| Titel: | Ueber die Fehler beim Bierbrauen; von Professor Siemens in Hohenheim. | 
| Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. XL., S. 210 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XL.
                        Ueber die Fehler beim Bierbrauen; von Professor
                           Siemens in
                           Hohenheim.
                        Aus Riecke's Wochenblatt, 1852, Nr. 12.
                        Siemens, über die Fehler beim Bierbrauen.
                        
                     
                        
                           Mehrseitige Anfragen um Abhülfe eingetretener Mängel an dem auf dem Lager
                              befindlichen Biere veranlassen mich, auf die verschiedenen Ursachen jener Mängel
                              aufmerksam zu machen. Einem kranken Bier ist zwar meist schwer zu helfen, indessen
                              glaube ich doch die Beachtung nachfolgender Ursachen einer
                                 geringeren Haltbarkeit des Biers den Bierbrauern empfehlen zu können.
                           1) Viele Bierbrauer ziehen beim Einkauf eine um wenige Kreuzer billigere Frucht einer besseren vor, weil sie dabei nicht
                              berücksichtigten, daß das Mindergewicht derselben nicht an dem ganzen Gewichte der Frucht fehlt, sondern allein nur an den nutzbaren Theilen abgeht, wodurch sich hier der
                              Minderwerth verdoppelt, indem die für den Brauer nutzbaren Theile nur etwa die
                              Hälfte des ganzen Gewichts ausmachen. Fehlen dem Gewichte eines Simris nur 4 Pfund,
                              so vermindert dieß den Werth der Gerste um 1/4, denn im günstigsten Falle betragen
                              ihre hier nutzbaren Theile 16 Pfund im Simri. Dieß
                              erklärt auch den geringeren Werth der heurigen Gerste, wovon das Simri oft noch mehr
                              als um 4 Pfund leichter als gewöhnlich ist. Auch zeigt dieß das Unpraktische des oft
                              gemachten Vorschlags, die Frucht dem Gewichte nach zu kaufen, wenn dabei nicht
                              zugleich ein bestimmtes Maaß Berücksichtigung findet.
                           
                           2) Wie das geringere Gewicht der Gerste, so findet auch die Beimengung von fremden Sämereien häufig nicht die gehörige Beachtung,
                              welche Beimischung durch den meist größeren Gehalt an Kleber und durch die Art
                              desselben die Haltbarkeit des Biers sehr beeinträchtigt.
                           3) Auch bei der Wahl des Hopfens ist zu beachten, daß der
                              Mehrwerth mit seiner Güte noch in höherem Grade steigt, da die Differenz in dem
                              Gewichtsverhältnisse seiner nutzbaren und seiner indifferenten Stoffe hier noch eine
                              größere ist.
                           4) Die Beschaffenheit des Wassers sollte bei seiner
                              Verwendung zu Lagerbier mehr Berücksichtigung finden. So
                              wenig auch für viele stärkere und bald zu consumirende Biere die Beimischung organischer Theile einen auffallenden Nachtheil erkennen
                              läßt, ja dieß die Eigenthümlichkeit des einen oder anderen Biers bedingt, so bleibt
                              es um so weniger unbestritten, daß ein solches Wasser für so
                                 schwache Lagerbiere, wie die unserigen es meist sind, zu vermeiden ist. Die
                              Zersetzung organischer Körper, auf welchen auch die Gährung des Biers beruht, wird
                              in ihrer großen Mannichfaltigkeit so leicht durch andere Zersetzungen modificirt,
                              daß die Beimischungen von anderen leicht zersetzbaren oder schon in Zersetzung
                              begriffenen Stoffen den größten Einfluß auf den Verlauf der Gährung, der allein die
                              Haltbarkeit des Biers bedingt, ausüben muß.
                           Es genügt aber nicht, ein mit solchen Körpern sichtbar
                              verunreinigtes Wasser aus Flüssen oder Teichen zu vermeiden, sondern es ist auf
                              diese Verunreinigung auch das Brunnen- und Quellwasser zu untersuchen, weil
                              diese ihren Zufluß nicht selten nur von jenen erhalten. Die Prüfung auf die
                              genannten Beimischungen geschieht aber eben so einfach, als sicher durch Aufbewahren
                              des Wassers an einem wärmeren Orte, wo sich jene sehr bald durch einen üblen Geruch
                              und Geschmack, die sie dem Wasser mittheilen, zu erkennen geben. Will man also die
                              Haltbarkeit seines Biers nicht durch die Verwendung einer größeren Menge Malz,
                              Hopfen und anderer theurer Hülfsmittel vermehren, so vermeide man ein mit
                              organischen Stoffen verunreinigtes Wasser.
                           5) Man hüte sich nach solchen nassen Jahrgängen, wie der vorjährige, vor zu starkem
                              Einquellen oder Weichen der Gerste beim Mälzen, weil hier viele Körner, die schon
                              durch anhaltende Nässe auf dem Felde zum Keimen einmal belebt, später aber meist
                              abgestorben sind durch
                              die Feuchtigkeit beim Einquellen nicht neues Leben bekommen, sondern eine rein
                              chemische Zersetzung erleiden. Es tritt dabei namentlich die Bildung einer Säure um
                              so stärker auf, je länger das Wasser einwirkt oder je länger das Korn dem Zutritte
                              der Luft, als weiterer Bedingung zur Belebung, abgeschlossen bleibt. Die so
                              abgestorbenen und einer anderen Zersetzung unterworfenen Körner sind es aber, welche
                              dem Biere die seiner Haltbarkeit schädlichen Stoffe gleichfalls zuführen.
