| Titel: | Ueber eine neue Eisen-, Braunstein- und Chlorkalkprobe; von Dr. Schabus in Wien. | 
| Fundstelle: | Band 125, Jahrgang 1852, Nr. LXVIII., S. 279 | 
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                        LXVIII.
                        Ueber eine neue Eisen-, Braunstein-
                           und Chlorkalkprobe; von Dr. Schabus in Wien.
                        Aus den Sitzungsberichten der k. Akademie der Wissenschaften in
                                    Wien, Bd. VI S. 396.
                        Schabus, über eine neue Eisen-, Braunstein- und
                           Chlorkalkprobe.
                        
                     
                        
                           Nicht nur für den Fabrikanten, der chemische Producte erzeugt und verwendet, sondern
                              auch für den Handelsmann ist es wichtig, sich in jedem Augenblick leicht von dem
                              Werthe derselben überzeugen zu können. Aber nur durch die größtmögliche
                              Vereinfachung der analytischen Methoden gelingt es, diesen im praktischen Leben
                              Eingang zu verschaffen. Daher auch die durch ihre Einfachheit in der Ausführung so
                              ausgezeichneten sogenannten Volumanalysen, bei denen man die Menge des zu bestimmenden
                              Körpers aus dem verbrauchten Volumen einer Normallösung von bekannter Concentration
                              erfährt, immer mehr in Anwendung kommen.
                           Soll aber eine Probe sich allgemeiner Verbreitung erfreuen und von Nutzen seyn, so
                              muß vor allem die anzuwendende Normalflüssigkeit leicht zu bereiten seyn, und einmal
                              bereitet für eine große Anzahl Proben brauchbar bleiben; sie darf sich also bei
                              längerem Stehen nicht zerfetzen. Das zweifach-chromsaure Kali erfüllt diese Bedingungen auf das
                              vollständigste.
                           Aus diesem Grunde habe ich das zweifach-chromsaure Kali in der letzten Zeit
                              mit Vortheil zur Eisen-, Braunstein- und Chlorkalkprobe verwendet, und
                              glaube dasselbe hiezu um so mehr allgemein anempfehlen zu können, als ich mich
                              vielfach überzeugen konnte, daß selbst in analytischen Arbeiten Ungeübte ohne
                              Schwierigkeit gute Resultate damit erhielten.
                           Im Folgenden will ich die Eisen- und Braunsteinprobe ausführlicher
                              beschrieben, für die Chlorkalkprobe jedoch, da sie ganz wie beim Braunstein
                              ausgeführt wird, nur die anzuwendenden Gewichtsmengen angeben.
                           I. Die Eisenbestimmung. Die gewöhnliche analytische
                              Methode, das Eisen durch eine Säure in Lösung zu bringen und sodann als Oxyd zu
                              fällen, ist schon der vielen Bestandtheile halber, welche die Eisenerze und häufig
                              auch die chemischen Producte enthalten, sehr umständlich und fordert, der vielen
                              dabei anzuwendenden Vorsichtsmaßregeln wegen, eine gewisse praktische
                              Geschicklichkeit von Seite des Operirenden.
                           Die gebräuchlichste Methode aber, die Eisenerze auf ihren Gehalt zu untersuchen,
                              nämlich die auf trockenem Wege, liefert, so schätzbar die durch dieselbe erhaltenen
                              Resultate in hüttenmännischer Hinsicht sind, doch niemals den Gehalt an reinem
                              Eisen, setzt die Kenntniß vieler Kunstgriffe und überdieß noch einen Ofen, in dem
                              sich eine hohe Temperatur erzeugen läßt, voraus;Wir erinnern an die Eisenprobe von Prof. Dr. v. Fuchs in
                                    München. Sein einfaches Verfahren den Eisengehalt der Eisenerze sowie
                                    anderer eisenhaltiger Körper zu bestimmen (polytechn. Journal, 1839, Bd.
                                    LXXIII S. 36) gründet sich  darauf, daß, wenn Eisen auf dem Maximum der
                                    Oxydation, oder als Eisenoxyd sich in Salzsäure aufgelöst befindet, und man
                                    die Auflösung, bis sie entfärbt ist, mit einem abgewogenen Quantum
                                    regulinischen Kupfers kocht, sich ein äquivalenter Theil Kupfers auflöst,
                                    was sich aus dem Abgang des unaufgelösten Theils ergibt. Durch eine einfache
                                    Rechnung findet man dann, wie viel Eisenoxyd und mithin auch, wie viel Eisen
                                    in der Auflösung enthalten war. Besonders vortheilhaft dabei ist, daß viele
                                    andere den Eisenerzen oft beigemischte Substanzen, z.B. Phosphorsäure,
                                    Schwefelsaure, Manganoxyd, Thonerde etc. keinen störenden Einfluß auf das
                                    Resultat haben. Begreiflich ist, daß man auf diese Weise ebenfalls das in
                                    Salzsäure aufgelöste Eisenoxydul bestimmen kann,
                                    wenn man es zuvor mittelst chlorsaurem Kali auf das Maximum der Oxydation
                                    gebracht hat, so wie auch leicht einzusehen ist, daß, wenn Eisenoxyd und Eisenoxydul zugleich in der
                                    Auflösung vorhanden sind, man durch diese Methode das quantitative
                                    Verhältniß derselben ohne Schwierigkeit ausmitteln kann. – Hr. F. C.
                                    Fikentscher hat
                                    dieses Verfahren zur Ermittelung des Sauerstoffgehalts der Manganerze
                                    angewendet (polytechn. Journal Bd. LXXIII
                                       S. 204). A. d. Red. diese Probe ist daher für den Fabrikanten und Handelsmann nicht anwendbar,
                              und zwar um so weniger, als er es oft mit Verbindungen zu thun hat, die auf diesem
                              Wege gar nicht untersucht werden können, z.B. der Eisenvitriol.
                           
