| Titel: | Ueber die Zusammensetzung des Wootz oder indischen Stahls; von T. H. Henry. | 
| Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. LXVII., S. 367 | 
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                        LXVII.
                        Ueber die Zusammensetzung des Wootz oder
                           indischen Stahls; von T. H.
                              Henry.
                        Aus dem Philosophical Magazine, Juliheft 1852, durch das
                              Journal für praktische Chemie, 1853 Nr. 20.
                        Henry, über die Zusammensetzung des Wootz oder indischen
                           Stahls.
                        
                     
                        
                           Das hohe Ansehen, in welchem der Wootz steht, scheint mehr auf dem Glauben zu
                              beruhen, daß die berühmten Damascener daraus gemacht werden, als auf bei uns
                              gewonnenen Resultaten; denn ungeachtet der verstorbene Stodart, eine vorzügliche Autorität, die Meinung hegte, daß dieser Stahl
                              für manche Anwendung unseren Stahlsorten vorzuziehen sey, sind doch die Versuche ihn einzuführen
                              ohne Erfolg gewesen, wie man sagt, wegen zu schwieriger Bearbeitung.
                           Unter diesen Umständen schien eine genaue chemische Analyse einiges Licht zu
                              versprechen. – Faraday untersuchte den Wootz 1819;
                              mit Uebergehung des Kohlenstoffgehalts bestimmte er nur Kieselsäure und Thonerde,
                              und fand einmal 0,0128 Procent, das andere Mal 0,0693 Procent Aluminium, woraus Faraday und Stodart die Güte
                              des Wootz, als durch Beimischung von Aluminium bedingt, folgerten – eine
                              Annahme, welche synthetische Versuche zu bestätigen schienen.
                           Andererseits konnte Karsten nur zweifelhafte Spuren von
                              Aluminium im Wootz entdecken, und Elsner schreibt die
                              Vorzüglichkeit des von Faraday und Stodart gewonnenen Stahls nicht der Beimischung fremder Metalle zu,
                              sondern allein dem wiederholten Umschmelzen, und in der That wendet man zu Sheffield
                              diesen Schluß gegenwärtig praktisch an. – Die damascirte Oberfläche des von
                              Faraday und Stodart
                              erhaltenen Stahls indeß, welche ganz der des Wootz gleicht, scheint gegen Elsner's Annahme zu sprechen.
                           Nach Breant rührt der Damast der indischen Klingen von der
                              Krystallisation zweier verschiedenen Verbindungen zwischen Eisen und Kohlenstoff
                              her, so daß ein Unterschied zwischen dem orientalischen Damast und dem durch
                              Stahllegirungen erzeugten zu machen ist. Diese Ansicht findet in den vor einigen
                              Jahren – Annuaire du Journal des Mines Russie
                                 – von dem russischen Ingenieur Anosoff veröffentlichten Versuchen Bestätigung,
                              indem Genannter Klingen dargestellt haben will, den Damascenern so ähnlich, daß man
                              sie unter einem rechten Winkel biegen und mit ihnen ein in der Luft schwebendes
                              Gasestückchen zerhauen konnte.
                           Ich erhielt von meinem Freund Trenham Reeks an der
                              Gouvernementsbergschule zwei Proben von Wootz, welche diesem von Lewis Humbert, angestellt beim ostindischen Kriegsdepartement,
                              verschafft worden waren; die eine hatte die Gestalt eines Kuchens, wie er beim
                              Erkalten des geschmolzenen Stahls in dem Tiegel gewonnen wird, die andere war zu
                              einer kleinen Stange, gegen 4 Zoll lang und 1 Zoll im Geviert, ausgeschmiedet und
                              wog über 11 Unzen.
                           Ich zog es vor, den geschmiedeten Stahl in Arbeit zu nehmen, weil jener kleine
                              Schlackentheilchen oft so innig beigemischt enthält, daß eine Trennung unmöglich
                              ist, und vielleicht war alle von Faraday im Wootz
                              gefundene Thonerde in unlöslicher Form als Silicat vorhanden.
                           
