| Titel: | Ueber die künstlichen Dünger; von V. A. Jacquelain, Präparator an der Centralschule für Künste und Manufacturen zu Paris. | 
| Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. LXXI., S. 378 | 
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                        LXXI.
                        Ueber die künstlichen Dünger; von V. A. Jacquelain, Präparator
                           an der Centralschule für Künste und Manufacturen zu
                              Paris.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Novbr. 1851, S. 697.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Jacquelain, über die künstlichen Dünger.
                        
                     
                        
                           Bemerkungen über Zusammenstellung der Resultate bei
                                 Dünger-Analysen. – Ueber die bei Bereitung der Dünger zu
                                 befolgenden Regeln. – Ueber die bei Bestimmung des landwirthschaftlichen
                                 Werthes eines Düngers zu beobachtenden Punkte. – Verfahren zum Analysiren
                                 sehr complicirter Dünger.
                           Der neue Industriezweig der Düngerfabrication wird mit der Zeit seine eigenen Märkte,
                              seine Mäkler, Probirer und seine Gesetzgebung erhalten, da eine Anzahl leicht zu
                              beurtheilender Producte von charakteristischen Eigenschaften jetzt schon ihren
                              festen Curs hat. Leider wurde der Düngerhandel in Frankreich bisher nicht selten in
                              wucherischer Weise betrieben, indem eine Anzahl Fabrikanten, auf die
                              Leichtgläubigkeit vieler Landleute speculirend und auf die Schwierigkeit der Analyse complicirter Dünger
                              bauend, es wagte, ziemlich werthlose Gemenge anzufertigen.
                           So schwierig es ist, die Gegenwart gewisser organischen Substanzen im Dünger zu
                              ermitteln, so schwer ist auch ihre quantitative Bestimmung. Diese Substanzen werden
                              daher bei der Analyse der künstlichen Dünger oft sehr ungenügend bestimmt. Ich
                              theile zur Unterstützung des Gesagten im Folgenden wörtliche Citate mit, nicht um
                              das Verdienst der betreffenden Analytiker zu verkleinern, sondern bloß um die
                              gebrauchten Bezeichnungen zu erörtern.
                           So führt Hr. Sussex, Verfasser
                              eines Werks über die Dünger,Traité critique et pratique du commerce, du
                                       contrôle et de la legislation des Engrais, pag. 69, 70. bei seinen Analysen der Dünger von Huguin, Bikes
                              und Dusseau folgende Bezeichnungen auf:
                           
                              
                                 Huguin.  
                                 Bikes.  
                                 Dusseau.
                                 
                              
                                   38,50
                                   10,00
                                     1,82
                                      stickstofffreie organische Substanzen;
                                 
                              
                                     1,00
                                     1,50
                                     3,00
                                      Stickstoff;
                                 
                              
                                   27,50
                                     0,00
                                     4,60
                                      phosphorsaure Salze;
                                 
                              
                                     5,20
                                     1,50
                                     0,00
                                      Salze;
                                 
                              
                                     0,00
                                     7,70
                                     0,00
                                      Kohle;
                                 
                              
                                     0,00
                                   67,00
                                     0,00
                                      Gyps;
                                 
                              
                                     2,80
                                     9,00
                                     7,68
                                      Schwefelsäure;
                                 
                              
                                   25,00
                                   12,30
                                   82,90   Wasser.
                                 
                              
                           In erster Reihe erscheinen hier die Worte: stickstofffreie
                                 organische Substanzen. Durch diese Bezeichnung erfährt man nichts über die
                              Natur der organischen Bestandtheile; es ist aber nicht gleichgültig, ob in einem
                              Dünger Humus oder Kleister von verdorbenem Stärkmehl ist, oder sehr schlechte, bloß
                              durch Säuren oder Alkalien ihres Zusammenhangs beraubte Leinen-, Hanf-
                              oder Baumwolllumpen. Hierauf heißt es Stickstoff, wobei
                              wir uns wundern müssen, diesen einfachen Körper in der procentischen Zusammensetzung
                              zu finden, da doch die Bestimmung dieses Elements in der Regel in der Absicht
                              besonders vorgenommen wird, den Werth eines Düngers leichter annähernd schätzen zu
                              können. Man hätte sonach den Stickstoff besonders aufführen, und die
                              stickstoffhaltigen und stickstofffreien organischen Bestandtheile des Düngers in der
                              procentischen Zusammensetzung desselben speciell angeben sollen.
                           Ferner finden wir phosphorsaure Salze, und Salze ohne nähere Bezeichnung angegeben; in gewissen
                              Fällen wäre es aber z.B.
                           
