| Titel: | Corliß' stationäre Dampfmaschine. | 
| Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XC., S. 321 | 
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                        XC.
                        Corliß' stationäre Dampfmaschine.
                        Aus
                           									Greenough's american
                                 									polytechnic Journal, Februar 1854, S. 85.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									V.
                        Corliß' stationäre Dampfmaschine.
                        
                     
                        
                           Folgende Thatsachen und Indicatorcurven werden jeden Sachverständigen von der
                              									Trefflichkeit der stationären Dampfmaschine überzeugen, die wir hier beschreiben
                              									wollen.
                           Die Indicatorcurve Fig. 1 ist der Corliß' Maschine entnommen,
                              									welche die Atlantic de Laine-Spinnerei zu Providence betreibt; die Curve Fig. 2 hingegen
                              									einem Paar Maschinen, welche dieselbe Spinnerei früher betrieben. Die neue Maschine
                              									(von Corliß) hat einen einzigen Cylinder, dessen Kolben 7
                              									Fuß Hub und 804 Quadratzoll Fläche 32 Zoll Durchmesser) hat. Bei den alten Maschinen
                              									hatte jeder Kolben 5 Fuß Hub und 1386 Quadratzoll Fläche (42 Zoll Durchmesser). Man
                              									hielt sie für Mustermaschinen in jeder Beziehung, besonders aber hinsichtlich der
                              									ökonomischen Verwendung des Dampfes; sie waren mit hohlen
                              									Gleichgewichts-Ventilen und mit Sickles'
                              									Dampfabschließern versehen. Diese Maschinen waren im October 1851 aufgestellt, und
                              									obgleich sie von Manchen als ganz vortrefflich beurtheilt wurden, so mußten sie doch
                              									nach 18 monatlichem Gebrauch der Corliß'schen Maschine
                              									weichen. Letztere verbraucht weniger als die Hälfte des
                                 										Brennmaterials der alten Maschine und treibt folgende
                              									Arbeits-Maschinen:
                           
                              
                                 18,944
                                 Baumwollspindeln (Mason's
                                    											selbstwirkende Mules);
                                 
                              
                                      421
                                 Webestühle, welche 140 Würfe in der Minute machen,
                                    											nebstVorbereitungs-Maschinen;
                                 
                              
                                         4
                                 Sätze von Wollmaschinen mit 20 Webestühlen für
                                    											Casimir.(Diese erfordern dieselbe Kraft wie 3000 Spindeln
                                    											mitVorbereitungsmaschinen und Webestühlen).
                                 
                              
                           
