| Titel: | Die Wirksamkeit der bei Dampferzeugern angewendeten Sicherheitsventile von ungewöhnlich großem Durchmesser, im Vergleiche zu jenen von gewöhnlicher gesetzlich vorgeschriebener Größe, durch eine Reihe von Versuchen ermittelt von Karl Kohn, Civilingenieur. | 
| Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. XXXVI., S. 167 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXVI.
                        Die Wirksamkeit der bei Dampferzeugern
                           angewendeten Sicherheitsventile von ungewöhnlich großem Durchmesser, im Vergleiche zu
                           jenen von gewöhnlicher gesetzlich vorgeschriebener Größe, durch eine Reihe von Versuchen
                           ermittelt von Karl
                              Kohn, Civilingenieur.
                        Aus der Zeitschrift des österr. Ingenieur-Vereins,
                              1852, Nr. 23.
                        Kohn, über die Wirksamkeit der Sicherheitsventile von ungewöhnlich
                           großem Durchmesser.
                        
                     
                        
                           Zur Abführung der Versuche diente ein Dampfkessel von 15 Fuß Länge, 4 Fuß
                              Durchmesser, mit einem durchgehenden Feuerrohre von 20 Zoll Durchmesser, und von 207
                              Quadratfuß gesammter Feuerfläche aus 5 Linien starkem Eisenbleche mit zwei gleichen,
                              auf gewöhnliche Art ausgeführten Hebelventilen von 2 1/2 Zoll Durchmesser, also zu
                              4,9 Quadratzoll Fläche, nebstdem im Deckel des Mannloches in Absicht der Versuche
                              noch mit einem Ventil von 12 Zoll Durchmesser oder 113,17 Quadratzoll Fläche
                              versehen. Diese drei Hebelventile wurden mit Belastungen für 3 Atmosphären Ueberdruck
                              ausgerüstet, und diese nach einem an dem Dampferzeuger befestigten offenen,
                              eisernen, im Spielpunkte mit einer Glasröhre versehenen, und zur Beobachtung der
                              innern Dampfspannungen dienenden Quecksilber-Manometer mittelst einer
                              Druckpumpe geprüft und übereinstimmend gestellt. Die Versuche wurden unter drei
                              verschiedenen Abänderungen vorgenommen, und zwar:
                           
                        
                           Erster Versuch.
                           Die beiden kleinen Ventile wurden, um sie unwirksamer zu machen, überlastet, der
                              Kessel geheizt, und sogleich, als das Manometer den Theilstrich für 3 Atmosphären
                              tangirte, begann das große Ventil heftig abzublasen, schloß sich aber, sobald das
                              Manometer 1/4 Linie (durch einen angebrachten Nonius ersichtlich gemacht) unter den
                              Theilstrich für 3 Atmosphären gesunken war. So oft durch Nachheizen die
                              Dampfspannung von 3 Atmosphären erreicht wurde, trat stets ein heftiges Abblasen
                              ein. Die durch starkes Heizen gesteigerte Spannung mäßigte sich aber, trotz der
                              gleichzeitigen Absperrung der Dampfmaschine, also des Dampfableitungsrohres, nach 12
                              bis 15 Secunden immer auf die Normale.
                           
                        
                           Zweiter Versuch.
                           Es wurde das große Ventil durch Ueberlastung unthätig gemacht, die Belastung der
                              beiden kleinen für 3 Atmosphären Ueberdruck gestellt, und die Maschine in Gang
                              gesetzt, ohne die Heizung zu unterbrechen. Ungeachtet der in Thätigkeit gesetzten
                              kleinen Ventile trat bei durch das Manometer erfolgter Angabe der Spannung von 3
                              Atmosphären kein Abblasen ein, sondern es erfolgte erst nach einer Lüftung
                              derselben, und bei gesteigerter Spannung hielt es fast 2 Minuten an, bis der Dampf
                              im Kessel, nach dem Quecksilberstand, auf die Normale zurückging. Dieser Versuch
                              ergab bei der zur Bestätigung öfter vorgenommenen Wiederholung jedesmal ein anderes
                              Resultat, obwohl kein Hinderniß an den Theilen der Hebelventile aufzufinden war. Die
                              kleinen Ventile erwiesen sich also hiernach zu empfindlich für die Absicht, die
                              Spannung des Dampfes auf einer bestimmten Größe zu erhalten.
                           
