| Titel: | Ueber das Murexid-Roth auf Wolle; von Hrn. Albert Schlumberger. | 
| Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XIII., S. 54 | 
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                        XIII.
                        Ueber das Murexid-Roth auf Wolle; von Hrn.
                           									Albert
                              								Schlumberger.
                        Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 										Mulhouse, 1854, Nr. 123.
                        Schlumberger, über das Murexid-Roth auf Wolle.
                        
                     
                        
                           Liebig und Wöhler haben vor
                              									einigen Jahren einen neuen Farbstoff untersucht, welchen die Harnsäure liefert, und
                              										Dr. Sacc versuchte dann
                              									denselben zum Färben der Wollenzeuge anzuwenden; als er nämlich die Harnsäure nach
                              									dem von jenen Chemikern empfohlenen Verfahren, und zwar mit den unten angegebenen
                              									Vorsichtsmaßregeln, behandelte, erhielt er den unter dem Namen Alloxan bekannten Körper, welcher kleine weiße Krystalle bildet, die in
                              									Folge ihrer Umwandlung in Murexid
                              									Man betrachtete das Murexid bisher als purpursaures Ammoniak. die Haut roth färben, was Hrn. Sacc auf die
                              									Vermuthung führte, daß diese Substanz auch die Wolle färben könnte. In der That
                              									erhielt er eine Amaranthfarbe, welche ohne Vergleich schöner ist als sie die
                              									Cochenille liefert; er färbte nämlich ein Stück vorher gebeizter Wolle in einer
                              									Auflösung von Alloxan und entwickelte dann durch Behandlungen, welche ich erklären
                              									werde, die rothe Farbe. Aufgemuntert von Hrn. Sacc, habe
                              									ich über diesen Gegenstand eine Reihe von Versuchen angestellt, die ich hier
                              									mittheile.
                           Um diese Färbung hervorzubringen, kann man anstatt der reinen Harnsäure auch die im
                              									festen Harn der Schlangen enthaltene anwenden, welcher bekanntlich 75 bis 90 Procent
                              									reine Harnsäure liefert.
                           Ich will zuerst das Verfahren angeben, welches ich anwandte, um die Harnsäure in
                              									ziemlich reinem Zustand zu erhalten. Ich ließ 500 Gramme Schlangenharn in einer
                              									caustischen Lauge, welche aus 10 Litern Wasser und 1 Liter Aetznatron von 38°
                              									Baumé bestand, so lange kochen, bis sich die Substanz vollständig aufgelöst
                              									hatte, dann filtrirte ich die Flüssigkeit, welche fast bloß aus harnsaurem Natron
                              									bestand. Die klare Flüssigkeit wurde neuerdings zum Sieden erhitzt und hierauf durch
                              									einen schwachen Ueberschuß von Salzsäure gefällt. Der Niederschlag war anfangs
                              									voluminös und teigicht, wurde dann aber krystallinisch und schwer. Ich goß die klare
                              									Flüssigkeit ab und brachte die Krystalle auf ein Filter, um sie abzuwaschen und zu
                              									trocknen; ich hatte nun vollkommen weiße Harnsäure. Von den 500 Gr. Schlangenharn
                              									bekam ich 370 Gr. Harnsäure. Bei einem andern Versuch behandelte ich 900 Gramme von
                              									dem Harn der Boa (im Pariser Pflanzengarten), und erhielt daraus 82 Procent
                              									Harnsäure.
