| Titel: | Ueber den Handel mit Schwämmen; von Hrn. Lamiral. | 
| Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. CXV., S. 454 | 
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                        CXV.
                        Ueber den Handel mit Schwämmen; von Hrn.
                           Lamiral.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Februar 1853, S. 91.
                        Lamiral, über den Handel mit Schwämmen.
                        
                     
                        
                           Die Anwendbarkeit des Schwammes zum Waschen und Putzen beruht auf seiner Eigenschaft
                              ein Quantum Flüssigkeit einzusaugen, welches man dann verbreiten oder ausfließen
                              lassen kann, indem man die Oberfläche mit seinem Fasergewebe reibt; je poröser und
                              elastischer dieses Gewebe ist, desto größeren Werth hat es daher im Handel; auch
                              verwendet man die Schwämme, je nach ihrer Qualität, entweder zum gröbsten Gebrauch
                              in der Industrie und im Haushalt, oder zur Toilette, bei chirurgischen Operationen,
                              in den Künsten etc.
                           Wenn die Schwämme im Handel mehr verbreitet und zu niedrigerem Preise zu kaufen
                              wären, so könnte man vortreffliche Matratzen, Möbelpolster, Filzgewebe etc. davon zu
                              machen. Ehe die Schwämme zum Verkaufe gebracht werden, erhalten sie eine wesentliche
                              Zubereitung, um sie von dem ihnen eigenthümlichen, chlorartigen Geruch zu befreien,
                              welcher von einer in ihrem porösen Gewebe, zur Zeit wo man sie fischt, enthaltenen
                              thierischen Substanz herrührt; sie werden vielemale, in oft erneuertem süßen Wasser,
                              ausgedrückt, geknetet und ausgewaschen, bis der gallertartige Schleim ganz entfernt
                              ist; hierauf werden sie in warmem Wasser eingeweicht.
                           Um sie zu bleichen, taucht man sie in flüssige schweflige Säure von 1° bis
                              1°,03 Baumé, in welcher man sie manchmal 5–6 Tage liegen läßt,
                              indem man sie von Zeit zu Zeit ausdrückt. Vorher werden aber die in den Schwämmen
                              etwa enthaltenen Kalkfalze durch verdünnte Salzsäure entfernt, worin man sie eine
                              Stunde lang einweicht.
                           Im französischen Handel sind die Benennungen, welche die Schwämme beim Verkauf classificiren, folgende: 
                              Fein-zarter Schwamm (Ep.
                                 fine-douce) aus Syrien. – Lebend
                              ist dieser Schwamm bräunlichgelb, fest und schwer; sobald er aber geschlagen und
                              gewaschen ist, wird er leicht und von fahlblonder Farbe, seine Gestalt ist die eines
                              Kegels oder einer hohlen Halbkugel. Er ist wegen seiner Feinheit, seines
                              sammetartigen Gewebes und seiner schönen Gestalt, die oft mit bedeutender Größe
                              verbunden ist, bei den Parfumeurs sehr beliebt.
                           Man kann ihn durch Chloralkalien vollkommen weiß bleichen, allein seine Güte leidet
                              darunter; ohne diese chemische Zubereitung, in seiner natürlichen Beschaffenheit
                              gelassen, zeigt er sich beim Gebrauch sehr dauerhaft.
                           Eingeführt wird er in Ballen von verschiedenem Gewicht, die mit einem groben
                              Roßhaarzeug überzogen sind.
                           Fein-zarter Schwamm vom Archipel. – Wann er
                              aus dem Meere kömmt, gleicht er dem vorigen; nach der Zubereitung unterscheidet er
                              sich aber von demselben durch sein minder feines Gewebe, und vorzüglich dadurch, daß
                              die Spitze des Kegels oder der Halbkugel manchmal Löcher von solcher Größe hat, daß
                              sie das Licht hindurchlassen; im Allgemeinen hat er weitere und tiefere Löcher.
                           Man benutzt ihn zur Toilette, allgemeiner aber ist sein Gebrauch in der Industrie;
                              man verwendet ihn in den Porcellanfabriken, bei der Lederbereitung, in der
                              Weißgerberei, in lithographischen Anstalten, bei den Kupferstechern.
