| Titel: | Ueber die Conservirung thierischer Substanzen; von Dr. Henry Goadby, früher Prosector am königl. Collegium der Wundärzte in England. | 
| Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. LXXIX., S. 363 | 
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                        LXXIX.
                        Ueber die Conservirung thierischer Substanzen;
                           von Dr. Henry Goadby,
                           früher Prosector am königl. Collegium der Wundärzte in England.
                        Aus Sillimans's american Journal of science and arts,
                              second series, Vol. XII Nro. 36.
                        Goadby, über die Conservirung thierischer Substanzen.
                        
                     
                        
                           In den conservirenden Flüssigkeiten, deren ich mich bediene, kommen folgende
                              Ingredienzien vor: Steinsalz, Alaun, Aetzsublimat und weißer Arsenik (arsenige
                              Säure).
                           
                           Diese Substanzen werden nie alle zusammen angewandt, und müssen mit Umsicht gebraucht
                              werden, damit sie die naturhistorischen Exemplare statt zu erhalten, nicht vielmehr zerstören.
                           Zu diesem Behufe halte ich es für zweckmäßig, ehe ich die Vorschriften für die
                              Flüssigkeiten mittheile, die Eigenschaften eines jeden
                              dieser Körper zu beschreiben.
                           Das Steinsalz ist ein sehr gutes Präservativmittel und erhält alle Gewebe in ihrer
                              ungeschwächten Eigenthümlichkeit, besser als jedes andere mir bekannte Agens,
                              vorausgesetzt daß die Stärke seiner Auflösung richtig
                              bemessen ist; ich bediene mich auch der bloß salzigen (oder B-) Flüssigkeit viel häufiger als jeder andern.
                           Der Alaun besitzt in hohem Grade die Eigenschaft zu conserviren; er ist adstringirend, bringt das Eiweiß in gewissem Maaße zum
                              Gerinnen und macht durchsichtige Gewebe undurchsichtig, im Verhältniß des mit ihnen
                              in Berührung gebrachten Alaunvolums; aber er zerstört den
                              kohlensauren Kalk, indem er ihn in unlöslichen
                              schwefelsauren Kalk verwandelt. Die Alaun- (oder A, 2-) Flüssigkeit ist jedoch eine sehr schätzbare Mischung,
                              welcher ich viele wichtige Präparate verdanke, die sich sowohl in meiner eigenen
                              Sammlung als im Hunter'schen Museum befinden, und welche
                              ohne Beihülfe des Alauns nie hätten hergestellt werden können.
                           Der Alaun verbindet sich mit den thierischen Geweben so
                              vollkommen, daß er durch lang fortgesetztes Maceriren in Wasser nicht aus denselben
                              ausgezogen werden kann. Wenn die Anwendung alaunhaltiger Flüssigkeiten als
                              nothwendig erachtet wird, entweder um einem Thier oder Thiertheile, oder einem
                              zarten Gewebe vermöge ihrer adstringirenden Eigenschaft Form und Consistenz zu
                              geben, oder um durchscheinende Thiere oder Gewebe so undurchsichtig zu machen daß
                              sie sichtbar werden, so muß man nachher den Ueberschuß von
                                 Alaun mittelst Wassers wegwaschen und hierauf den thierischen Körper, mit
                              wenigen Ausnahmen, aus der alaunhaltigen Flüssigkeit nehmen und bleibend in der B-Flüssigkeit aufbewahren. Man darf nie außer
                              Acht lassen, daß die Wirkung frischer Alaunflüssigkeit genau beobachtet werden muß,
                              damit der Alaun keinen nachtheiligen Erfolg hat; bei gehöriger Sorgfalt kann man
                              aber seine schätzbaren Eigenschaften vollauf benützen für die zarten Theile eines in
                              einer Schale (Muschel) von kohlensaurem Kalk eingeschlossenen Thieres, weil die
                              Muskel-, Nerven- und andere zarten Gewebe vom Alaun viel schneller
                              afficirt werden, als die dichten Gewebe, welche kohlensauren Kalk enthalten. Die
                              Alaunflüssigkeit gestattet folglich keine allgemeine Anwendung.
                           