                           Folgendes Verfahren Harnsäure zu bereiten, empfahl mir Hr. Sacc:
                           Man läßt 40 Kilogr. trocknen Taubenmist mit einer Lauge, welche aus 400 Liter Wasser
                              									und 15 bis 16 Liter Aetznatron von 38° Baumé besteht, anderthalb
                              									Stunden lang kochen, dann so lange ruhig stehen, daß man decantiren kann. In diese
                              									Flüssigkeit, welche aus verschiedenen organischen Substanzen und harnsaurem Natron
                              									besteht, leitet man einen Strom Kohlensäure, so daß dieselbe in großem Ueberschuß
                              									ist. Diese Behandlung hat zum Zweck, fast sämmtliche organische Substanzen in
                              									Auflösung zu erhalten, so
                              									daß sich nur sehr wenig davon mit der Harnsäure niederschlagen kann. (Wenn man
                              									Salzsäure anstatt Kohlensäure anwendet, so fallen alle diese fremdartigen Stoffe mit
                              									der Harnsäure nieder.) Man hat dann einen teigichten, consistenten Niederschlag, der
                              									sich sehr schlecht filtrirt und aus ungefähr 20 Procent Harnsäure besteht; um ihn zu
                              									reinigen, wascht man ihn mit schwacher Schwefelsäure und behandelt ihn noch einmal
                              									oder zweimal mit Aetznatron, um dann entweder mittelst Kohlensäure oder mittelst
                              									Salzsäure die Harnsäure daraus niederzuschlagen. Die so behandelten Taubenexcremente
                              									liefern 1/72 Harnsäure. Nach diesem Verfahren erhielt ich die Harnsäure immer
                              									ziemlich gefärbt und es gelang mir nicht, sie durch Thierkohle zu entfärben; als ich
                              									das Verhältniß der Thierkohle verdoppelte, wurde alle Harnsäure von derselben
                              									absorbirt, denn ich konnte aus der durch das Filter gegangenen Auflösung keine mehr
                              									niederschlagen.
                           Ich behandelte auf diese Weise auch einige Kilogr. peruvianischen Guano, wovon sich
                              									die Harnsäure sehr leicht abschied;Bensch empfiehlt den Guano mit Potasche, Kalk und einer hinreichenden Wassermenge
                                    											längere Zeit zu kochen, zu filtriren und das Filtrat so weit einzudampfen,
                                    											bis es zu einem dicken Brei gesteht. Diesen preßt man aus, vertheilt ihn in
                                    											Wasser und zersetzt mit roher Salzsäure. Die ausgeschiedene unreine
                                    											Harnsäure wird in verdünnter Kalilauge gelöst, bis zu einem Brei abgedampft,
                                    											ausgepreßt, und das harnsaure Kali mit seinem doppelten Volum Wasser unter
                                    											beständigem Umrühren gekocht, schnell gepreßt und dieses mehrmals
                                    											wiederholt. Wenn es auf diese Art ganz weiß geworden, wird es in schwacher
                                    											siedender Kalilösung aufgelöst und mit Salzsäure zerlegt. So gewann Bensch aus 100 Pfd. Guano 2 1/4 Pfd. reiner
                                    											Harnsäure. A. d. Red. der angewandte Guano lieferte mir von derselben 4 Procent.
                           Nachdem ich nun die geeignetsten Methoden zur Bereitung der Harnsäure beschrieben
                              									habe, welche die Grundlage des uns beschäftigenden rosenrothen Farbstoffs ist, muß
                              									ich sagen wie ich mir die Substanz verschafft habe, welche das Murexid erzeugt.
                           Es gelang mir dieselbe zu erhalten, indem ich den Schlangenharn direct mit
                              									Salpetersäure behandelte, auf folgende Weise: ich warf in kleinen Portionen 35
                              									Gramme von dieser Substanz in 1 Deciliter käuflicher Salpetersäure, mit der Vorsicht
                              									die Masse nicht zu stark zu erhitzen; nachdem ich die letzte Portion eingetragen
                              									hatte, war sie gerade für einen schwachen Ueberschuß (von Harnsäure) hinreichend.
                              									Ich erhielt alsdann eine gelbe, sehr saure Flüssigkeit, welche die Wolle noch gelb
                              									färbte. Als ich die Salpetersäure erwärmte, anstatt sie kalt wirken zu lassen,
                              									erhielt ich eine andere Verbindung, welche das Bad purpurroth färbt; man muß jedoch
                              									die Operation gut leiten, weil sich sonst alle Producte zersetzen, gelb werden und nicht mehr
                              									färben. Die nach beiden Methoden erhaltenen Flüssigkeiten muß man mit wenigstens
                              									ihrem 7 bis 8fachen Volum Wasser verdünnen, um darin die Wolle färben zu können,
                              									ohne befürchten zu müssen sie zu verändern.