                           Diese Schwämme werden in Ballen von 80 bis 100 Kilogr. Gewicht unter Roßhaarzeug
                              versendet.
                           Fein-harter Schwamm aus Syrien, chimousse genannt. – Unmittelbar nach dem Fischen
                              ist dieser unregelmäßig gestaltete Schwamm fest und compact, von bräunlichgelber
                              Farbe; nachdem er aber durch die Zubereitung aufgeweicht worden ist, wird sein
                              dichtes Gewebe blaßblond und zeigt ein hartes Korn. Der Theil welcher dem Boden
                              anhaftete, bleibt filzig, während die Seitenflächen voll kleiner Löcher sind und der
                              Gipfel ziemlich große Löcher hat, die sich in das Innere verlieren, ohne jedoch
                              durch den ganzen Schwamm zu gehen.
                           Die chimousses dienen zum Hausgebrauch, und man wendet
                              sie in verschiedenen Industriezweigen an.
                           Sie werden in Ballen von verschiedenem Gewicht in Pferdehaargeweben eingeführt.
                           Blonder Schwamm aus Syrien, Venise
                                 fine-blanche genannt. – Dieser Schwamm bildet, aus dem Wasser
                              gezogen, eine gelbliche Masse, deren Farbe an dem Theil welcher an dem Felsen
                              haftete, ins Braune
                              übergeht; von der Schleimsubstanz gereinigt, ist er aber leicht und von feinem,
                              dichtem und nervigem Gewebe; seine Farbe ist dann blaßblond. Er ist wie ein Pilz
                              zugerundet und mit Löchern übersäet, deren Ränder mit dünnen, haarartigen Fäserchen
                              besetzt sind. Im concaven Theil sind diese Löcher ziemlich groß, und sie gehen durch
                              den Schwamm bis zu dessen Basis oder Wurzel, welche aus einem dichten Filz
                              besteht.
                           Dieser Schwamm ist wegen seiner Leichtigkeit und der Festigkeit seines Gewebes sehr
                              gesucht, besonders zum häuslichen Gebrauche. Man versendet ihn in mit Pferdehaar
                              überzogenen Ballen von 60 bis 125 Kil. Gewicht.
                           Blonder Schwamm vom Archipel, Venise commune genannt. – Der Thongrund, auf welchem dieser Schwamm
                              wächst, ertheilt ihm eine bräunliche Farbe. Er ist schwer und enthält einen
                              klebrigen Schleim.
                           Geschlagen und gehörig gewaschen, ist er von länglicher Gestalt, unten platt, oben
                              abgerundet, und sieht wegen seiner Löcher wie wurmstichig aus; er hat ein filziges
                              Gewebe, welches sich seifenartig anfühlt. Er eignet sich für alle häuslichen und
                              industriellen Arbeiten.
                           Die Ballen werden in Roßhaar versandt und wiegen 100 bis 180 Kilogr.
                           Géline-Schwamm aus der Berberei. –
                              Dieser Schwamm hat eine gerade cylindrische Gestalt und ist nicht sehr hoch; sein
                              feines Gewebe ist zähe, obwohl sehr porös; der obere Theil ist voll großer Löcher,
                              deren Mündungen mit feinen Fasern besetzt sind. Das Hauptloch geht durch den
                              Schwamm, die anderen nur bis zur Hälfte. Der Géline-Schwamm ist von
                              fahlgelber Farbe, welche an der Basis ins Röthliche zieht.
                           Dieser Schwamm ist in Frankreich, wo man sich desselben zur Toilette bedient, nicht
                              sehr verbreitet. Man versendet die Gélines in Kränze gereiht und in Leinwand
                              verpackt.
                           Brauner Schwamm aus der Berberei, marseille genannt. Auf dem Grund des Meeres bildet dieser Schwamm eine
                              längliche Masse, welche an dem den Boden berührenden Theil abgeplattet, oben
                              abgerundet, schwer ist und einen schwärzlichen Schlamm enthält; in süßem Wasser
                              gewaschen, bekommt der Schwamm eine längliche, abgerundete Form. Sein hellbraunes,
                              gegen die Wände, welche an dem Boden hafteten, röthliches Gewebe zeigt zahlreiche
                              unregelmäßige Löcher in großen Zwischenräumen. Das Gewebe ist ziemlich compact und
                              sehr fest.
                           
