| Titel: | Ueber die Letoret'schen gläsernen Apparate, welche die Woolf'schen Flaschen in den chemischen Laboratorien ersetzen; von Hrn. Jacquelain. | 
| Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. CII., S. 414 | 
| Download: | XML | 
                     
                        CII.
                        Ueber die Letoret'schen gläsernen Apparate, welche die
                           Woolf'schen Flaschen in
                           den chemischen Laboratorien ersetzen; von Hrn. Jacquelain.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, August 1853, S. 471.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Jacquelain, über die Letoret'schen gläsernen Apparate, welche die
                           Woolf'schen Flaschen ersetzen.
                        
                     
                        
                           Wenn man bei der Bereitung eines Gases dasselbe behufs seiner Reinigung durch
                              verschiedene Flüssigkeiten circuliren lassen muß, benutzt man dazu allgemein den
                              sogenannten Woolf'schen Apparat. Soll die vollständige
                              Auflösung eines Gases in ein und demselben Lösungsmittel erzielt werden, oder
                              beabsichtigt man die Gase auf mehrere Flüssigkeiten nach einander reagiren zu
                              lassen, so muß man ebenfalls den Woolf'schen Apparat
                              anwenden. Alle Chemiker sind einerlei Meinung hinsichtlich der wichtigen Dienste
                              welche uns dieser Apparat geleistet hat, wie sie gegenwärtig allgemein anerkennen,
                              daß der Liebig'sche Kaliapparat die Elementaranalyse
                              organischer Körper bedeutend erleichtert hat.
                           Das Herrichten des Woolf'schen Apparats erfordert übrigens
                              Geduld und Geschicklichkeit. Bekanntlich besteht der ältere derartige Apparat aus
                              einer Reihe von Flaschen mit einer, zwei oder drei Oeffnungen (Hälfen), welche man
                              durch zweimal winkelrecht gebogene Glasröhren mit einander verbindet, deren kurzer
                              Schenkel in die Atmosphäre einer Flasche taucht, wogegen der lange Schenkel meistens
                              in die Flüssigkeit der folgenden Flasche taucht. Durch die Oeffnung in der Mitte
                              jeder Flasche wird eine gerade Röhre bis unter den Flüssigkeitsspiegel eingesetzt,
                              welche als Sicherheitsröhre dient. Wenn der Apparat aus einer Reihe von sechs
                              Flaschen mit drei Hälsen besteht, hat man also achtzehn Pfropfen zu durchbohren und
                              dieselben sowohl den Röhren, welche hindurchgesteckt werden, als den betreffenden
                              Flaschenhälsen anzupassen. Nachdem diese vorläufige Arbeit beendigt ist, bringt man den
                              Gasentwickelungsapparat mit den Flaschen in Verbindung; man treibt jeden Pfropf in
                              seinen Hals, wobei die winkelrecht gebogenen Glasröhren nicht selten brechen, weil
                              die Flaschenhälse nicht parallel sind, so daß ein Theil der Arbeit neuerdings
                              ausgeführt werden muß. – Man kann die Flaschen mit drei Hälsen durch solche
                              mit einer einzigen Oeffnung ersetzen, wenn diese weit genug ist zur Aufnahme eines
                              Pfropfs, welcher mit drei ganz cylindrischen und stets mit einander parallelen
                              Löchern versehen ist. – Später ersetzte man die Korkpfropfe durch Kegel von
                              Kautschuk, und in diesem Falle mußte man 18 solche Kegel anfertigen und mit Schnüren
                              36 Verbände machen. – Endlich zog man es vor, die Korkpfropfe beizubehalten,
                              den horizontalen Schenkel jeder Verbindungsröhre in zwei Theile zu zerschneiden und
                              die zwei Enden durch eine eingeschaltete Kautschukröhre zu vereinigen, wobei außer
                              den 18 Pfropfen 5 Kautschukröhren und 10 Verbände erforderlich sind. Mittelst dieser
                              sehr biegsamen gegliederten Röhren kann man allerdings den Woolf'schen Apparat stets ohne Unfall zusammensetzen.
                           Ich glaube mich nicht weit von der Wahrheit zu entfernen, wenn ich behaupte, daß man
                              zum Herstellen eines solchen Apparates wenigstens eine Stunde Zeit braucht; daß die
                              Auslagen für Pfropfe und Zugehör sich auf 3 Franken belaufen, wenn man nur Korke für
                              15 Centimes das Stück verwendet und die Anwendung eines fetten Kitts ersparen will.
                              Dazu kommt noch, daß Korke welche mit Salzsäure, Bromwasserstoff-,
                              Jodwasserstoffsäure, schwefliger Säure, Salpetersäure, Chlor, Brom, Jod etc.
                              imprägnirt wurden, nur dann zu denselben Operationen wieder verwendet werden können,
                              wenn sie nicht zu sehr angegriffen wurden.
                           Dieß sind in der Hauptsache die Vortheile und Nachtheile des Woolf'schen Apparats.
                           Ich will nun die neuen Gefäße beschreiben, welche Hr. Letoret, Bergwerks-Ingenieur und
                              Professor der Chemie an der Centralschule zu Brüssel, anstatt der Woolf'schen Flaschen anzuwenden vorschlägt.
                           Jeder Apparat, welcher einer Woolf'schen Flasche
                              entspricht, besteht aus drei Stücken von Glas: einem ersten cylindrischen Gefäß, außerhalb der zwei anderen,
                              welches an seinem Umfang drei Ausbauchungen mit Ruthen (kranzförmigen Vertiefungen)
                              senkrecht auf seine Basis hat; einem zweiten Gefäß,
                              welches sich in der Mitte befindet und an seinem Umfang ebenfalls drei senkrechte
                              Nuthen hat, die aber eingezogen und den vorhergehenden gegenüber angebracht sind;
                              endlich einem dritten, dazwischen befindlichen Gefäß,
                              welches man über das zweite stürzt, damit es ihm als Glocke oder hydraulischer
                              Verschluß dient.
                           