                           6) Auch in der Behandlung des Getreides während dem Keimen oder in der
                              „Führung“ des Malzhaufens wird bei uns nicht selten noch
                              der Fehler gemacht, daß man das Wachsen gleich Anfangs durch höheres Zusammenlegen zu beschleunigen sucht. Die dabei frühzeitiger
                              eintretende Erwärmung beschleunigt zwar den Keimproceß, verursacht aber ein
                              ungleichmäßiges Wachsen, was die völlige Zersetzung oder Mälzung der Körner nicht
                              erreichen läßt. Diese wird aber erlangt, wenn die Ausbildung der Wurzelkeime bei
                              einer niedrigen und gleichmäßigen Temperatur oder bei sogenannter „kalter Führung“ des Haufens vor sich geht.
                              Erst nach völliger Ausbildung der Wurzelkeime ist es zweckmäßig, eine stärkere
                              Erwärmung eintreten zu lassen, die dann dem Malze mehr Aroma und dem Biere eine
                              größere „Milde“ oder „Feinheit“
                              verleiht.
                           7) Es wirkt kaum eine Behandlung einflußreicher auf die Beschaffenheit und
                              Haltbarkeit des Biers, als die Art des Trocknens und Dörrens des Malzes. So
                              vortheilhaft auch das sogenannte Schwelken bei hinreichender
                                 Räumlichkeit und trockener Witterung sich zeigen mag, so überwiegen doch
                              die Nachtheile desselben, wenn jene Bedingungen fehlen, indem in diesem Falle durch
                              das Schwelken der Bildung einer schädlichen Säuerung nur Zeit gestattet wird. Es
                              gibt sich der nachtheilige Einfluß des Schwelkens zunächst an den gar nicht oder
                              unvollkommen gewachsenen oder durch Zertreten beschädigten Körnern, durch die
                              Bildung eines Schimmels, womit die Körner überzogen sind, zu erkennen. Selbst das
                              unbewaffnete Auge gewahrt diesen Schimmel an den genannten Körnern, von wo sich
                              derselbe sehr bald auch den gesunden mittheilt.Um der Entstehung und Ausbreitung von Schimmel vorzubeugen, ist es sehr zu
                                    empfehlen, den Fußboden des Malzkellers nach jeder Mälzung sorgfältig mit
                                    der Bürste von den Flecken der etwa zertretenen Körner zu reinigen und auch
                                    die Wände des Kellers einigemal des Jahrs zu weißnen. Das Schwelken des Malzes ist demnach unter solchen Verhältnissen zu umgehen, und durch
                              geeignete Darreinrichtung und Behandlung dem Malze auf der Darre selbst die
                              Feuchtigkeit zu entziehen.
                           Beim Dörren ist die Entfernung des Wassers vor dem
                              Eintritt einer höheren Temperatur die Bedingung zur Gewinnung eines leicht löslichen
                              Malzes. Wird diese Bedingung nicht beachtet, so erhält man ein Malz, worin vieles
                              Stärkmehl, bei der höheren Temperatur in dem noch vorhandenen Wasser gelöst, später
                              zu einem unlöslichen Kleister eintrocknet, der dann beim Einmaischen der
                              Zuckerbildung entgeht und das geeignetste Material zu einer Säure (Milchsäure)
                              liefert, der wir mit Grund das Trübwerden des Biers zunächst zuzuschreiben haben.
                              Nach Entfernung der Feuchtigkeit ist dagegen die Anwendung einer höheren Temperatur
                              sehr zu empfehlen, wenn diese auch 100° R. (unterhalb der Darrfläche)
                              erreichen sollte. Ein Verbrennen des Malzes ist bei dieser Temperatur, wie ich dieß
                              bereits früher angegeben habe,Otto's Lehrbuch der rationellen Praxis der
                                    landwirtschaftlichen Gewerbe S. 70. nicht zu befürchten; sie vermehrt den Gehalt an Aroma und Röstgummi, wodurch
                              eine geringere Vergährung des Biers erfolgt, die es haltbarer macht. Am sichersten
                              wird dieses zweckmäßige Dörren des Malzes durch die Anwendung von zwei Darrflächen
                              über einander erreicht, wobei ohne Nachtheil immer eine stärkere Heizung der Darre,
                              wie sie bei der Benutzung der Pfannenfeuerungen nicht gut zu vermeiden ist,
                              stattfinden kann.
                           8) Man vermeide die Anwendung eines älteren Malzes zur Gewinnung von Lagerbier, weil dieß immer viele Körner
                              enthält, die durch Aufnahme von Feuchtigkeit verdorben sind und eine Säuerung
                              verursachen. Es gehört zu unseren Vorurtheilen, daß altes Malz ein besseres Bier
                              liefere als frisches, und gründet sich diese Ansicht auf die Erfahrung, die man
                              machte, wenn man aus älterem Malze eine gehaltreichere Würze gewann als aus frisch
                              gedörrtem. Es ist dieß jedoch nur dann der Fall, wenn aus dem oben angeführten
                              Grunde durch höhere Temperatur viel feuchtes Stärkemehl verkleisterte, was für den
                              gleich darauf folgenden Maischproceß unlöslich wurde, während es durchs Alter seine
                              Löslichkeit zum Theil wieder erhält, wobei aber die Gefahr einer Säuerung eintritt,
                              die sich beim Sommer- oder Lagerbier bemerkbarer macht als beim Winterbier.
                              Altes Malz gibt nicht mehr Extract oder lösliche Theile als frisches, wenn dieses
                              mit der gehörigen
                              Vorsicht bereitet wurde, und letzteres enthält dann viel Aroma, was bei längerer
                              Aufbewahrung immer verloren geht.