                           Der Aetzsublimat ist ebenfalls adstringirend und bringt das Eiweiß zum Gerinnen;
                              durch seine Anwendung beabsichtigt man aber nicht diese Eigenschaften zu benutzen,
                              sondern bloß zu verhindern, daß in den einzelnen Flüssigkeiten Vegetation platzgreife. Da jedoch das Eiweiß dem Aetzsublimat einen Theil
                              seines Chlors entzieht und ihn so in Calomel verwandelt, alle thierischen Gewebe
                              aber mehr oder weniger eiweißhaltig sind, so fragt es sich noch, ob man ihn
                              überhaupt anwenden sollte.
                           An Orten, wo Keimkörner von Pilzen in Menge vorhanden sind, wie in den
                              Vorrathszimmern großer Museen, kann selbst der Zusatz von Aetzsublimat die Vegetationen auf der Oberfläche aller meiner
                              Aufbewahrungsflüssigkeiten nicht verhindern, wenn sie thierische Materie irgend
                              einer Art enthalten und sich in offenen, d.h. nicht
                              hermetisch verschlossenen Gefäßen befinden; ich muß jedoch als das Ergebniß langer
                              Erfahrung erwähnen, daß bei der Aufbewahrung thierischer Theile in offenen
                              Cylindergläsern, Schalen etc. (bis an sie die Reihe kam bleibend als Präparate
                              hergestellt zu werden) die Oberfläche der Flüssigkeit sich während der Sommermonate
                              zwar bedeutend mit Vegetation bedeckte, welche immer zunahm und wochenlang herrlich
                              blühte, diese Vegetation jedoch niemals in die Flüssigkeit hinabstieg oder die Präparate (wenn diese nur gut mit Flüssigkeit bedeckt
                              waren) irgendwie angriff. In der That schützt auch jede dieser Flüssigkeiten
                              Pflanzen so leicht und sicher wie Thiere, und der Pilz würde, wenn er in die
                              Flüssigkeit hinein wüchse, folglich getödtet und
                              conservirt werden. Ich habe während meiner vierzehnjährigen Erfahrung niemals ein
                              Stäubchen Vegetation in irgend einem der mit meinen Flüssigkeiten in verschlossenen
                              Gefäßen aufbewahrten Präparate gefunden; und während der letzten sechs Jahre
                              bediente ich mich dieser Flüssigkeiten sowohl für bleibende Präparate als für
                              Vorräthe, ohne Aetzsublimat zuzusetzen, und stets mit befriedigendem Erfolg. Ich
                              glaube daher, daß man den Aetzsublimat recht wohl weglassen kann, obwohl ich ihn in
                              die Recepte der Flüssigkeiten mit aufnehmen werde.
                           Der Arsenik kann, da er die Glasgefäße angreift, indem er sich mit dem Bleioxyd des
                              Glases verbindet, und auch aus andern Gründen, für Präparate welche permanent
                              bleiben sollen, nicht angewandt werden. Er besitzt die Eigenschaft die thierischen
                              Gewebe in hohem Grade zu erweichen, und diese Eigenschaft hat keine Gränze.
                           Vor einigen Jahren ward ich von den Examinatoren der Anatomie an der Londoner
                              Universität ersucht, einen Cadaver den Sommer über für die Examina im Herbst zu
                              conserviren. Da ich alle Gewebe so gut als möglich in natürlichem Zustand erhalten
                              wollte., so setzte ich der B-Flüssigkeit Arsenik zu. Einige
                              Monate lang war der Erfolg ein unübertrefflicher, und wenn ich die Flüssigkeit
                              gewechselt und durch B-Flüssigkeit ohne Arsenik
                              ersetzt hätte, so wäre, wie ich glaube, der Cadaver bleibend conservirt gewesen.
                              Dieß wurde jedoch vernachlässigt, und nach Verlauf von zwölf Monaten fand ich den
                              ganzen Körper (mit Ausnahme der Knochen) in Beschaffenheit und Aussehen sich
                              zersetzendem Kleister ähnlich, nur war er vollkommen fäulnißfrei geblieben. Mehrere
                              Versuche, welche ich hierauf anstellte, gaben gleiche Resultate; der Charakter des
                              Muskels, der Sehne, des Nerven etc. verschwand nach und nach, bis nur. noch eine
                              eiweißartige Flüssigkeit zurückblieb, die aber immer vollkommen fäulnißfrei war.
                           Die erweichende Eigenschaft ist es, wegen welcher ich den Arsenik anwende, entweder
                              um Thiere wieder herzustellen, die in Alkohol erhärten oder zusammenschrumpfen, oder
                              um die beschwerliche Zergliederung von Nerven vornehmen zu können. Dr. T. S. Beck in London
                              hätte die feine Zergliederung der Gebärmutternerven nie ausführen können, ohne die
                              Beihülfe von Arsenik, dessen nachtheilige Wirkung er dadurch verhinderte, daß er ihn
                              von Zeit zu Zeit wegwusch, wieder erneuerte u.s.f.; die Nerven wurden unter dem gut
                              regulirten Einfluß des Arseniks so zähe, daß sie ohne Nachtheil gestreckt werden
                              konnten.
                           Die Alaunflüssigkeiten bezeichnete ich mit dem Buchstaben A und benannte sie 1 oder 2, je nachdem dasselbe Gewicht der Ingredienzen
                              in 1 oder 2 Quart Wasser aufgelöst wurde; sie werden wie folgt bereitet:
                           A, 2.
                           
