| Titel: | Verfahren zur Verfertigung von Wasserleitungsröhren aus hydraulischem Kalk; von J. Karlinger. | 
| Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. LVII., S. 203 | 
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                        LVII.
                        Verfahren zur Verfertigung von
                           								Wasserleitungsröhren aus hydraulischem Kalk; von J. Karlinger.
                        Aus dem Kunst- und Gewerbeblatt für Bayern,
                              								1854. S. 99.
                        Karlinger's Verfahren zur Verfertigung von Wasserleitungsröhren aus
                           								hydraulischem Kalk.
                        
                     
                        
                           Unter allen Stoffen, welche in Berührung mit Wasser sich als dauerhaft erweisen, ist
                              									der hydraulische Kalk ganz gewiß auf den ersten Platz zu setzen. Dessenungeachtet
                              									aber war seine Anwendung sehr beschränkt, so zwar, daß er noch nie eine größere
                              									Anwendung gefunden hatte, als bei Bauten. Eben dieses aber veranlaßte mich, über die
                              									Anwendung desselben zu verschiedenen Gegenständen Versuche anzustellen, unter denen
                              									mich jene zur Verfertigung von Brunnenröhren stets vorzugsweise beschäftigten, und
                              									ich glaube durch die nunmehrige sichere und einfache Fabricationsmethode derselben
                              									ein schon lange gefühltes, großes Bedürfniß befriedigt zu haben; denn alle bisher zu
                              									Wasserleitungsröhren verwendeten Materialien sind mehr oder weniger einer baldigen
                              									Zerstörung unterworfen.
                           Holz fault sehr bald und theilt sogar dem Wasser einen übeln Geschmack mit; Blei ist
                              									dem sogenannten Bleifraß unterworfen, hält nur einen geringen Druck aus und kann
                              									durch mechanische Abnutzung sogar der Gesundheit nachtheilig werden; Eisen
                              									unterliegt im hohen Grade dem Roste und das durch dasselbe geleitete Wasser ist
                              									stets im höheren oder geringeren Grade eisenhaltig; gebrannter Thon wird in
                              									verhältnißmäßig kurzer Zeit vom Wasser zerklüftet und dadurch zerstört; Glas
                              									verspräche zwar eine
                              									große Dauer, allein theils ist es zu kostspielig, theils aber auch zu zerbrechlich,
                              									um eine allgemeine Anwendung finden zu können. Außer den erwähnten Nachtheilen tritt
                              									aber auch bei den aufgeführten Materialien der Uebelstand ein, daß aus ihnen die
                              									Wasserleitungsröhren nicht in jeder beliebigen Dimension angefertigt werden können.
                              									Holz, Blei, Thon und Glas liefern nur Röhren von geringem Durchmesser, während aus
                              									Eisen nur solche von großem Durchmesser gefertigt werden können.
                           Alle diese Uebelstände sind aber bei Röhren aus hydraulischem Kalke völlig entfernt,
                              									denn derselbe wird durch Wasser nicht nur nicht zerstört, sondern gewinnt dadurch
                              									stets mehr an Festigkeit und muß daher in Bezug auf Dauer geradezu als unverwüstlich
                              									bezeichnet werden. Außerdem aber lassen sich die Röhren aus hydraulischem Kalk ganz
                              									beliebig groß oder klein darstellen. Es entsprechen dieselben daher allen
                              									Anforderungen, welche man überhaupt an solche machen kann.
                           Die Fabricationsart derselben stelle ich in Nachfolgendem dar:
                           1) Der Apparat. Diesen lasse man sich auf folgende Weise
                              									anfertigen: Man versehe einen aus nicht zu dickem Messing- oder Kupferblech
                              									gefertigten an den beiden Enden offenen Cylinder, an einem der beiden Enden mit zwei
                              									unbeweglichen Handhaben. Dieser Cylinder stellt die Dicke der Röhren dar. Um
                              									denselben wickelt man Tuch (am besten Leinen) und legt ihn mit diesem in eine genau
                              									anzupassende, senkrecht in zwei Hälften getheilte Büchse, deren beide Hälften auf
                              									irgend eine beliebige Art (durch Umwickelung mit einem Stricke oder einer Schließe)
                              									zusammengehalten werden müssen. Diese Büchse muß etwas länger seyn, als der eben
                              									beschriebene Cylinder und an dem den erwähnten Handhaben entgegengesetzten Ende über
                              									diesen hinausragen. In diesen Theil der Büchse wird ein gedrehtes Holz von ungefähr
                              									4 Zoll Länge gesteckt, welches genau die Weite und Dicke der Röhre haben und an dem
                              									einwärts gekehrten Ende convex abgedreht seyn muß.
