| Titel: | Ueber die Werthsermittelung des Indigo; von Dr. Fr. Penny, Professor der Chemie in Glasgow. | 
| Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. L., S. 208 | 
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                        L.
                        Ueber die Werthsermittelung des Indigo; von Dr.
                           Fr. Penny,
                           Professor der Chemie in Glasgow.
                        Aus dem Edinburgh new philosophical Journal, Jan. –
                              April 1853, S. 285.
                        Penny, über die Werthsermittelung des Indigo.
                        
                     
                        
                           Die Werthbestimmung des Indigo mittelst Chlor, welche von Berthollet vorgeschlagen und von Descroizilles
                              in die Praxis eingeführt wurde, war bis zur neuesten Zeit die gebräuchlichste; als
                              Chlorquelle benutzt man dabei entweder Chlorwasser oder Chlorkalk.
                           Einige Chemiker behaupten, daß sich der Werth des Indigo nur dadurch genau bestimmen
                              lasse, daß man die verschiedenen Unreinigkeiten durch successive Behandlung
                              desselben mit verdünnter Säure, ätzendem Alkali, Alkohol und Wasser entfernt, dann
                              das zurückbleibende Indigoblau wiegt. Andere ziehen wieder das Verfahren vor, das
                              Indigoblau durch desoxydirende Substanzen zu reduciren, und es hernach in reinem
                              Zustande niederzuschlagen und zu sammeln. Letztere Methode wurde schon am Anfang des
                              gegenwärtigen Jahrhunderts von Pringle
                              Annales des Arts et Manufact. t. VI p. 214. empfohlen, welcher die bekannten Materialien, Eisenvitriol und Kalk als
                              Reductions- und Auflösungsmittel anwandte und das Indigoblau aus der klaren
                              Auflösung mit Salzsäure abschied. Die Ausführung dieses Verfahrens ist aber
                              langwierig, und da der reducirte Indigo, wie man jetzt weiß, die Eigenschaft besitzt
                              zweierlei Verbindungen mit Kalk zu bilden, eine auflösliche und eine unauflösliche,
                              so liefert es nicht immer genügende Resultate.
                           DanaJahrbuch für praktische Chemie Bd. XXVI S. 398. empfahl eine andere Methode, welche jedoch auf denselben Principien beruht.
                              Er kocht den Indigo mit Aetznatron, und setzt dann vorsichtig Zinnchlorür zu, bis
                              das Indigoblau vollständig reducirt und aufgelöst ist; die klare Auflösung wird nun
                              durch zweifach-chromsaures Kali gefällt, der Niederschlag mit verdünnter
                              Salzsäure gut ausgewaschen, getrocknet und gewogen.
                           