                              
                                 Steinsalz    
                                 4
                                 Unzen
                                 
                              
                                 Alaun    
                                 2
                                   „
                                 
                              
                                 Aetzsublimat    
                                 4
                                 Grains
                                 
                              
                                 Siedendes
                                    Wasser    
                                 2
                                 QuartDas Imperial-Quart von 40 Unzen.
                                 
                              
                           Die Flüssigkeit A, 1 unterscheidet sich dadurch, daß sie
                              nur halb- soviel Aetzsublimat und Wasser enthält. Sie wird nur sehr selten
                              angewandt, weil sie zu adstringirend ist.
                           
                              B
                              
                           
                              
                                 Steinsalz    
                                 8
                                 Unzen
                                 
                              
                                 Aetzsublimat    
                                 2
                                 Grains
                                 
                              
                                 Siedendes
                                    Wasser    
                                 1
                                 Quart.
                                 
                              
                           
                           Der Aetzsublimat darf niemals über 2 Grains per Quart
                              Wasser betragen, weil sich sonst mit der Zeit ein weißer Niederschlag auf dem
                              Präparat bildet, welcher nicht entfernt werden kann und dasselbe sehr entstellt.
                           Wenn die B-Flüssigkeit nach obigem Recept bereitet
                              wurde, so ist ihr spec. Gewicht bei 12 1/2° R. 1,100 und mit ihr können
                              Land- und Süßwasserthiere gut aufbewahrt werden.
                           Für Seethiere muß sie durch Zusatz von Salz auf 1,148 spec. Gewicht verstärkt werden,
                              weil sich diese sonst zersetzen. Viele Seethiere erfordern in den ersten Stadien
                              ihrer Aufbewahrung Alaun; derselbe muß aber vorsichtig gebraucht und sorgfältig
                              beobachtet werden, und man muß das Thier, sobald der Alaun seinen Dienst gethan hat,
                              in reinem Wasser gut auswaschen und in B-Flüssigkeit bringen. Auf diese Weise kann der Alaun auch öfters
                              angewandt werden.
                           Die Arsenik-Flüssigkeit. – Wenn ich mich
                              des Arseniks wegen seiner erweichenden Eigenschaften bediene, so gebrauche ich ihn
                              für sich allein; wenn jedoch der Proceß viel Zeit in Anspruch nehmen würde, so
                              verbinde ich ihn mit obiger B-Flüssigkeit (als
                              C, B-Flüssigkeit), indem ich ihr 20 Grains
                              Arsenik beigebe. Der Arsenik darf mit kohlensaurem Kalk ebensowenig zusammengebracht
                              werden wie Alaun; soll er ja bei einem Weichthiere (Molluske) in Anwendung kommen,
                              so ist das Thier aus seiner Schale zu nehmen, ehe man es in Arsenik bringt. –
                              Die Arseniklösungen, welche ich anwende, enthalten 20 bis 60 Grains in der Pinte
                              Wasser (Imperial-Maaß, 20 Unzen) oder der Pinte B-Flüssigkeit. Um den Arsenik ohne Zeitverlust aufzulösen, koche ich
                              ihn mit einer halben Pinte Wasser in einem Glaskolben auf der Weingeistlampe, bis