                           vorzuziehen, kieselsaures und salpetersaures Kali statt des Kochsalzes und
                              schwefelsauren Natrons zu haben. So leuchtet auch jedermann ein, daß wenn man, in
                              Ermangelung anderer brauchbarer Stoffe, was die Kohle
                              betrifft, bei der Düngerfabrication zwischen gepulverter Holzkohle und Anthracit zu
                              wählen hätte, erstere vorzuziehen wäre.
                           Hinsichtlich einer andern Düngerprobe gibt Hr. E. Moride als Resultate seiner Analyse an, daß
                              der Huguin'sche Dünger 90 Theile Thierkohle aus
                              Raffinerien und 10 Theile PflanzenleimPolytechn. Journal Bd. CXXV S.
                                       151. enthalte. Hier frägt es sich wieder, was ist unter Pflanzenleim (colle végétale) zu verstehen; ist es
                              Mehl- oder Stärkekleister, welche ebensogut Pflanzenleime sind, wie Dextrin,
                              geröstetes Stärkmehl, Gummi und Pektin.
                           In einem Bericht an den landwirthschaftlichen Verein der Marne, vom August 1850,
                              drückt sich Hr. Ponsard wie
                              folgt aus: „Der Dusseau'sche Dünger soll für
                                 die Hektare bestehen aus 1 Kil. salzsaurem Ammoniak, 10 Liter Wasser, 1 Kil. in
                                 der Flüssigkeit suspendirter Thierkohle oder getrockneten Bluts.“
                              Journal d'Agriculture pratique, 3e Serie, t. II, p.
                                       36. Die Trennung des Bluts von der Thierkohle ist aber zu wichtig und zu leicht,
                              als daß ein Chemiker sie unterlassen dürfte, zumal ihr Düngwerth ein sehr
                              verschiedener ist.
                           Ebenso verhält es sich mit der von Girardin und Lepage
                              Polytechn. Journal Bd. CXX S.
                                       447. ausgeführten Analyse des Huguin'schen Düngers.
                              Dieselben bestimmten den Gehalt an organischen Substanzen und Kohle zusammen. Bei
                              dem Dusseau'schen Dünger gebrauchen sie die
                              Bezeichnungen: stickstoffhaltige organische Substanzen, stickstofffreie Substanzen
                              mit phosphorsauren Salzen.Polytechn. Journal Bd. CXX S.
                                       460. Lassen sich bei solchen Angaben über die Zusammensetzung eines Düngers nicht
                              sehr vielerlei Gemenge denken, indem man nur das Verhältniß der einzelnen Zuthaten
                              abändert, ohne an der Ziffer ihres Gesammtbetrages etwas zu ändern?
                           In den Dünger-Analysen des Hrn. Soubeiran
                              Polytechn. Journal Bd. CXVII S.
                                       372. werden unter der Benennung „organische Materie“ der
                              Kohlenstoff der Thierkohle und die stickstoffhaltigen Substanzen (Blut, Gallerte
                              etc.) vereinigt, auch gebraucht er den allgemeinen Ausdruck „erdige
                                 Materie.“ Folgendes sind die beiden Analysen Soubeiran's:
                           
                           
                              
                                 
                                 Dünger für
                                    Hanf      und Lein.
                                   Für Bäumeund Sträucher.
                                 
                              
                                 Kochsalz (Seesalz)
                                         2,80
                                       3,40
                                 
                              
                                 Salpeter
                                         2,00
                                       1,90
                                 
                              
                                 schwefelsaures Natron
                                         2,18
                                       2,27
                                 
                              
                                       „              
                                    Kali
                                         0,87
                                       1,10
                                 
                              
                                       „              
                                    Kalk
                                         2,40
                                       2,70
                                 
                              
                                 phosphorsaurer Kalk
                                       29,00
                                     26,60
                                 
                              
                                 kohlensaurer Kalk
                                         5,70
                                       5,30
                                 
                              
                                 organische Materie
                                       45,25
                                     46,30
                                 
                              
                                 erdige Materie
                                       10,43
                                     10,10
                                 
                              
                                 Wasser
                                         4,50
                                       5,10
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                     100,00
                                   100,00
                                 
                              
                                 Stickstoff 5,62 Proc. des Düngers.
                                 