                           Fritzsche empfahl den fein geriebenen Indigo mit
                              Aetzkali, Krümelzucker und Weingeist aufzulösen und zu reduciren.Derselbe nimmt auf 1 Th. Indigo 4 Th. Traubenzucker, bringt beides in eine
                                    Flasche, welche 40 Th. Flüssigkeit fassen kann, gießt dann bis zur Hälfte
                                    der Flasche heißen Alkohol darauf und fügt ein Gemisch von 1 1/2 Th. einer
                                    concentrirten Auflösung caustischen Natrons mit der andern Hälfte des
                                    Alkohols hinzu. Die auf diese Weise angefüllte und fest verschlossene
                                    Flasche bleibt einige Zeit hindurch stehen, darauf bringt man sie, nachdem
                                    die Flüssigkeit klar geworden ist, mittelst eines Hebers in eine andere
                                    Flasche. – Die erhaltene Flüssigkeit ist, so lange der Sauerstoff der
                                    atmosphärischen Luft keinen Zutritt hat, von einer tief gelbrothen Farbe,
                                    aber sobald sie mit dem Sauerstoff in Berührung kommt, geht sie schichtweise
                                    durch alle Nüancen von Roth und Violett ins Blaue über, wobei sich die ganze
                                    Menge des Indigoblau in Blättchen absetzt. Da alle anderen Substanzen gleich
                                    zu Anfang ungelöst oder nach der Fällung des Indigoblau aufgelöst
                                    zurückgeblieben sind, so ist letzteres von einer Reinheit, die nichts zu
                                    wünschen übrig läßt. – Man bringt nun das Indigoblau auf ein Filter,
                                    wäscht es mit etwas Alkohol aus und spült es mit heißem Wasser ab; dieß ist
                                    deßwegen nothwendig, weil sich in der Regel kleine Tröpfchen einer in
                                    Alkohol unlöslichen Substanz auf den Krystallen absondern, die durch
                                    Einwirkung des Natrons auf den Traubenzucker entstanden ist. – 4
                                    Unzen einer sehr mittelmäßigen Sorte käuflichen Indigos gaben beim ersten
                                    Auszuge 2 Unzen reines Indigoblau; der Rückstand gab bei einem neuen Auszuge
                                    über 1 Drachme, worauf der neue Rückstand nur noch sehr wenig Farbstoff
                                    enthielt. (Journal für praktische Chemie, Bd. XXVIII S. 16 und 193.) Dieses Verfahren ist, wie Berzelius bemerkt, das
                              geeignetste um reines Indigoblau darzustellen, als Indigoprobe setzt es aber zu viel
                              Uebung voraus.
                           Chevreul's Methode, die Indigolösung mit Baumwolle an
                              Farbstoff zu erschöpfen, läßt offenbar viele Einwürfe zu.
                           Reinsch empfiehlt anderthalb Gran Indigo in concentrirter
                              Schwefelsäure aufzulösen und dann dessen relativen Werth durch die Wassermenge zu
                              bestimmen, welche zugesetzt werden muß, um die Farbe der Lösung auf einen gewissen
                              Ton zu reduciren. Dieses einfache und brauchbare Verfahren wurde schon im Jahr 1830
                              von Dr. Ure angewandt.
                           Die Vortheile und Nachtheile aller dieser Verfahrungsarten hat Dr. Bolley in der Abhandlung über seine
                              IndigoprobePolytechn. Journal Bd. CXIX S.
                                       114. hinreichend erörtert. Sein Verfahren besteht darin, chlorsaures Kali und
                              Salzsäure als Chlorquelle anzuwenden.
                           Die Methode welche ich nun vorschlage, gründet sich auf den Umstand, daß Indigoblau
                              bei Gegenwart von Salzsäure durch zweifach-chromsaures Kali entfärbt wird.
                              Dieses Salz wurde längst beim Zeugdruck zum Aetzen von Indigoblau und anderen Farben
                              benutzt, sowie zum Bleichen von Oelen, Fetten und anderen Substanzen. Bei seiner
                              Anwendung zur Werthbestimmung der käuflichen Indigosorten sind die erforderlichen
                              Manipulationen außerordentlich einfach.
                           
                           Zehn Gran des Indigomusters werden als sehr feines Pulver sorgfältig mit zwei
                              Drachmen-Maaßen rauchender Schwefelsäure zerrieben, worauf man die Mischung
                              bei abgeschlossener Luft unter gelegentlichem Umrühren zwölf bis vierzehn Stunden
                              lang digeriren läßt. Ein Fläschchen mit flachem Boden und dicht passendem Kork ist
                              ein ganz geeignetes Gefäß für diese Operation. Man muß jedoch einige Stücke
                              zerbrochenen Glases hineinbringen, um die Berührung des Indigo und der Säure während
                              des Umschüttelns zu erleichtern und die Vereinigung des Indigo zu Klümpchen zu
                              verhindern, welche die Säure nicht durchdringen könnte. Es ist auch vortheilhaft,
                              das Fläschchen mit der Mischung an einen warmen Ort, von 17 bis 21° R.
                              Temperatur, zu stellen, damit die Säure ihre ganze Wirkung ausüben kann; eine höhere
                              Temperatur als 21° R. muß man jedoch vermeiden, weil sich sonst schweflige
                              Säure bilden könnte, wodurch die Probe ganz verfehlt würde. Man muß alle Sorgfalt
                              anwenden, um der vollständigen Auflösung des Indigoblau in der Säure versichert zu
                              seyn. Nachdem dieses Resultat erreicht ist, gießt man die Auflösung langsam, unter
                              beständigem Umrühren, in 20 Unzen Wasser welche in einer Schale enthalten sind, und
                              setzt sogleich 3/4 eines Unzen-Maaßes starker Salzsäure zu, worauf man das
                              Fläschchen mit Wasser rein ausspült.
                           Die Probeflüssigkeit besteht aus 7 1/2 Gran reinen und trockenen
                              zweifach-chromsauren Kalis, welche in 100 Raumtheilen Wasser gelöst sind. Man
                              gießt aus einem mit den 100 Raumtheilen Probeflüssigkeit gefüllten Alkalimeter von
                              solcher nach und nach in kleinen Portionen in die verdünnte Indigolösung, welche in
                              der Schale enthalten ist, bis ein Tropfen der Mischung, welchen man auf einen
                              Streifen weißen Löschpapiers fallen ließ, eine deutliche hellbraune Farbe zeigt,
                              ohne alle Beimischung von Blau oder Grün. Das Verfahren ist dann beendigt; man liest
                              die Anzahl der verbrauchten Raumtheile Probeflüssigkeit ab, und diese Zahl drückt
                              den relativen Werth des angewandten Indigo aus.
                           Beim Probiren eines Tropfens auf dem Löschpapier, verfährt man am besten so, daß man
                              das Ende eines Glasstabs in Berührung mit der Indigolösung bringt, und ihn dann
                              sanft gegen die Oberfläche des Papiers drückt. Der so hervorgebrachte Flecken ist
                              kreisförmig und auf einen hinreichend kleinen Raum beschränkt. Auf dem Löschpapier
                              kann man auch viel leichter die letzten Spuren der blauen Farbe erkennen, als wenn
                              man eine Glastafel anwendet, und nach dem Trocknen kann man die erhaltenen Flecken
                              zur künftigen Vergleichung aufbewahren, da sie keine Veränderung erleiden.
                           Es ist rathsam, die Indigolösung gelinde erwärmt zu erhalten, während man die
                              Chromflüssigkeit zusetzt; und es ist durchaus nothwendig, daß man die Mischung nach jedem
                              Zusatz gut umrührt. Anfangs kann man mehrere Raumtheile der Chromflüssigkeit
                              eingießen, ohne daß man einen Fehler zu befürchten hat, aber gegen das Ende muß die
                              Probeflüssigkeit sehr langsam und mit großer Sorgfalt zugesetzt werden, weil dann
                              schon einer oder zwei Tropfen eine sehr entschiedene Wirkung hervorbringen. Durch
                              die charakteristischen Veränderungen der Farbe, welche die Mischung während des
                              Zusehens von Chromflüssigkeit zeigt, ersieht man deutlich, wenn sich die Operation
                              ihrem Ende nähert. Die blaue Farbe der Lösung wird stufenweise Heller und nach
                              einiger Zeit bekommt sie einen grünlichen Ton, geht dann bald in Grünlichbraun, und
                              fast unmittelbar darauf in Helles Ockerbraun über.
                           Ich habe nach dieser Methode sehr sorgfältig reinen Indigo probirt, welcher nach Fritzsche's Methode dargestellt war. Das Mittel von drei
                              fast ganz übereinstimmenden Versuchen ergab, daß 10 Gran reiner Indigo sehr nahe 7
                              1/2 Gran zweifach-chromsaures Kali erfordern; ich habe demgemäß diese
                              Salzmenge für die Lösung im Alkalimeter genommen.
                           Ich theile in folgender Tabelle das Resultat meiner Versuche mit verschiedenen
                              Indigomustern mit.
                           