                              alles aufgelöst ist, worauf ich die Lösung durch Zusatz von Wasser oder
                              Aufbewahrungsflüssigkeit verdünne.
                           Eines merkwürdigen Falles habe ich hier zu erwähnen, nämlich der mittelst dieser
                              Flüssigkeit erzielten Conservirung eines Thieres sammt dessen Farbe. Vor mehr als
                              sechs Jahren nämlich sammelte mein Sohn für mich mehrere Exemplare der Larven des
                              Weidenbohrers (Cossus ligniperda), dessen eigenthümliche
                              Farbe noch nie conservirt wurde; in Weingeist jeder Stärke wird sie ganz schwarz,
                              das gewöhnliche Resultat der Aufbewahrung von Raupen in Alkohol; überdieß sind die
                              meisten Insectenfarben in Alkohol auflöslich.
                           Unter den Exemplaren waren Larven des ersten und zweiten Jahres und eine schöne
                              dreijährige, letztere auf dem Punkte sich zu verpuppen. Von den erstern bewahrte ich
                              einige in der Flüssigkeit A, 2 auf und die übrigen in
                              der B-Flüssigkeit; die letzte brachte ich in
                              Arseniklösung. Die Alaunflüssigkeit verhärtete und entstellte die Raupen fast in demselben Grade wie
                              es Spiritus gethan hätte; weicher und in einem für die Zergliederung geeignetem
                              Zustand blieben sie in der B-Flüssigkeit; in
                              beiden Flüssigkeiten aber verloren sie ihre rosenrothe Farbe gänzlich und wurden
                              theilweise schwarz.
                           Mittelst des Arseniks gelang es mir eine Raupe so zu conserviren, daß ihre
                              charakteristische Farbe, bis zum zarten Tone, sich bis jetzt vollkommen erhielt. Das
                              Innere wurde durch die erwähnte erweichende Wirkung des Arseniks, wie ich glaube, nicht zerstört, weil sich sonst in der
                              Flüssigkeit ein bedeutender Bodensatz gebildet hätte, der aber nicht entstand; auch
                              würde in diesem Fall das Insect seine Runde und Fülle nicht behalten, sondern im
                              Gegentheil durch die Entfernung derjenigen Gewebe (Muskeln), welche der Hülle ihre
                              Form geben, schlaff werden. Da diese Raupe gegen die Einwirkung des Lichts über 12
                              Monate verwahrt geblieben war, beschloß ich den andauernden Einfluß des Lichtes auf
                              sie zu versuchen, dem sie drei Jahre in England und ein halbes Jahr hier in Amerika
                              exponirt blieb; noch ist aber ihre Schönheit unversehrt.
                           Ich halte die erfolgreiche Anwendung des Arseniks zur Conservirung der Farbe dieser Raupe für wichtig; Sammler der Larven von
                              Lepidopteren und anderer Insecten können sich meine Erfahrung zu Nutzen machen.
                           Anwendung der Aufbewahrungs-Flüssigkeiten.
                              – Die Kenntniß der Art und Weise, wie diese Flüssigkeiten anzuwenden sind,
                              ist für den guten Erfolg nothwendig; denn dieselben haben in andern Händen, als den
                              meinigen, eher die Zerstörung als die Conservirung der Exemplare herbeigeführt. Man
                              hat meine Flüssigkeiten immer so angewandt, als hätte man es mit Spiritus zu thun,
                              und übersah dabei einen wichtigen Umstand, nämlich den großen Unterschied zwischen
                              ihrem spec. Gewicht und demjenigen des Alkohols. Letzterer hat eine so geringe
                              Dichtigkeit, daß jedes Thier sogleich darin untersinkt; bei jenen ist es gerade der
                              umgekehrte Fall, indem jedes Thier, vom kleinsten bis zum größten specifisch
                              leichter ist und folglich auf jeder dieser Flüssigkeiten schwimmt.
                           Von meinen Flüssigkeiten (die arsenikalische stets ausgenommen) darf keine sogleich in ihrer ganzen Stärke angewandt werden, und was darin