                           Was ich nach den beschriebenen Methoden bereitet hatte, war einerseits unreines
                              									Alloxan, und andererseits ein Gemisch von Alloxantin, Parabansäure, Mycomelinsäure
                              									und Murexid, welches die rothe Färbung der Flüssigkeit hervorbrachte. Dessen
                              									ungeachtet erhielt ich mit diesen von einander so verschiedenen Producten, und so
                              									unrein dieselben waren, außerordentlich schöne und unter einander gleiche Nuancen.
                              									Nachdem ich nämlich die mit Zinnoxyd gebeizte Wolle darin gefärbt hatte, ließ ich
                              									sie trocknen und legte sie dann, um ihr den rosenrothen Ton zu ertheilen, auf ein
                              									mittelst Dampf erhitztes Eisenblech, indem ich sie auf der andern Seite mit einem
                              									ebenfalls auf 80° R. erhitzten Eisen überfuhr. Der Wollenzeug, welcher (nach
                              									dem Färben) weiß war, erhielt schon bei der ersten Einwirkung der Wärme eine
                              									lebhafte und dunkle Amaranthfarbe, welche beim Waschen nicht verschwand. Ich
                              									versuchte andererseits die Wolle zu dämpfen, sobald sie mit Alloxan imprägnirt und
                              									getrocknet war, erhielt aber dadurch keine genügenden Resultate; die rosenrothe
                              									Farbe stellte sich nicht ein, und der Wollenzeug wurde gelb; es ist wahrscheinlich,
                              									daß sich das Murexid bei der ersten Einwirkung dieser hohen Temperatur bildete, aber
                              									durch den Wasserdampf sogleich zerstört wurde, was mittelst einer trocknen Wärme
                              									nicht geschieht; man könnte auch annehmen, daß bei Gegenwart von Zinnoxyd über einem
                              									gewissen Temperaturgrad das Murexid sich nicht bilden kann.
                           Es fand also offenbar Zersetzung statt, wobei sich eine harzige, falbgelbe Säure, die
                              										Mycomelinsäure bildete, wovon ich oben sprach, und
                              									welche stets bei der Zersetzung des Murexids entsteht. Ich habe mich direct
                              									überzeugt, daß der Wasserdampf, oder sehr heißes Wasser, das Murexid zerstört; ich
                              									dämpfte nämlich ein Wollenstück, welches schon durch das warme Eisen roth gemacht
                              									war, und seine Farbe verschwand dabei gänzlich; dasselbe geschah bei einem Muster
                              									welches ich in kochendes Wasser einweichte. Diese Erscheinung kann nur dem
                              									vorhandenen Zinnoxyd (Zinnsäure) zugeschrieben werden, welches bisher zum Gelingen
                              									einer schönen Nüance unentbehrlich befunden wurde.
                           Hierauf bereitete ich reines Alloxan, indem ich die Harnsäure der Schlangenexcremente
                              									nach der Vorschrift von Liebig und Wöhler mit Salpetersäure behandelte; ich warf nämlich 1 Theil Harnsäure in
                              									sehr kleinen Portionen in 4 Theile Salpetersäure von 1,4 bis 1,5 spec. Gewicht; das
                              									Ganze wurde in ein Gefäß mit kaltem Wasser gestellt, um die Erhitzung zu vermeiden,
                              									welche der Bildung des Alloxans schädlich ist; letzteres setzt sich in dem Maaße,
                              									als es sich bildet, in kleinen körnigen und weißen Krystallen ab. Man sammelt sie,
                              									um sie auf einem porösen Ziegelstein, gegen Licht und Wärme verwahrt, zu
                              										trocknen.2 Theile Harnsäure, mit 8 Theilen Salpetersäure behandelt, geben 1 Theil
                                    											Alloxan. Um das Alloxan reiner zu erhalten, löst man die Krystalle wieder in Wasser
                              									auf und dampft die Auflösung unter 48° R. ab, um sie krystallisiren zu
                              									lassen. Ich bereitete verschiedene Auflösungen dieser Krystalle, mit 30, 40 und 50
                              									Grammen per Liter Wasser, um damit Stückchen von
                              									gebeizter Wolle zu behandeln; sobald sie damit gut getränkt waren, habe ich sie
                              									ausgedrückt und getrocknet. Nach dem Ueberfahren mit dem warmen Eisen gaben sie sehr
                              									schöne Amaranthfarben. Ich habe gefunden, daß man ein Bad von 35 Grammen Alloxan per Liter Wasser anwenden muß, um einen mittleren Ton zu
                              									erhalten. Wenn man über 60 Gramme anwendet, oder wenn man zweimal in einem Bad von
                              									45 Grammen färbt, ist die Nüance so intensiv, daß man Granatroth hat, und wenn man
                              									ein zu concentrirtes Bad anwendet, kann die Wolle gelb werden. Ich habe solche
                              									Auflösungen mit arabischem Gummi verdickt und damit Wollenzeug mit einer Handform
                              									und einer Walze bedruckt; nach vollständigem Trocknen und der darauf folgenden
                              									Behandlung lieferten sie mir ähnliche Nüancen wie das Färbeverfahren.