                              
                                 
                                  Preis 1851.Shill. Pence.
                                 Alkalimetergrade    verbraucht.
                                  ProcentigerAschengehalt.
                                  ProcentigerWassergehalt.
                                 
                              
                                 Indigo, ostindischer
                                   6        
                                    4
                                       68
                                       4,5
                                       5,0
                                 
                              
                                   
                                    „            „
                                   6        
                                    0
                                       66
                                       5,8
                                       6,0
                                 
                              
                                   
                                    „            „
                                   5        
                                    9
                                       64
                                       8,1
                                       8,0
                                 
                              
                                   
                                    „            „
                                   5        
                                    6
                                       54
                                     11,0
                                       7,0
                                 
                              
                                   
                                    „            „
                                   4        
                                    9
                                       51
                                    1/2
                                       7,2
                                       7,5
                                 
                              
                                   
                                    „            „
                                   4        
                                    8
                                       54
                                       3,6
                                       7,0
                                 
                              
                                   
                                    „            „
                                   4        
                                    4
                                       45
                                     14,0
                                       8,4
                                 
                              
                                   
                                    „       spanischer
                                   4        
                                    3
                                       55
                                     12,3
                                       6,0
                                 
                              
                                   
                                    „            „
                                   3       10
                                       50
                                     13,0
                                       7,0
                                 
                              
                                   
                                    „            „
                                   3        
                                    6
                                       44
                                    1/2
                                     19,0
                                       5,5
                                 
                              
                                   
                                    „            „
                                   2       10
                                       28
                                     33,4
                                       4,5
                                 
                              
                                   
                                    „        Bengal
                                   5        
                                    0
                                       64
                                       5,9
                                       4,0
                                 
                              
                                   
                                    „            „
                                   4        
                                    9
                                       47
                                     24,6
                                       5,0
                                 
                              
                                   
                                    „       Benares
                                   4        
                                    5
                                       45
                                     20,7
                                       8,4
                                 
                              
                                   
                                    „      Guatimala
                                   4        
                                    3
                                       50
                                     16,0
                                       6,5
                                 
                              
                                   
                                    „        Madras
                                   3        
                                    8
                                       41
                                     10,6
                                       6,7
                                 
                              
                                   
                                    „        
                                    Oude
                                   3        
                                    8
                                       46
                                       6,3
                                       8,5
                                 
                              
                                   