                           9) Man achte darauf, daß das Malz beim Schroten sich nicht erhitze, was beim
                              Ueberfüllen der Mühle leicht vorkommt – ein Fehler, der bei dem dießjährigen
                              Wasserreichtum vieler Mühlen wohl nicht selten vorgekommen seyn mag.
                           10) Zur Gewinnung der Würze wähle man für ausgedehntere Betriebe das altbayerische
                              Maischverfahren, wenn dieses auch etwas mehr Arbeitskräfte und Brennmaterial in
                              Anspruch nimmt, als das bei uns noch verbreitete Brauen „auf
                                 Satz.“ Die bei dem ersteren so bald erfolgende Abscheidung der
                              leichter zersetzbaren Bestandtheile durch das theilweise Sieden der Maische schützt
                              bei wärmerer Witterung gegen Säuerung und läßt den ganzen Proceß sehr beschleunigen.
                              Für kleinere Betriebe kann ich das Hohenheimer Maischverfahren empfehlen.Beschrieben im Zusatz dieser Abhandlung.
                              
                           11) Die Haltbarkeit des Biers wird durch die gleichzeitige Gewinnung einer zweiten
                              Biersorte aus den durchs Aussüßen oder „Anschwänzen“ der Treber
                              erhaltenen Nachwürzen sehr gesichert. Es liefern diese Würzen noch ein recht gutes,
                              aber nicht längere Zeit aufzubewahrendes Bier, und dadurch führen diese Würzen,
                              namentlich bei wärmerer Witterung, sehr leicht den Keim zum Verderben den zuerst
                              gewonnenen Würzen oder Biere zu.
                           Bietet auch die Gewohnheit unserer Biertrinker noch wenig Gelegenheit zum Absähe für
                              dieses leichtere Bier, so wird der Brauer schon dadurch einen Vortheil erlangen,
                              wenn er die Nachwürzen auch nur abgesondert kocht, kühlt und gähren läßt, dann aber
                              beim Ausschenken dem übrigen Viere zusetzt. Es wird dieses dadurch nicht
                              verschlechtert, wenn es zuvor um so gehaltvoller blieb, und man kann auf diese Weise
                              alle Nachwürzen vom Sommerbiere zum Winterbiere benutzen.Es wäre für die Brauer sowohl, als für die Consumenten des Biers von Nutzen,
                                    wenn man auch bei uns, wie in England und einigen andern Ländern, ein
                                    billigeres Bier neben einem theureren zum Verkauf bringen würde. Der höhere
                                    Preis des letzteren könnte dann den des ersteren um so niedriger stellen
                                    lassen, was der ärmeren Classe zu gute käme. Bekanntlich ist in England auch
                                    die Taxe des Fleisches nicht gleich, sondern von den einzelnen Theilen des
                                    Thieres ihrer Güte nach verschieden, und dadurch auch für den Aermeren die
                                    Fleischnahrung leichter zu erlangen.In der Hohenheimer Bierbrauerei wird schon seit einigen Jahren ein solches
                                    leichteres Bier aus den Nachwürzen gewonnen, und findet um die Hälfte bis
                                    zwei Drittheil des Preises von dem des stärkeren Biers eine rasche
                                    Abnahme.
                              
                           
                           12) Nicht selten leidet die Haltbarkeit des Biers durch eine mangelhafte Einrichtung
                              der Maischbottiche, bei welchen man meist noch hölzerne Seihboden findet. Durch die
                              vielen Mehltheile, welche die größeren Dehnungen dieser Böden in den unteren Raum
                              gelangen lassen und welche hier der völligen Auflösung entgehen, geben sie
                              Veranlassung zu einer leichteren Säuerung. Der Preis der Metallböden ist durch die
                              dazu ganz brauchbare Verwendung von Sturz- oder Eisenblech und durch im Lande
                              schon mehrfach gebotene Gelegenheit zu ihrer Anfertigung gegen früher sehr ermäßigt.
                              Da man kaum ein Drittheil der ganzen Bodenfläche des Maischbottichs mit solchen
                              Metallböden auszulegen hat, so werden dadurch die Kosten einer solchen zweckmäßigen
                              Einrichtung noch vermindert. Sehr zu empfehlen ist es, dieselbe so herzustellen, daß
                              durch ein Rohr, welches seitwärts anzubringen ist, und die Stelle des sogenannten
                              Pfaffen vertritt, heißes Wasser zur Reinigung und Erhöhung der Temperatur in den
                              Zwischenraum unter den Seihboden gebracht werden kann.
                           13) Bekanntlich läßt man das Bier um so länger sieden, je länger es aufzubewahren
                              ist, wobei ein längeres Abdampfen nicht gerade nöthig wird, wenn das Bier bereits
                              eine hinreichende Concentration erlangt hat. Die längere
                                 Einwirkung einer höheren Temperatur genügt, um die Bestandtheile des Biers
                              gegen eine raschere Zersetzung mehr zu schützen oder diese mehr zu verzögern, was ja
                              die Haltbarkeit des Biers vermehrt. Der Einfluß einer höheren Temperatur gibt sich
                              dabei durch die dunklere Färbung zu erkennen; auch erhöht sie den Glanz des Biers,
                              wenn dieses sonst fehlerfrei ist. Am auffallendsten zeigt sich ihre Wirkung bei der
                              Bereitung des Nachbiers, welches zu diesem Zwecke in der Hohenheimer Bierbrauerei
                              6–8 Stunden im heißen Fessel bleibt, bevor es auf die Kühle kommt.Nach dem hier und beim Dörren des Malzes bereits Angeführten liegt es im
                                    Interesse der Bierbrauer und auch des Publicums selbst, nach und nach ein
                                    dunkleres Bier einzuführen. Da wo man, wie bei uns, eine dunklere Färbung
                                    nicht gerade liebt, hat dieses seinen Grund in dem Umstände, daß eine
                                    dunklere Farbe meist durch schlecht gedörrtes Malz oder durch absichtliche
                                    Färbung verursacht wird, wobei die übrige Beschaffenheit des Biers seinem
                                    Aeußern nicht entspricht. Entsteht die dunklere Farbe jedoch nur durch die
                                    zweckmäßige Anwendung einer höheren Temperatur beim Dörren oder durch eine
                                    längere Einwirkung derselben beim Sieden, so können wir dadurch ein
                                    gesunderes, weniger alkoholreiches und doch haltbares Vier erzeugen, was
                                    namentlich die immer mehr gesuchte Eigenschaft besitzt, recht viel davon
                                    trinken zu können, die wir von den dunkler gefärbten Münchener Bieren so oft
                                    rühmen hören.