                                 
                                 
                              
                           Diese Art die Resultate von Analysen anzugeben, ist zu unrichtig und entspricht weder
                              dem Zweck des Verkäufers noch dem des Käufers.
                           Wenn wir die von den Pflanzen in der Regel verwendeten und assimilirten Stoffe zu
                              classificiren suchen, so erhalten wir wenigstens sechs Kategorien: 1) phosphorsaure
                              Salze; 2) Alkalisalze mit anderen Säuren; 3) Ammoniaksalze; 4) stickstofffreie
                              Substanzen; 5) stickstoffhaltige organische Substanzen; 6) unwirksame absorbirende
                              Stoffe.
                           Es müssen nicht nur alle diese Bestandtheile sorgfältig quantitativ bestimmt werden,
                              sondern es muß auch die Gattung und Art des ursprünglich vorhandenen Salzes, die
                              Natur der organischen Substanzen, sowie diejenige der kohligen oder absorbirenden
                              Stoffe möglichst genau angegeben werden.
                           Betrachtet man die Erscheinungen der Ernährung und Respiration der Thiere bloß nach
                              dem Endresultate der vortrefflichen Versuche Boussingault's über die Ernährung der
                              erwachsenen Thiere, so kann man folgenden Satz aufstellen:
                           
                              „Ein erwachsenes Thier, welches die zu seinem Unterhalt erforderliche
                                 Ration erhält und dabei eine Arbeit verrichtet, welche die durch diese Ration
                                 wieder herzustellenden Kräfte nicht überschreitet, ist lediglich ein mehr oder
                                 weniger intelligenter Apparat, welcher zuerst durch Verbrennen des Kohlenstoffs
                                 sowie des Wasserstoffs der verzehrten Nahrungsmittel Kraft erzeugt, dann aber
                                 dem Landwirthe alle Materialien seines Düngers liefert.“
                              
