| Titel: | Ueber photographische Nachahmung der Banknoten und die Mittel diesen Betrug zu verhindern. | 
| Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. LXV., S. 272 | 
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                        LXV.
                        Ueber photographische Nachahmung der Banknoten
                           und die Mittel diesen Betrug zu verhindern.
                        Ueber photographische Nachahmung der Banknoten und die Mittel
                           diesen Betrug zu verhindern.
                        
                     
                        
                           Die Times vom 8. October d. J. enthalten folgenden
                              Artikel über einen photographischen Betrug, dessen Opfer die Bank von England
                              wurde:
                           
                              „Man hat bei der Bank von England die Entdeckung gemacht, daß sich
                                 mittelst der Photographie die Banknoten so täuschend nachmachen lassen, daß eine
                                 solche falsche Note neuerlich für Gold eingewechselt werden konnte, indem der
                                 Kassier sie nicht von einer ächten zu unterscheiden vermochte. Um sich Gewißheit
                                 über die photographische Anfertigung dieser falschen Note zu verschaffen, ließen
                                 die Vorsteher der Bank durch einen der geschicktesten Photographen in London
                                 eine Note copiren; die Aehnlichkeit zwischen der falschen Note (welche bei
                                 diesem Versuch erhalten wurde) und der ächten (von welcher der Photograph die
                                 Copie genommen hatte) war so groß, daß nicht nur die Signatur und die (bloß den
                                 Beamten der Bank bekannten) Privatzeichen, wie alle auf der Vorderseite der Note
                                 befindlichen noch so kleinen Zeichen, vollkommen genau nachgeahmt waren, sondern
                                 sogar die ganze Wassermarke eben so deutlich und genau nachgebildet war, als die
                                 anderen auffallenderen Charaktere des ächten Documents. Die Nachbildung geschah
                                 bei diesem Versuch mittelst Wachspapier auf bekannte Weise; nachdem nämlich das
                                 gebräuchliche dünne Papier mit Wachs präparirt und dann nach der gewöhnlichen
                                 Methode empfindlich gemacht worden ist, erhält man auf demselben durch Contact den
                                 Abdruck der ächten Note mittelst des Lichts; von dieser negativen Copie kann man
                                 nun leicht eine Anzahl positiver Copien machen, welche genaue Facsimiles der
                                 Note selbst sind. Wir hören, daß die Directoren der Bank, um jeden Betrug durch
                                 photographisches Copiren der Banknoten auf mit Silbersalz präparirtem
                                 Wachspapier unmöglich zu machen, in Zukunft die Noten in Blau auf gelbes Papier
                                 drucken zu lassen beabsichtigen. Ein anderes Mittel, um die erwähnten
                                 Fälschungen unmöglich zu machen, auf welches ich hiemit die Bankdirectoren
                                 aufmerksam machen will, bestände darin, einige Worte oder eine verzierte Devise
                                 auf die Rückseite der Note zu drucken; diese Worte oder Devisen würden beim
                                 photographischen Copiren auf die Vorderseite der nachgeahmten Note übertragen
                                 und folglich die Fälschung leicht erkannt werden.“
                              
                           Vorstehender Artikel veranlaßte den durch seine wissenschaftlichen Arbeiten über die
                              Photographie bekannten Hrn. A.
                                 Claudet in folgendem Schreiben an die Redaction der Times Bemerkungen über diesen Gegenstand zu
                              veröffentlichen:
                           
                              „Schon vor dem J. 1845 stellte ich, betroffen von der Möglichkeit daß die
                                 Photographie zum Nachmachen der Banknoten und anderer Werthpapiere angewandt
                                 werden dürfte, einige Versuche an, um zu ermitteln bis auf welchen Punkt die
                                 verschiedenen photographischen Verfahrungsarten mit Erfolg zum Nachahmen der
                                 Werthpapiere benutzt werden können, und um im Falle eines möglichen Erfolgs die
                                 Mittel zum Verhindern des Betrugs zu finden.“
                              
                           
                              „Ich wandte zuerst die Verfahrungsarten der Talbotypie an, indem ich ein
                                 negatives Bild durch directe Berührung der Banknote auf einem photogenischen
                                 Papier darstellte und hernach dieses negative Bild ebenfalls durch Contact
                                 copirte. Ich erhielt so ein positives Bild, welches die möglichst genaue
                                 Nachahmung der Banknote war, bloß mit dem Unterschied, daß die Farbe der
                                 gedruckten Buchstaben und der Unterschriften, anstatt schwarz zu seyn,
                                 sepiabraun war, die gewöhnliche Farbe der nach Talbot's Methode dargestellten
                                 Lichtbilder.“
                              