                              
                           
                           14) Die Abkühlung der Würze bleibt bei dem großen Einflusse, den sie auf den
                              Gährungsverlauf zeigt, von der allergrößten Wichtigkeit; sie läßt sich durch die
                              Anwendung eiserner Kühlen und geeignete Aufstellung derselben wesentlich fördern.
                              Sehr oft genügt dieß aber nicht und macht noch andere Hülfsmittel nöthig, wenn man
                              die Haltbarkeit des Products nicht ganz der trügerischen Witterung überlassen will.
                              Zu diesen Hülfsmitteln gehört zunächst die Anwendung eines künstlichen Luftwechsels
                              durch Ventilatoren, die man in unseren Brauereien noch so selten findet; noch mehr
                              aber wird der Erfolg durch die Benutzung von Eis
                              gesichert. Wir können hierüber auf das verweisen, was wir in einer früheren
                              Mittheilung (polytechn. Journal Bd. CXXI S.
                                 378) über die Aufbewahrung und Verwendung des Eises gesagt haben, und hier
                              nur hinzuzufügen, daß im letzten Jahre die Erfahrung aufs Neue die dort
                              hervorgehobenen Vortheile bestätigte. Hr. Bardili in
                                 Stuttgart war mit Hülfe seines über der Erde
                              aufbewahrten Eises im Stande, schon Ende August frisches Bier zu sieden, und hat
                              sich dadurch veranlaßt gesehen, einen zweiten größeren Eisbehälter auf ganz gleiche
                              Weise wie den ersteren über der Erde anzulegen. Diese Eisvorräthe lassen jetzt durch
                              Verlängerung der Siedezeit auf mehr als neun Monate in dieser Bierbrauerei mit
                              demselben Inventar mehr als die doppelte Menge Bier erzeugen.
                           Wo man sich aber auch nicht zur Anlage eines solchen Eisbehälters entschließen kann,
                              sollte man so frühzeitig als möglich nicht versäumen, einen Eisvorrath für den Winterbedarf zu sammeln, um nicht durch den
                              Eintritt einer ungünstigen Witterung in dem regelmäßigen Betriebe seiner
                              Bierbrauerei gestört zu werden, wie dieß in gegenwärtiger Zeit so oft der Fall
                              gewesen. Das in den kalten Tagen des Decembers zu sammeln gewesene Eis hätte manchen
                              Bierbrauer von der Sorge befreien können, die er für die Haltbarkeit seines im
                              Januar gebrauten Lagerbiers haben mußte.
                           15) Kein Bierbrauer sollte es versäumen, sein Bier vor und nach der Gährung mittelst
                              eines Saccharometers zu prüfen und dadurch den Vergährungsgrad zu ermitteln, der ihm
                              über die zu erwartende Haltbarkeit die sicherste Anzeige gibt, wonach er es dann in
                              die geeignetsten Lagerfässer und Kellerabtheilungen bringen kann. Bei einer nur
                              theilweisen Anfüllung der Lagerfässer wird es möglich, die Nachfüllungen mit
                              Berücksichtigung des Vergährungsgrades und der Witterung oder Temperatur passend
                              vorzunehmen. Es findet diese Auffüllung in getheilten Portionen bei uns, aber noch
                              selten in der hier bezeichneten Weise statt; sie wird meist nur zur Ausgleichung der Farbe
                              des Biers angewandt, während sie mit Berücksichtigung der Vergährung und Temperatur
                              des Biers weit wichtigere Vortheile erreichen läßt.
                           16) Endlich bleibt dem Bierbrauer durch geeignete Sorge für Abkühlung der Keller noch
                              ein Mittel, sein Bier länger gut zu erhalten. Am sichersten wird dieß durch die
                              Anlage eigener Eisbehälter erreicht, welche mit den einzelnen Kellerabtheilungen
                              beliebig und nicht früher in Verbindung zu sehen sind, bevor nicht der Eintritt
                              einer höheren Temperatur die Abkühlung durch jenes Eis nöthig macht. Das Nähere
                              hierüber ist von mir in Otto's Lehrbuche S. 186
                              angegeben. Ohne eine solche Anlage läßt sich aber auch durch zeitiges Oeffnen der
                              Kellerlöcher bei kälteren Nächten und Schließen bei Erhöhung der äußeren Temperatur
                              noch vieles thun, namentlich bei den im März und April oft noch eintretenden
                              kälteren Nächten.
                           
                        
                           Zusatz.
                           Die verschiedenen Maischmethoden bei der Gewinnung der Würze
                                 nach dem bayerischen Brauverfahren; von Professor Siemens.
                           1) Die Münchner Brau- oder Maischmethode. –
                              Nach dieser nimmt man auf 100 Pfund Malzschrot etwa 800 Pfund Wasser, wovon die
                              Hälfte bis ein Drittheil, gewöhnlich ganz kalt, in den Maischbottich und das Uebrige
                              in die Pfanne kommt. Das Einteigen oder Vermischen des Schrots mit dem Wasser
                              geschieht 3 bis 4 Stunden vor dem Sieden des im Kessel befindlichen Theils.