                           Zu behaupten, daß die verzehrten Nahrungsmittel gar nicht assimilirt werden, hieße
                              einen großen Irrthum vertheidigen. Durch den Act der Verdauung wird die Assimilirung
                              in der Art vorbereitet, daß die Stoffe der modificirten Nahrungsmittel sich in dem
                              Organismus fixiren, um die von ihm bei der regelmäßigen Erfüllung der
                              Lebensverrichtungen erlittenen Verluste jeder Art wieder zu ersetzen. Das mit der zu
                              seinem Unterhalt erforderlichen Ration gefütterte Thier scheidet folglich durch eine
                              Art periodischer Erneuerung aus seiner Oekonomie täglich ein Quantum von Stoffen
                              aus, welche durch die behufs seiner Ernährung und Respiration aufgenommenen Elemente
                              quantitativ und qualitativ repräsentirt werden.
                           Diese kurze Abschweifung war nothwendig, um darzuthun, daß unsere geschicktesten
                              landwirtschaftlichen Chemiker mit Recht gut zubereiteten landwirthschaftlichen oder
                              Stall-Dünger als Anhaltspunkt für alle als Dünger dienenden Natur-
                              oder Kunstproducte wählen. Wenn auch einige Culturen besondere Dünger erheischen,
                              welche von irgend einem organischen oder salzigen Bestandtheil mehr enthalten, so
                              bleibt dennoch guter Stalldünger in vielen Fällen der Typus der Dünger, der
                              Normaldünger. Derselbe vereinigt alle wesentlichen Bestandtheile der Streu und des
                              den Thieren gegebenen Futters; er enthält überdieß die organischen oder organisirten
                              Stoffe in einem solchen Zustand von Veränderung, daß er den Pflanzen während der
                              ganzen Dauer ihres Wachsthums ihren Bedarf zu liefern vermag.
                           Die Düngerfabrikanten müssen folglich darnach trachten, Gemenge zu bereiten, deren
                              Zusammensetzung sich möglichst derjenigen des Stalldüngers nähert. Dabei haben sie
                              noch auf das Klima, die Beschaffenheit des Bodens und den Cohäsionszustand der
                              organischen Substanzen Rücksicht zu nehmen, weil durch diese Umstände eine mehr oder
                              weniger leicht eintretende Veränderung bedingt wird, entweder in Berührung mit der
                              Luft und dem Boden, oder durch Einwirkung chemischer Agentien, wie z.B. der Säuren
                              auf stickstoffhaltige Substanzen, oder der alkalischen Basen auf die
                              stickstofffreien organischen Substanzen.
                           Bei allen fäulnißfähigen thierischen oder pflanzlichen Substanzen, wodurch sie den
                              Stalldünger ersetzen wollen, haben sie deren Stickstoffgehalt zu berücksichtigen, um
                              die dem Stallmist äquivalente Menge derselben berechnen zu können. Wenn das
                              theoretische Aequivalent von der Erfahrung noch nicht bestätigt ist, so sind von
                              Sachverständigen Versuche darüber zu veranlassen.
                           Der zu solchen Versuchen gewählte Boden muß auf der Oberfläche und in seiner ganzen
                              bearbeitbaren Tiefe gleichartig zusammengesetzt seyn; er soll weder Dünger noch
                              Ernterückstände enthalten, muß eben und horizontal seyn. Nach der gehörigen
                              Bearbeitung theilt man ihn mittelst des Pfluges in fünf gleiche Theile ab, zwischen
                              welchen Platz genug gelassen wird, um jeden Einfluß der zunächst befindlichen
                              Abtheilung und das Hinüberlaufen ihres Wassers im Falle eines Gußregens zu verhüten.
                              – Hat man es mit einer Getreideart zu thun, so düngt man und säet mit größter
                              Regelmäßigkeit die gleiche Gewichtsmenge Samen ein.
                           Jede Abtheilung erhält wenigstens zwei Aren (Quadratruthen) Fläche; eine wird zu der
                              Saat bestimmt, die man mit Stalldünger befruchtet, die zweite wird mit dem
                              künstlichen Dünger behandelt und die dritte für den Anbau ohne Düngung bestimmt.
                           Der Stalldünger sowohl als der künstliche Dünger werden in einem solchen Zustand der
                              Zertheilung angewandt, daß man ihrer gleichartigen Zusammensetzung versichert ist.
                              Zwei weitere Abtheilungen widmet man zwei Düngerportionen, deren eine größer und die
                              andere kleiner ist als das nach dem Stickstoffgehalt berechnete Aequivalent.
                           Um das Befruchtungsvermögen eines künstlichen Düngers genau beurtheilen zu können,
                              muß er dasselbe Gewicht salziger Stoffe enthalten wie der Stalldünger womit er
                              verglichen werden soll, damit die an ihm beobachteten guten oder schlechten
                              Eigenschaften nur der Natur der stickstoffhaltigen organischen Substanz
                              zugeschrieben werden können, durch welche man den Stalldünger zu ersetzen
                              beabsichtigt.
                           Man zeichnet hierauf jeden Tag die niedrigste und höchste Temperatur und die
                              Beschaffenheit des Wetters auf; notirt Regentage und Regenmengen; das Aussehen der
                              Vegetation in ihren verschiedenen Stadien; die zwischen der Zeit der Aussaat, dem
                              Aufgehen der Saat und der Ernte verstrichene Zeit. Letztere Aufzeichnung muß für
                              jede Abtheilung bei gleichem Punkt der Reife geschehen, worauf man zur Ermittelung
                              des Ertrags schreitet.
                           Hierzu bestimmt man zuerst das Gewicht der Garben, dann dasjenige der Körner, sobald
                              diese durch das Ausdreschen aus dem Stroh gelöst und durch die Putzmühle von den
                              Hüllen befreit sind; endlich werden die Bälge und das Stroh jedes besonders
                              gewogen.
                           Ist dieß alles geschehen, dann hat der Chemiker einzutreten, theils um diese Versuche
                              zu vollenden, theils um die schon von Boussingault mit
                              Erfolg behandelte Frage hinsichtlich des Ernährungsvermögens der Futtergewächse
                              praktisch zu lösen.
                           Nachdem man, was durchaus nothwendig ist, durchschnittliche Proben der unter diesen
                              verschiedenen Umständen angebauten Körner, des Strohs, der Bälge auf einen
                              constanten Grad der Austrocknung gebracht und hierauf durch die Analyse die
                              Verhältnisse der in allen diesen Proben enthaltenen organischen Bestandtheile und Mineralstoffe bestimmt
                              hat, so erhält man, wenn man diese Beobachtungen auch mit andern Düngerarten
                              wiederholt, alle Elemente zur Lösung folgender Punkte.
                           Man kann in einem gegebenen Klima 1) das mittlere Aequivalent eines Düngers
                              bestimmen; 2) sich über den Einfluß der stickstofffreien organischen Bestandtheile
                              eines Düngers auf die Ernte Rechenschaft geben; 3) den Werth des alten Düngers bei
                              der Aufeinanderfolge der Culturen berechnen; 4) die mittlere Temperatur finden,
                              welche der Dauer der Vegetation in mehr oder weniger regnerischen Jahrgängen
                              entspricht.
                           Nach diesen allgemeinen Bemerkungen gehe ich auf die Analyse der Dünger über.
                           Die Dünger, womit wir uns hier beschäftigen wollen, wurden mir von Hrn. Huguin behufs ihrer genauen Analyse
                              zugestellt. Nach dem Urtheil Payen's Polytechn. Journal Bd. CXXV S.
                                       149. hatten dieselben früher eine schlechte Zusammensetzung; wenn ich dieß von
                              den gegenwärtig im Handel vorkommenden nicht sagen kann, so kann ich doch die
                              Bemerkung nicht unterdrücken, daß ihre Zusammensetzung zu ihrem Verkaufspreise nicht
                              im Verhältnis steht, wie aus dem Resultat meiner Arbeit erhellen wird.
                           Die Zusammensetzung dieser Dünger fand ich so complicirt, daß die gegenwärtigen
                              Hülfsmittel der organischen Chemie mir eine genaue Analyse derselben nicht möglich
                              machten. Ich mußte daher genauere Methoden ermitteln, und glaube durch dieselben zu
                              vollkommen genügenden Resultaten gelangt zu seyn.
                           Die zwei Huguin'schen Düngerproben befanden sich in
                              Papiersäcken, deren jeder 1 Kilogr. enthielt; jedes Packet war mit dem Siegel des
                              Polizeicommissärs Claude und mit einer Aufschrift von
                              Seiten der Gerichts-Commission versehen, wie folgt:
                           
