| Titel: | Schwingende Maschine ohne Kolben und ohne Ventile, welche durch die vereinigten Kräfte des Dampfes und der durch die Verbrennung erzeugten heißen Gase bewegt wird; von Hrn. Galy-Cazalat. | 
| Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. XXXI., S. 161 | 
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                        XXXI.
                        Schwingende Maschine ohne Kolben und ohne
                           Ventile, welche durch die vereinigten Kräfte des Dampfes und der durch die Verbrennung
                           erzeugten heißen Gase bewegt wird; von Hrn. Galy-Cazalat.
                        Aus Armengaud's Génie industriel, Novbr. 1852, S.
                              265.
                        Galy-Cazalat's schwingende Maschine ohne Kolben und ohne
                           Ventile.
                        
                     
                        
                           Hr. Galy-Cazalat, dem man schon mehrere Erfindungen
                              verdankt, hat der französischen Akademie der Wissenschaften eine Abhandlung über
                              eine neue Maschine vorgelegt, welche durch die Expansivkraft der Wärme bewegt wird
                              und auf folgenden Grundsätzen beruht.
                           Jedes Kilogramm Steinkohlen, von mittlerer Beschaffenheit, kann 7500
                              Wärme-Einheiten entwickeln, wenn es sich mit dem Sauerstoff von 9 Kubikmetern
                              Luft (von den 18, welche man durch den Rost des Herdes strömen läßt) verbindet.
                           Wenn man als Einheit den Wärmestoff annimmt, welcher erforderlich ist um 1 Kilogramm
                              Wasser um 1° Celsius zu erwärmen, so ist die specifische Wärme von 1 Kilogr.
                              Dampf = 0,70, und die specifische Wärme von 1 Kilogr. Luft = 0,28.
                           Die gasförmigen Verbrennungsproducte der Steinkohlen haben fast dieselbe
                              Wärmecapacität wie die Luft.
                           Die dynamischen Kräfte der Gase und der ohne Condensation wirkenden Dämpft sind den
                              Volumzunahmen proportional, welche sie in derselben Zeit erlangen.
                           Nach diesen Grundsätzen berechnet Hr. Galy die dynamische
                              Kraft der Flamme, oder der gasförmigen Verbrennungsproducte von 1 Kilogramm
                              Steinkohle (von mittlerer Beschaffenheit) in einem verschlossenen Herde, welcher
                              durch ein Gebläse gespeist wird, das 25 Proc. von der im Herde eingeschlossenen
                              Kraft absorbirt.
                           
                           Er berechnet dann denjenigen Theil dieser Kraft, welcher in die Generatoren übergeht,
                              um daselbst Wasser zu verdampfen, schon gebildeten Dampf darin zu überhitzen, die
                              Spannung eines bekannten Gewichts eingeschlossener Luft zu erhöhen.
                           Die Resultate der auf die obigen Grundsätze begründeten Berechnung lassen sich
                              folgendermaßen ausdrücken:
                           
                              
                                     1) Die
                                    dynamische Kraft der Flamme, oder der Gase welche durch7500
                                    Wärme-Einheiten entwickelt wurden (nach Abzug eines Viertels für
                                    das Gebläse)
                                 100
                                 
                              
                                     2) 4550
                                    Wärme-Einheiten von 7500, welche in demKessel 7 Kilogr. Dampf
                                    erzeugen
                                   20
                                 
                              
                                     3) 4550
                                    Wärme-Einheiten, welche zum Ueberhitzen desDampfes verwendet
                                    werden
                                   66
                                 
                              
                                     4) 4550
                                    Wärme-Einheiten, welche sich mit der Luftmassein einem
                                    verschlossenen Gefäß verbinden
                                   77
                                 