                           Die von Margueritte
                              Polytechn. Journal Bd. C S. 380. angegebene Methode verdient daher, ihrer Einfachheit und leichten
                              Ausführbarkeit wegen, allgemein eingeführt zu werden. Das Princip, welches derselben
                              zu Grunde liegt, beruht auf der Thatsache, daß das Eisenoxydul durch gewisse
                              Oxydationsmittel in Eisenoxyd übergeführt wird. Als Oxydationsmittel aber benutzt
                              derselbe das übermangansaure Kali und erkennt den Zeitpunkt, wann alles Oxydul in
                              Oxyd übergeführt ist, an dem Eintreten einer schwach rosenrothen Färbung, welche
                              sich nach beendeter Operation zeigt.
                           Da es jedoch schwierig ist dieses Salz in Krystallen zu erhalten, so ist es
                              nothwendig, um der Lösung desselben den erforderlichen Gehalt an diesem Salz zu
                              geben, mit einer bestimmten Menge Eisendraht, der in Salzsäure zu Chlorür gelöst
                              wird, eine Probe vorzunehmen, was den Uebelstand hat, daß ein dabei begangener
                              Fehler, der von der größeren oder geringeren Menge fremder Bestandtheile, welche der
                              Draht enthält, herrühren kann, sich auf alle damit vorzunehmenden Proben
                              fortpflanzt. Ein anderer Uebelstand besteht darin, daß das übermangansaure Kali sich
                              beim Stehen zersetzt, der Gehalt der Flüssigkeit also nach kurzer Zeit verändert
                              wird und daher vor jeder Probe, die einige Zeit nach der Titrirung der
                              Normalflüssigkeit ausgeführt wird, eine abermalige Rectification derselben
                              vorgenommen werden muß. Auch finden mit chemischen Arbeiten weniger Vertraute bei
                              der Bereitung des übermangansauren Kalis Schwierigkeit. Ich suchte daher dasselbe
                              durch ein anderes Salz zu ersetzen, welches die gewünschte Ueberführung des
                              Eisenoxyduls in das Oxyd bewirkt, ohne die unangenehmen Eigenschaften des Mangansalzes zu besitzen.
                              Das zweifach-chromsaure Kali ist hiezu in der That vorzüglich geeignet.Das chromsaure Kali wird zu gleichem Zwecke auch von Penny vorgeschlagen, polytechn. Journ. Bd. CXXII S. 434.
                              