                           Da ein Gemisch von Alloxan und Alloxantin, wenn man es mit kohlensaurem Ammoniak
                              									behandelt, Murexid geben kann, und da diese purpurrothe Färbung durch das Murexid
                              									hervorgebracht wird, so fragte es sich, ob das Alloxantin, wenn man Wollenzeuge
                              									ebenso damit behandelt, nicht auch dieselben Resultate geben kann? Zu diesem Zweck
                              									bereitete ich Alloxantin, indem ich 1 Theil Harnsäure in 32 Theilen Wasser kochen
                              									ließ und tropfenweise so viel Salpetersäure zusetzte als erforderlich war um die
                              									Masse aufzulösen; nach gehörigem Abdampfen setzten sich Krystalle von Alloxantin
                              									ab.
                           Noch besser erhält man das Alloxantin, wenn man eine Auflösung von Alloxan durch
                              									Wasserstoff reducirt.
                           Eine Auflösung von Alloxantin in Wasser, womit ich gebeizte Wolle tränkte, die ich
                              									hernach auf oben angegebene Weise behandelte, lieferte mir wirklich die rosenrothe
                              									Amaranthnüance; ich beobachtete, daß wenn man die Wolle, vor dem Ueberfahren mit dem
                              									warmen Eisen, eine Minute lang ammoniakalischen Dämpfen aussetzt, das Rosenroth
                              									jedesmal schöner wird,
                              									falls das Färbebad einen schwachen Ueberschuß von Salpetersäure enthielt; setzt man
                              									die Wolle jedoch den Ammoniakdämpfen zu lange aus, so wird das Murexid zerstört.
                           Nachdem ich in Kürze die Bereitung der zu der gewünschten Färbung erforderlichen
                              									Substanzen mitgetheilt habe, will ich die Versuche beschreiben, welche ich
                              									angestellt habe um das beste Verfahren zur Erzielung der schönsten Farben mit dem
                              									geringsten Verlust an Farbstoff zu ermitteln.
                           Hr. Sacc hat gefunden, daß man, um die lebhaftesten Töne
                              									zu erhalten, eine mit Zinnoxydsalzen gebeizte Wolle anwenden muß. Ich habe nach
                              									einander Versuche angestellt: mit nicht gebeizter Wolle, wobei die Farbe ziegelroth,
                              									aber auch am dunkelsten ausfiel; dann mit Wolle welche ich mit schwefelsaurem Zinn
                              									(einem Gemisch von gleichen Gewichtstheilen Zinnsalz und Schwefelsäure, gehörig mit
                              									Wasser verdünnt) gebeizt hatte, welches Präparat mir nur matte und gelbliche Töne
                              									lieferte; endlich mit Wolle die mit zinnsaurem Natron gebeizt war, womit ich bloß
                              									eine mittelmäßige Amaranthfarbe erhielt.
                           Unter allen Präparaten, welche ich versuchte, lieferte das beste Resultat ein Gemisch
                              									von gleichen Gewichtstheilen Zinnchlorid und Oxalsäure, zusammen mit Wasser bis auf
                              									beiläufig 1° Baumé verdünnt. Wenn man die Wolle in demselben eine
                              									Stunde lang bei 30° R. einweicht, sie dann auswascht und trocknet, so eignet
                              									sie sich zum Färben mit Alloxan.