                              
                           Diese Resultate zeigen, daß der wohlfeilste Motor die Flamme ist, oder die
                              Vereinigung der Gase, welche sich in einem verschlossenen Herd, der durch ein
                              Gebläse mit Luft gespeist wurde, entwickelt haben.
                           Nun ist aber die Benutzung der Flamme als Triebkraft unpraktisch, weil die Wirkung
                              der Gase bei ihrer sehr hohen Temperatur den Kolben angreifen würde; der hermetische
                              Verschluß des Herdes würde die fortdauernde Verbrennung sehr schwierig machen;
                              endlich müßte das Gebläse so bedeutende Dimensionen haben, daß der Mechanismus sehr
                              complicirt würde. Hr. Galy hat diese großen Nachtheile
                              mittelst seiner neuen Maschine vermieden, welche zum Theil die Ersparung realisirt,
                              die bei sehr hohen Temperaturen wirkende Motoren gewähren.
                           Beschreibung des Apparats. – Diese Maschine
                              besteht aus einem ringförmigen Raum, welcher in einer Feuerkammer angebracht ist,
                              die von Wasser umgeben ist und auf den Rost eines Röhrenkessels folgt. Der obere
                              Theil des Raumes zerfällt in zwei Abtheilungen mit einem festen Scheider, während
                              der untere Theil zur Hälfte mit geschmolzenem Blei gefüllt ist. Die Maschine ist
                              durch eiserne Arme mit einer horizontalen Welle verbunden, welche in zwei
                              Zapfenlagern außerhalb der Kammer schwingt. Das eine Ende der Welle ist mit einer
                              Kurbel verbunden, welche die schwingende Bewegung in eine rotirende verwandelt. Das
                              andere Ende der hohlen Welle ist von einem Muff umgeben, welcher die bekannte
                              Dampfvertheilungsbüchse trägt. Der Dampf wird aus dem Kessel mittelst einer festen
                              Röhre in die Büchse geführt, um welche die hohle Welle des Muffs hermetisch
                              oscillirt.
                           
                           Die Vertheilung des Motors wird durch die Bewegung des Schiebers regulirt, wie bei
                              den schwingenden Dampfmaschinen ohne Condensation und Expansion.
                           Um die Maschine in Betrieb zu setzen, läßt man den Dampf zwischen das Metallbad und
                              den Scheider gelangen, den er an derjenigen Seite zurückstößt, gegen welche er das
                              geschmolzene Blei aufsteigen macht. Die Differenz der Niveau's des Metalls mißt die
                              Kraft des Dampfes, der so lange zuströmt, bis ihn der Schieber aufhält. Alsdann
                              wirkt der Dampf durch Expansion. Nach der Expansion, an der Gränze der Schwingung,
                              bringt der Schieber die drei Oeffnungen, welche er bedeckt, mit einander in
                              Verbindung. Alsdann entweicht der Dampf durch die mittlere Oeffnung, und das durch
                              ihn gehobene Blei fällt, indem es unter dem Scheider eine Luftleere hervorbringt.
                              Diese Luftleere füllt sich sofort mit heißen Gasen oder mit kalter Luft an, je
                              nachdem die mittlere Oeffnung unter dem Schieber mit der Feuerkammer oder mit der
                              Atmosphäre in Verbindung steht. Unmittelbar nach dem Einströmen der Gase in die
                              Maschine hält sie der Schieber darin zurück, indem er seine Bewegung fortsetzt,
                              welche den Dampf eintreten läßt. Die vereinigten Kräfte der Gase und des Dampfes,
                              welche sich in dem ringförmigen Raum ausdehnen, stoßen den Scheider in
                              entgegengesetzter Richtung zurück, indem sie durch Expansion wirken, bis zur andern
                              Gränze der Schwingung und so fort.
                           Vergleichung mit den Dampfmaschinen. – Bei der
                              Anwendung dieses Apparates auf Dampfschiffen würde er aus vier Kesseln bestehen, von
                              denen jeder eine schwingende Respirations-Maschine enthielte. Eine Maschine
                              von 1000 Pferdekräften, welche per Stunde und per Pferdekraft 35 Kilogr. Dampf verbraucht, kostet
                              jetzt der Marine 1,400,000 Franken; sie verbraucht in der Stunde 35000 Kilogr. Dampf
                              und 5000 Kilogr. Steinkohlen. Sie wiegt mit dem Wasser im Kessel 650 Tonnen, und man
                              muß zu einer achttägigen Fahrt mehr als 960 Tonnen Steinkohlen mitnehmen. Eine
                              solche Dampfmaschine nimmt, wie die auf dem Schiff Napoleon, 28,6 Meter Länge mitten in dem Schiff ein, dessen ganze Länge
                              71,23 Meter beträgt.
                           Eine Maschine von 1000 Pferdekräften nach dem System Galy's würde 500,000 Franken kosten, nur den vierten Theil Heizmaterial
                              (Steinkohlen) verbrauchen und in demselben Verhältniß weniger Platz erfordern.