| Titel: | Ueber ein neues Reagens auf Ammoniak; von Dr. F. L. Sonnenschein in Berlin. | 
| Fundstelle: | Band 125, Jahrgang 1852, Nr. C., S. 457 | 
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                        C.
                        Ueber ein neues Reagens auf Ammoniak; von Dr.
                           F. L. Sonnenschein
                           in Berlin.
                        Aus dem Journal für praktische Chemie, 1852 Nr.
                              13.
                        Sonnenschein, über ein Reagens auf Ammoniak.
                        
                     
                        
                           Bei einer frühern GelegenheitSvanberg und Struve
                                    haben gefunden, daß die durch Einwirkung von Phosphorsäure gelb gefärbte
                                    Molybdänsäure sich leicht in Ammoniak löst, und daß Säuren aus dieser Lösung
                                    einen unkrystallinischen, in Wasser und Säuren unlöslichen, citrongelben
                                    Niederschlag fällen, welcher auch erhalten wird durch Lösung von
                                    Molybdänsäure in überschüssigem Ammoniak, Zusatz von etwas phosphorsaurem
                                    Natron, Erwärmen und Zusatz von Schwefel-, Salz- oder
                                    Salpetersäure. Sonnenschein zeigte dann (Journal
                                    für praktische Chemie. Bd. LIII S. 339) daß in diesem gelben Niederschlag
                                    der Phosphorsäuregehalt wesentlich ist; in dem bei 120° C.
                                    getrockneten Niederschlag, welcher in einer überschüssiges Ammoniak
                                    haltenden Lösung von Molybdänsäure durch Zusatz von etwas phosphorsaurem
                                    Natron und dann von überschüssiger Salpetersäure dargestellt war, fand er
                                    etwa 3 Proc. Phosphorsäure. A. d. Red. ist dargethan worden, daß zur Bildung des unter Umständen in einer
                              Molybdänsäure haltenden Flüssigkeit entstehenden gelben Niederschlages drei Factoren in bestimmter
                              Menge nothwendig sind, nämlich neben der Molybdänsäure
                                 Ammoniak und Phosphorsäure.
                           Diese Betrachtung, auf welcher die Anwendung des molybdänsauren Ammoniaks außer zum
                              Erkennen noch unter Berücksichtigung der angegebenen
                              Verhältnisse zum quantitativen Abscheiden der
                              Phosphorsäure beruht, führt zu dem allgemeinen Schluß, daß eine Auflösung, welche
                              zwei der angegebenen Factoren enthält, ein Reagens auf den dritten Factor abgibt;
                              d.h., daß, wie das molybdänsaure Ammoniak ein Reagens auf Phosphorsäure ist,
                              Phosphorsäure und Ammoniak ein Reagens auf Molybdänsäure, und Molybdänsäure mit
                              Phosphorsäure ein Reagens auf Ammoniak seyn muß. Die Berücksichtigung der
                              quantitativen Verhältnisse aber, welche ergeben, daß zur Hervorbringung des
                              Niederschlags die Menge der Molybdänsäure dreißig Mal so groß als die der
                              Phosphorsäure und fünfzehn Mal so groß, als die des Ammoniumoxyds seyn muß, zeigt,
                              daß Phosphorsäure und Ammoniak ein schlechtes Reagens auf Molybdänsäure, hingegen
                              Molybdänsäure mit Phosphorsäure ein sehr empfindliches Reagens auf Ammoniak abgeben
                              müsse, da der Niederschlag nur 6,747 Proc. Ammoniumoxyd enthält. Diesen Schluß durch
                              Thatsachen zu bestätigen, ist Zweck der vorliegenden Mittheilung.
                           Wie in dem erwähnten Aufsatze angeführt wurde, entsteht in einer durch Salpetersäure
                              oder Chlorwasserstoffsäure angesäuerten Auflösung von molybdänsaurem Natron auf
                              Zusatz der entsprechenden Menge Phosphorsäure (Mo : P = 30 : 1) kein Niederschlag, sondern nur eine gelbe
                              Färbung, und es ist die Bildung desselben von der Gegenwart eines Ammoniaksalzes
                              abhängig. Es kann also durch eine solche Auflösung Ammoniak entdeckt werden.