                           Die Anwendung einer zu starken Beize veranlaßt Verlust an Farbstoff, wie folgende
                              									Versuche beweisen: ich beizte Wolle mit Mischungen von Zinnchlorid und Oxalsäure,
                              									welche mit Wasser von 6° Baumé bis 1° verdünnt worden waren,
                              									wobei ich fand, daß durch das Präparat von 6° B. die Farbe wenigstens 60
                              									Procent an Intensität und an Lebhaftigkeit verloren hatte, und daß die Nuance mit
                              									der Abschwächung der Beize zunehmend dunkler und schöner wurde, so daß die Beize von
                              									1° B. bei weitem die beste war.
                           Diese Thatsache läßt sich dadurch erklären, daß ein vorhandener zu großer Ueberschuß
                              									von Zinnoxyd durch seine undurchsichtige Farbe das Murexid verlarven kann, oder daß
                              									das die Rolle einer Säure spielende Zinnoxyd im Stande ist das Ammoniak des Murexids
                              									zu verdrängen und dasselbe zu zersetzen.
                           Man sollte nur frisch gebeizte Wolle färben, denn bei einer seit längerer Zeit
                              									gebeizten Wolle kann der Ton 20 bis 30 Procent an Intensität verlieren.
                           
                           Wolle, welche mit Alaun gebeizt worden war, indem ich sie eine Stunde lang in eine
                              									lauwarme Auflösung von 100 Grammen Alaun per Liter
                              									Wasser einweichte, gab nach dem Waschen und Trocknen, als ich sie wie die mit
                              									Zinnoxyd gebeizte in Alloxan färbte, sehr gute Resultate, nur warm die Farben bei
                              									weitem nicht so lebhaft wie diejenigen welche das Zinnoxyd lieferte.
                           Als ich vom Fixiren dieser Farbe sprach, bemerkte ich schon, daß sie zu diesem Zweck
                              									mit einem warmen Eisen überstrichen werden muß; man erhält aber einen viel bessern
                              									Effect, wenn man, anstatt die Wolle unmittelbar nach dem Bedrucken oder Färben zu
                              									überfahren, sie vorher einige Zeit der Luft aussetzt.
                           Auch in dieser Hinsicht hat mich ein Versuch auf eine neue Thatsache geführt: daß
                              									nämlich das Lüften in einer feuchten Atmosphäre von 20° R. bei weitem mehr
                              									als das trockne Lüften die Umwandlung des Alloxans in Murexid begünstigt; die
                              									trockne Wärme hat jedoch nur einen vortheilhaften Einfluß, während die feuchte Wärme
                              									(das Dämpfen) das Murexid zerstört, besonders wenn die Wolle mit Zinnoxyd gebeizt
                              									ist. Man muß auch immer frische Auflösungen von Alloxan anwenden, weil sich dasselbe
                              									mit der Zeit zersetzt, wo es dann schwache und schäbige Nüancen liefert.
                           Reine Baumwolle, sie mag gebeizt seyn oder nicht, auch mit Wolle verwobene Baumwolle,
                              									färbt sich nicht; ebensowenig die nach Broquette's
                              									Verfahren animalisirte (mit einer Auflösung von Käsestoff in Ammoniak behandelte)
                              									Baumwolle. Um die Bildung von Murexid auf dem Gewebe außer Zweifel zu setzen,
                              									versuchte ich, ob reine, nicht gebeizte Baumwolle, mit Alloxan bedruckt, sich nicht
                              									rosenroth färbt, wenn man sie vor dem Auswaschen mit dem warmen Eisen überfährt. In
                              									der That gab das so modificirte Alloxan eine gelblich-rosenrothe Färbung,
                              									welche intensiver wurde als man sie dem Ammoniakgas aussetzte oder bloß einmal in
                              									Wasser tauchte; aber leider verschwand durch ein etwas starkes Waschen die Färbung
                              									vollständig. Diese Thatsache beweist offenbar, daß das Murexid sich nicht auf Kosten
                              									des Gewebes bildet, sondern bloß durch die trockne Wärme. Die Baumwolle hat also
                              									keine Verwandtschaft zu diesem Pigment.
                           Es ist auffallend daß die Seide, als thierischer Faserstoff, ebensowenig wie die
                              									Baumwolle die Amaranthfarbe annimmt; sie färbt sich bloß röthlichgelb. Dieses
                              									Verhalten bietet ein sicheres Mittel dar, die Baumwolle oder die Seide in gemischten
                              									wollenen Geweben zu erkennen.