                           Zu dem Ende braucht man, um eine richtig titrirte Normalflüssigkeit zu erhalten, nur
                              1 Aequivalent dieses Salzes (das Gewicht in Decigrammen ausgedrückt), also 14,77
                              Gramme abzuwiegen und in so vielem Wasser zu lösen, daß ein Liter Normalflüssigkeit
                              erhalten wird. Das zweifach-chromsaure Kali hierzu erhält man einfach durch
                              Umkrystallisiren des im Handel vorkommenden Salzes. Mittelst dieser
                              Normalflüssigkeit wird nun, nachdem die richtige Menge des zu untersuchenden Körpers
                              auf eine oder die andere der unten anzugebenden Arten aufgelöst, und etwa
                              vorhandenes Eisenoxyd zu Oxydul reducirt wurde, die Probe dadurch ausgeführt, daß
                              man von der Lösung des zweifach-chromsauren Kalis, welche sich in einer 100
                              Kubikcentimeter fassenden und wenigstens in halbe Kubikcentimeter abgetheilten
                              Maaßröhre befindet, die damit bis zur Nullmarke gefüllt, so viel zur Eisenlösung
                              setzt, bis alles Oxydul in Oxyd übergeführt ist.
                           Da nur die Lösungen der Oxydul-, nicht aber die der Oxydsalze des Eisens mit
                              rothem Blutlaugensalz (Kaliumeisencyanid) einen blauen Niederschlag hervorbringen,
                              so kann der Zeitpunkt, wenn die vollständige Umwandlung erfolgt ist, sehr leicht mit
                              Hülfe dieser Verbindung ermittelt werden. Man besprengt zu diesem Behufe einen
                              Porzellanscherben mit einigen Tropfen einer Auflösung des rothen Blutlaugensalzes
                              und bringt, nach jedesmaligem Zusatz der Normalflüssigkeit zur Eisenlösung und
                              gehörigem Umrühren der letztern, mittelst eines Glasstabes etwas von der Flüssigkeit
                              mit einem dieser Tropfen in Berührung; so lange hierbei eine blaue Färbung desselben
                              eintritt, fährt man mit dem Zusetzen der Normalflüssigkeit fort; tritt diese nicht
                              mehr ein, so ist die Operation vollendet, und die Anzahl der verbrauchten
                              Kubikcentimeter Normalflüssigkeit zeigt, je nach der Menge des Körpers, welche zur
                              Probe angewendet wurde, die Procente Eisen an. Da die Chromsäure des
                              zweifach-chromsauren Kalis durch das Eisenchlorür zu Chromoxyd reducirt und
                              dieses von der überschüssigen Salzsäure gelöst wird, so färbt sich die Flüssigkeit
                              grün. Dieser Umstand erleichtert die Operation bedeutend, denn so lange die
                              morgenrothe Farbe der Probeflüssigkeit beim Eingießen in die Eisenlösung schnell in
                              die Grüne des Chromchlorides übergeht, braucht die Probe mit dem rothen
                              Blutlaugensalze nicht
                              gemacht zu werden; geschieht dieß aber nur langsam, so muß man beim Zugießen der
                              letzteren vorsichtig seyn, und nach jedem Zusatze die angegebene Prüfung
                              vornehmen.
                           In manchen Fällen dürfte es zeitersparend seyn, den Gehalt an Eisen bei der ersten
                              Probe nur bis etwa auf zwei Procente festzustellen und die weitere Genauigkeit durch
                              eine zweite zu ermitteln. Geht man, besonders zu Ende der Operation, mit gehöriger
                              Vorsicht zu Werke, so kann sich das auf diese Weise erhaltene Resultat, wenn anders
                              der Meßcylinder hinreichend genau getheilt ist, bis auf 0,2 bis 0,1 Proc. dem wahren
                              Werthe nähern.
                           Wie aus dem Vorhergehenden zu ersehen ist, wird durch diese Probe nur diejenige Menge
                              von Eisen ermittelt, welche sich als Oxydul in der Lösung befindet. Es kann aber das
                              Eisen noch in anderer Form in der Verbindung enthalten seyn, weßhalb man folgende
                              drei Fälle unterscheiden muß.
                           1) Das Eisen ist entweder metallisch oder als Oxydul in der zu untersuchenden
                              Verbindung enthalten;
                           2) es kommt neben Oxydul auch noch Oxyd vor, und
                           3) alles Eisen befindet sich als Oxyd in der Verbindung.
                           Im ersten Falle hat man weiter nichts zu thun, als das Eisen durch Salzsäure zu
                              lösen, oder das Oxydulsalz in Lösung zu bringen, und die Probe nach der
                              beschriebenen Art auszuführen, um die ganze Menge des Eisens, welche in der zu
                              untersuchenden Verbindung enthalten ist, zu erfahren.
                           Im zweiten Falle kann man:
                           
