| Titel: | Ueber das sogenannte künstliche Elfenbein (protean stone). | 
| Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. XLIV., S. 213 | 
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                        XLIV.
                        Ueber das sogenannte künstliche Elfenbein (protean stone).
                        Aus dem Journal de Pharmacie, December 1852, S.
                              444.
                        Ueber das sogenannte künstliche Elfenbein.
                        
                     
                        
                           Diese Composition wurde in der letzten Zeit zur Fabrication verschiedener
                              Gegenstände, wie Thürknöpfe, Tintenfässer, Briefbeschwerer etc. angewandt, welche
                              das Elfenbein, den Granit und verschiedene Marmorarten nachahmen. Sie ist ein harter
                              Körper, welchen man durchscheinend erhalten kann, läßt sich sehr gut poliren und
                              eignet sich zu den Zwecken wofür man das Elfenbein oder den Marmor anwendet.
                           In den Berichten der Jury der Londoner Industrie-Ausstellung ist die
                              Darstellung dieser Composition folgendermaßen beschrieben:
                           
                              „Um diese sinnreiche Fabrication zu erklären, müssen wir den Leser an die
                                 bekannte Erscheinung erinnern, daß ein Gemenge von gebranntem Gyps und Wasser
                                 erhärtet, was sich darauf gründet, daß der
                                 wasserfreie schwefelsaure Kalk sich wieder mit ebensoviel Wasser chemisch
                                 verbindet, als der Gyps vorher beim Brennen verloren hat; da aber bei diesem
                                 Erhärten der Gyps mit einem viel größeren Quantum Wasser gemengt ist, als sich
                                 chemisch mit ihm verbinden kann, so bleibt ein Theil des Wassers frei in der
                                 Masse, welche folglich undurchsichtig ist und beim Trocknen porös wird; und
                                 obgleich die Masse dieselbe chemische Zusammensetzung hat wie die ursprüngliche
                                 Verbindung, der natürliche Gyps oder Alabaster, so unterscheidet sie sich doch
                                 im physischen Ansehen und in ihren Eigenschaften beträchtlich von jenen
                                 Mineralkörpern, welche krystallinisch und durchscheinend sind.
                              
                           
                              „Hr. Cheverton, welcher über die Ursache dieses
                                 Unterschiedes nachdachte, kam auf die Vermuthung, daß ein compacter und
                                 durchscheinender künstlicher Stein von krystallinischer Textur dadurch erzeugt
                                 werden dürfte, daß man die Vereinigung des Wassers mit dem gebrannten Gyps
                                 langsam bewerkstelligt, während letzterer einem gewissen Druck ausgesetzt ist.
                                 Diesen Gedanken hat die Erfahrung vollkommen bestätigt.
                              
                           
                           
                              „Das Verfahren wodurch man zu diesem Resultat gelangte, ist in dem Patent
                                 beschrieben, welches Hr. Cheverton im Junius 1850
                                 nahmPolytechn. Journal Bd. CXXI S.
                                          78.; es besteht darin, daß man den natürlichen zweifach-gewässerten
                                 schwefelsauren Kalk entweder im compacten Zustand (als Alabaster) oder in
                                 pulverförmigem Zustand zuerst entwässert (brennt) und dann nach und nach das
                                 Hydratwasser wieder aufnehmen läßt. Im ersten Falle wird der Alabaster in der
                                 Form bearbeitet, welche man ihm geben will; im zweiten Falle wird der natürliche
                                 Gyps im Zustand eines feinen Pulvers in einer Form in die gewünschte Gestalt
                                 gepreßt.
                              
                           
                              „In dem einen wie in dem andern Fall setzt man den façonnirten
                                 Gegenstand 24 Stunden lang einer Temperatur von 97° bis 141°
                                 Reaumur aus; auf diese Weise treibt man das Wasser aus, welches ursprünglich mit
                                 dem schwefelsauren Kalk verbunden war; die Substanz ist nun sehr zerreiblich
                                 geworden, sie behält aber die Form bei, welche man ihr ertheilt hat. Bisweilen
                                 preßt man auch gebrannten Gyps in den Formen; der so gebildete Gegenstand wird
                                 aber dessenungeachtet noch der beschriebenen Operation unterzogen, obgleich der
                                 Gyps schon vorher gebrannt worden ist.
                              
                           
                              „Soll die Oberfläche des Gegenstandes durchscheinend werden, so muß man
                                 denselben – bevor man ihn wieder mit Wasser
                                 sich sättigen läßt – in einen weißen und harten Firniß, Olivenöl oder
                                 eine sonstige ölartige Substanz tauchen, bis die Oberfläche damit getränkt ist;
                                 will man aber eine undurchsichtige Oberfläche haben, so unterläßt man diese
                                 Operation.
                              
                           
                              „Um dem Gegenstand die Härte zu ertheilen, taucht man ihn bloß einen
                                 Augenblick in Wasser, welches auf 30 bis 53° Reaumur erwärmt ist. Diese
                                 Operation wird in Zwischenräumen von zehn bis fünfzehn Minuten so lange
                                 wiederholt, bis der schwefelsaure Kalk vollständig gesättigt ist. Die Masse wird
                                 alsdann krystallinisch und härter als der Alabaster. Dieser Umstand macht es
                                 wahrscheinlich, daß diese neue Substanz einen andern Wassergehalt hat als der
                                 natürliche Gyps, oder mit andern Worten, daß sie ein neues Hydrat des
                                 schwefelsauren Kalks ist. Der Erfolg dieses Theils des Verfahrens hängt
                                 hauptsächlich von der stufenweisen Vereinigung des Wassers mit dem
                                 schwefelsauren Kalk ab, denn wenn man darauf nicht eine große Sorgfalt
                                 verwendet, so verknistert die Masse und der Gegenstand ist zerstört.
                              
                           
                           
                              „Um den Gegenstand zu färben, löst man die erforderlichen Farben in Wasser
                                 auf, und taucht ihn ganz in die Flüssigkeit; soll er buntscheckig werden, so
                                 besprengt man ihn stellenweise mit der gefärbten Auflösung. Diese Operation
                                 geschieht vor dem Tränken mit Oel oder
                                 Firniß.“