| Titel: | Hermann's elektrischer Telegraph für Eisenbahnzüge. | 
| Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. LVI., S. 248 | 
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                        LVI.
                        Hermann's elektrischer
                           Telegraph für Eisenbahnzüge.
                        Aus Armengaud's Génie industriel, April 1853, S.
                              223.
                        Hermann's elektrischer Telegraph für Eisenbahnzüge.
                        
                     
                        
                           Hr. Hermann, Oberingenieur der Orleans-Eisenbahn,
                              hat ein Verfahren aufgefunden, um die Elektricität als Mittel zur Verhinderung von
                              Unfällen bei den Eisenbahnzügen anzuwenden. Seine Erfindung wurde von dem
                              Administrationsrath der Bahngesellschaft geprüft, als zweckmäßig befunden, und es
                              handelte sich nur noch darum, die wenigst kostspieligen Modificationen aufzufinden,
                              um die Anwendung des neuen Apparates möglich zu machen.
                           Man hat sich jetzt nach zahlreichen Versuchen für Folgendes entschieden. Alle
                              Conducteure eines Zuges werden mit dem Ober-Conducteur und mit dem
                              Locomotivführer in Verbindung gesetzt mittelst eines andauernden elektrischen
                              Stromes, den sie nach Belieben unterbrechen können, und dessen Unterbrechung, rühre
                              sie nun von den genannten Personen, oder von zufälligen Ursachen her, lauttönende
                              Glocken an der Spitze des Zuges in Bewegung setzt.
                           Man begreift die Wichtigkeit dieser Vorsichtsmaßregel, wenn die Länge der Züge, wie
                              es nicht selten der Fall ist, mehr als 1200 Fuß beträgt, oder wenn die Züge in
                              dunkeln Nächten gehen und das Geräusch der Locomotiven und Wagen jede Mittheilung
                              durch die Stimme verhindert.
                           Die Mittel zum Telegraphiren bestehen aus zwei Metalldrähten mit
                              Gutta-percha-Ueberzug, welche parallel über jedem Wagen befestigt
                              sind; an ihren Enden hängen kleine Ketten herab, die mit den Sicherheitsketten
                              vereinigt sind, durch welche jeder Wagen mit dem vorhergehenden und dem
                              nachfolgenden verbunden ist. An der Spitze des Zuges, d.h. auf der Locomotive selbst, befindet
                              sich eine sehr schwache elektrische Batterie, mit welcher die beiden Drähte
                              verbunden sind, und hinter dem letzten Wagen, der stets beibehalten werden muß,
                              selbst wenn man dazwischen befindliche herausnimmt oder noch solche einschaltet,
                              vereinigen sich diese beiden Drähte so, daß sie die durch ihre Verbindung mit der
                              Batterie gebildete Kette schließen.
                           Während des Fahrens circulirt der Strom und die Glocken schweigen; bei der geringsten
                              Abweichung aber, bei dem geringsten Zufall, z.B. beim Zerreißen einer Wagenkette,
                              wird der Strom unterbrochen, und der Ober-Conducteur nebst dem
                              Maschinenführer werden benachrichtigt.
                           Wenn ferner ein Conducteur den Stillstand des Zuges erforderlich glaubt, so kann er
                              mittelst eines kleinen Commutators, der an seinem Sitz angebracht ist, die Kette
                              unterbrechen und dadurch die Glocke in Bewegung setzen.
                           Ohne Zweifel wird die Anwendung dieses einfachen Apparates sehr bald bei allen
                              Eisenbahnen eingeführt werden. – Die HHrn. Maigrot
                              und Faillot haben sich unlängst eine Vorrichtung
                              patentiren lassen, um jede Hauptstation mit dem Bahnzuge in Verbindung zu setzen, so
                              daß der Stationschef im Stande ist, die Fahrt eines Zuges zu verfolgen, als wenn
                              dieß mit den Augen geschähe. Wir werden nächstens den telegraphischen Mechanismus
                              beschreiben, mittelst dessen man auf jedem Punkte der Bahn sich von dem Zuge aus mit
                              der Station in Rapport setzen kann, so daß man auf letzterer zu jeder Zeit von der
                              Lage des Zuges unterrichtet werden kann.
                           In einem Bericht über die Verbindungsmittel zwischen den Bahnwärtern und dem Personal
                              der Züge, welcher in Auftrag des englischen Unterhauses gedruckt wurde und der in
                              dem Civil Engineer and Architects' Journal, Aprilheft 1853, S. 147 auszugsweise mitgetheilt
                              ist, geschieht der Hermann'schen Erfindung als einer sehr
                              zweckmäßigen Vorrichtung Erwähnung.