                           Das specifische Gewicht des Stahls war bei 17° 7,727. Um den
                              Gesammtkohlenstoff zu bestimmen, wurde der weichgemachte Stahl mit guten Feilen so
                              fein vertheilt, daß die Späne durch ein Kupferdrahtsieb von 8100 Maschen auf den
                              Quadratzoll gingen; die Feilen waren Polirfeilen mit einfachem Hieb; sie sind zwar
                              nicht so hart als die Feilen mit Kreuzhieb und haben statt der Spitzen Schneiden,
                              sind aber darum weniger der Abnutzung unterworfen. Bei vorsichtigem Gebrauch hat man
                              keine Verunreinigung des Stahls mit der Masse der Feilen zu befürchten.
                           Die Feilspäne wurden dann nach Kudernatzsch nur mit
                              Kupferoxyd verbrannt, eine Methode, welche ich für die genaueste halte; es konnte
                              nach der Verbrennung kein metallisches Eisen gefunden werden, sondern alles zeigte
                              sich als magnetisches Oxyd. Bei zwei Verbrennungen, einmal mit 60 Grm. durch ein
                              Sieb von 8100 Maschen auf den Quadratzoll, und dann mit 50 Grm. durch ein Sieb von
                              14,400 Maschen gegangener Feilspäne wurden erhalten 1,645 Procent und 1,625 Proc.
                              Kohlenstoff.
                           Der Gehalt an ungebundenem Kohlenstoff, an Graphit, wurde wie gewöhnlich durch
                              Auflösen in Salzsäure im Platingefäß, sofortiges Eindampfen, Ausziehen der
                              Kieselsäure mit Kalilauge und Verbrennung des Rückstandes bestimmt und auf diese
                              Weise 0,312 Procent erhalten. Die mit Salzsäure angesäuerte Kalilösung gab nach dem
                              Eindampfen einen Rückstand an Kieselsäure, welcher 0,045 Procent Silicium
                              entsprach.
                           Schwefelwasserstoff fällte darauf 0,037 Procent Arsenik, von Thonerde aber konnte
                              durch Schwefelammonium keine Spur gefunden werden.
                           Die salzsaure Eisenlösung wurde mit kohlensaurem Baryt behandelt, der Niederschlag
                              wieder aufgelöst, durch Schwefelsäure vom Baryt befreit, das Eisen mit Ammoniak
                              gefällt, in Salzsäure gelöst und mit reiner Kalilauge gekocht – aber Thonerde
                              wurde nicht ausgezogen.
                           Die Stahllösung, aus welcher das Eisen abgeschieden war, verdampfte man nach
                              Entfernung des Baryts in einer Platinschale zur Trockne; der Rückstand enthielt kein
                              Mangan, Magnesia, Kalk, Nickel oder Kobalt.
                           Zur Bestimmung des Schwefels, zur Controle des gefundenen Arsenik und Silicium und zu
                              neuer Prüfung auf Aluminium behandelte ich 50 Grm. Stahlfeile mit reinem
                              salpetersaurem Natron, mit wenig Soda gemischt, bei Rothgluth in einem Tiegel aus
                              reinem Gold.Eine Legirung des Goldes mit 5 Procent Platin, welches die Härte vermehrt,
                                    scheint ein für Apparate zu genauen Untersuchungen vorzüglicheres Material
                                    zu seyn; Gold mit 10 Procent Platin scheint von schmelzenden Nitraten nicht
                                    angegriffen zu werden und ist sehr hart. Die Einwirkung ließ sich leicht beaufsichtigen und die Oxydation war
                              vollkommen; die Masse wurde mit warmem Wasser ausgezogen und die mit Salzsäure
                              angesäuerte Lösung verdampft. So ergaben sich 0,042 Proc. Silicium und durch
                              Chlorbaryum 0,181 Procent Schwefel; in einem andern Versuch 0,170 Procent
                              Schwefel.
                           Nachdem darauf der überschüssige Baryt entfernt war, fällte man mit
                              Schefelwasserstoff das Arsenik und erhielt 0,036 Procent; Thonerde konnte nicht
                              entdeckt werden, von Phosphor nur eine schwache Spur. Nach der Methode von Berzelius und Karsten war es
                              nicht möglich, in Stahl oder Schmiedeeisen den Schwefel so genau zu bestimmen.
                           Auch in dem Rückstand, welcher bei Lösung von 500 Grm. obigen Stahls in Säure
                              hinterblieb, konnte ich kein Aluminium finden, ebensowenig bei Behandlung von 117,87
                              Grm. mit geschmolzenem Chlorsilber; der Rückstand wog 3,81 Grm. und verlor bei der
                              Verbrennung, welche bis zum Verschwinden des Arsenikgeruchs länger fortgesetzt
                              werden mußte, 2,213 Grm.; ziehen wir davon den Gehalt an Schwefel und Arsenik ab, so
                              bekommen wir als Gesammtmenge des Kohlenstoff 1,660 Grm.; aber, obwohl in
                              gegenwärtigem Fall dieses Resultat die früheren zu bestätigen scheint, so vertraue
                              ich doch mehr der Verbrennung mit Kupferoxyd.
                           Die Zusammensetzung des Stahls ist demnach folgende:
                           
                              
                                 
                                         I.
                                         II.
                                 
                              
                                 Gebundener Kohlenstoff
                                     1,333
                                     1,340
                                 
                              
                                 Freier Kohlenstoff
                                     0,312
                                     0,312
                                 
                              
                                 Silicium
                                     0,045
                                     0,042
                                 
                              
                                 Schwefel
                                     0,181
                                     0,170
                                 
                              
                                 Arsenik
                                     0,037
                                     0,036
                                 
                              
                                 Eisen
                                   98,092
                                   98,100
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,000
                                 100,000.