                              
                                     Protokollvom 19.
                                    April      1851.
                                 
                                    
                                    
                                 Packet Nr. 1
                                        „      Nr.
                                    4    „      Nr.
                                    6    „      Nr.
                                    7
                                 Dünger für
                                        „        „    „        „    „        „
                                 Weizen, Roggen, Hafer,Gerste und
                                    Buchweizen,Weinstöcke.Runkelrüben,Zuckerrohr.
                                 
                              
                           Alle diese Muster bildeten ein schwarzes, grobes Pulver, welches einen sehr
                              deutlichen Geruch nach Ammoniak neben dem von getrocknetem Blute besaß.
                           
                           Beim Zerreiben dieses Pulvers in Mörser fand man kleine Häufchen getrockneten Bluts,
                              dessen helleres Roth gegen die Farbe des Gemenges deutlich abstach.
                           Ungeachtet ihres stark ammoniakalischen Geruches und ihrer deutlichen Reaction auf
                              geröthetes Lakmuspapier, theilten diese Pulver dem Wasser eine unverkennbare
                              Säuerlichkeit mit. Dieser scheinbare Widerspruch ist dadurch zu erklären, daß
                              gewisse, mit der Thierkohle inniger gemengte Theile des gesäuerten Blutes genug Kalk
                              antrafen, daß zuerst ihre Säure gesättigt, dann aber die thierische Materie durch
                              den Kalk mit Erzeugung von Ammoniakgas zersetzt werden konnte. Alle mit
                              ammoniakalisch gemachtem Alkohol von 36° B. behandelten Proben traten an
                              denselben, außer der Fettsubstanz und etwas Harzseife, eine große Menge Farbstoff
                              aus dem Blut ab, welcher den Weingeist röthlich-braun färbte und durch sein
                              Verhalten gegen Chlor und Salpetersäure, vorzüglich aber durch das nach dem
                              Abdampfen der alkoholischen Flüssigkeiten und dem Einäschern ihres Rückstandes
                              hinterlassene Eisenoxyd, erkennbar war.
                           Andere qualitative Proben wiesen salpetersaures Kali, Kochsalz, phosphorsauren Kalk,
                              quarzartige Kieselerde, Schwefelsäure und Wasser nach.
                           Folgendes ist in Kürze die von mir bei der Analyse befolgte Methode, welche auch auf
                              minder complicirte Dünger anwendbar ist.
                           1) 20 Gramme des pulverisirten Düngers werden mit siedendem Aether erschöpft,
                              filtrirt und im Wasserbad zur Trockne abgedampft, wodurch man die Spuren der
                              Fettsubstanz des Blutes, sowie die Harzseife erhält. Ich sagte, daß sehr wenig
                              Fettsubstanz vorhanden war, was sich durch Zersetzung der Harzseife mittelst
                              Salzsäure und Anwendung von Fließpapier erwies.
                           2) Der mit Aether erschöpfte Dünger wird mit Alkohol von 38° Baumé
                              digerirt und diese Behandlung bei 50° C. (40° R) viermal wiederholt,
                              wodurch aller Salpeter mit ein wenig Chlornatrium und thierischer Substanz
                              ausgezogen wird. Man dampft (im Wasserbad) zur Trockne ab, gibt ein wenig Wasser und
                              kohlensaures Natron zu, läßt zwei Minuten lang sieden, um das Ammoniak auszutreiben,
                              übersättigt mit Salzsäure und zersetzt dann, nach dem Einengen, durch eine
                              ätherisch-alkoholische Auflösung von Chlorplatin; auf diese Weise läßt sich
                              das Kali des Salpeters sehr genau quantitativ bestimmen.
                           Wären Ammoniaksalze vorhanden, so müßte man zuerst das Ammoniak durch reines
                              Aetznatron austreiben und es mittelst Schwefelsäure von bekanntem Gehalt in dem
                              unten beschriebenen Apparat quantitativ bestimmen. Nach dieser Bestimmung des Ammoniakgehalts der
                              Ammoniaksalze wird, wie eben gesagt, mit dem Chlorplatin fortgefahren.
                           3) Enthält der Dünger nach dem Ergebniß der Voruntersuchung salpetersaures Natron, so
                              gießt man die mit der Salzsäure stark angesäuerte Flüssigkeit in eine unten
                              verschlossene Röhre und bringt 1 Gramm reines Blattgold hinein; nach mehrstündigem
                              Verweilen in dem fast kochenden Wasser wird das Blattgold wieder gewogen. Der
                              Gewichtsverlust ist dem Salpetersäuregehalt des salpetersauren Natrons und Kalis
                              proportional.
                           4) Man behandelt 10 Gr. gut pulverisirten Dünger dreimal nach einander mit
                              Aetzkalilösung (200 Gr. Wasser + 3 Gr. Aetzkali), welche bei jeder Behandlung eine
                              halbe Stunde lang auf 75° C. (60° R.) erhalten wird. Nachdem man die