                                    „      Caraccas
                                   3        
                                    6
                                       52
                                    1/2
                                     16,2
                                       6,4
                                 
                              
                                   
                                    „       
                                    Madras
                                   2        
                                    9
                                       35
                                     33,3
                                       6,0
                                 
                              
                                   
                                    „        
                                    Java
                                   5        
                                    6
                                       63
                                    1/2
                                       5,4
                                       4,8
                                 
                              
                                   
                                    „       Bengal
                                   4       10
                                       59
                                    1/2
                                       7,5
                                       5,0
                                 
                              
                                   
                                    „          
                                    „
                                   4        
                                    0
                                       56
                                     11,0
                                       5,3
                                 
                              
                                 Indigo, Bengal
                                   3        4
                                       45
                                    1/2
                                     14,0
                                       7,2
                                 
                              
                                   
                                    „          „
                                   1        6
                                       24
                                     44,0
                                       4,4
                                 
                              
                                   
                                    „      Manilla
                                   3        4
                                       35
                                    1/2
                                     28,0
                                       5,0
                                 
                              
                                   
                                    „          „
                                   2        0
                                       26
                                    1/2
                                     50,0
                                       5,4
                                 
                              
                           Man sieht aus dieser Tabelle, wie unsicher die Schätzung des wahren Werths eines
                              Indigo nach dessen. äußerlichen Merkmalen (Farbe, Bruch, Textur, Kupferglanz beim
                              Reiben, Gewicht etc.) ist, und man sollte daher stets bei der Schätzung die
                              chemische Prüfung anwenden. Mittelst der beschriebenen Methode ist man im Stande
                              20–30 Indigoproben in einem Tage zu machen, wenn man Abends zuvor die Muster
                              in die Säure eingebracht hat.
                           Ich glaube erwähnen zu müssen, daß mir unlängst ein Indigomuster zur Untersuchung
                              überschickt wurde, welches in Glasgow als „raffinirter Indigo“
                              zu 10 Shill. per Pfund ausgeboten wird. Es gab 9 Proc.
                              Asche und 2 1/2 Proc. Feuchtigkeit; 10 Gran in Schwefelsäure aufgelöst, verbrauchten
                              82 Raumtheile der Probeflüssigkeit. Dasselbe ist in Form eines sehr feinen Pulvers
                              und hat eine tief blaue Farbe mit Kupferglanz. Vorausgesetzt daß es von
                              gleichförmiger Beschaffenheit ist, so wäre es selbst zu dem hohen Preise von 10
                              Schill. per Pfund ohne Frage vortheilhafter anzuwenden,
                              als die meisten gegenwärtig im Handel vorkommenden Indigosorten.
                           Ich weiß wohl, daß gegen die von mir empfohlene Probirmethode einige von den vielen
                              Einwänden gemacht werden können, welche gegen die Chlorprobe vorgebracht wurden. So
                              ist es z.B. einleuchtend, daß wenn nicht eine ganz besondere Sorgfalt auf das
                              Auflösen des Indigos in der Schwefelsäure verwendet wird, ein Antheil Indigo
                              unaufgelöst bleiben kann, wodurch der Gehalt bei der Probe zu gering ausfällt,
                              während andererseits bei schlechten Indigosorten schweflige Säure erzeugt werden
                              kann, wodurch eine größere Menge zweifach-chromsauren Kalis verzehrt würde,
                              als das Indigoblau für sich erfordert. Man könnte auch einwenden, daß das
                              zweifach-chromsame Kali bei Gegenwart von Salzsäure auf die anderen
                              Bestandtheile des gewöhnlichen Indigos wirken wird; aus meinen zahlreichen Versuchen
                              mit sehr verschiedenen Indigosorten muß ich jedoch schließen, daß dieser Einfluß
                              sehr unbedeutend und bei sorgfältiger Ausführung der Probe kaum merklich ist.
                              Dieselbe Meinung haben Berzelius und Schlumberger hinsichtlich der Chlorprobe ausgesprochen,
                              und sie wird auch durch die Thatsache unterstützt, daß Indigo mit einem großen
                              Gehalt an braunem etc. Farbstoff nur eine sehr kleine Menge
                              zweifach-chromsauren Kalis consumirt. Ohne daß meine Probe auf
                              wissenschaftliche Genauigkeit Anspruch machen kann, ist sie also doch ganz geeignet,
                              um den relativen Werth der Indigosorten zu bestimmen, und sie ist dazu den bekannten
                              Verfahrungsarten in mehrfacher Hinsicht vorzuziehen. Das zweifach-chromsaure
                              Kali ist nämlich ein ganz verläßliches Probirmittel, weil es leicht zu reinigen, von
                              stets gleichförmiger Zusammensetzung ist, und ohne sich zu verändern, beliebig lang
                              aufbewahrt werden kann.