| Titel: | Ueber die Theorie der Bleiweißfabrication; von Hrn. Ch. Barreswil. | 
| Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. LV., S. 300 | 
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                        LV.
                        Ueber die Theorie der Bleiweißfabrication; von
                           Hrn. Ch.
                              Barreswil.
                        Aus dem Journal de Pharmacie, Octbr. 1852, S.
                              291.
                        Barreswil, über die Theorie der Bleiweißfabrication.
                        
                     
                        
                           Als Hr. Thenard die
                              wissenschaftlichen Thatsachen angab, welche den geschickten Fabricant Hrn. Roard auf die Bleiweißfabrication
                              mittelst Zersetzung des basischen essigsauren Bleies durch kohlensaures Gas
                              leiteten, wurde über die damals noch dunkle Operation der Bleiweißbereitung nach der
                              holländischen Methode zuerst Licht verbreitet. Durch die späteren Untersuchungen von
                              Pelouze
                              Polytechn. Journal Bd. LXXXIII S.
                                       200. wurde die Bildung des Bleiweißes genauer erklärt; er bestimmte die Rolle der
                              Essigsäure und fand, daß dieselbe in doppelter Eigenschaft wirkt, sowohl weil sie
                              flüchtig ist, als weil sie basische Salze zu bilden vermag.
                           Mehrere Chemiker, welche sich ebenfalls mit dem Bleiweiß beschäftigten, haben dieser
                              interessanten Theorie eine neue Thatsache beigefügt; sie setzten außer Zweifel, daß
                              das Bleiweiß nicht, wie man geglaubt hatte, bloß kohlensaures Bleioxyd ist, sondern eine
                              Verbindung von kohlensaurem Bleioxyd mit Bleioxydhydrat.
                           Nach den Thatsachen, welche bis jetzt beobachtet worden sind, kann man die
                              Bleiweißfabrication auf die Art erklären, daß unter dem Einfluß von Luft
                              (Sauerstoff), Kohlensäure und Wasser, zuerst basisches essigsaures Blei entsteht,
                              hierauf basisches kohlensaures Bleioxydhydrat nebst
                              neutralem essigsaurem Blei, welches letztere wieder Bleioxyd auflösen kann.
                           Diese Theorie ist zwar der summarische Ausdruck der Thatsachen, aber sie ist nicht
                              vollständig; man sieht nämlich nicht ein, wie die Kohlensäure das
                              zweifach-basische essigsaure Blei zersetzen kann, ohne das basische
                              kohlensaure Blei anzugreifen, und wie die Kohlensäure, wenn sie das Bleiweiß
                              angreift, durch letzteres bis auf das darunter befindliche metallische Blei dringen
                              kann, man müßte denn a priori annehmen, daß das Bleiweiß
                              nicht die einzige feste (beständige) Verbindung ist, welche die Kohlensäure mit dem
                              Bleioxyd bildet. Ich habe durch Versuche gefunden, daß das Bleiweiß, wenn es mit
                              Kohlensäure in Berührung gebracht wird, dieselbe absorbirt und gleichzeitig sein
                              chemisch gebundenes Wasser verliert. (Ein Bleiweiß welches 3 Proc. Wasser enthielt,
                              wurde der Einwirkung der Kohensäure ausgesetzt, und enthielt nach der Sättigung nur
                              noch 0,001 gebundenes Wasser.)
                           Die Erklärung dieser scheinbaren Anomalie glaube ich in folgender Thatsache gefunden
                              zu haben, welche meines Wissens noch nicht bekannt ist: ich habe mich überzeugt, daß das wasserfreie neutrale kohlensaure Blei, mit basischem
                                 essigsaurem Blei in Berührung gebracht, sich sogleich in basisches kohlensaures
                                 Bleioxyd-Hydrat umwandelt. Diese Thatsache vervollständigt die
                              Theorie der Bleiweißfabrication, welche hiernach folgende ist: Unter dem Einfluß von
                              Luft (Sauerstoff) und Essigsäure oxydirt sich das Blei und verwandelt sich in
                              basisches essigsaures Blei, das die Kohlensäure zersetzt, nämlich in neutrales
                              essigsaures Blei und in kohlensaures Blei, welches letztere durch die Gegenwart des
                              in Ueberschuß vorhandenen basisch-essigsauren Bleies im Zustand eines
                              basischen Salzes (Bleiweiß) erhalten oder auf denselben
                                 zurückgebracht wird.
                           Wenn folglich das basische essigsaure Blei fehlt, was eintritt wenn das Bleiweiß
                              länger in Arbeit bleibt als nöthig ist damit das Blei ganz verschwindet, so wird das
                              basische kohlensaure Blei nach und nach zu neutralem Salz und daher die Constitution
                              des Bleiweißes verändert. Ich werde beweisen, daß diesen Unterschieden in der Zusammensetzung solche in der
                              Qualität entsprechen.
                           Dieselbe Erklärung gilt für die Bereitung des Bleiweißes nach der Methode zu Clichy.
                              Das kohlensaure Blei, welches sich bildet, ist kein neutrales Salz, sondern ein
                              basisches Salz, so lange das basische essigsaure Blei in Ueberschuß vorhanden ist.
                              Die zahlreichen Versuche des Hrn. Roard beweisen, daß das Bleiweiß von Clichy alle Eigenschaften des
                              holländischen hat; aus meinen Versuchen ersieht man, daß beide Producte auf gleiche
                              Weise zusammengesetzt seyn können.