                           Bei der Darstellung dieser Lösung muß jedoch berücksichtigt werden, daß, namentlich
                              wenn Salpetersäure zum Ansäuren angewandt wird, sich leicht ein saures Salz
                              abscheidet, welches von einem Ungeübten mit dem in Rede stehenden Niederschlag
                              verwechselt werden könnte, obgleich er sich durch eine hellere Färbung von demselben
                              unterscheidet. Es ist deßhalb zweckmäßiger, die molybdänsaure Natronlösung mit
                              Chlorwasserstoffsäure anzusäuren, zu erwärmen, eine entstehende Trübung durch
                              erneuten Zusatz von Chlorwasserstoffsäure verschwinden zu machen, und dann die
                              entsprechende Menge Phosphorsäure zuzusetzen. Die hierdurch entstehende goldgelb
                              gefärbte Flüssigkeit kann nun als Reagens auf Ammoniak benutzt werden. Da es aber
                              schwierig ist, die richtigen Verhältnisse zu treffen, so ist es einfacher, folgendes
                              Verfahren bei der Darstellung der Lösung einzuschlagen. Man befreit den
                              mehrerwähnten, durch Phosphorsäure in molybdänsaurem Ammoniak hervorgebrachten
                              gelben Niederschlag durch Glühen vom Ammoniak, oxydirt den dunkelgefärbten Rückstand
                              durch Erwärmen mit Salpetersäure, verjagt dieselbe durch Erhitzen, und löst nun den
                              Rückstand in der erforderlichen Menge kohlensauren Natrons auf. Ist die Lösung blau
                              oder grün gefärbt, so muß das Erwärmen mit Salpetersäure und das nachherige Glühen
                              wiederholt werden.
                           Die erhaltene Salzmasse wird in Wasser gelöst, durch Chlorwasserstoffsäure stark
                              angesäuert und erwärmt, ein hierbei entstehender Niederschlag wird durch vermehrten
                              Zusatz von Chlorwasserstoffsäure gelöst, wodurch man endlich die oben erwähnte
                              Lösung in den richtigsten Verhältnissen erhält. Bei Anwendung derselben als Reagens
                              muß beachtet werden, daß der gelbe Niederschlag im Allgemeinen die Eigenschaften
                              einer unlöslichen Säure besitzt, welche nur mit den Alkalien und der Magnesia
                              lösliche Verbindungen bei alkalischer Reaction eingeht, und nur durch einen
                              Ueberschuß nicht flüchtiger organischer Säuren gelöst wird, also Einflüsse dieser Art
                              bei Erzeugung desselben vermieden werden müssen.
                           Die Empfindlichkeit des Reagens wurde durch eine titrirte Lösung von Chlorammonium
                              geprüft. Es ergab sich bei einer 10,000fachen Verdünnung noch eine deutliche
                              Reaction, ja sogar zeigte sich eine solche noch bei 20,000facher Verdünnung, aber
                              erst nach längerem Stehenlassen. Diese große Empfindlichkeit, welche die des
                              Platinchlorids und der Weinsteinsäure als Reagens auf Ammoniak bei weitem
                              übertrifft, ist nicht der einzige Vortheil, den das neue Verfahren bietet; es
                              vermehrt der Umstand noch seine Brauchbarkeit, daß freie Säuren so wie andere
                              SalzeNur Kalisalze bilden einen ähnlichen Niederschlag, jedoch nur dann, wenn ihre
                                    Lösung ziemlich concentrirt ist. von keinem Einfluß dabei sind. Aus demselben Grunde ist es dem
                              salpetersauren Quecksilberoxydul vorzuziehen, welches bekanntlich nur bei Gegenwart
                              von freiem Ammoniak Anwendung findet.