                              a) bloß die Gesammtmenge des in der
                                 Verbindung enthaltenen Eisens zu wissen verlangen, in welchem Falle das
                                 vorhandene Oxyd auf die sogleich anzugebende Weise zu Oxydul zu reduciren und
                                 mit dieser Oxydulsalzlösung die Probe vorzunehmen ist; oder man will
                              b) wissen, wie viel von dem vorhandenen
                                 Eisen als Oxydul, wie viel als Oxyd vorhanden ist. Um diese beiden Mengen zu
                                 erfahren, muß außer der unter a) angegebenen Probe
                                 noch eine zweite ausgeführt werden, ohne jedoch das Oxyd früher zu reduciren.
                                 Die Anzahl der bei dieser zweiten Probe verbrauchten Kubikcentimeter
                                 Normalflüssigkeit zeigen die Procente Eisen, welche in der Verbindung als Oxydul
                                 vorkommen, an; zieht man diese von der Gesammtmenge des Eisens ab, so gibt der
                                 Rest die als Oxyd vorhandenen Eisenprocente an.
                              
                           
                           Im dritten Falle endlich muß das Oxyd, vor der Ausführung der Probe, zu Oxydul
                              reducirt werden.
                           Zur Reduction des Eisenoxydes zu Oxydul bedient man sich am besten des metallischen
                              Zinks, das jedoch eisenfrei seyn muß. Dasselbe wird, nachdem eine viel freie
                              Salzsäure enthaltende Lösung des zu untersuchenden Körpers bereitet wurde, in Form
                              dünner Bleche in dieselbe gebracht. Das Eisenoxyd wird zu Oxydul reducirt und
                              dadurch die Lösung entfärbt, wenn nicht andere färbende Verbindungen in derselben
                              enthalten sind; Kupfer und Arsenik werden im metallischen Zustande abgeschieden und
                              können nach beendeter Reduction mit dem noch ungelösten Zink durch Filtration von
                              der Eisenchlorürlösung getrennt werden.
                           Ist die zu untersuchende Substanz in Wasser löslich, so muß man, vor der Vornahme der
                              Probe, zur wässerigen Lösung derselben Salzsäure oder Schwefelsäure, die jedoch
                              weder Salpetersäure, Chlor, Jod, Brom oder schweflige Säure, noch Eisen enthalten
                              dürfen, setzen. In Wasser unlösliche Körper werden in concentrirter Salzsäure, und
                              wenn es nöthig ist, unter Zusatz von Salpetersäure gelöst. Es ist wohl kaum
                              nothwendig zu bemerken, daß in diesem letzteren Falle die Ausmittelung der Menge
                              Eisenoxydul neben vorhandenem Eisenoxyd unmöglich ist. Körper, welche sich leicht
                              pulvern lassen, sollen in Pulverform, Gußeisensorten aber in Feil- oder
                              Drehspänen angewendet werden.
                           Will man nun aus der Anzahl der zur Oxydation verwendeten Kubikcentimeter der nach
                              obiger Vorschrift bereiteten Probeflüssigkeit unmittelbar die Menge von reinem Eisen
                              in der zu untersuchenden Probe erfahren, so muß man jedesmal von der Probe 1,68
                              Gramme in Arbeit nehmen.
                           In manchen Fällen erscheint es jedoch wünschenswerth zu wissen, wie viele Procente
                              von jener Verbindung, in welcher das Eisen einen
                              Bestandtheil ausmacht, vorhanden sind. Die gewöhnlichsten Verbindungen, welche zur
                              Untersuchung kommen, dürften die folgenden seyn:
                           