                        
                           Dritter Versuch.
                           Es wurden die beiden kleinen sowohl als das große Ventil für die normale Spannung in
                              Wirksamkeit gesetzt. Als der Dampf nach der Angabe des
                              Quecksilber-Manometers die Spannung von 3 Atmosphären erreichte, blies das
                              große Ventil ab, und stellte jedesmal nach 8 bis 12
                              Secunden die normale Spannung immer wieder her. Es wurde hierauf, nach Absperrung
                              der Maschine und bei fortgesetztem Heizen, die Belastung des großen Ventils für 1/4
                              Atmosphäre erhöhet, also für 3 1/4 Atmosphären gestellt; als nun das
                              Quecksilber-Manometer den Theilstrich 3 um 1 1/4 Linien überstieg, erfolgte
                              ein Abblasen der beiden kleinen Ventile, kurz darauf, und während des Abblasens der
                              beiden kleinen Ventile, stieg das Manometer auf 3 1/4 Atmosphären; in demselben
                              Augenblicke begann das große Ventil abzublasen, während die beiden kleinen Ventile
                              bald nur noch schwache Spuren des abgehenden Dampfes zeigten; das große Ventil
                              allein stellte daher die Dampfspannung im Kessel auf die beabsichtigte von 3 1/4
                              Atmosphären wieder zurück, während die beiden kleinen Ventile sich erst dann hoben,
                              nachdem das große 10 bis 15 Secunden vorher sich geschlossen hatte, aber dann mit
                              Ungestüm abbliesen bis der Dampf auf 3 Atmosphären, welche ihrer Belastung zukamen,
                              zurückging, was jedoch jedesmal nur erst nach 3 Minuten
                              erfolgte.
                           
                        
                           Zusatz.
                           Diese Versuche bethätigen auf das Kräftigste die Vorzüge der großen Ventile gegen die
                              von gewöhnlicher Größe; sie dienen weit geregelter und ihre Wirkung, die
                              Herabsetzung größerer Spannungen auf die normale, erfolgt weit schneller, wie z.B.
                              hier beiläufig in dem 15ten Theile der Zeit, während der Umfang für die
                              Ventilöffnung nur das 2 2/5 fache war. Die sicherere und schnellere Wirkung wird
                              begreiflich, weil bei kleinen Ventilen aller Dampf unter dessen Fläche in Bewegung
                              oder ausströmend und die Kondensation des ausströmenden Dampfes tiefer unter die
                              Ventilfläche reichend, gleichsam unter der ganzen Fläche verbreitet, angenommen
                              werden kann, während unter der großen Ventilfläche um den Mittelpunkt ein gleichsam
                              ruhiger, von der Condensation nicht erreichter Dampf sich voraussetzen läßt, der
                              seine ganze Wirksamkeit bewahrt.
                           Große Ventile erhalten daher die normale Spannung weit
                                 sicherer, und beseitigen weit schneller Erhöhungen in der Dampfspannung;
                              sowie daher große Ventile zweckmäßiger und beruhigender bei dem regelmäßigen
                              Betriebe eines Dampferzeugers dienen und gefährlicheren Zuständen weit ausgiebiger
                              entgegen wirken; eben so müssen sie also auch, und wahrscheinlich in einem weit
                              erhöhteren Maaße, in
                              außerordentlichen Fällen herannahende Gefahren verzögern und in weit häufigeren Fällen beseitigen, wenn sie nicht jede
                              Gefahr abwenden können, was anzunehmen so lange gewagt bleibt, bis man nicht die
                              letzte Ursache der Explosionen völlig erkannt hat.
                           Nach diesen Ergebnissen müssen wir die Vergrößerung der Fläche für die erste
                              Bedingniß zur Verbesserung der Sicherheitsventile anerkennen, es möge dieses einem
                              stabilen oder locomotiven Kessel angehören. Würde daher Baillie's (vorstehend beschriebene) Einrichtung mit einem großen Ventile
                              in Anwendung gebracht, so würde kaum mehr der gerügte Fehler der Springbalancen, mit
                              Zunahme der Längenänderung auch größere Spannungen zu bedingen, noch irgend ein
                              Bedenken erregen können.
                           E. Schmidt.