                           Da es mir von Interesse schien, so habe ich verschiedene Substanzen nach dem neuen
                              Verfahren auf Ammoniak untersucht, und theile einige Resultate dieser Versuche hier
                              mit. Frischer Harn gibt mit der Auflösung einen flockigen, grünlichen Niederschlag,
                              indeß die überstehende Flüssigkeit durch reducirte Molybdänsäure bläulich gefärbt
                              ist, ohne den Ammoniak-Niederschlag zu erzeugen. Dieser entsteht erst nach
                              längerer Zeit, aber dann sehr deutlich.
                           Harn, frisch mit Alkohol gemengt, gibt einen viel geringeren flockigen Niederschlag,
                              die Flüssigkeit ist grünlich blau, auch nach sehr langem Stehen bildet sich kein
                              Ammoniak-Niederschlag.
                           Nach dem Genuß von Spargel gibt auch der frische Harn sofort eine Reaction auf Ammoniak. Es folgt hieraus, daß der Harn nicht
                              immer Ammoniaksalze enthält, daß dieselben gewöhnlich erst mit der Zeit entstehen
                              und daß die Bildung derselben durch Alkohol verhindert wird.
                           Harnstoff verhält sich gegen die Lösung indifferent.
                           In Cyanwasserstoffsäure läßt sich die fortschreitende Ammoniakbildung dadurch genau
                              nachweisen.
                           In dem Safte der Runkelrübe wurde die Präexistenz der Ammoniaksalze ebenfalls auf die
                              unzweideutigste Weise dargethan.
                           
                           Der flockige Niederschlag, den das Reagens in Auflösungen organischer Körper
                              hervorbringt, ist in vielen Fällen unbequem; man kann sie alsdann durch
                              Fällungsmittel, welche auf Ammoniak keinen Einfluß haben, vorher entfernen. Wo keine
                              Phosphorsäure zugegen ist, wendet man hierzu zweckmäßig eine durch
                              Chlorwasserstoffsäure angesäuerte Auflösung von molybdänsaurem Natron an.
                           Um die Atmosphäre auf Ammoniak zu untersuchen, wurden mehrere zweihalsige Flaschen zu
                              1/4 mit PhosphormolybdänsäureSo könnte man das Reagens nennen. gefüllt und vermittelst eines Aspirators die Luft auf die Weise
                              hindurchgezogen, daß sie durch die Flüssigkeit streichen mußte. Es zeigte sich bald
                              eine Reaction auf Ammoniak; da aber die Oertlichkeit, wo der Versuch angestellt
                              wurde, eine abnorme Ammoniakbildung bedingte, so lassen sich aus diesem Versuche
                              keine allgemeinen Schlüsse ziehen; ich werde denselben unter andern Umständen
                              wiederholen und das Resultat mittheilen. Soll nun die so sehr nahe liegende Frage:
                              ob das erwähnte Verfahren nicht auch zur quantitativen Bestimmung des Ammoniaks
                              angewendet werden könne? beantwortet werden, so ist vorab festzustellen, ob die
                              Zusammensetzung des Niederschlags constant sey und ob er sich von andern
                              Verbindungen genau abscheiden lasse.
                           Nachdem ersteres bekanntlich durch vielfache Versuche außer allen Zweifel gestellt
                              worden, bleibt nur noch letzteres zu untersuchen.
                           Zu diesem Ende wurden bekannte Mengen von Ammonium mit den verschiedensten Salzen,
                              Kalisalze ausgenommen, gelöst und durch Phosphormolybdänsäure gefällt. Nach
                              achtstündigem Stehenlassen wurde der Niederschlag auf einem gewogenen Filtrum
                              filtrirt, und da reines Wasser milchicht durchläuft, mit verdünnter
                              Chlorwasserstoffsäure ausgewaschen und bei 120° C. getrocknet. Das
                              Ammoniaksalz wurde nun aus der Menge desselben nach der Annahme berechnet, daß er
                              6,747 Proc. Ammoniak enthalte. Obgleich die Versuche ziemlich genaue Resultate
                              lieferten, so bedürfen dieselben einer viel häufigeren Wiederholung, als es mir bis
                              jetzt möglich war, um mit Sicherheit über die Anwendbarkeit der neuen Methode in der
                              quantitativen Analyse urtheilen zu können.