                              a) Eisenspath, Spatheisenstein
                                 (kohlensaures Eisenoxydul).
                              b) Magneteisenstein
                                 (Eisenoxyduloxyd).
                              c) Eisenglanz, Rotheisenstein, Blutstein
                                 (Eisenoxyd).
                              d) Brauneisenstein, Pyrosiderit,
                                 Eisenrost, Stilpnosiderit, Sumpferz, Raseneisenstein u.s.w.
                                 (Eisenoxydhydrat).
                              e) Eisenvitriol (schwefelsaures
                                 Eisenoxydul).
                              
                           Die Menge an kohlensaurem und schwefelsaurem Eisenoxydule, Eisenoxyde u.s.w. kann man
                              erfahren, indem man zur Probe von dem zu untersuchenden Körper die dem Aequivalente der
                              gesuchten Verbindung entsprechende Menge abwiegt.
                           
                              
                                 Diese beträgt
                                 für das
                                 
                                    kohlensaure
                                       Eisenoxydul
                                    
                                 3,48 Gramme.
                                 
                              
                                 
                                 
                                    „    „
                                 
                                    Eisenoxyduloxyd
                                    
                                 2,32      
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 
                                    „    „
                                 
                                    Eisenoxyd
                                    
                                 2,40      
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 
                                    „    „
                                 
                                    Eisenoxydhydrat
                                    
                                 2,67      
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 
                                    „    „
                                 
