| Titel: | Anleitung zur Prüfung des schwefelsauren Chinins auf seine Reinheit. | 
| Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. LIX., S. 208 | 
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                        LIX.
                        Anleitung zur Prüfung des schwefelsauren Chinins
                           								auf seine Reinheit.
                        Aus dem Journal de Pharmacie, Decbr. 1853, S.
                              								434.
                        Anleitung zur Prüfung des schwefelsauren Chinins auf seine
                           								Reinheit.
                        
                     
                        
                           Die französische Regierung hat schon seit einigen Jahren den Verfälschungen des
                              									schwefelsauren Chinins ihre Aufmerksamkeit geschenkt, und dann das Gutachten der
                              									Apothekerschule und des Gesundheitsraths zu Paris über die Mittel zur Erkennung und
                              									Verhütung der Verfälschungen dieses wichtigen Arzneimittels eingefordert. Nach den
                              									Versuchen, welche beide Gremien mit dem im französischen Handel vorkommenden
                              									schwefelsauren Chinin angestellt haben, bestehen die Verfälschungen desselben
                              									einerseits in einem wandelbaren Gehalt an Cinchonin und Chinidin, zwei natürlichen
                              									Bestandtheilen der Chinarinde, theils in beigemengten fremdartigen Körpern. Diese
                              									zweierlei Beimengungen können einer absichtlichen Verfälschung zugeschrieben werden,
                              									aber auch das Ergebniß einer fehlerhaften oder unvollkommenen Bereitungsart seyn.
                              									Jedenfalls besteht die Verfälschung oder die schlechte Qualität des schwefelsauren
                              									Chinins in einem zu großen Verhältniß dieser Beimengungen, und es ist von
                              									Wichtigkeit, den Verkauf eines solchen Chininsalzes als Arzneimittel zu verhindern,
                              									weil es in diesem Zustand nicht die Wirksamkeit haben kann, welche der Arzt
                              									voraussetzt. Drei Procent fremdartiger Substanzen können
                              									nach dem Gutachten des Gesundheitsraths und der Pariser Apothekerschule geduldet
                              									werden; ergibt ein schwefelsaures Chinin einen größern Gehalt an fremdartigen
                              									Körpern, so wird es nach der Verordnung der französischen Regierung vom 8. October
                              									1853 confiscirt und die gerichtliche Verfolgung gegen die Personen eingeleitet,
                              									welche es fabricirt, verkauft oder in den Handel gebracht haben. Für die in
                              									Frankreich mit der Visitation der Apotheken beauftragten Medicinaljurys wurde daher
                              									folgende Instruction ausgearbeitet, welche sich natürlich nur auf die gewöhnlich
                              									vorkommenden Verunreinigungen des Chininsalzes bezieht.
                           