                           Dazu sollen noch 5000 Spindeln, mit Webestühlen und Vorbereitungsmaschinen
                              									kommen.
                           Das Ganze wird sich auf 26,944 Spindeln, mit Webestühlen und Vorbereitungsmaschinen
                              									belaufen.
                           Die Indicatorcurven beweisen nicht nur die viel größere Leistung der neuen Maschine,
                              									sondern zeigen auch die Ursachen der verschiedenen Resultate an.
                           Die Curve welche sich auf die verschiedenen Resultate bezieht, zeigt, daß der Dampf
                              									bei 5 Pfd. unter der atmosphärischen Linie in den Cylinder trat, wo er seine höchste
                              									Kraft bei 26 1/2 Pfd. unter dem Druck im Kessel, oder bei 3 Pfd. über dem
                              									atmosphärischen Druck erreicht, nachdem der Kolben 8 Zoll zurückgelegt hat.
                           Der Punkt des Absperrens (des Dampfes) ist nicht deutlich angezeigt (wie es bei der
                              									neuen Maschine der Fall ist), während der mittlere Druck vor diesem Punkt, und über
                              									dem atmosphärischen Druck, 3/4 Pfd. beträgt. Obgleich die Leistung fast gänzlich,
                              									wie bei den ältesten Constructionen der Dampfmaschinen, mittelst des Vacuums bewirkt
                              									wurde, so war dieses Vacuum, wenn auch vollkommen im Condensator, verhältnißmäßig
                              									unvollkommen im Cylinder.
                           Fig. 1, welche
                              									sich auf die neue Maschine bezieht, zeigt, daß der Dampf mit nur 1 Pfd. weniger
                              									Druck als derjenige im Kessel beträgt, in den Cylinder strömt, worauf er plötzlich
                              									abgesperrt wird, sich expandirt und bei dem Rückgang des Kolbens eine Luftleere von
                              									durchschnittlich 12 Pfd. per Quadratzoll anzeigt. Der
                              									Dampf strömt gewöhnlich nur auf eine Länge von 12 Zoll des Kolbenschubes, oder
                              									während eines Siebentels desselben ein, und der durchschnittliche Druck, ehe der
                              									Dampf abgesperrt wird, beträgt ohne das Vacuum 33 1/2 Pfund.
                           Die Indicatorcurve ist bekanntlich eine Linie, welche durch eine Bleifeder mittelst
                              									des Dampfes selbst gezogen wurde. Der Indicator ist ein kleines Instrument mit einem
                              									leichten Kolben, der mit einer schwachen Spiralfeder zusammenhängt und eine Stellung
                              									in der Nähe der Mitte des Instruments einnimmt. Das obere Ende des Instruments steht
                              									mit der freien Luft, und das untere mit dem Innern des Cylinders nahe an dessen
                              									Ende, in Verbindung. Mit jeder Veränderung des Dampfdrucks steigt oder fällt der
                              									kleine Kolben und zeichnet mittelst einer zweckmäßig angebrachten Bleifeder auf
                              									einem Papier – welches durch einen einfachen Mechanismus vor ihm rück-
                              									und vorwärts geführt wird – einen unbedingt richtigen Bericht über den
                              									arbeitenden Dampfdruck an jedem Punkt des Kolbenschubes, sowie über den Widerstand,
                              									welchen die geringe Menge des zurückbleibenden Dampfes beim Rückgange des Kolbens entgegensetzt.
                           In der alten Maschine (Fig. 2) wird der Dampf
                              									nicht vortheilhaft benutzt, da er unter Beschränkungen und nur mit einem Bruchtheil
                              									seiner vollen Kraft wirkt. Derselbe tritt nämlich mit 34 1/2 Pfd. unter dem
                              									Kesseldruck und mit 5 Pfd. unter dem atmosphärischen Druck in den Cylinder, und zwar
                              									aus folgenden Gründen: 1) Weil der größere Theil seiner
                              									nutzbaren Kraft beim Durchgange durch das Drosselventil verloren geht. Dieß kann
                              									sowohl durch mathematische Berechnungen, als auch graphisch oder durch die geringern
                              									Leistungen nachgewiesen werden. – 2) Der Dampf tritt so weit unter dem im
                              									Kessel stattfindenden Druck in den Cylinder, weil das Dampfventil nicht eher gehörig
                              									geöffnet ist, als bis der Kolben einen bedeutenden Theil seines Laufs zurückgelegt
                              									hat und weil, wie hinreichend nachgewiesen ist, der Druck während eines Sechstels
                              									von dem Kolbenschube steigt. – 3) Wegen der Einwirkung des Drosselventils
                              									nähert sich der Dampfdruck an keinem Punkte dem im Kessel stattfindenden Druck.
                              									– 4) Wenn das Absperren erfolgt, so wird auch die bedeutende Quantität Dampf
                              									mit abgesperrt, welche in den Röhren und Kammern befindlich ist, so daß die
                              									Expansion im Cylinder nie vollkommen ist. – 5) Die Luftleere ist
                              									unvollkommen, weil die Auslaßventile sich bei der alten Einrichtung nicht mit
                              									hinreichender Geschwindigkeit öffnen können. – 6) Hohle Ventile (puppet-valves)
                              									bleiben, wie die Figuren 2 und 3 nachweisen und wie auch
                              									die Erfahrung zeigt, niemals auch nur annähernd dicht, sondern es nehmen dieselben
                              									und ihre Sitze verschiedene Formen und Stellungen an, welche mehr oder weniger ein
                              									Entweichen von Dampf veranlassen. – 7) Hohle Ventile müssen, um vielen Dampf
                              									durchlassen zu können, einen verhältnißmäßig weiten Sitz haben, weil dessen Seiten
                              									fast senkrecht sind. Eine hinreichend schnelle Hebung solcher Ventile, um Dampf mit
                              									möglichst hohem Druck einzulassen, nachdem der Kolben erst einen oder zwei Zoll von
                              									seinem Lauf zurückgelegt hat, wird daher aus diesem und aus andern Gründen bei
                              									stationären Maschinen selten erzielt.
                           Bei der Corliß'schen Maschine wird dagegen der Dampf mit
                              									einer der Vollkommenheit sich nähernden Oekonomie benutzt; derselbe tritt mit einem
