| Titel: | Ueber die Anwendung des gebrannten Kalks statt des rohen Kalksteins bei dem Betriebe der Kohkshohöfen auf der Königshütte in Oberschlesien; von dem k. Hütten-Inspector Eck. | 
| Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. LXXXV., S. 349 | 
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                        LXXXV.
                        Ueber die Anwendung des gebrannten Kalks statt
                           des rohen Kalksteins bei dem Betriebe der Kohkshohöfen auf der Königshütte in
                           Oberschlesien; von dem k. Hütten-Inspector Eck.
                        Aus Karsten's und v. Dechen's
                              Archiv für Mineralogie etc., Bd.
                              XXV S. 436.
                        Eck, über die Anwendung des gebrannten Kalks bei
                           Kohkshohöfen.
                        
                     
                        
                           Die sehr günstigen Resultate von der Anwendung des gebrannten Kalks statt des rohen
                              Kalksteins bei dem Hohofenbetriebe zu Augrée, welche die HHrn. Montefiore Levi und Emil Schmidt veröffentlichten
                              (polytechn. Journal Bd. CXIX S. 353), gaben
                              die Veranlassung zu einer nochmaligen Wiederholung des hierüber bereits vor 12
                              Jahren zu Königshütte angestellten Versuchs, welcher zwar den gehegten Erwartungen
                              keineswegs entsprochen hatte, jedoch, als nur zu kurze Zeit fortgesetzt, jetzt,
                              nachdem man auf jenem Hütten-Etablissement so günstige Resultate erlangt hat,
                              nicht mehr als maaßgebend betrachtet werden konnte.
                           Der jetzige Versuch und Gegenversuch dauerte im Ganzen fünf Monate, in welcher Zeit
                              man zwei Hohöfen abwechselnd mit rohem und mit gebranntem Kalk betrieb, so daß für
                              jeden der beiden Hohöfen ein zehnwöchentlicher Betrieb mit gebranntem Kalk und als
                              Gegenversuch ein zehnwöchentlicher Betrieb mit rohem Kalkstein stattgefunden
                              hat.
                           Es bedarf kaum der Erwähnung, daß beide Hohöfen unter ganz gleichen Verhältnissen
                              hinsichtlich der Beschaffenheit der Erze, der Kohks, sowie der Windführung betrieben
                              worden sind, und daß man bei jedem der beiden Oefen auch einen gleichen Grad des
                              Gaargangs zu erhalten suchte.
                           Zuvörderst bestimmte man den beim Brennen des Königshütter Kalksteins stattfindenden
                              Gewichtsverlust, welcher sich im Durchschnitt zu 38 Procent ergab. Diesem
                              entsprechend waren 100 Theile des genannten Kalksteins 62 Theilen des gebrannten
                              Kalks gleich zu setzen, wogegen man aber von letzterem beim Betriebe des Hohofens
                              2/3 des Gewichts vom rohen Kalkstein anwendete, theils weil beim Brennen des Kalks
                              im Großen einzelne Stücke nicht vollkommen gaar gebrannt ausfallen, theils weil der
                              gebrannte Kalk bis zu dessen Verwendung etwas Wasser aus der Luft anzieht. Bei einem
                              durchschnittlichen Zuschlag von 30 Procent rohen Kalksteins zu Erzgattirung betrug
                              mithin der des gebrannten Kalks nur 20 Procent.
                           
                           Die Resultate hinsichtlich des Kohksverbrauchs, so wie der Roheisenproduction,
                              stellten sich bei beiden Hohöfen wie folgt:
                           I. Bei dem Wedding-Hohofen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 130, S. 350
                              
                                 
                                 1 Tonne = 7 1/9 rhein. Kubikfuß.
                                 
                              a. Mit rohem Kalkstein; b. Mit
                                 gebranntem Kalk; Im Monat Januar bis zur Mitte Februars und im Monat Mai 1852;
                                 Von der Mitte des Monats Februar bis zum Ende des Monats April 1852; Wochenzahl;
                                 Kohksverbrauch; Roheisenproduction; Tonnen.; Cntr.; Pfund
                              
                           Das Roheisen war bei beiden Versuchsschmelzen ein vollkommen graues mit grobkörnig
                              glänzendem Gefüge, wie es auf Königshütte in der Regel zur Verpuddelung erblasen
                              wird. Der Kohksverbrauch zu 100 Pfd. Roheisen betrug durchschnittlich:
                           a) Bei dem Betriebe des Hohofens mit rohem Kalkstein
                              7,35 Kubikfuß à 31 Pfd. = 228 Pfd.
                           b) Bei dem Betriebe mit gebranntem Kalk 7,2 Kubikfuß =
                              223 Pfund,
                           mithin betrug beim Betrieb mit letzterem die Kohksersparniß
                              etwa 2,2 Procent.
                           Die Mehrproduction berechnet sich zu 3,3 Procent bei der Anwendung des Kalks im
                              gebrannten Zustande.
                           