                        
                           Instruction zur Prüfung des schwefelsauren Chinins auf seine
                                 										Reinheit.
                           Das schwefelsaure Chinin, wie es als Arzneimittel geliefert werden muß, ist weiß, in
                              									zarten Nadeln krystallisirt und schmeckt sehr bitter. Es erfordert, um sich
                              									aufzulösen, über 700 Theile kaltes Wasser und beiläufig 30 kochendes Wasser; es besteht
                              									aus 2 Aequivalenten Chinin, 1 Aeq. Schwefelsäure und 8 Aeq. Wasser, oder in 100
                              									Gewichtstheilen aus 74,31 Chinin, 9,17 Schwefelsäure und 16,51 Wasser. Dieses Salz
                              									reagirt auf das geröthete Lackmuspapier schwach alkalisch; diese Reaction wird
                              									schwächer und geht sogar in eine saure über, wenn der Säuregehalt des Salzes größer
                              									ist.
                           Bei 100° C. (80° R.) verliert das schwefelsaure Chinin 7 Aequiv.
                              									Wasser, nämlich 7/8 seines Wassergehalts oder 14,45 Procent. Es efflorescirt
                              									theilweise in trockener Luft bei gewöhnlicher Temperatur.
                           Verbrennt man es an der Luft auf einem Platinblech, so bleibt kein bemerklicher
                              									Rückstand. Das schwefelsaure Chinin färbt sich nicht merklich, wenn man es in der
                              									Kälte mit concentrirter Schwefelsäure anrührt.
                           Die Substanzen welche bisher am häufigsten zum Verfälschen des schwefelsauren Chinins
                              									angewandt wurden, sind: Gyps, Salicin, gepulverter Zucker, schwefelsaures Cinchonin,
                              									gewisse Fettsäuren, wie Stearinsäure, Margarinsäure etc.
                           Den Gyps erkennt man, wie die Mineralsubstanzen im Allgemeinen, mittelst des
                              									Einäscherns; man calcinirt 1 Gramm schwefelsaures Chinin in einer kleinen
                              									Platinschale, bis jede Spur von Kohle verschwunden ist; der Gyps bleibt als
                              									Rückstand und braucht nur gewogen zu werden. Man könnte das verdächtige Chininsalz
                              									auch mit Alkohol von 85 Volumprocenten behandeln, welcher in der Wärme das
                              									schwefelsaure Chinin auflösen und den Gyps als Rückstand hinterlassen würde; dieses
                              									Verfahren gestattet eine größere Quantität von schwefelsaurem Chinin anzuwenden,
                              									weil dasselbe nicht verloren geht.
                           Um das Salicin zu erkennen, rührt man das Chininsalz mit ein wenig concentrirter
                              									Schwefelsäure an, welche es dunkelroth färbt, wenn es Salicin enthält. Diese
                              									Reaction ist noch deutlich, wenn der Salicingehalt 1 Procent beträgt. Das Salicin
                              									ist nicht die einzige organische Substanz, welche die Eigenschaft hat sich durch
                              									Schwefelsäure roth zu färben; um seine Gegenwart behaupten zu können, müßte man es
                              									folglich durch weitere Manipulationen isoliren; aber jedenfalls zeigt die rothe
                              									Färbung eine Verfälschung des Chininsalzes an; ist letzteres rein, so darf es sich
                              									nicht färben.
                           Wurde dem schwefelsauren Chinin Zucker zugesetzt, so verbreitet es beim Verbrennen
                              									den eigenthümlichen Caramelgeruch, welchen das reine Chininsalz nicht darbietet. Man
                              									kann auch den Zucker als solchen isoliren; man löst dazu das Gemenge in Wasser auf
                              									und setzt Baryt in Ueberschuß zu, um alle Schwefelsäure und alles Chinin zu fällen;
                              									dann leitet man durch
                              									die Flüssigkeit einen Strom Kohlensäure, um den überschüssigen Baryt abzusondern;
                              									man erhitzt nun die Flüssigkeit, filtrirt und dampft sie ab, um den Zucker zu
                              									erhalten.
                           Um die Fettsäuren zu erkennen, überhaupt jede in Wasser und schwachen Säuren
                              									unauflösliche Substanz, behandelt man das Gemenge mit Wasser welches mit
                              									Schwefelsäure geschärft ist, worin sich das Chininsalz auflöst.
                           Die gewöhnlichste Verfälschung des schwefelsauren Chinins ist das schwefelsaure
                              									Cinchonin; dasselbe kann ihm absichtlich beigemengt, aber auch in Folge
                              									unzulänglicher Reinigung darin enthalten seyn. Die Gegenwart des Cinchonins im
                              									schwefelsauren Chinin erkennt man auf folgende Weise:
                           Man gibt 1 Gramm des verdächtigen Chininsalzes in ein langes und enges Kölbchen mit
                              									kleiner Oeffnung, von 20 bis 25 Kubikcentimet. Rauminhalt; man gießt auf das
                              									Chininsalz 10 Kubikcentimeter alkoholfreien Schwefeläther; man schüttelt das
                              									Gemisch, um das Chininsalz gut zu vertheilen, und setzt 2 Kubikcentimeter flüssiges
                              									Ammoniak zu. Wenn das Chininsalz rein ist, so löst es sich ohne Rückstand in dieser
                              									Mischung von Ammoniak und Aether auf; enthält es Cinchonin, so bleibt letztere Basis
                              									unaufgelöst und bildet einen weißen Satz zwischen der wässerigen und der ätherischen
                              									Flüssigkeit.
                           Durch vorsichtiges Decantiren der Flüssigkeiten könnte man das Cinchonin sammeln und
                              									dann wiegen; wenn es sich aber darum handelt, nicht bloß die Gegenwart des
                              									Cinchonins nachzuweisen, sondern sein Verhältniß zu bestimmen, so ist es
                              									zweckmäßiger ein größeres Quantum von Chininsalz als das angegebene anzuwenden.
                           In der letzten Zeit hat man auch andere Alkaloide im schwefelsauren Chinin
                              									vorgefunden, besonders Chinidin, welche Basis in beträchtlicher Menge in den Rinden
                              									gewisser Cinchona-Arten enthalten zu seyn scheint. Um das Chinidin zu
                              									erkennen, kann man das Verfahren anwenden, welches so eben für das Cinchonin
                              									beschrieben wurde. Das Chinidin bleibt, wie letztere Basis, als weißer käseartiger
                              									Niederschlag im Aether unaufgelöst; das Chinidin ist jedoch im Aether nicht so
                              									unauflöslich wie das Cinchonin; letzteres erfordert, um sich aufzulösen, beiläufig
                              									1200 Theile Aether; man kann daher, ohne merklichen Irrthum, die geringe Menge
                              									welche sich in 10 Kubikcentimetern auflöste, vernachlässigen. Anders ist es
                              									hinsichtlich des Chinidins, welches in Aether merklich löslich ist; dieser Umstand
                              									benimmt der Probe die strenge Genauigkeit, welche man für jede Analyse beanspruchen
                              									kann; für die Praxis kann man jedoch diese Probe als genügend betrachten, einerseits
                              									weil der Irrthum wenig beträchtlich ist, andererseits wegen der Analogie, welche die zwei
                              									fraglichen Basen in medicinischer Hinsicht darbieten.
                           Wenn das angewandte schwefelsaure Chinin zugleich Cinchonin und Chinidin enthielte,
                              									so würde sich der bei der vorhergehenden Probe erhaltene Niederschlag auf Zusatz
                              									einer neuen Quantität Aether zum Theil auflösen; die aufgelöste Portion wäre um so
                              									beträchtlicher, je größer der Chinidingehalt ist.
                           Das reine schwefelsaure Chinin muß allen oben angegebenen Bedingungen genügen; ein
                              									schwefelsaures Chinin kann jedoch Spuren von Gyps oder Cinchonin enthalten, ohne
                              									verfälscht zu seyn. Bei einem im Großen fabricirten Präparat muß man innerhalb
                              									gewisser Gränzen Verunreinigungen gestatten, alles hängt von deren Quantität ab. In
                              									keinem Fall sollen die Medicinaljurys gestatten, daß ein schwefelsaures Chinin
                              									verkauft wird, welches über 3 Proc. schwefelsaures Cinchonin enthält.