| Titel: | Das Färben der ganzen Schaffelle, die zu Fuß- und Wagendecken benutzt werden; von W. Grüne. | 
| Fundstelle: | Band 125, Jahrgang 1852, Nr. LXXIII., S. 309 | 
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                        LXXIII.
                        Das Färben der ganzen Schaffelle, die zu
                           Fuß- und Wagendecken benutzt werden; von W. Grüne.
                        Aus der deutschen Musterzeitung, 1852, S.
                              43.
                        Grüne, über das Färben der ganzen Schaffelle.
                        
                     
                        
                           Auf der Londoner Industrie-Ausstellung befanden sich von verschiedenen Orten
                              ausgestellt ganze Schaffelle, welche in den meisten Hauptfarben, die auf Wolle
                              dargestellt werden können, sehr schön und dauerhaft gefärbt waren, und deren
                              Anwendung zu Fußdecken, für Wagenteppiche und zu vielen ähnlichen Zwecken, bei den
                              großen Annehmlichkeiten, die ein langhaariges, weiches Schaffell, verbunden mit
                              einem angenehmen Ansehen gewährt, sich schnell Bahn gebrochen hat. Von London
                              selbst, dann von Paris und Brüssel waren unbedingt die schönsten Muster in Bezug auf
                              Reinheit und Schönheit der Farbe ausgelegt.
                           Die Art des Herstellungsprocesses mußte bei den eben erwähnten Fellen ein ganz
                              gehöriges Färben seyn, da die Wolle bis zur Haut ziemlich gleichmäßig ihre Farbe
                              hatte, diese selbst aber vollkommen fest war. Eine Darstellung durch Aufspannen der
                              Felle, dann ein Ueberbürsten mit heißer Farbe – eine Methode, die Kürschner
                              hier und da zur Nachahmung versuchen – konnte bei denselben nicht angewendet
                              seyn, da die letzteren sehr leicht zu erkennen sind.
                           So wenig Schwierigkeiten nun zwar das Färben der Wolle macht, so groß sind dieselben
                              jedoch für das Färben dieser Felle, wo die Haut, das Leder, auf welchem die
                              einzelnen Wollfäserchen fest gewachsen sind, die für den Färbungsproceß
                              erforderliche hohe Temperatur der Flotte nicht vertragen kann, daher nicht in die
                              letztere kommen darf.
                           Da die Sache mich interessirte, so suchte ich in London über das dort ziemlich geheim
                              gehaltene Verfahren näheren Aufschluß zu erhalten, gelangte auch nach den
                              mannichfaltigsten vergeblichen Versuchen dazu die ganz einfache Methode kennen zu
                              lernen. Nachstehend theile ich sie mit:
                           Die langhaarigen Schaffelle (deren Wolle 2, 3, 4 Zoll lang sind) werden vom
                              Weißgerber oder Kürschner nach dem gewöhnlichen Verfahren gahr gemacht, gereinigt
                              und dann naß zum Färben gebracht. Zu dem Zweck werden sie mit der haarlosen Seite
                              mittelst kleiner Nägel fest auf ein gehörig großes Brett gespannt, zum recht innigen
                              Anhaften wird das Brett so wie das Fell vorher naß gemacht, wodurch ein sehr festes
                              und gleichmäßiges Anliegen erreicht wird. Das Brett ist nach der nicht bespannten
                              Seite mit Leisten versehen, die das Werfen desselben durch Feuchtigkeit verhindern,
                              da es Haupterforderniß ist ein vollkommen gerades Brett zu haben, außerdem aber an
                              den vier Ecken mit Ocsen versehen, in welche vier dünne Kettchen gleich lang
                              eingehängt werden, die sich über dem Mittelpunkt in einem Ring vereinigen (wie bei
                              einer Waagschale, nur im Verhältniß nicht so lange Ketten); von diesem Ring aus geht
                              eine Kette weiter, diese kann über eine Rolle gelegt werden, und durch Ziehen
                              derselben das Brett vollkommen waagrecht beliebig gehoben und gesenkt werden. Die
                              Haare der Wolle hängen so nach dem Aufspannen des Felles nach unten. Dieß die
                              Vorbereitung zum Färben.
                           Das Färben selbst wird in flachen Kästen, größer als das Brett, 12 Zoll tief, aus
                              Kupfer gefertigt, nach Erforderniß verzinnt, die mittelst eines doppelten Bodens
                              durch Dampf geheizt werden können, ausgeführt. Dieselben werden mit Wasser gefüllt,
                              je nach Eigenthümlichkeit der herzustellenden Farbe, mit einem Absud, mit
                              Farbstoffen, ziemlich concentrirt, um langen Aufenthalt im Bade zu vermeiden,
                              versetzt, und durch Dampf zum Sieden erhitzt, d.h. so lange das Wellen des Bades
                              vermieden werden kann.
                           Ueber dem Kasten ist die vorhin erwähnte Rolle angebracht, man hängt über dieselbe
                              das Brett auf, so daß man dasselbe durch die einzelne Kette heben und senken kann.
                              Es wird das Brett bis auf die Oberfläche der Flotte gelassen, einen Moment, um dem
                              Leder einen Schein zu geben, dieses selbst mit eingelassen, dann jedoch
                              herausgezogen, um nur die Wolle zu färben, was nun leicht vor sich geht. Die Flotte
                              wird dabei kochend erhalten, darf aber nicht wellen, sondern nur perlen, auch das
                              verdampfte Wasser wird im genauen Verhältniß wieder ersetzt. Nach Bedürfniß werden
                              natürlich mehr als ein Bad gegeben. Nach der Entwickelung der Farbe wird gespült und
                              getrocknet.
                           
                           Ein jeder Wollfärber wird diese Art Färbung bei gehöriger Vorsicht in jedem
                              gewöhnlichen Kessel vornehmen können, wenn er die Hauptpunkte im Auge behält:
                              gleichmäßiges Ausspannen, waagrechtes Einlassen in die Flotte, ein ruhig siedendes,
                              nicht wellendes Farbbad ziemlich stark, Ersetzen des verdampfenden Wassers. Die
                              hauptsächlichsten Farben sind: Ponceau, Gelb, Grün, Bronze, Blau (sächsisch),
                              Orange, Braun, Schwarz u.s.w.