                              conservirt werden soll, muß vorher in reinem Wasser macerirt werden, dem nach
                              einiger Zeit Aufbewahrungsflüssigkeit zugesetzt werden kann, bis das Thier sich an
                              die Oberfläche begibt. Die Flüssigkeit und das Wasser müssen durch Umrühren jedesmal
                              innig gemischt werden.
                           Das Thier absorbirt nach und nach die Bestandtheile der
                              Aufbewahrungs-Flüssigkeit und wird mit denselben, jedoch in einem Zustand bedeutender Verdünnung,
                              gesättigt; man erhöht nun stufenweise die Stärke der Flüssigkeit (sie jedesmal innig
                              mischend), bis das Thier wieder in die Höhe geht und nach einiger Zeit wird es dann
                              mit dieser dichten Flüssigkeit gesättigt seyn. In vielen Fällen ist es rathsam, das
                              Thier künstlich durch Gewichte auf dem Boden des Gefäßes
                              zu halten, hauptsächlich bei heißer Witterung, wo die Conservirung thunlichst
                              beschleunigt werden soll. Ob das Thier mit der Flüssigkeit gesättigt ist, erfährt
                              man leicht durch Entfernung der Gewichte, und in diesem Fall schreitet man zum
                              Verstärken der Flüssigkeit. Die in den ersten Stadien gebrauchte verdünnte
                              Flüssigkeit muß man weggießen und fleißig erneuern, weil sie wegen der aufgenommenen
                              thierischen Flüssigkeiten die Elemente der Zersetzung in sich trägt und die
                              Schwierigkeiten eines guten Erfolgs erhöht. Diese Bemerkung bezieht sich jedoch
                              weniger auf die Alaun-, als auf die B-Flüssigkeit, weil der Farbstoff und animalische Ablagerungen aller
                              Art von dem Augenblick an unauflöslich sind, wo sie mit
                              Alaunlösung in Berührung kommen; aus diesem Grund kann der Alaun im ersten Stadium
                              der Conservirung fast immer bei Beobachtung der
                              angegebenen Vorsichtsmaßregeln angewandt werden. Die Conservirung von Thieren
                              mittelst meiner Flüssigkeiten läßt sich also nur durch täglichen Zusatz von
                              Flüssigkeit bewerkstelligen, womit man fortfährt bis das Geschöpf mit der
                              Flüssigkeit von der ganzen angegebenen Stärke gesättigt ist. Auch damit darf die
                              Sorgfalt des Operators nicht sogleich aufhören, denn die Flüssigkeit muß von Zeit zu
                              Zeit erneuert und ihre Stärke oft geprüft werden. Um diese Arbeit abzukürzen,
                              verschaffte ich mir eine 2 1/2 Zoll lange und 3/4 Zoll weite Glasröhre mit flachem
                              Boden, die als Probirglas dient; ferner einige Glaskugeln, welche genau so adjustirt
                              sind, daß sie in der Flüssigkeit, deren ganz richtige Stärke sie anzeigen sollen,
                              sehr langsam aufsteigen; ist die Flüssigkeit etwas
                              schwächer, so sinken sie zu Boden und bleiben dort liegen; ist sie stärker, so
                              erheben sie sich schnell. Ich habe dieselben mit A¹, A², B,
                                 S bezeichnet; letztere entspricht einer gesättigten Steinsalzlösung, womit ich die B-Flüssigkeit in der beschriebenen Weise täglich verstärke.
                           Schüttet man etwas Flüssigkeit in das Probirglas und wendet zur Ermittelung ihrer
                              Dichtigkeit eine solche Kugel an, so erfährt man sogleich, ob die Flüssigkeit die
                              gehörige Stärke hat, oder schwächer oder stärker ist.
                           Wenn eine der erwähnten Flüssigkeiten zum Aufstellen von Präparaten in einer
                              öffentlichen oder Privatsammlung dienen soll, so muß sie gut