                              Verwendet man bei strenger Kälte zum Einteigen erwärmtes Wasser, so darf dieß nur
                              kurz vor dem Maischen geschehen, weil sonst leicht eine Säuerung erfolgt. Sobald das
                              Wasser siedet, schöpft man unter fleißigem Aufmaischen so viel von demselben in den
                              Maischbottich, bis das Schrot eine Temperatur von 24–30° R. erreicht.
                              Bei den Seihböden von Metall, wo man seltener einen Pfaffen findet, ist es
                              vortheilhaft, über dem Metallboden noch einen hölzernen zu legen, der nach dem
                              ersten Maischen dann wieder zu entfernen ist. Die Zuleitung des Wassers von unten zeigt sich bei dem ersten Maischen um so
                              nützlicher, als dadurch eine gleichmäßigere Vertheilung und Erhitzung bewirkt, die
                              Bildung von Kleister besser vermieden und das Durchfallen der Mehl, theile mehr
                              verhütet wird. Hat man die angegebene Temperatur erreicht, so wird noch tüchtig
                              aufgemaischt und dann gleich zum Ueberschöpfen der ersten Dickmaische aus dem
                              Bottich in den Kessel geschritten, nachdem man zuvor noch durch den Hahn so viel
                              Flüssigkeit aus dem Raume unterhalb des Seihbodens abgelassen, als dieser Raum etwa
                              zu fassen vermag. Für einen solchen Wechsel der Flüssigkeit ist hier nach jedem
                              Aufmaischen zu sorgen, um die Temperatur in dem bezeichneten Naume mit der der
                              übrigen Maische stets gleichzustellen und jede Ursache einer leichteren Säurebildung
                              zu verhüten. Beim Ueberschöpfen der ersten Dickmaische sucht man vorzugsweise die
                              Schrottheile, das Dickere in den Kessel zu bringen und füllt diesen damit so weit,
                              daß es hinreicht, die Temperatur des im Maischbottich Zurückbleibenden beim zweiten
                              Maischen auf 36–40° R. zu erhöhen, wozu etwa 1/3 Theil der ganzen
                              Menge genügt.
                           Die erste Dickmaische wird unter fleißigem Umrühren schnell erhitzt und
                              1/2–3/4 Stunde gesotten, hierauf in den Maischbottich zurückgebracht und das
                              Aufmaischen nach dem Ueberschöpfen noch länger fortgesetzt, was der Brauer durch
                              eine vorgeschriebene Anzahl von Aufmaischungen, deren hier zweimal 40 erfolgen
                              sollen, bemißt. Gleich nach Beendigung des Maischens werden die dickeren Theile der
                              Maische, etwa ein 1/3 des Ganzen in die Pfanne zurückgebracht, wieder schnell
                              erhitzt und nach dreiviertel- bis einstündigem Sieden mit dem
                              zurückgebliebenen Theile im Maischbottich vermischt. Durch diese zweite Dickmaische
                              soll die Temperatur des Ganzen 48–50° erreichen. Das Aufmaischen
                              findet dießmal in vier Abschnitten statt, wobei jedesmal 30 Aufmaischungen erfolgen.
                              Nach diesem kommt die sogenannte Lautermaische in die Pfanne, wozu man diese mit den
                              dünneren oder flüssigeren Theilen der Maische nahezu ganz füllt, oder soviel davon
                              zum Sieden bringt, als nöthig ist beim dritten Maischen eine Temperatur von
                              60° R. zu erreichen. Das Sieden der Lautermaische wird nur 1/4 Stunde
                              unterhalten, da keine weitere Lösung des Schrots bezweckt wird. Nachdem sie in den
                              Maischbottich zurückgebracht ist, wird das Aufmaischen zur vollständigen Trennung
                              der feineren unzersetzten Theile von den gröberen recht anhaltend fortgesetzt (in
                              4–5mal 30 Aufmaischungen), worauf dann die Maische 1–1 1/2 Stunden in
                              Ruhe bleibt.
                           Während das Bier oder die Würze „auf der Ruhe steht,“ wird in
                              der gereinigten Pfanne eine neue Portion Wasser erhitzt, was später zum Aussüßen der
                              Treber zu benützen ist. Beim Abziehen der fertigen Würze hat man darauf zu achten,
                              daß nichts Trübes mit abläuft. Um dieß zu erreichen, öffnet man den Hahn anfangs
                              etwas weiter, damit durch den stärkeren Abfluß die Mehltheile besser mit
                              fortgerissen werden, und
                              gibt dann das anfangs Trübe in den Maischbottich zurück. Ist die Würze so weit
                              abgezogen, daß die Treber oberhalb trocken erscheinen, so werden die feineren
                              Mehltheile oder der Teig abgenommen. Bei der Bereitung
                              von Sommerbier, der stärkeren Sorte der bayerischen
                              Biere, verwendet man zum Aussüßen der Treber auf 100 Pfd. Malzschrot etwa 30 Pfd.
                              Wasser, die man möglichst gleichmäßig auf das Schrot gießt. Beim Winterbier, der schwächeren Sorte, wird aber eine doppelt
                              so große Menge Wasser zum „Ueberschwenken oder Anschwänzen“
                              genommen. Beim Sommerbier werden die Treber, nachdem die Würze vom
                              „Anschwänzwasser“ abgelaufen ist, nochmals mit 50–60
                              Pfd. Wasser auf 100 Pfd. Schrot übergossen und die davon gewonnene schwächere Würze
                              zu einem Nachbiere, in München Scheps genannt, verwendet.