                           
                              „Dieser Unterschied in der Farbe schien mir kein unbesiegbares Hinderniß
                                 für das Nachmachen der Noten zu seyn, weil der Fälscher mittelst einiger
                                 chemischen Agentien dem Silber, welches die braune Farbe der falschen Banknote
                                 bildet, leicht eine der Tinte ähnliche schwarze Farbe würde ertheilen können. Am
                                 meisten verwunderte ich mich darüber, daß die in das Papier während seiner
                                 Fabrication gedruckten Buchstaben, die Wassermarke, in der photographischen
                                 Copie reproducirt wurden. Ich zeigte das Resultat meiner Versuche Hrn. Marshall, Cassier der englischen Bank, und
                                 gab ihm zugleich die Mittel an, durch welche sich der Betrug verhindern ließe,
                                 selbst wenn es geschickten Fälschern gelingen sollte die schwarze Farbe der
                                 Tinte zu erzielen und das Papier der Bank nachzuahmen. Diese Verhinderungsmittel
                                 bestehen darin, außer der schwarzen Druckfarbe noch Tinten von mehreren Farben
                                 für die zahlreichen Devisen und Buchstaben der Banknote anzuwenden.“
                              
                           
                              „Beim Photographiren bilden sich das Roth, Orange, Gelb und Grün schwarz
                                 ab, während das Blau, Dunkelblau und Violett weiß abgebildet werden. In Folge
                                 dieser verschiedenen Eigenschaften der Farben müßte offenbar eine Banknote,
                                 deren Devisen, Unterschriften etc. in mannichfaltigen Farben gedruckt wären, der
                                 Nachahmung auf photographischem Wege die größten Schwierigkeiten darbieten; denn
                                 die für das Auge hellsten Farben würden in der Copie die düstersten Farben
                                 erzeugen; während die dunkelsten Farben des Originals, wie das Blau, Dunkelblau
                                 und Violett, kaum wiedergegeben oder nur sehr schwach angezeigt würden. Es ist
                                 ein sehr glücklicher Umstand, daß die Photographie, während sie einerseits den
                                 Fälschern es möglich macht ihre gefährliche Industrie auszuüben, uns
                                 andererseits auch die Mittel liefert, deren Bemühungen fruchtlos zu machen. In
                                 der That ist dieses sehr leicht. Die Bank von England braucht nur ihre Noten,
                                 anstatt sie bloß in Schwarz und Weiß zu drucken, mit vielfarbigen Dessins
                                 verzieren zu lassen, um jede photographische Nachahmung derselben zu
                                 vereiteln.“
                              
                           
                              „Hinsichtlich der Wassermarken im Papierzeug habe ich die wichtige
                                 Bemerkung zu machen, daß dieselben zwar scheinbar mit großer Treue abgebildet
                                 werden, in der That aber die beste Garantie gegen die photographische Nachahmung
                                 der Noten sind. Dieß läßt sich sehr einfach auf folgende Weise erklären: die
                                 Linien welche diese Marken bilden und die Doppelstriche welche die Buchstaben
                                 zeichnen, sind dünner als das übrige Papier, und wegen dieses Unterschieds in
                                 der Dicke werden die Zeichnungen und die Buchstaben sichtbar. Diese Sichtbarkeit
                                 besitzt aber eine merkwürdige Eigenthümlichkeit: die dünnsten Theile erscheinen
                                 im reflectirten Licht dunkler als die dicken Theile, während beim durchgehenden
                                 Licht gerade das Gegentheil stattfindet. Obgleich nun die Talbotypie gestattet,
                                 den Effect des durchgehenden Lichts auf die vollkommenste Weise durch Contact zu
                                 copiren, kann sie doch nicht gleichzeitig den entgegengesetzten Effect der
                                 Reflexion wiedergeben, weil die Sichtbarkeit der Wassermarke in der
                                 photographischen Copie nicht von einem Unterschied in der Dicke der Papiermasse
                                 herrührt, sondern von einem Unterschied im Farbenton, nämlich von einer helleren
                                 Nüance als Folge der Ungleichheit der chemischen Wirkung, welche um so
                                 schwächer ist je dicker das Papier ist. Das wahre Mittel die Banknote zu
                                 controliren, ist also dieses: wenn man eine achte Banknote vertical zwischen das
                                 Auge und das Licht hält, so erscheinen die im Innern des Papiers befindlichen
                                 Buchstaben und Ziffern (der Wassermarke) Heller als der Grund des Papiers;
                                 betrachtet man die Note aber horizontal bei reflectirtem Licht, so erscheinen
                                 dieselben im Gegentheil dunkler. Es ist unmöglich diesen doppelten Effect durch
                                 einen photographischen nachzuahmen, und der Betrug kann also durch diesen so
                                 einfachen Versuch leicht entdeckt werden.“
                              