                           Dieser Schwamm ist im Handel sehr geschätzt; er wird zum Nachwaschen an
                              Kutschenfabrikanten, Anstreicher etc. verkauft und seine Dauerhaftigkeit macht ihn
                              zu jedem Hausgebrauche beliebt.
                           Man erhält diese Schwämme in Kränzen von 5–6 Kilogr. Gewicht, die aus großen,
                              Mittlern und kleinern Exemplaren bestehen; vierundzwanzig Kränze bilden einen
                              Ballen.
                           Salonichischer Schwamm (Ep.
                                 salonique) aus der Türkei. – Dieser
                              Schwamm ist, präparirt, von abgeplatteter Form und ungefähr 20–30 Millimeter
                              dick; sein Gewebe ist fein, aber ohne Elasticität; er ist graulich von Farbe, und
                              seine Oberfläche, die an mehreren Stellen zerrissen aussieht, ist mit kleinen
                              Löchern übersäet, welche aber nicht durch die Masse hindurchgehen, deren unterer
                              Theil aus einem ziegelrothen, gefilzten Gewebe besteht.
                           Man bedient sich dieses Schwammes in der Chirurgie und den Künsten.
                           Die saloniques werden in Kranze von verschiedenem Gewicht
                              gereiht, und so in Ballen versendet.
                           Bahama-Schwamm aus Amerika. – Diese im
                              Handel an ihren zwei eigenthümlichen Formen leicht zu erkennenden Schwämme werden im
                              mexikanischen Archipel, an den Küsten der Bahamas-Inseln und Floridas
                              gefischt.
                           Die eine Form ist die einer zugerundeten Masse, auf welcher sich mehrere Warzen von
                              ungleicher Länge befinden, die ihr das Aussehen eines Kuheuter verleihen. Der untere
                              Theil oder die Basis des Schwammes ist röthlich von Farbe und nimmt einen großen
                              Raum ein.
                           Die andere Form ist ebenfalls die einer zugerundeten Masse, die sich aber an den
                              beiden Seiten des obern Theils abplattet, so daß derselbe in einem Winkel
                              endigt.
                           Das Gewebe dieser Schwämme ist fein; ihre Oberfläche ist eben, obwohl der größere
                              Theil derselben eine Menge unregelmäßiger Löcher zeigt, die sich in der Masse
                              verlieren und an der großen, röthlichen Basis oder Wurzel aufhören.
                           Diese Schwämme werden in feine und ordinäre sortirt. Sie
                              sind in der Regel nicht dauerhaft; ihr Gewebe ist weich, es besitzt keine
                              Elasticität und ist leicht zu zerreißen; auch wird dieser Schwamm, im Vergleich mit
                              den andern europäischen Schwämmen, zu niederm Preise verkauft.
                           Die Bedeutung des französischen Handels mit Schwämmen erhellt aus folgenden
                              Durchschnittszahlen, welche aus den statistischen Tabellen über die Einfuhr aus den
                              verschiedenen Ländern in den 10 Jahren von 1841 bis 1850 einschließlich gezogen
                              wurden.
                           Jährliche Durchschnittszahl.
                           
                              
                                 Allgemeiner
                                       Transit-
                                       und           
                                    Entrepot-Handel.
                                    Consumtion in Frankreich.
                                 
                              
                                 Ordinäre Schwämme
                                 141228 Kil.
                                     Ordinäre
                                    Schwämme
                                 124608 Kil.
                                 
                              
                                 Feine Schwämme
                                   15952  „
                                     Feine Schwämme
                                   10132  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 157180 Kil.
                                 
                                 134740 Kil.
                                 
                              
                           