                              Später übergießt man die Treber nochmals mit einer Portion falten Wassers und erhält
                              dadurch das sogenannte Glattwasser, was häufig mit dem
                              Malzteig vermischt zur Gewinnung von Branntwein benutzt wird.
                           2) Die Augsburger Methode oder das Brauen auf Satz.
                              – Bei dieser verwendet man auf 100 Pfd. Malzschrot nur 6–700 Pfd.
                              Wasser, je nachdem man Sommer- oder Winterbier bereiten will. Von diesem
                              Quantum nimmt man soviel, meist kalt zum Einteigen, als nöthig ist, das Schrot damit
                              völlig zu tränken, das Uebrige kommt in die Pfanne. Hat man das Schrot, meist Abends
                              zuvor, mit kaltem Wasser eingeteigt, so öffnet man nach
                              4–5 Stunden den Zapfen oder Hahn des Maischbottichs und läßt alles Flüssige
                              ablaufen; es ist der sogenannte kalte Satz, worin Eiweiß,
                              Zucker, Gummi und Diastase aufgelöst enthalten sind. Man gibt von demselben einige
                              Maaß zu dem inzwischen bis zu dem Sieden erhitzten Wasser, wodurch aus diesem die
                              erdigen Theile mit dem beim Sieden gerinnenden Pflanzeneiweiß vollständig
                              abgeschieden werden, was die auflösende Kraft des Wassers merklich vermehrt und
                              deßhalb namentlich bei sogenanntem hartem Wasser zu empfehlen ist.
                           Nach dem Abschöpfen der ausgeschiedenen Verunreinigungen bringt man von dem siedenden
                              Wasser soviel durch den Pfaffen in den Maischbottich, daß das Schrot dadurch eine
                              Temperatur von 48–50° R. erreicht. Das Ueberschöpfen des Wassers muß
                              unter fleißigem Aufmaischen recht langsam erfolgen, damit die angegebene Temperatur
                              nach und nach erreicht wird. Man setzt dann das Aufmaischen noch einige Zeit fort,
                              damit sich die gröberen Theile von den feineren vollständiger trennen.
                           
                           Zu diesem ersten Maischen wird man das angegebene Quantum Wasser vollständig
                              bedürfen, und man gibt deßhalb den Rest des kalten Satzes aus dem Grand sogleich in
                              die leere Pfanne. Kurz nach Beendigung des Aufmaischens öffnet man den Hahn des
                              Seihbodens und läßt die erste Würze, wenn diese auch noch ganz trübe erscheint, in
                              den Grand abfließen. Wird sie nach und nach Heller, so verschließt man den Hahn
                              etwas mehr, um einen Theil der Würze ganz hell und rein zu gewinnen. Das anfangs
                              trüb Abgelaufene bringt man sogleich in die Pfanne und hier zum Sieden; von der hell
                              abfließenden Würze gibt man aber einen Theil (auf 100 Pfd. Schrot etwa 12–15
                              Maaß à 4 Pfd.) auf die sauber gereinigte Kühle.
                              Diese Würze nennt man den warmen Satz; sie wird später
                              mit der fertigen Würze wieder vermischt und dient dazu, letztere beim Einkochen
                              vollständiger zu klären, auch glaubt man dem Biere dadurch mehr Glanz und größere
                              Milde zu ertheilen.
                           Von der ersten Würze werden etwa 2/3 in der Pfanne zum Sieden gebracht und, nach
                              Entfernung des sich dabei abscheidenden Schaums, mit dem Schrote im Maischbottich
                              wieder vereinigt, wodurch hier eine Temperatur von 50–52° R. erreicht
                              werden soll. Nach tüchtigem Aufmaischen bringt man dann die Dickmaische in die
                              Pfanne. Sollte der Kessel nicht die sämmtliche Maische fassen, so läßt man etwas von
                              der Flüssigkeit in den Grand, damit von dem Schrote nichts zurückbleibt.
                           Die Dickmaische wird unter fleißigem Umrühren schnell zum Sieben gebracht, und dieß
                              so lange fortgesetzt bis die Flüssigkeit zwischen den gröberen Theilen recht hell
                              erscheint. Sie kommt dann in den Maischbottich zurück und wird mit der etwa übrig
                              gebliebenen Flüssigkeit fleißig gemaischt, was hier vorzugsweise noch den Zweck hat,
                              daß sich die feineren Theile von den gröberen vollständiger trennen und die
                              Gewinnung einer recht klaren reinen Würze befördert wird.
                           Mitunter kocht man nach der Dickmaische noch eine Lautermaische, wozu man die Würze
                              gleich nach dem Maischen abzieht; es ist dieß aber nur da nöthig. wo man ein weniger
                              gutes Malz verwendet oder beim Dickmaischkochen eine größere Menge Würze
                              zurücklassen mußte. Nach dem letzten Maischen bleibt die Würze, wie früher schon
                              angegeben wurde, 1–1 1/2 Stunden in der Ruhe, ehe man zum Abziehen schreitet.
                              Inzwischen werden Grand und Kessel sauber gereinigt und in letzteren dann gleich der
                              warme Satz von der Kühle gebracht und der
                              anzuwendende Hopfen damit vermischt. Beim Abziehen der fertigen Würze und Aussüßen
                              der Treber verfährt man auf die schon angegebene Weise.
                           
                           Dieses Augsburger Maischverfahren findet in den kleineren Bierbrauereien von
                              Württemberg die meiste Anwendung, man läßt hier aber den warmen Satz, namentlich bei
                              wärmerer Witterung, ganz weg, weil die ungekochte Würze, wenn sie nicht von sehr
                              gutem Malze gewonnen worden ist, leicht verdirbt.