                                 filtrirt werden, zu welchem Behufe man sie oftmals durch feinen Flanell,
                              der in den Hals eines großen irdenen Trichters gesteckt ist, oder zwei- bis
                              dreimal durch gutes Filtrirpapier laufen läßt. Ist das Filtriren gehörig bewerkstelligt, so sind
                              diese Flüssigkeiten ganz hell und weiß; behufs des rohen Filtrirens genügt es die
                              Flüssigkeiten einmal durch einen Beutel aus dickem Flanell zu seihen, oder sie in
                              dem Gefäß, worin sie bereitet wurden, stehen zu lassen, bis sie ganz kalt sind und
                              dann das Klare sorgfältig abzugießen; die im Steinsalz stets enthaltenen
                              fremdartigen Substanzen fallen zu Boden, namentlich in der Alaunflüssigkeit, welche
                              die Eigenschaft besitzt, alles, was die Durchsichtigkeit des Wassers beeinträchtigt,
                              niederzuschlagen.
                           Keine meiner Flüssigkeiten kann in offenen Gefäßen, Glastöpfen oder selbst verkorkten
                              Flaschen eine Zeitlang aufbewahrt werden. In offenen
                              Gefäßen verdunstet das Wasser, das Salz krystallisirt und zerstört die in der
                              Flüssigkeit enthaltenen Exemplare. Da das Salz sehr zerfließlich ist, so wird die
                              der freien Luft ausgesetzte (obere) Portion bei feuchtem Wetter stark verdünnt,
                              steigt an den Hals der Flasche hinauf und fließt dann an den Seiten derselben
                              herunter. Wird das Wetter wieder trocken, so krystallisirt das Salz und bildet so am
                              nächsten Regentag eine Leitung für die Flüssigkeit, wodurch sie mit der Zeit ganz
                              aus der Flasche abziehen kann. Eine Blase, womit man die Cylindergläser bei
                              Spiritus-Präparaten verbindet, hält meine Flüssigkeiten nicht zurück; man muß
                              das Cylinderglas mit einer Glasscheibe bedecken und diese mit MarineleimS. die Vorschrift zu seiner Bereitung im polytechn. Journal Bd. CXV S. 398. aufkitten, welchen man mittelst eines heißen Eisens auf dem Glas
                              erweicht.
                           Das beste Verfahren ist folgendes. Man gibt kleingeschnittenen Marineleim in eine
                              kupferne Schale und erhitzt diese in einem kochenden Leinölbad. Den
                              flüssiggewordenen Leim muß man rasch auf den Rand des Cylinderglases auftragen
                              (welcher ganz trocken und frei von Fett seyn muß). Dieß geschieht mit einem Pinsel,
                              und zwar wird der allein hierzu taugliche folgendermaßen verfertigt. Ich nehme ein
                              Stück Spanisch-Rohr von der Länge eines Bleistifts und schneide die Rinde von
                              dem einen Ende desselben vorsichtig soweit weg, als ich den eigentlichen Pinsel lang
                              haben will. Ich weiche nun das Rohrende eine kurze Zeit lang in Wasser ein und
                              klopfe es, noch naß, mit einem Hammer auf einer harten Unterlage (Eisen oder Stein)
                              unter beständigem Umdrehen mit der Hand, bis alle Fasern des Rohrs freigemacht sind,
                              worauf der Pinsel fertig ist. Ich bediene mich eines solchen Pinsels schon mehrere
                              Jahre sehr häufig, während kein anderer zweimal benutzt werden kann, ohne daß die
                              Haare mit dem Marineleim ausgehen und eine gute Dichtung verhindern. Eine Glasscheibe wird so
                              geschnitten, daß sie oben auf das Cylinderglas paßt, gereinigt, und der Theil,
                              welcher mit dem Cylinderglas in Berührung kommt, ebenfalls dünn mit dem heißen Leim
                              bestrichen. Durch die Mitte der Glasscheibe wird vorher ein kleines Loch (von etwa
                              1/8 Zoll Durchmesser) gebohrt, zu dem unten angegebenen Zweck.