                           
                              „In dem Artikel der Times, auf welchen sich
                                 meine Bemerkungen beziehen, theilt der Verfasser einen Vorschlag mit, welcher
                                 mir in seinen Resultaten nicht sicher genug scheint; derselbe würde ohne Zweifel
                                 genügen, um die Nachahmung der Note mittelst des vom Verfasser angegebenen
                                 photographischen Verfahrens zu verhindern (welches darin besteht, durch directen
                                 Contact zu copiren um ein negatives Bild zu erhalten, wovon man hernach ein
                                 positives macht, das die falsche Banknote bildet); aber fraglicher Vorschlag
                                 schließt nicht die Möglichkeit aus, gleich anfangs ein positives Bild in der camera obscura zu erhalten; ich meine nämlich die
                                 Idee, die Noten in Blau auf gelbem Papier zu drucken. Dieß würde, anstatt das
                                 Nachmachen zu verhindern, es bedeutend erleichtern und vereinfachen, denn der
                                 Fälscher braucht bloß die Banknote in der camera
                                    obscura auf ein gelbes Papier zu copiren, ähnlich demjenigen der
                                 Banknote und welches die chemische Operation nicht verändert, oder auf ein
                                 weißes Papier das er hinter drein färbt. In diesem Falle wäre nämlich die als
                                 Original dienende Banknote das negative Bild, und die Copie das positive, denn
                                 das gelbe Papier würde auf der empfindlichen Schicht gar keine Wirkung
                                 hervorbringen, und das Blau der Buchstaben und Dessins gäbe das gewöhnliche
                                 Sepiabraun, welches durch einige chemische Agentien leicht in Schwarz umgeändert
                                 werden könnte. Aus diesem Grunde glaube ich, daß die beste Maßregel darin
                                 besteht, die Banknoten auf das bisher angewandte weiße Papier zu drucken, aber
                                 mit einem Dessin in mehreren Farben.“
                              
                           
                              „Die in jenem Artikel vorkommende Idee, einige Worte oder einige
                                 Verzierungen auf die Rückseite der Noten zu drucken, würde gar keinen Vortheil
                                 gewähren, denn, angenommen man copirt die Banknote in der camera obscura, so wird Alles was sich auf ihrer Vorderseite befindet,
                                 unmittelbar eben so gut copirt wie Alles was man durch ihre halbdurchsichtige
                                 Masse hindurch sehen kann; was auf der Rückseite vorhanden wäre, würde an Stärke
                                 und Klarheit verlieren, wenn man es durch die Dicke des Papiers betrachtet,
                                 genau auf dieselbe Weise wie es dem Auge erscheint. Die Nothwendigkeit (bei meinem Vorschlag)
                                 mehrere gravirte Platten zum Drucken der Farben anzuwenden, würde allerdings die
                                 Kosten bei der Fabrikation der Banknoten bedeutend vergrößern, aber man würde
                                 auf diese Weise nicht nur die photographische Nachahmung verhindern, sondern
                                 zugleich diejenige mittelst des Stichs schwieriger machen.“
                              
                           
                              „Man sieht also, daß die jetzt viel besprochene Gefahr bloß ein
                                 unbegründeter Lärm ist, denn die Unmöglichkeit auf photographischem Wege den
                                 doppelten Effect wiederzugeben, welchen die Buchstaben und die Ziffern der
                                 Wassermarke beim reflectirten oder durchgehenden Licht hervorbringen, liefert
                                 eine vollkommen hinreichende Garantie, nachdem die Bank und das Publicum auf
                                 diese sichere Probe aufmerksam gemacht worden sind; und wenn der Fälscher weiß,
                                 daß eine photographisch nachgemachte Banknote von Jedermann auf den ersten Blick
                                 erkannt werden kann, so wird er sich nicht mehr den Folgen seiner strafbaren
                                 Industrie aussetzen wollen.
                              
                           
                              A.
                                    Claudet,    
                                             Mitglied
                                 der Royal Society zu London.“
                              
                           Den 10. Octbr. 1853.