                              filtrirten Lösungen vereinigt hat, löst man darin 30 Gr. salpetersaures Ammoniak
                              auf, und säuert sie dann schwach mit Salpetersäure an. Man erhält so ein Gemenge von
                              Fibrin, Albumin und Blutfarbstoff, welches leicht zu sammeln ist, und das man nach
                              gehörigem Auswaschen bei 120° C. (96°R.) trocknet und dann wiegt.
                           5) Die filtrirten Flüssigkeiten, woraus so eben die thierische Substanz des Bluts
                              abgeschieden wurde, sättigt man mit Ammoniak, worauf man sie im Wasserbad auf die
                              Hälfte abdampft; dann gießt man eine titrirte Auflösung von Gerbstoff und
                              salpetersaurem Ammoniak hinein; den erhaltenen Niederschlag wascht man aus, preßt,
                              trocknet und wiegt ihn, wodurch man den thierischen Leim bis auf 1/180 genau erhält.
                              Wenn man die Genauigkeit noch weiter treiben will, so muß man die zusammengegossenen
                              filtrirten Flüssigkeiten auf – 10° C. (– 8° R.)
                              abkühlen, und am andern Tag den entstandenen schwachen Niederschlag von
                              Gerbestoff-Leim sammeln, dessen Gewicht man wie beim vorhergehenden bestimmt,
                              mittelst einer nach synthetischen Versuchen angefertigten Correctionstabelle.
                           6) Alle vorher vereinigten Flüssigkeiten werden nun mit Salpetersäure angesäuert und
                              in drei gleiche Theile getheilt; der eine davon dient zur Bestimmung des
                              Chlornatriums mittelst salpetersauren Silbers, der zweite zur Bestimmung der
                              Schwefelsäure, und der dritte zur Bestimmung des Kalks.
                           7) Der Rückstand (4), welchem durch Aetzkali die thierische Materie vollständig
                              entzogen wurde, wird gut ausgewaschen, bei 120° C. (96° R.) getrocknet und
                              dann gewogen. Man behandelt ihn hierauf mit Salzsäure, wodurch man einen Rückstand
                              erhält, welcher aus dem Kohlenstoff der Thierkohle, zufälligen Holzüberresten und
                              Sand besteht. Nach dem Auswaschen und Austrocknen wird er wieder gewogen und dann
                              eingeäschert, wodurch man direct den Kohlenstoff plus
                              den organischen Ueberresten einerseits, und anderseits den Sand bestimmt.
                           8) Die vorhergehenden salzsauren Flüssigkeiten werden hierauf mit Ammoniak gesättigt,
                              wodurch der drittel-phosphorsaure Kalk erhalten wird, während ein nachheriger
                              Zusatz von oxalsaurem Ammoniak den der Thierkohle angehörigen überschüssigen Kalk
                              niederschlägt.
                           9) Die Kohlensäure wird direct mittelst des in Fig. 30 abgebildeten
                              Apparats und Barytwassers bestimmt.
                           10) Bei den Huguin'schen Düngern, welche keine
                              Ammoniaksalze enthalten, wird das freie Ammoniak mittelst des Saugapparats Fig. 31
                              bestimmt, welcher die äußere Luft in ein Gefäß saugt, das 10 Gramme Dünger, 6 Gramme
                              Wasser und 4 Gramme Aetznatron enthält, die zusammen drei Stunden lang auf
                              60° C. (48° R.) erwärmt werden. Das Ammoniakgas und die Luft ziehen in
                              eine titrirte Auflösung von Schwefelsäure ab.
                           11) Nachdem man das Gewicht des freien Ammoniaks kennt, erhitzt man 5 Gramme Dünger
                              in einem Oelbad auf 120° C. (96° R.) bis sein Gewicht constant bleibt,
                              worauf die Ziffer des Gesammtverlusts nach Abzug des Gewichts des Ammoniaks,
                              dasjenige des Wassers gibt.
                           12) Der Stickstoff wird endlich nach der Will-Varrentrapp'schen Methode bestimmt, wodurch sich die
                              Mengenverhältnisse der direct gewogenen stickstoffhaltigen Substanzen controliren
                              lassen.
                           a, Fig. 31, Woolf'sche
                              Flasche, welche den Dünger und die Aetzkalilösung enthält; b Röhre mit titrirter Schwefelsäure; c den
                              Aspirator bildende Flasche; m Wasserbad von 60°
                              C. (48° R.)
                           d, Fig. 30, Röhre welche
                              Salzsäure, mit ihrem gleichen Volum Wasser verdünnt, enthält. e Waschröhre, Barytwasser enthaltend. f Röhre
                              zum Ansaugen gegen das Ende des Versuchs, n Platinnachen
                              mit dem Dünger.
                           Ich lasse nun die numerischen Resultate und das Mittel meiner Analysen folgen:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                   Dünger    Nr.
                                    1.
                                   Dünger    Nr.
                                    4.
                                   Dünger    Nr.
                                    6.
                                   Dünger    Nr.
                                    7.
                                   Mittel.
                                 