                           Das Murexid-Rosenroth ist gewissermaßen der Gegensatz des Safflorroths,
                              									welches sich sehr gut auf der Baumwolle und Seide fixirt, ohne der Wolle anzuhaften. Die
                              									Eigenschaften der neuen Farbe sind auch die umgekehrten des Safflorroths, da jene
                              									nur durch die Wärme fixirt wird, wogegen dieses durch Wärme zerstört wird; auch
                              									widersteht erstere den Sonnenstrahlen, welche bekanntlich letzteres bleichen.
                              									– Im Vergleich mit der Orseille zeigt sich der neue Farbstoff viel weniger
                              									empfindlich gegen Säuren, aber viel empfindlicher gegen Alkalien; die Orseille
                              									verbleicht am Sonnenlicht, welchem das Murexid widersteht.
                           Ich will nun kurz die Versuche anführen, welche ich über die Dauerhaftigkeit der auf
                              									Wollenzeugen dargestellten neuen Amaranthfarbe angestellt habe. Wie ich schon
                              									erwähnte, wirkt das Licht fast gar nicht auf das Murexid-Roth, denn als ich
                              									einen rosenroth gefärbten Wollenzeug zwei Tage lang den directen Sonnenstrahlen
                              									aussetzte, zeigte er sich nicht im geringsten verändert (erst nachdem er über zwei
                              									Monate dem directen Sonnenlicht ausgesetzt geblieben war, hatte er sich vollständig
                              									entfärbt).
                           Kochendes Wasser und Wasserdampf von 80° R. zerstören die nach Hrn. Sacc's Verfahren erhaltene Amaranthfarbe vollständig; in
                              									heißem Wasser beginnt die Entfärbung schon bei 55° R., und schreitet mit dem
                              									Temperaturgrad vor. Diese Zerstörung der Amaranthfarbe ist von den Eigenschaften des
                              									Murexids unabhängig, und wird bloß durch das Zinnoxyd veranlaßt.
                           Wir haben gesehen, daß die Wolle mit Zinnoxyd gebeizt seyn muß, damit die glänzendste
                              									und satteste Färbung erzielt wird; seitdem habe ich aber gefunden, daß nicht
                              									gebeizte Wolle, mit dem durch eine erste trockene Wärme modificirten Alloxan
                              									imprägnirt, nicht bloß bis auf einen gewissen Grad die Einwirkung des kochenden
                              									Wassers verträgt, sondern überdieß darin eine gleichförmige Farbe erlangt, welche
                              									noch schöner und dunkler als bei gebeizter Wolle ist. Heißes Wasser scheint also die
                              									Bildung des Murexids vorzugsweise zu begünstigen, und könnte vielleicht die trockene
                              									Wärme und das Beizen ersetzen.
                           Kalter Alkohol und Schwefeläther haben auf diesen Farbstoff keine Wirkung, selbst
                              									nach längerer Zeit; beim Kochen zerstört der Alkohol diesen Farbstoff, ohne sich
                              									jedoch rosenroth zu färben, wie es das Wasser thut.
                           Die Alkalien (besonders die ätzenden) wirken sehr nachtheilig auf diesen Farbstoff;
                              									taucht man einen mit Murexid gefärbten Wollenzeug in eine Auflösung von Aetznatron,
                              									so verändert er seine Nüance zuerst in Blauviolett, und entfärbt sich hernach. Die
                              									Seife, welche wie ein schwaches Alkali wirkt, verändert ihn ebenfalls nach und
                              									nach.
                           Das Chlor wirkt nicht unmittelbar auf diesen Farbstoff ein, denn ich tauchte ein
                              									rosenrothes Muster fünf Minuten lang in eine Chlorkalk-Auflösung von
                              									1° Baumé, ohne daß es sich merklich entfärbte.
                           
                           Essigsäure und Oxalsäure vermögen diese Farbe nicht sogleich zu zerstören.
                           Schwache Salzsäure, Salpetersäure und Schwefelsäure wirken entfärbend, letztere Säure
                              									wirkt jedoch weniger schnell als die beiden ersteren; merkwürdig ist, daß die Farbe,
                              									nachdem sie durch Schwefelsäure fast zerstört wurde, durch Eintauchen in Ammoniak
                              									wieder röthlichviolett wird.