                           3) Die fränkische Braumethode. – Bei dieser wird
                              das Malzschrot trocken eingeschüttet, das zum Sieden gebrachte Wasser aber vor dem
                              Ueberschöpfen durch einen größeren Zusatz von kaltem Wasser abgeschreckt, so daß seine Temperatur nur 66–70° R. beträgt.
                              Man bringt es durch den Pfaffen in den Maischbottich und sucht durch fleißiges
                              Maischen und langsames Ueberschöpfen die Temperatur des Schrots nur allmählich auf 50° R. zu steigern. Ist dieß
                              erreicht, so zieht man nach kurzer Ruhe die Lautermaische ab und bringt sie in dem
                              Kessel wieder zum Sieden, was man so lange unterhält, als dadurch noch Schaumtheile
                              abgeschieden werden. Diese Lautermaische kommt dann in den Bottich zurück, wodurch
                              das Schrot eine Temperatur von 58–60° R. erhalten soll. Nach tüchtigem
                              Aufmaischen bleibt die Maische 1 Stunde auf der Ruhe, worauf die fertige Würze
                              abfließt. Zum Aussüßen des Schrots verwendet man in der Regel nur kaltes Wasser und
                              bereitet dort, wo diese Methode häufiger Anwendung findet, wie z.B. in Bamberg und
                              Umgegend, aus der Nachwürze ein schwächeres Bier, was dort den Namen Hansla führt, während die erste Würze ein auch im
                              Auslande anerkannt gutes Bier liefert.
                           Die hier angegebenen verschiedenen Maischmethoden liefern zwar bei ihrer zweckmäßigen
                              Ausführung keine in Qualität und Quantität wesentlich verschiedene Würze, denn man
                              trifft sowohl in Altbayern, Franken, als Schwaben gute Biere, dennoch gewähren sie
                              verschiedene Vorzüge je nach den Verhältnissen, unter denen sie zur Ausführung
                              kommen.
                           Das Maischen nach altbayerischer Art findet man vorzüglich
                              bei größeren Betrieben angewandt, weil die Würze bei dem wiederholten Kochen der
                              Maischen gegen Säuerung oder nachtheilige Veränderung mehr geschützt wird und ihre Gewinnung selbst bei größeren Quantitäten keine
                                 Verzögerung erleidet. Der durch das wiederholte Kochen bewirkte größere
                              Gehalt an Gummi macht es namentlich möglich, durch dieses Maischverfahren ein
                              schwaches Bier von größerer Haltbarkeit zu gewinnen. Es kostet aber einen größeren
                              Aufwand an Arbeit und Brennmaterial durch das wiederholte Hin- und Herschaffen der Massen
                              und die häufigen Unterbrechungen des Heizens. An Arbeit hat man zwar in neuerer Zeit
                              dadurch gespart, daß man durch zweckmäßig construirte Pumpen selbst die Dickmaische
                              aus dem Maischbottich in die Pfanne bringt, und diese dann so hoch stellt, daß ihr
                              Inhalt durch einen größeren Hahn in den Maischbottich abfließt, allein dieß
                              vertheuert eine kleinere Anlage unverhältnißmäßig und findet dadurch weniger
                              Verbreitung.
                           Nach der Augsburger Maischmethode gewinnt man anerkannt
                              ein sehr feines glanzhelles Bier, was wohl nicht ohne Grund der Anwendung des warmen Satzes zugeschrieben wird, der durch seinen Gehalt
                              an Eiweiß beim Kochen der fertigen Würze noch eine Klärung derselben bewirkt. Die
                              längere Aufbewahrung einer warmen Würze ist aber nur bei
                              kälterer Witterung ohne Gefahr für die Haltbarkeit des Biers thunlich; auch erfolgt
                              bei größeren Quantitäten eine nachtheilige Verzögerung des Processes durch die
                              nöthige Gewinnung einer hellen Würze, ehe diese eine höhere
                                 Temperatur erreichte. Die fränkische Methode ist
                              nur da zur Bereitung eines guten Biers anwendbar, wo man noch eine größere Menge
                              Nachbier gewinnen will, da nach zweimaligem Maischen ohne
                                 Kochen der Dickmaische den Trebern nicht hinreichend schnell ihre nutzbaren
                              Bestandtheile vollständig zu entziehen sind.
                           In der Bierbrauerei zu Hohenheim, wo die verschiedenen
                              Braumethoden für den Unterricht jährlich in Anwendung kommen, braut man in der Regel
                              nach einem Verfahren, welches die Vortheile jener möglichst verbindet. Es wird hier
                              Abends mit wenig kaltem Wasser eingeteigt und nach
                              3–4 Stunden das Flüssige (der kalte Satz) abgezogen. Von diesem wird ein
                              Theil zum Klären des ziemlich harten Wassers benützt, das Uebrige aber in einem
                              recht reinen (kupfernen) Gefäße bis zur späteren Anwendung aufbewahrt. Mit dem
                              geklärten Wasser wird dann gemaischt, wobei man die Temperatur von 50° R.