                           In diesen so vorgerichteten Cylinder steckt man einen völlig gleich dick gedrehten
                              									Stab aus Holz oder Metall, welcher in die Oeffnung des eben bezeichneten, gedrehten
                              									Holzes einpassen muß. Dieser Stab muß genau so dick seyn, als die Weite der
                              									Wasserleitungsröhre. In den Zwischenraum zwischen dem Cylinder und dem Stabe wird
                              									der mit Wasser angemachte hydraulische Kalk gegossen. Damit aber die Röhren beim
                              									Legen genau passen, so muß an dem noch freien Ende des Cylinders, wo nämlich die
                              									Handhaben befindlich sind, nach dem Gusse ein dem an dem anderen Ende des Cylinders
                              									befindlichen gedrehten Holze gleiches in den hydraulischen Kalk eingedrückt werden.
                              									Dieses Holz muß aber an der einwärts gekehrten Seite concav abgedreht werden, und ist,
                              									so wie der Cylinder für einen Arbeiter nur einfach erforderlich; von allen übrigen
                              									Theilen aber sollen immerhin zwölf Stücke von jedem vorhanden seyn. Die Größe der
                              									einzelnen Theile richtet sich, wie sich von selbst versteht, nach der Größe der zu
                              									machenden Röhren.
                           2) Die eigentliche Fabrication. Der gepochte und im Handel
                              									ohnehin schon vielfach verbreitete hydraulische Kalk wird mit ebenso viel dem
                              									größeren Theile nach gröblichen Sand gemengt. Dieses Gemenge wird mittelst Wasser zu
                              									einem etwas dicken Brei angerührt, und dieser sodann, wie bereits oben erwähnt, in
                              									den zwischen dem Cylinder und dem Stabe befindlichen Raum gefüllt. Ist dieß
                              									geschehen, so zieht man den Cylinder heraus, so daß nunmehr der hydraulische Kalk an
                              									dem Tuche anliegt. Hierauf wird, wie bereits oben gesagt, mit einem concav
                              									abgedrehten Holze die Röhre convexconver geformt. Nach Verlauf von etwas mehr als einer halben Stunde erstarrt der
                              									hydraulische Kalk, und während dieser Zeit muß der in Mitte der Röhre befindliche
                              									Stab öfter umgekehrt werden, um so das nachfolgende Herausziehen desselben zu
                              									befördern. Ist sofort der hydraulische Kalk erhärtet, so zieht man den Stab heraus,
                              									nimmt die Büchse auseinander, wickelt das Tuch von der Röhre ab und legt dieselbe
                              									zum Trocknen hin. Will man den Röhren eine Glätte geben, so braucht man sie bloß mit
                              									einem feuchten Läppchen zu überfahren. Es ist übrigens nicht rathsam, Röhren von zu
                              									großer Länge zu machen, weil sie in diesem Falle vor dem völligen Erhärten durch
                              									ihre eigene Schwere gar sehr leiden können.
                           3) Das Legen der Röhren. Dieß wird im allgemeinen wie bei
                              									anderen vorgenommen, nur ist vor allem darauf zu sehen, daß das Lager der Röhren so
                              									viel wie möglich gleichmäßig und eben sey. Die Röhren werden je mit einem concaven
                              									und convexen Ende aneinander gestoßen und die Fuge mit hydraulischem Kalk
                              									verstrichen, wobei die Vorsicht anzuwenden ist, daß man während des Verstreichens
                              									einen Stock in die Röhre stecke, um ein allenfallsiges Eindringen des Kalkes zu
                              									verhindern.