                           II. Bei dem Heinitz-Ofen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 130, S. 351
                              a. Mit rohem Kalkstein; b. Mit
                                 gebranntem Kalk; Von der Mitte des Monats Februar bis zum Ende des Monats April
                                 1852; Im Monat Januar bis zur Mitte Februars und im Monat Mai 1852; Wochenzahl;
                                 Kohksverbrauch; Roheisenproduction; Tonnen; Cntr.; Pfund
                              
                           Der Kohksverbrauch für 100 Pfund Roheisen betrug hiernach durchschnittlich:
                           a) Bei dem Betriebe des Hohofens mit rohem Kalkstein
                              7,33 Kubikfuß = 227 1/4 Pfd.
                           b) Bei dem Betriebe mit gebranntem Kalk 7,04 Kubikfuß =
                              218 1/4 Pfund;
                           hiernach betrug bei dem letzteren die Ersparniß an Kohks 4
                              Procent.
                           Die Mehrproduction an Roheisen bei dem Betriebe mit gebranntem Kalk berechnet sich
                              auf 2,4 Procent.
                           Als Durchschnittsresultat ergibt sich für beide Hohöfen zusammen bei der Anwendung
                              des gebrannten Kalks:
                           1) eine Ersparniß an Kohks von 3,1 Proc. und
                           2) eine Mehrproduction an Roheisen von 2,85 Proc.
                           Es wird sich aber für die Ersparungen an Brennmaterial und für die Mehrproduction an
                              Roheisen auf verschiedenen Hüttenwerken auch stets ein verschiedenes Resultat
                              herausstellen und zwar theils nach dem der Beschaffenheit der Eisenerze angemessenen
                              Verhältniß des Kalkzuschlags, theils nach dem Verhältniß des beim gewöhnlichen Betriebe
                              stattfindenden Kohlenverbrauchs für 100 Pfd. Roheisen.
                           So sind z.B. die auf Königshütte erlangten Resultate auffallend ungünstiger als
                              diejenigen, welche man in Ougrée erhalten hat. Dort hat nämlich
                              durchschnittlich bei einem sechsmonatlichensechsmonatlicheu Betriebe mit gebranntem Kalk die Kohksersparniß nicht weniger als 9,6
                              Proc. und die Vermehrung der Roheisenproduction sogar 23 Proc. betragen.
                           Für diese sehr bedeutende Ersparung an Kohks ist aber zu berücksichtigen:
                           1) Daß in Ougrée der Zuschlag an rohem Kalkstein durchschnittlich 40 Proc.,
                              hier dagegen nur 30 Proc. beträgt, wodurch also in Ougrée zur Umwandlung der
                              um 1/3 größeren Menge von Kohlensäure in Kohlenoxydgas um so viel mehr Kohle
                              consumirt wird, abgesehen von der im gleichen Verhältniß sich steigernden Abkühlung
                              des Ofens durch die Entwickelung der Kohlensäure selbst, indem diese aus dem festen
                              in den gasförmigen Zustand übergeht. Hierdurch allein reducirt sich die angegebene
                              Ersparung an Kohks von 9,6 Proc. bei dem Königshütter-Betriebe auf 3/4,
                              mithin auf 7,2 Procent.
                           2) Daß in Ougrée zu der Darstellung von weißem Roheisen, der fonte d'affinage, zu 100 Pfd. desselben durchschnittlich
                              nur 156 Pfd. Kohks bei der Anwendung von rohem Kalkstein verbraucht werden, während
                              zu Königshütte bei der Erzeugung von grauem Roheisen, wie diese durch die dasigen
                              Betriebsverhältnisse bedingt ist, durchschnittlich 227 1/2 Pfd. Kohks erforderlich
                              sind.
                           Die bei der Anwendung von gebranntem Kalk erwachsende Kohksersparniß vertheilt sich
                              mithin bei dem Königshütter Betriebe auf ein bedeutend größeres Verbrauchsquantum an
                              Kohks und die ad 1 auf 7,2 Proc. reducirte
                              Kohksersparniß vermindert sich fernerweit im Verhältniß jenes verschiedenen
                              Kohlenverbrauchs von 156 : 227 1/2 = 100 : 146 auf (7,2 . 100)/146 = 4,9 Procent,
                              wogegen die wirkliche Kohksersparniß auf Königshütte nur 3,1 Proc. betragen hat.
                           Diese Differenz ist indeß nicht sehr bedeutend, und ließe sich wohl dadurch erklären,
                              daß, bei der mulmigen Beschaffenheit der Königshütter Erze, die durch die
