statt sie, wie
                                 gewöhnlich, mit alkalischen Flüssigkeiten, wie Aschenlauge, Kalk, Potaschelösung
                                 (welche alle eine der beabsichtigten entgegengesetzte Wirkung haben)
                                 auszuwaschen, mit angesäuertem Wasser ausgewaschen werden müssen, zu welchem
                                 Behuf man in die neuen Fässer 40 Pfund Brunnenwasser schüttet, dem man 1 Pfd.
                                 concentrirte Schwefelsäure (Vitriolöl) zusetzt. Man läßt dieses saure Wasser 24 Stunden
                                 lang im Faß und schüttelt es von Zeit zu Zeit, damit andere Stellen der
                                 Oberfläche benetzt werden und die Säure auf die ganze Innenwand des Fasses
                                 wirken kann; hierauf schüttet man dieses angesäuerte Wasser in ein anderes, ganz
                                 neues Faß, spült das erste mit frischem Wasser aus, um die allenfalls im Holz
                                 zurückgebliebene Säure zu entfernen, wäscht es hierauf mit siedendem Wasser aus,
                                 und läßt es dann 24 Stunden lang abtropfen.Das angesäuerte Wasser kann nacheinander für mehrere Fässer gebraucht
                                       werden, wenn man ihm von Zeit zu Zeit etwas Wasser und etwas Säure
                                       zusetzt, um die von den Fässern eingesogene Flüssigkeit zu ersetzen.
                                 
                              
                           
                              Die Veränderungen, welche das Stabholz von gewissen Orten in den Weinen
                                 hervorbringt, ist mehreren Weinbergbesitzern nicht entgangen; viele
                                 beobachteten, welchen Vorheil die Anwendung von Fässern, welche schon guten Wein
                                 enthielten, gegen die Anwendung grüner (neuer) Fässer gewährt. Grüne Fässer
                                 können nämlich auf zweierlei Art wirken, indem sie entweder schädliche
                                 Bestandtheile an den Wein abgeben, oder ihm Stoffe welche zu seiner physischen
                                 Beschaffenheit unentbehrlich sind, wie Gerbstoff und Farbstoff, zum Theil
                                 entziehen.
                              
                           
                              Schon gebrauchte Fässer können nicht mehr so wirken, weil sich in ihrem Innern
                                 auf der ganzen Oberfläche der Dauben eine undurchdringliche Kruste von
                                 Farbstoff, schleimiger Substanz und Weinstein gebildet hat. Aber mit solchen
                                 könnten wieder neue Gefahren eintreten: die Fässer können sauer geworden seyn,
                                 einen unangenehmen Geschmack angenommen haben, welchen sie bei unvollkommener
                                 Reinigung den Weinen mittheilen würden. Für solche Fässer paßt das Auswaschen
                                 mit alkalischem Wasser, einmal weil das Alkali die etwa gebildete Essigsäure
                                 sättigt, und dann, weil es die Auflösung eines Theils des den Wänden anhangenden
                                 Weinsteins befördert, wodurch deren Reinigung leichter und vollkommener vor sich
                                 geht.
                              
                           
                              Grüne Fässer sind sonach mit angesäuertem Wasser, leerstehende Fässer mit
                                 alkalischem Wasser zu reinigen; erst kürzlich geleerte Fässer bedürfen keiner
                                 alkalischen Auswaschung.
                              
                           
                              Die anerkannte Nothwendigkeit, in neuen Fässern Wasser stehen zu lassen, um sie
                                 so viel als möglich von auflöslicher Substanz zu befreien, beweist wie
                                 vortheilhaft es wäre, zur Verfertigung der Fässer nur geflößtes Holz zu nehmen,
                                 d.h. Holz, welches sich wenigstens 30 bis 40 Tage in fließendem Wasser befand,
                                 wo ihm seine auflöslichsten Bestandtheile, namentlich der Extractivstoff und die
                                 Schleimsubstanz entzogen werden konnten. Die Gegenwart dieser letztern hat bei
                                 schwachen, nicht sehr gehaltreichen Weinen, welche viel Schleim enthalten und
                                 leicht umstehen und sauer werden, schlimme Folgen. Vorzüglich diese Weine
                                 sollten in Fässer aus geflößtem Holz oder wenigstens schwarzem Eichenholz
                                 gebracht werden; das schleimige Stabholz besteht nämlich meistens aus weißem
                                 Eichenholz.
                              
                           
                              Das weiße Eichenholz eignet sich sehr gut zur Aufbewahrung starker weißer Weine;
                                 schon deßwegen, weil dieses Holz sie weniger färbt, hauptsächlich aber, weil die
                                 weißen Weine gewöhnlich wenig Schleimsubstanz enthalten und ihr Alkoholgehalt
                                 sich der Auflösung dieser Substanz widersetzt.
                              
                           
                              Ich ziehe aus vorstehenden Thatsachen und Versuchen folgende Schlüsse:
                              
                           
                              1) Das zur Verfertigung der Fässer dienende Stabholz enthält immer dieselben
                                 Stoffe, doch sind je nach dem Ursprung des Holzes die Mengenverhältnisse dieser
                                 Stoffe verschieden;
                              
                           
                              2) die auflöslichen Bestandtheile des Eichenholzes können auf die Güte der darin
                                 aufbewahrten geistigen Flüssigkeiten, namentlich der Weine, einen bedeutenden
                                 Einfluß haben;
                              
                           
                              3) diese Einwirkung derselben ist bei den weißen Weinen merklicher als bei den
                                 rothen, und bei den leichten und zarten Weinen viel größer als bei den gefärbten
                                 und kräftigen;
                              
                           
                              4) das amerikanische und nordische Holz enthalten weniger auflösliche Stoffe als
                                 die Hölzer andern Ursprungs;
                              
                           
                              5) das amerikanische, Danziger und Stettiner Stabholz hat auf die geistigen
                                 Flüssigkeiten im Allgemeinen die geringste Einwirkung, und gleichwohl finden die
                                 Rothweine in den zwei letztern Sorten sie conservirende und verbessernde
                                 Stoffe;
                              
                           
                              6) Alkalien erhöhen die Farbe und Auflöslichkeit des im Stabholze enthaltenen
                                 Extractivstoffs, während Mineralsäuren die Farbe und Auflöslichkeit desselben
                                 schwächen.“