                                    schwefelsaure
                                       Eisenoxydul
                                    
                                 8,34      
                                    „
                                 
                              
                           Ueberblickt man das im Vorhergehenden Gesagte, so ist zu ersehen, daß sich das ganze
                              Verfahren bei dieser Probe, da die Normalflüssigkeit in größerer Quantität bereitet
                              und vorräthig gehalten werden kann, eigentlich auf folgende drei Operationen
                              beschränkt:
                           1) Auflösung des zu untersuchenden Körpers,
                           2) Reduction der Eisenoxyd haltenden Lösungen mit Zink, wodurch zugleich Kupfer und
                              Arsenik entfernt werden, und
                           3) vorsichtiges Zugießen des zweifach-chromsauren Kalis zu der
                              Oxydulsalzlösung, bis ein Tropfen derselben mit rothem Blutlaugensalz keinen blauen
                              Niederschlag mehr erzeugt, und Ablesen der verbrauchten Kubikcentimeter
                              Normallösung.
                           II. Die Braunstein- und Chlorkalkprobe. Es ist
                              bekannt, daß der Werth des Braunsteins um so größer ist, je mehr Manganüberoxyd in
                              demselben vorhanden, d.h. je mehr Sauerstoff aus einer bestimmten Quantität erhalten
                              werden kann. Das Princip, welches meiner Methode zu Grunde liegt, ist das auch von
                              Levol benutzte; es besteht darin, daß eine bestimmte
                              Menge Manganüberoxyd eine ebenfalls bestimmte Menge Eisenoxydul in Oxyd überführen
                              kann. Wendet man nun statt Manganüberoxyd eine gleiche Menge Braunstein an, so wird
                              nur ein Theil Oxydul in Oxyd übergeführt werden, und zwar um so mehr, je mehr der
                              Braunstein Sauerstoff abgeben kann, d.h. je reicher an Ueberoxyd er ist. Beendet man
                              die Oxydation mit zweifach-chromsaurem Kali, und zieht die verbrauchten
                              Kubikcentimeter Normallösung von 100 ab, so gibt der Rest unmittelbar die Procente
                              an vorhandenem Manganüberoxyd an. Wendet man daher zur Vollendung der Operation die
                              vorhin erwähnte zur Eisenprobe gebrauchte Normallösung an, so muß eine drei
                              Aequivalenten Manganüberoxyd entsprechende Menge Braunstein, nämlich 1,32 Gramme
                              abgewogen werden.
                           Die Operation wird nun auf folgende Weise ausgeführt: Man wägt 8,34 Gramme reines
                              schwefelsaures Eisenoxydul ab, löst sie in einem Becherglase von etwa 400 Kubikcentimeter Inhalt auf
                              und setzt entweder von vollkommen reiner Schwefelsäure 8, oder von reiner Salzsäure
                              20 Kubikcentimeter zu, gibt den gepulverten Braunstein hinein und beschleunigt die
                              Einwirkung durch Erwärmen. Nachdem aller Braunstein aufgelöst, was der Fall ist,
                              wenn keine schwarze Masse mehr vorhanden, wird, wie oben, eine Eisenbestimmung
                              vorgenommen. Zieht man die Zahl der bei dieser Eisenprobe verbrauchten
                              Kubikcentimeter Normalflüssigkeit von 100 ab, so gibt die Differenz die Procente von
                              Manganüberoxyd an, welche im untersuchten Braunstein enthalten sind.
                           Vergleichende Versuche haben gezeigt, daß die Resultate, welche man auf diese Weise
                              erhält, nur in den seltensten Fällen 0,25 Procente niedriger ausfallen, als dieses
                              bei der sorgfältigsten Ausführung nach anderen Methoden der Fall ist.
                           Der Hauptvortheil, welchen diese Methode bietet, besteht in der Zeitersparung, denn
                              man braucht den Braunstein, da man die Zersetzung desselben durch Wärme unterstützen
                              kann, nicht so überaus fein zu pulvern, als dieses bei anderen Proben der Fall ist;
                              auch ist es nicht nothwendig auf eine in dem Braunstein vorkommende kohlensaure Erde
                              Rücksicht zu nehmen; die Ausführung der Probe ist überdieß so einfach, daß in dieser
                              Beziehung wohl nichts mehr zu wünschen übrig bleibt.
                           Ganz auf dieselbe Weise, wie die Braunsteinprobe, wird auch die Chlorkalkprobe
                              ausgeführt, nur muß man dabei die Anwendung von Wärme vermeiden, weil sonst auch der
                              chlorsaure Kalk, der für den Fabrikanten ohne Werth ist, durch Einwirkung auf die
                              Salzsäure Chlor entwickelt. Um auch hier die bei der Eisenprobe angewendete
                              Normalflüssigkeit benutzen zu können, und damit zugleich der Rest, den man erhält,
                              wenn man die Zahl der verbrauchten Kubikcentimeter Flüssigkeit von 100 abzieht, die
                              Procente an vorhandenem Chlor anzeigt, muß man die drei Aequivalenten Chlor
                              entsprechende Menge Chlorkalk, nämlich 1,062 Gramme, abwägen; man braucht also 8,34
                              Gramme krystallisirtes schwefelsaures Eisenoxydul und 1,062 Gramme Chlorkalk.