                              
                                 
                                 Salpetersaures Kali
                                     0,455
                                     0,477
                                     0,500
                                     0,728
                                   0,540
                                 
                              
                                 
                                 Freies Ammoniak
                                     0,196
                                     0,256
                                     0,233
                                     0,116
                                   0,200
                                 
                              
                                 
                                    
                                       
                                       Die Schwefelsäure wurde im Hydratzustand aufgeführt, weil sie sich
                                          als solche in der thierischen Substanz befindet, der sie beigemischt
                                          wurde.
                                       
                                    
                                 Schwefelsäure mit 1 At. Wasser
                                     2,866
                                     2,520
                                     3,444
                                     3,008
                                   2,959
                                 
                              
                                 
                                 Chlornatrium
                                     3,600
                                     3,600
                                     3,428
                                     3,268
                                   3,474
                                 
                              
                                 
                                    
                                       
                                       Außer der Kohlensäure und dem Schwefelwasserstoff wurden alle andern
                                          Körper direkt bestimmt.
                                       
                                    
                                 Kohlensäure mit Spuren
                                    von    Schwefelwasserstoff
                                     4,420
                                     3,380
                                     3,150
                                     2,950
                                   3,475
                                 
                              
                                 
                                 Kalk
                                     1,900
                                     1,320
                                     1,350
                                     2,100
                                   1,667
                                 
                              
                                 
                                 Drittel-phosphorsaurer Kalk
                                   33,000
                                   27,100
                                   27,550
                                   26,900
                                 28,637
                                 
                              
                                 
                                    
                                       
                                       Unter der Bezeichnung Kohlenstoff aus den Knochen, haben wir auch den
                                          mit diesem Kohlenstoff verbundenen Sauerstoff, Wasserstoff und
                                          Stickstoff, nebst den organischen Holzfaserresten inbegriffen.
                                       
                                    
                                 Kohlenstoff der Knochen undeinige organische
                                    Reste
                                     6,380
                                     5,650
                                     4,800
                                     5,050
                                   5,470
                                 
                              
                                 
                                    
                                       
                                       Beinahe alle Kieselerde ist als Sand (Quarzkörner) darin vorhanden,
                                          der wahrscheinlich der Thierkohle vom Verkäufer zugesetzt wurde.
                                       