                              Gebläseluft sich bildenden reducirenden Gase nicht so kräftig in die
                              Beschickungsmasse einwirken, als bei den belgischen Hohöfen, und daß daher auf
                              Königshütte zur Reduction der Erze, und zwar vorzugsweise bei der Anwendung des
                              gebrannten Kalks, ein Theil der Kohle selbst zur Reduction unmittelbar in Anspruch
                              genommen wird, während bei der Anwendung des rohen Kalksteins das im Innern der
                              Beschickungsmasse durch
                              Mitwirkung der Kohle sich erzeugende Kohlenoxydgas die Stelle der Kohle als
                              Reductionsbeförderungsmittel vertritt, so daß hiernach die durch den rohen Kalk
                              herbeigeführte Kohlenoxydgasbildung bei dem Königshütter Betriebe nicht ganz so
                              nutzlos seyn würde als bei den belgischen Oefen, bei welchen die durch die
                              Gebläseluft sich erzeugenden reducirenden Gase die lockere Beschickungsmasse stark
                              genug durchdringen, um die Reduction der Erze in einem höhern Grade zu vermitteln.
                              Der Nachtheil des Kohlenverbrauchs zur Bildung von Kohlenoxydgas aus der Kohlensäure
                              des Kalksteins würde hiernach durch die Verwendung jenes Gases zur Reduction der
                              Erze in gewissem Grade ausgeglichen werden.
                           Außerdem findet aber auf Königshütte wie zu Ougrée bei Anwendung des rohen
                              Kalksteins auch dadurch ein größerer Kohlenverbrauch für 100 Pfd. Roheisen statt,
                              daß bei der Entwickelung der Kohlensäure aus dem Kalkstein eine gewisse Quantität
                              von Wärme gebunden und mit der größeren Gasmenge, welche sich im Ofen erzeugt, auch
                              ein größeres Wärmequantum nutzlos zur Gicht hinausgeführt wird. Es scheint fast, daß
                              bei dem Königshütter Betriebe der Mehrverbrauch an Kohks, bei der Anwendung von
                              rohem Kalkstein, hauptsächlich hierin begründet sey, und daß dieser Erfolg bei den
                              belgischen Oefen in einem ungleich geringeren Grade eintritt. Die noch bedeutendere
                              Differenz bei der Anwendung des gebrannten Kalks hinsichtlich der Mehrproduction an
                              Roheisen zwischen Königshütte und Ougrée, ist dagegen nicht leicht zu
                              erklären, wenn auch an letzterer Stelle das Gewicht der Erzsätze in dem Verhältniß
                              der um 6,5 Procent höhern Ersparung an Kohks höher gesteigert worden ist als auf
                              Königshütte. Der Gichtenwechsel ist an letztgenanntem Orte bei gebranntem Kalk im
                              Durchschnitt fast derselbe gewesen wie bei rohem Kalkstein, während in Ougrée
                              bei der Anwendung von gebranntem Kalk ein viel lebhafterer Gichtenwechsel
                              stattgefunden hat.
                           Die zu Königshütte erlangten pecuniären Vortheile sind nur sehr gering und betragen
                              für einen Centner Roheisen etwa 3 Pfennige, wenn die zum Brennen des Kalks
                              verwendeten Cinder (kleine Kohks) nur mit den Reinigungskosten berechnet werden. Es
                              schwindet dieser Gewinn aber gänzlich in der Zeit, wo sich Gelegenheit darbietet,
                              die Cinder zu dem bestehenden Verkaufspreise abzusetzen, wie dieß im Winter öfters
                              der Fall ist.
                           Ob mithin überhaupt ein Vortheil von der Anwendung des gebrannten Kalks auf irgend
                              einem Hüttenwerk zu erlangen ist oder nicht, wird sowohl von den Betriebsresultaten,
                              die sich, wie schon bemerkt, für jedes Hüttenwerk anders stellen, als auch, wie sich
                              von selbst versteht, von
                              dem Werth des zum Brennen des Kalksteins anzuwendenden Brennmaterials, wenn nicht
                              etwa die Hohofen-Gichtgase selbst dazu benutzt werden, abhängig seyn.
                           Es bleibt nur noch zu erwähnen, daß das bei der Anwendung von gebranntem Kalk
                              erblasene Roheisen, bei der Verpuddelung und Verarbeitung zu Stabeisen, ein eben so
                              gutes Product geliefert hat als das bei rohem Kalkstein erblasene Roheisen.