                           In das äußere Gefäß bringt man die Flüssigkeit, welche man anwendet um jede
                              Verbindung zwischen der äußern Luft und der Atmosphäre des in der Mitte befindlichen
                              Gefäßes abzusperren (Chlorcalciumlösung, Quecksilber etc.); in das mittlere Gefäß
                              gibt man die Flüssigkeit welche das Gas auflösen muß.
                           Diese Apparate oder dreifachen Gefäße verbindet man mit einander durch die
                              gewöhnlichen zweimal winkelrecht gebogenen Glasröhren, deren verticale Schenkel aber
                              auf eine sinnreiche Weise abgeändert sind. Während nämlich das Ende des einen dieser
                              Schenkel parallel wieder aufsteigt, in den zwischen den entgegengesetzten Nuthen
                              befindlichen Raum taucht, und das Gas am obern Theil des centralen Gefäßes zur
                              Linken aufnimmt, ist der andere Schenkel zweimal parallel umgebogen, steht in dem
                              von den Nuthen eingeschlossenen Raum des folgenden Apparats, taucht aber überdieß in
                              die Flüssigkeit seines centralen Gefäßes.
                           Der dritte zwischen Nuthen befindliche Raum ist für die Sicherheitsröhre bestimmt,
                              und kann auch benutzt werden um ein solches Gefäß mit einem andern Apparat zu
                              verbinden.
                           Ein aus sechs Letoret'schen Flaschen bestehender Apparat
                              erfordert daher weder Korke, noch Kautschukröhren, noch Schnüre für Verbände; drei
                              Minuten reichen hin, um ihn aufzustellen und in Gang zu setzen; man erspart folglich
                              im Vergleich mit dem Woolf'schen Apparat nicht
                              unbedeutende Kosten und Zeit.
                           Die Flüssigkeit welche als hydraulischer Verschluß dient, kann nach den Umständen
                              eine verschiedene seyn. Anstatt bloßen Wassers dürfte eine neutrale und concentrirte
                              Auflösung von Chlorcalcium oder von schwefelsaurer Bittererde stets vorzuziehen seyn
                              für das Wasserstoffgas, Kohlenoxydgas und kohlensaure Gas, für das
                              Stickoxydul- und Stickoxydgas, für das ölbildende und Sumpfgas; dagegen wird
                              man eine Quecksilberschicht wählen müssen für die sehr löslichen, farblosen,
                              rauchenden oder riechenden Gase, wie die Chlorwasserstoff-,
                              Bromwasserstoff- und Schwefelwasserstoffsäure, das kieselflußsaure,
                              schwefligsaure und Ammoniakgas, das Cyan etc.
                           Eine Schwierigkeit zeigt sich jedoch hinsichtlich der auflöslichen und schädlichen
                              gefärbten Gase, wie Chlor, chlorige und unterchlorige Säure, wegen ihrer
                              Auflöslichkeit in Wasser. Offenbar würden die erwähnten Salzlösungen im äußern Gefäß
                              eine kleine Menge dieser Gase auflösen und sie folglich in der Umgebung des Apparats
                              verbreiten. In diesem Fall muß man daher jene Flüssigkeiten durch eine schwache
                              Auflösung von Aetzkali oder Aetznatron ersetzen.
                           