                                    
                                 Quarzige Kieselerde
                                     3,300
                                     3,350
                                     3,700
                                     4,150
                                   3,625
                                 
                              
                                 
                                 Bei 120° C. getrocknetes Blut
                                   12,000
                                   12,000
                                   11,800
                                   11,850
                                 11,912
                                 
                              
                                 
                                 Bei 120° C. getrockneter
                                    thierischer    Leim
                                   13,583
                                   22,197
                                   24,035
                                   24,180
                                 21,000
                                 
                              
                                 
                                 Harzseife und Spuren von Fett
                                     1,800
                                     1,900
                                     2,760
                                     2,900
                                   2,340
                                 
                              
                                 
                                 Wasser
                                   16,500
                                   16,250
                                   13,250
                                   12,800
                                 14,700
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100,000
                                 100,000
                                 100,000
                                 100,000
                                 99,999
                                 
                              
                                 
                                 Stickstoff
                                     4,440
                                     6,250
                                     6,375
                                     6,625
                                   5,922
                                 
                              
                           Die Analysen der mit den Nummern 1, 4, 6 und 7 bezeichneten Dünger zeigen, daß
                              dieselben im Mittel 69,559, in runder Zahl 70 Proc. nutzbringende Substanzen
                              enthalten, wie Salpeter, Ammoniak, phosphorsaure Knochenerde, Kohlenstoff der
                              Thierkohle, Blut, Thierleim, Fett und Harz. Auf diese 70 Proc. nützlicher Stoffe
                              kommen im Mittel 32,9, also 33 Proc. stickstoffhaltiger organischer Substanzen, und
                              im Maximum 36 Proc.
                           Von diesem zweckmäßig zusammengesetzten und zubereiteten Dünger läßt sich eine
                              befriedigende Wirkung erwarten, vorausgesetzt, daß er in der gehörigen Menge
                              angewandt wird, um dem Boden wieder zu ersetzen, was ihm durch die Culturen entzogen
                              wurde. Nur die Erfahrung kann aber über seine dem Stalldünger äquivalente Menge entscheiden; doch möge
                              folgende Vergleichung der Kosten hier Platz finden.
                           Zum Düngen von 1 Hektare Weizenfelder sind jährlich 10,000 Kil. Stalldünger
                              erforderlich, die 41 Kil. Stickstoff und 27 Kil. phosphorsauren Kalk enthalten. Nun
                              enthalten
                           
                              
                                 694 Kilogr. Huguin'scher Dünger
                                 41 Kil. Stickstoff und
                                 
                              
                                   94
                                        „
                                                  „
                                                     
                                    „
                                 27 Kil. phosphors. Kalk.
                                 
                              
                           Da dieser Dünger im Mittel zu viel phosphorsauren Kalk und zu wenig Stickstoff
                              enthält, so wären von ihm wenigstens 394 Kilogr. erforderlich, um 10,000 Kil.
                              Stalldünger zu repräsentiren.
                           
                              
                                 10,000
                                 Kil. Stalldünger kosten 75 Fr.
                                 
                              
                                      394
                                   “   Huguin'scher Dünger (das Kil. 4 Fr.) 1576
                                    Fr.
                                 
                              
                           Die Gestehungskosten von diesem Quantum Huguin'schen
                              Düngers betragen nach meiner Berechnung nur 183 Fr. Demnach bezahlt der Landwirth
                              diesen Dünger 21mal theurer als den Stalldünger, und der Fabrikant verkauft
                              denselben um den 8fachen Werth. Wenn er zu 1 Fr. per
                              Kilogr. verkauft würde, so bezahlte ihn der Landwirth noch 5mal theurer als den
                              Stalldünger.
                           Zwar empfiehlt Huguin nur 6 Kil. seines Düngers auf eine
                              Hektare zu nehmen; allein 6 Kil. enthalten 0,354 Kil. Stickstoff und 4,02 Kil.
                              mineralischer Substanzen, während 2394 Kil. Stroh und Korn von Weizen, die Ernte von
                              1 Hektare, 25,36 Kilogr. Stickstoff und 126,53 Kil. Mineralsubstanzen enthalten.
                              Hiernach müßte sich der Boden jedes Jahr um 25 Kil. Stickstoff und 122 Kil.
                              Mineralstoffe erschöpfen, wenn nicht die Atmosphäre es auf unbegreifliche Weise
                              übernähme, außer den 25 Kil. Stickstoff noch 122 Kil. Mineralsubstanzen für die
                              Ernte zu liefern.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