                           Da die beiden Glasoberflächen zwar mit Marineleim bestrichen sind, derselbe sie aber
                              nicht wirklich berührt, so muß diese Berührung
                              hergestellt werden mittelst eines heißen Eisens, womit man einigemal über die
                              Oberfläche des Leims fährt, bis dieser und das Glas heiß werden, wobei das Eisen
                              beständig in Bewegung und immer am Rande des Cylinders oder der Scheibe gehalten
                              werden muß, weil dann die Ausdehnung gleichförmig seyn wird, so daß keine Gefahr
                              stattfindet, selbst wenn das Eisen rothglühend ist; läßt
                              man aber das Eisen an einer Stelle verweilen oder einen anderen als den äußern Theil
                              der Scheibe oder den Rand des Cylinderglases berühren, so brechen diese
                              augenblicklich.
                           Das Cylinderglas muß auf diese Weise in leerem und trocknem Zustande vorgerichtet werden; hierauf gießt man
                              die Flüssigkeit ein bis an die halbe Höhe des Glases und hängt das Präparat hinein.
                              Die hierzu erforderlichen Schnüre können über den Rand des Glases gelegt und in den
                              Leim auf demselben eingepreßt werden, wenn derselbe dazu weich genug ist; man gebe
                              nun dem Präparat die gehörige Höhe in dem Glas und erhalte die Aufhängfäden an ihrer
                              Stelle durch eine nasse Schnur die man auf der Außenseite des Glases einigemal um
                              sie herum zieht. Nachdem der Marineleim trocken ist, wird die präparirte Fläche der
                              Scheibe auf das Glas aufgelegt und man bringt beide in dichte Berührung mittelst des
                              erhitzten Eisens, mit welchem man, wie vorher, stets am Rande herumfährt, wobei man
                              zugleich die Scheibe aufdrückt bis diese Operation beendigt ist.
                           Das Cylinderglas wird nun mit der Conservirungs-Flüssigkeit angefüllt, jedoch
                              nicht ganz, weil in Folge der Ausdehnung der Flüssigkeit (namentlich B) bei plötzlicher Temperatur-Erhöhung das
                              Deckelglas zerbrechen könnte; hierauf richtet man einen Korkstöpsel so her, daß er
                              das Löchlein gut verstopft, schneidet ihn waagrecht mit der Oberfläche ab, bringt
                              ein Stückchen festen Marineleim darauf, welchen man dem Stöpsel mittelst der Spitze
                              des heißen Eisens adhäriren macht und bedeckt ihn mit einer kleinen Glasscheibe von
                              entsprechender Größe, womit alles fertig ist. Sollte sich ein Glasstöpsel in dem
                              Hals einer Flasche durch Krystallisation des Salzes festsetzen, so kann man ihn
                              leicht dadurch herausbringen, daß man das Salz in Wasser löst und das Querstück des
                              Stöpsels an seinen äußersten Enden sachte mit einem Thürschlüssel klopft.
                           
                           Zum Schlusse will ich bemerken, daß die Aufbewahrung von Thieren sowohl in
                              alkoholischen als in meinen Flüssigkeiten dadurch sehr erleichtert wird, daß man in
                              den ersten Stadien des Processes ein großes Volum von Flüssigkeit anwendet. Die
                              Thiere in einem beschränkten Raum mit nur wenig Flüssigkeit zu sehr aufeinander zu
                              drängen, ist in der Regel nachtheilig; wenn aber ihre Conservirung schon ganz
                              vollendet ist, so kann man die Exemplare in einem kleinen Gefäß ganz eng aneinander
                              bringen und soviel Flüssigkeit von der gehörigen Stärke, als die Zwischenräume
                              ausfüllt, reicht vollkommen hin, selbst viele Jahre, wenn man den Stöpsel und Hals
                              der Flasche mittelst eines erhitzten Eisens mit Marineleim überzieht.