                           Zweifach-chromsaures Kali, chlorsaures Kali, essigsaures Blei und essigsaure
                              									Thonerde zeigen keine Wirkung auf das Murexid. Die reducirenden Salze, z.B.
                              									Zinnchlorür, schwefelwasserstoffsaures Ammoniak und Eisenvitriol, zerstören aber
                              									schnell das Rosenroth; das Zinnchlorür macht es zuerst bläulich und entfärbt es
                              									dann. Bei der Reduction des Murexids entsteht eine neue Substanz, welche durch
                              									allmähliche Oxydation wieder in Murexid übergehen kann. Dieß beweist folgender
                              									interessante Versuch: ich bedruckte amaranthfarbige Wolle mit verdicktem Zinnsalz,
                              									welches an allen Stellen, wo es aufgetragen wurde, die Farbe beseitigte, so daß
                              									dieselben weiß erschienen; als ich nach Verlauf von 15 Tagen das Muster untersuchte,
                              									hatten alle bedruckten Stellen ihren anfänglichen Ton wieder angenommen, es hatte
                              									sich wieder Murexid gebildet, sogar von größerer Intensität.
                           Man ersieht aus dem Verhalten dieses Farbstoffs gegen die verschiedenen Reagentien,
                              									daß das satte und lebhafte Rosenroth, Violett etc., welche er liefert, sich durch
                              									eine große Dauerhaftigkeit (Aechtheit) auszeichnen. Die oxydirenden Salze im
                              									Allgemeinen verändern den Farbstoff nicht, und die reducirenden bleichen ihn nur
                              									momentan.
                           Der Kostenpunkt kann zur Zeit nicht erörtert werden, weil der Rohstoff, die
                              									Harnsäure, noch nicht im Großen dargestellt wird. Ich habe zu ihrer Bereitung den
                              									Schlangenharn benutzt, weil ich zufällig solchen zur Verfügung hatte. Damit der
                              									schöne neue Farbstoff in den Manufacturen in Anwendung kommen kann, muß man nun auf
                              									Mittel denken, die Harnsäure wohlfeil zu gewinnen, wozu die Excremente der
                              									fleischfressenden Vögel, der Hühner, Tauben etc., auch der Guano, das Material
                              									darbieten.
                           Vielleicht gelingt es den Chemikern noch, die Harnsäure künstlich zu erzeugen, wie
                              									bereits den Harnstoff.
                           Schließlich komme ich auf die Ansicht des Hrn. Sacc über
                              									den möglichen Zusammenhang zwischen dem Farbstoff der Cochenille, des Kermes etc.,
                              									und dem Murexid, welches sich durch Oxydation der von diesen Insecten reichlich
                              									erzeugten Harnsäure bilden würde. Hr. Sacc fand nämlich,
                              									daß die Hühner und insbesondere die Vögel mit glänzenden Federn, z.B. die Papageyen, während sie
                              									in der Mause sind, keine merklichen Spuren von Harnsäure mehr geben, wogegen das
                              									Verhältnis der Harnsäure sehr stark ist, nachdem die Federn ihre Entwickelung
                              									erlangt haben. Wohin begibt sich nun alle diese Harnsäure, wenn der Zeitpunkt
                              									eintritt, wo sie nicht mehr aus dem Körper ausgestoßen wird? Sollte sie sich dann
                              									nicht in eine Substanz verwandeln, welche, wie das Alloxan, die Federn zu färben
                              									vermag, in Folge einer noch unbekannten Metamorphose? Das Murexid ist nämlich nicht
                              									bloß rosenroth, sondern zeigt auch blaue und grüne metallische Reflexe. Grüne
                              									Strahlen kann es jedoch nur mit Beihülfe eines gelben Strahls reflectiren; eine
                              									Substanz, welche die Eigenschaft hat, das Roth, Blau und Gelb zu reflectiren, kann
                              									aber auch die Eigenschaft haben, alle möglichen Farben zu reflectiren. Wenn man
                              									diese Ansicht für die Vögel zuläßt, muß man sie natürlich auf die Reptilien,
                              									Insecten etc. ausdehnen.