                        
                           Ueber das Fischen der Schwämme.
                           In der Levante, von Bairut bis Alexandrette, wird die Schwammfischerei vorzüglich von
                              den Syriern und Griechen betrieben. Die Griechen beginnen damit im Mai und hören im
                              August auf, um vor Eintritt der schlechten Jahreszeit wieder heimzukehren; die
                              Syrier setzen aber an ihren Küsten die Fischerei bis Ende September fort.
                           Auf dem felsigen Grund Syriens, wo sich die feinen Qualitäten der Schwämme finden,
                              ist die Ernte größer als an den sandigen Küsten Karamaniens.
                           Zur Fischzeit landen die Griechen bei Said, Bairut, Tripoli, Tortosa, Latakia und an
                              andern Punkten Syriens; sie takeln hier ihre Fahrzeuge (Sarcoleven) ab, worin sich
                              gewöhnlich 15–20 Mann befinden, und miethen von den Einwohnern des Landes
                              Fischerbarken; auf einer solchen fahren 4–5 Mann an die Küsten, und tauchen
                              dort unter, um Schwämme zu suchen. Jeder Taucher ist mit einem Messer mit starker
                              Klinge versehen, um die fest an den Felsen haftenden Schwämme loszutrennen. Sie
                              haben beim Untertauchen einen mit Oel überzogenen Schwamm im Mund; wenn man aber
                              bedenkt, wie wenig Luft die Schwämme enthalten und welchen ungeheuren Druck das
                              umgebende Wasser auf diese Luft ausübt, so leuchtet ein, daß dieses unvollkommene
                              Mittel dem Taucher gar keinen Vortheil gewähren kann. Die Griechen von Morea,
                              vorzüglich die Hydrioten, verrichten die Fischerei mit einem Dreistachel
                              (Stechgabel) mit zurückgebogenen Zinken und einer Tasche. Wann das Meer ruhig ist,
                              sehen die Fischer die Schwämme, auf welche sie ihr Fangzeug zu richten haben, besser
                              auf dessen Grund. Diese Art zu fischen hat den Fehler, daß die Massen zerrissen
                              werden; sie werden auch wenigstens um 30 Proc. wohlfeiler verkauft als die durch
                              Tauchen gefischten Schwämme. (Ep. plongées).
                           
                           Die im Mittelmeer gefischten Schwämme betragen nach den Sorten 1/4 feine, 3/8 Chimousses und 3/8 Venises
                              (siehe oben).
                           Auf den Bahama-Bänken, im Meerbusen von Mexico, wachsen die Schwämme in
                              geringer Tiefe, und die Fischer, nachdem sie eine lange Stange in das Wasser gesenkt
                              haben, gleiten längs dieser Leitstange auf die Schwämme hinab, welche sie so
                              leichter sammeln als die Taucher im Mittelmeere. Diese Schwämme kommen zu uns über
                              die Vereinigten Staaten, oder über England, welchem diese Gruppe der
                              Bahama-Inseln angehört.
                           Im rothen Meer fischen die Araber die Schwämme durch Tauchen und bringen sie dann
                              nach Aden zum Verkauf, oder versenden sie nach Aegypten.
                           
                        
                           Bemerkungen über die Naturalisirung der Schwämme an den Küsten
                                 Frankreichs und dessen Inseln im Mittelmeer.
                           Die Schwammfischerei an der Küste von Syrien, Karamanien, im griechischen Archipel,
                              kurz an allen Punkten des Mittelmeeres, wo solche stattfindet, ermangelt einer
                              intelligenten Leitung, denn sie wird ohne alle Umsicht betrieben.
                           Der Verbrauch von Schwämmen wird aber immer größer, und die Speculation, welche die
                              Felder dieser Zoophyten in der Meerestiefe jährlich lichtet, muß nothwendig deren
                              Ausrottung oder doch eine dem allgemeinen Interesse sehr nachtheilige, unbedeutende
                              Production derselben zur Folge haben.
                           Diesem beklagenswerthen Umstand sollte daher vorgebeugt werden durch Heimischmachen
                              der verschiedenen Schwammsorten in Frankreich, und durch Beförderung ihrer Cultur an
                              den felsigen Küsten des Mittelmeeres vom Cap Crux bis Nizza, um die Hyerischen
                              Inseln und Corsica herum, und selbst in einigen salzigen Teichen der Departements am
                              Meere.
                           In dem von der Regierung für hydraulische und hydrographische Arbeiten eingeführten
                              Taucherschiff können sich 8–10 Mann auf jede
                              dem menschlichen Organismus zusagende Tiefe hinablassen. Diese Mannschaft kann unter
                              Wasser bleiben und reine Lebensluft einathmen so lange sie arbeitet. Mit Benutzung
                              dieses Taucherschiffs könnte man leicht diejenigen Schwämme auswählen, welche in
                              Frankreich naturalisirt werden sollen; die Felsentheile, auf
                                 welchen die Schwämme haften, könnten gesprengt oder die Blöcke
                              hinweggenommen, und diese Felsstücke an unsere Küsten geführt und in den gehörigen Tiefen abgefetzt
                              werden, damit sich die Schwämme einige Jahre natürlich fortpflanzen; nachdem dieses
                              Ziel erreicht ist, ließe sich ihre Gewinnung methodisch betreiben.