                              aber erst nach einiger Unterbrechung des Wasserzusatzes erreicht. Nach dem
                              Aufmaischen wird dann sogleich der größere Theil der
                              Lautermaische wie bei der fränkischen Methode abgelassen, schnell zum Sieden erhitzt
                              und nach dem Abschäumen in den Maischbottich zurückgebracht, wo dießmal eine
                              Temperatur von 54–55° R. erreicht werden soll. Gleich nach dem
                              Maischen läßt man einen Theil der Lautermaische in den Grand abfließen, um
                              sämmtliche Schrottheile in die Pfanne bringen zu können. Diese Dickmaische kocht
                              1–1 1/2 Stunden, wonach sie mit der aus dem Grande in den Maischbottich
                              gebrachten Flüssigkeit wieder vermischt wird; es soll dabei eine Temperatur von 58–60°
                              erreicht werden. Nach anhaltendem Aufmaischen bleibt das Ganze etwa 1 Stunde in der
                              Ruhe, worauf die fertige Würze abfließt. Ist der Kessel mit dieser gefüllt und hier
                              zum Sieden gebracht, so setzt man statt des warmen Satzes die vom Einteigen
                              aufbewahrte kalte Flüssigkeit zu, die hier eine schöne
                              Klärung der fertigen Würze bewirkt. Die Treber werden dann zur Nachwürze mit
                              siedendem und später zum Glattwasser mit kaltem Wasser ausgesüßt.
                           Soll außer dem gewöhnlichen Biere noch ein Luxusbier (Bock oder Ale) gewonnen werden,
                              so vermehrt man die Menge des Malzes um ein Drittheil, verwendet aber anfangs nicht
                              viel mehr Wasser, um nach dem ersten Maischen eine concentrirtere Würze zu erhalten.
                              Von dieser gibt man das zuerst abfließende Trübe in die Pfanne, von dem hell
                              abfließenden Theile aber eine entsprechende Menge in eine besondere Pfanne, um hier
                              zu dem gewünschten stärkeren Biere weiter verkocht zu werden. Die zuerst abgelaufene
                              trübe Würze wird inzwischen gekocht und nach dem Abschäumen, wie früher angegeben,
                              mit dem Schrote vermischt. Vor dem Ueberschöpfen der Dickmaische wird dann ein Theil
                              der Flüssigkeit, wie früher, in den Grand abgelassen der Dickmaische im Kessel aber
                              als Ersatz für die zu jenem Luxusbiere verwendete Würze eine Portion frisches Wasser
                              zugesetzt, was zugleich eine bessere Extraction der Treber erreichen läßt. Der
                              weitere Verlauf der Operationen ist dann dem angegebenen ganz gleich. Durch dieß
                              Maischverfahren werden nachfolgende Vortheile erreicht:
                           1) macht die Anwendung des kalten Satzes zur Reinigung des Wassers ein härteres
                              Wasser für den Brauproceß brauchbarer;
                           2) läßt die allmähliche Steigerung der Temperatur durch die Unterbrechungen beim
                              ersten Maischen den Vortheil des altbayerischen Verfahrens erreichen;
                           3) schützt das schnelle Abziehen der ersten Würze gegen
                              den Eintritt einer nachtheiligen Säuerung;
                           4) schützt die höhere Temperatur durch das Maischen mit der ersten Würze den beim Kochen der Dickmaische zurückbleibenden Theil der
                              Würze gleichfalls gegen eine Säuerung;
                           5) wird durch das Kochen sämmtlicher Schrottheile die
                              Lösung und leichtere Trennung ihrer nutzbaren Stoffe vollständiger erreicht;
                           6) sichert die Anwendung des kalten statt des warmen Satzes selbst bei wärmerer Witterung gegen
                              Säuerung und läßt eine krystallhelle Würze nach dem Kochen gewinnen;
                           
                           7) eignet sich dieß Verfahren am besten zur Bereitung eines Luxusbiers, wozu auf die
                              angegebene Weise eine Würze von vorzüglicher Güte zu gewinnen ist;
                           8) eignet sich das Verfahren sowohl für einen größeren als kleineren Betrieb, indem
                              es für diesen nicht mehr Arbeit und Brennmaterial als die Augsburger Methode
                              erfordert und bei dem ersteren, durch den raschen Verlauf der Operationen, keine
                              nachtheilige Verzögerung entsteht.
                           Verwendet man außer Malz ein anderes stärkemehlhaltiges Material zur Darstellung der
                              Würze, so ist für eine vollständige Zersetzung des Stärkemehls in Gummi und Zucker
                              Sorge zu tragen. Diese Zersetzung wird hier am zweckmäßigsten mittelst der Diastase
                              des Malzes erreicht, was es nöthig macht, ein Malz zu verwenden, worin möglichst
                              viel von diesem Stoffe enthalten und seine gummi- und zuckerhaltende Kraft
                              nicht durch Dörren bei höherer Temperatur zerstört ist.
                           Wo man, wie in Belgien, neben dem Malze rohes (ungemälztes) Getreide anwendet, wird
                              dieses mit dem ersteren vermischt und beim Einmaischen der Zuckerbildungsproceß
                              möglichst begünstigt, was bei der Anwendung von reinem Malze kaum nöthig wird.
                           Eine durch zweckmäßiges Maischen erhaltene Würze besteht aus einer Auflösung von
                              Stärkezucker, Rost- und Dextringummi mit etwas Kleber und Diastase, mehr oder
                              weniger Eiweiß, je nachdem sie weniger oder mehr gekocht wurde. Außerdem enthält sie
                              noch die dem Malze oder einem andern mit ihm verwendeten Material eigentümlichen
                              Extractiv- und Farbestoffe, so wie etwas Milchsäure, wodurch der Kleber darin
                              gelöst wurde und die Würze auch schwach sauer reagirt. Da sich die Milchsäure in den
                              Nachwürzen in größerer Menge findet, so enthalten diese auch mehr Kleber gelöst und
                              sind dadurch dem Verderben mehr unterworfen. Zu dem Biere, welches länger aufzubewahren ist, sollen deßhalb auch die
                              Nachwürzen nicht verwendet werden. Von den Bestandtheilen des Malzes findet man in
                              der Würze 60–70 Proc. gelöst enthalten.