| Titel: | Ueber die Verfälschung des Thees. | 
| Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. LXXVI., S. 311 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXXVI.
                        Ueber die Verfälschung des Thees.
                        Im Auszug aus dem Journal
                              Bonplandia, 1853, Nr.
                              1.
                        Ueber die Verfälschung des Thees.
                        
                     
                        
                           Man kann zweierlei Arten von Theeverfälschung unterscheiden, nämlich die Beimengung
                              fremdartiger Stoffe zum ächten Thee, und den Verkauf eines aus andern Substanzen
                              bereiteten Products als Thee.
                           Zu Canton und in dessen Umgegend wird der Thee mit Curcumä, Gyps, Indigo, oft auch
                              mit Berlinerblau gefärbt. Der grüne Thee verdankt seine Farbe nur folgender, von
                              John F. Davis
                              The Chinese, t. III p. 244. beschriebenen Zubereitung.
                           
                           Der nicht präparirte Thee wird nach Canton gebracht, wo man ihn reinigt. Frauen und
                              Kinder säubern ihn von den kleinen Zweigen, Samen und andern Unreinigkeiten. Die
                              einzigen Sorten, welche man natürliche nennen kann, sind diejenigen welche durch das
                              Sammeln der Blätter zu verschiedenen Jahreszeiten erhalten werden; alle andern
                              Sorten werden künstlich gewonnen. Eine gewisse Menge Bohea
                                 Souchong z.B., erzählt Davis, wurde in eine
                              eiserne Pfanne gebracht, welche auf einem gelinden Feuer stand, die Blätter behufs
                              ihrer gleichförmigen Erhitzung umgerührt und dann auf 20 Pfund Thee ein Löffel voll
                              Gyps, ebenso viel Curcumä und 2 bis 3 Löffel voll Indigo zugesetzt. Der Thee erhielt
                              sogleich eine grünlich-blaue Farbe; er wurde noch etliche Minuten umgerührt
                              und dann die Pfanne vom Feuer genommen. Die Blätter hatten sich natürlich durch die
                              Wärme zusammengezogen und verschiedene Formen und Größen angenommen, worauf sie
                              durch Sieben sortirt wurden.
                           Die kleinen länglichen Blätter fielen durch das erste Sieb; dieß ist die mit dem
                              Namen Young Haysan bezeichnete Sorte. Die andern Blätter,
                              welche eine körnige abgerundete Form angenommen hatten, gingen durch ein zweites
                              Sieb; diese werden unter dem Namen Choo-Cha oder Schießpulverthee
                              verkauft.
                           Der schwarze Thee und namentlich die mit dem Namen Congo
                              und Souchong bezeichneten Varietäten sind die reinsten.
                              Von 35 Mustern waren 23 rein und nur 12 verfälscht. Diese letzteren gehörten zu den
                              Sorten von angenehmem Geruch, welche mit dem Namen Pecco
                              und Caper, Chulan und schwarzes
                                 Schießpulver bezeichnet werden. Die Verfälschung bestund darin, daß die
                              Blätter mit gepulvertem Graphit oder Glimmerschiefer, oder mit Indigo und Curcumä
                              gefärbt waren.
                           Die Sorten Congo und Souchong
                              sind also die reinsten, während die wohlriechenden Sorten und der grüne Thee fast
                              immer verfälscht sind.
                           In England gibt es Fabriken, welche die durch das Aufgießen schon erschöpften Blätter
                              aufkaufen und in der Weise behandeln, daß sie vom ächten Thee kaum mehr
                              unterschieden werden können. Im Jahr 1843 befanden sich in London allein acht solche
                              Fabriken, einige andere im vereinigten Königreich nicht gerechnet. Der schon einmal
                              aufgegossene Thee wurde in den Gast- und Kaffeehäusern etc. um 2 1/2 bis 3
                              Pence per Pfund gekauft; diese Blätter wurden in eine
                              Gummilösung getaucht, wieder getrocknet und dann, je nachdem man den grünen oder
                              schwarzen Thee nachahmen
                              wollte, mit verschiedenen Pigmenten behandelt; dem so erhaltenen Producte wurden
                              endlich wohlriechende Stoffe zugesetzt. Diese Fabrication geschah im Großen, und die
                              Verkäufer im Detail, weit entfernt mitschuldig zu seyn, waren die ersten Opfer
                              dieser Betrügerei. Auch jetzt noch scheint dieser Betrug heimlich fortbetrieben zu
                              werden.
                           Eine andere Verfälschung ist die Verwandlung der Blätter von jungen Ulmen,
                              Roßkastanienbäumen, Weiden, Pappeln, Weißdorn und mehreren andern adstringirenden
                              Gewächsen, in Thee. Dieses betrügerische Verfahren ist wahrscheinlich eines der
                              ältesten.
                           Endlich kommt noch eine Verfälschung des Thees vor, welche darin besteht, seinen
                              eigenen Staub, welcher sich am Boden der Kisten sammelte, in Form kleiner Stücke
                              zusammenzukleben. Diesen Betrug begehen die Chinesen selbst, und nennen in ihrer
                              Aufrichtigkeit solchen Thee Liethé oder falschen Thee. Er wird selten für sich allein, sondern
                              gewöhnlich andern geringeren Sorten beigemengt, verkauft; doch gelangt er manchmal
                              in Massen nach Europa.