                           Die Glocke oder das Absperrgefäß muß man mit einer kleinen Bleischeibe beschweren,
                              welche der innern Spannkraft das Gleichgewicht hält, besonders wenn man für den
                              hydraulischen Verschluß Quecksilber anwendet.
                           Die Letoret'schen Gefäße, welche in den meisten Fällen die
                              Woolf'schen Flaschen mit Vortheil ersetzen können,
                              werden wohl in den chemischen Laboratorien bald Eingang finden; gegenwärtig kostet
                              ein solches Gefäß bei Hrn. Capellemans in Brüssel 3 Fr. 50 C., wahrscheinlich wird dieser Preis
                              aber auf 1 Fr. vermindert werden, was (in Frankreich) derjenige einer Woolf'schen Flasche von gleichem Inhalt ist.
                           Das Letoret'sche Gefäß läßt sich überdieß in einem
                              besondern Fall benutzen, für welchen die Woolf'sche
                              Flasche nicht angewandt werden kann. Angenommen man wolle Kohlensäure bereiten und
                              damit Bicarbonate in einer Reihe Letoret'scher Gefäße
                              darstellen, ohne den Apparat und das Zusetzen der Säure überwachen zu müssen. Man
                              gießt in das äußere Gefäß verdünnte Salzsäure, stellt dann in die Mitte dieses
                              Gefäßes einen Träger von gebrannter Erde, und auf letztern eine Art Durchschlag von
                              Porzellan, mit Marmorstücken gefüllt, welchen man sogleich mit einem Absperrgefäß
                              bedeckt, das mit einer Bleischeibe gehörig belastet wird. Die Kohlensäure beginnt
                              unverzüglich sich reichlich zu entwickeln; wenn dann die Absorption des Gases
                              langsamer geht als seine Erzeugung, und wenn die Säule von verdünnter Salzsäure mehr
                              als hinreichend ist um dem innern Druck im ganzen Apparat das Gleichgewicht zu
                              halten, so sinkt die Flüssigkeit unter dem Absperrgefäß, verläßt den Marmor, und die
                              Entwickelung von Kohlensäure hört auf, um wieder zu beginnen sobald der innere Druck
                              geringer als derjenige der Atmosphäre geworden ist.
                           
                        
                           Erklärung der Abbildungen.
                           Fig. 1 ist ein
                              senkrechter Durchschnitt eines Letoret'schen Apparats,
                              nach cd in Fig. 2.
                           A, äußeres Gefäß welches die Flüssigkeit für den
                              hydraulischen Verschluß enthält;
                           B, Gefäß in der Mitte, das die Flüssigkeit enthält
                              welche das Gas auflösen muß.
                           C, das zwischen beiden befindliche Gefäß welches zur
                              Absperrung dient.
                           D Bleischreibe, um letzteres Gefäß zu beschweren.
                           
                           E, Theil der Röhre welche das Gas aus einem
                              vorhergehenden Apparat in die Flüssigkeit des folgenden centralen Gefäßes
                              leitet.
                           F, anderer Theil der Röhre welche das überschüssige Gas
                              aus dem mittlern Gefäß in dasjenige des folgenden Apparats leitet.
                           Fig. 2,
                              horizontaler Durchschnitt eines Letoret'schen Apparats,
                              nach ab in Fig. 1.
                           Fig. 3, die
                              Sicherheitsröhre für diese Apparate, besonders dargestellt.
                           Fig. 4,
                              Anordnung eines Letoret'schen Apparats zum Bereiten von
                              Wasserstoffgas.
                           Fig. 5,
                              Anordnung eines solchen Apparats zur Darstellung der Bicarbonate von Kali, Natron
                              oder Ammoniak.
                           Fig. 6,
                              Anordnung des Apparats zur Darstellung flüssigen Ammoniaks.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