                              									Druck in den Cylinder, welcher nur um 1 Pfd. geringer ist als der Druck im Kessel,
                              									da er kein Drosselventil zu durchströmen hat; er folgt bis zu dem Punkt des
                              									Absperrens mit dem gleichen Druck nach, denn das Dampfventil öffnet sich plötzlich
                              									und gestattet ihm freien Durchgang. Der Dampf, der auf diese Weise sehr wenig von
                              									seinem Kesseldruck verloren hat, folgt dem Kolben nur durch einen kleinen Theil seines Schubes, um
                              									die erforderliche Wirkung hervorzubringen und wird also ökonomisch verwendet. Das
                              									Absperren erfolgt augenblicklich und es wird daher kein Dampf unnütz verbraucht. Die
                              									Exhaustions- oder Auslaßventile öffnen sich so plötzlich und bleiben so lange
                              									offen, daß in dem Cylinder eine fast vollständige Leere
                              									erlangt wird. Da endlich die Ventile sehr genau passen und ihren Dienst in dem
                              									erforderlichen Augenblick ohne unnütze Bewegung oder Reibung verrichten, so geht im
                              									Ganzen nur wenig Dampf verloren, wogegen dieser Verlust bei den alten Maschinen sehr
                              									bedeutend ist.
                           Von allen stationären Dampfmaschinen, deren Indicatorcurven ich untersucht habe,
                              									nähert sich keine den Anforderungen der Theorie so sehr, als die Maschine von Corliß. Obgleich manche jener Maschinen als sehr
                              									vollkommen betrachtet werden, so zeigen sie doch alle Dampfverluste, rückwirkenden
                              									Druck und andere Unvollkommenheiten, welche nothwendige Folgen des Princips ihrer
                              									Ventilbewegungen sind. Ihr hauptsächlichster Fehler besteht aber in dem ungeheuren
                              									Kraftverlust durch das Drosselventil. Dieses Ventil ist aus dem Grunde, weil der
                              									Druck im Kessel und die Belastung sich fortwährend verändern und doch eine gleiche
                              									Geschwindigkeit nothwendig ist, ein unumgänglich nothwendiger Theil der gewöhnlichen
                              									stationären Maschinen; und selbst die beste Einrichtung und die vollendetste
                              									Ausführung desselben kann dem Uebel nicht abhelfen.
                           Fig. 3 ist die
                              									Indicatorcurve von einer Condensations-Maschine in Allen's Zeugdruckerei zu Providence. Obgleich diese Maschine neuerlich
                              									umgebaut wurde, so drosselt sie doch den Dampf auf gewöhnliche Weise, und macht den
                              									Absperrungspunkt deßhalb und weil ein bedeutender Dampfverlust stattfindet,
                              									unbestimmt. Es bleibt nicht bloß bei jedem Hub Dampf in den Kammern und Röhren
                              									zurück, sondern es entsteht auch dadurch eine unvollständigere Leere, welche in
                              									Folge voreiligen Schließens der Auslaßventile und anderer Mängel, nur ein Maximum
                              									von neun und ein Mittel von sieben Pfund erreicht.
                           Die Indicatorcurve Fig. 4 ist von der Maschine, welche Crocker's
                              									großes Walzwerk zu Taunton betreibt. Sie erläutert die zweite Verbesserung bei der
                              										Corliß'schen Maschine, indem sie nachweist, daß das
                              									Drosselventil nicht nur unnöthig ist, sondern auch mit bestem Erfolg durch einen
                              									selbstwirkenden Apparat ersetzt wurde, der so empfindlich und so wirksam ist, daß er
                              									von dem vollkommensten Drosselventil nicht erreicht werden kann. Wenn der Indicator
                              									die Linie a (Fig. 4) beschreibt, so
                              									überwindet die Maschine bloß die Reibung und verbraucht die geringste Dampfmenge,
                              									behält aber die genau erforderliche Geschwindigkeit. Es wird nun ein Walzengerüst in
                              									Betrieb gesetzt und der erwähnte empfindliche Mechanismus, welcher die gewöhnliche
                              									Bewegung, einmal in jeder Secunde, genau und vollständig
                              									regulirt, erhält die in dieser Secunde geöffnete Eingangsöffnung unbedeckt, bis die
                              									genau erforderliche Dampfmenge eingeströmt ist, welche alsdann durch Expansion die
                              									erforderliche Anzahl der Umdrehungen vollendet. Alsdann wird ohne Verlust an Dampf,
                              									und ohne Verbrauch irgend eines berechenbaren Theils seiner Kraft, der Zufluß
                              									abgesperrt. Mit der Maschine wird ein Walzwerk nach dem andern verbunden, sie
                              									steigert aber ihre eigene Geschwindigkeit und Wirksamkeit so, daß wenn alle
                              									Walzengerüste im Betriebe sind und die strengste Arbeit zu verrichten ist, sie den
                              									Dampf immer noch absperrt und eine Kraft von 360 Pferden erreicht. Werden nun zwei
                              									oder drei Walzengerüste plötzlich außer Betrieb gesetzt, so ist für einen Augenblick
                              									die einströmende Dampfmenge größer als der Bedarf; allein das Schwungrad, welches
                              									nur für den Augenblick wirkt, hält den Kolben gewissermaßen fest, bis der Regulator
                              									den Zufluß wieder adjustirt hat.
                           Fig. 5 ist die
                              									Indicatorcurve einer Hochdruck-Maschine in der
                              									Pacific-Spinnerei zu Providence. Bei der Beschaffenheit der
                              									Ventil-Anordnung in der Corliß'schen Maschine im
                              									Vergleich mit allen andern Systemen, kann man sich nicht wundern, eine so nahezu
                              									vollkommene Curve zu sehen, wie in der vorliegenden Figur.
                           Wir wollen aber Fig.
                                 										5 mit Fig.
                                 										6 vergleichen, welche letztere eine der besten Indicatorcurven von der
                              									Maschine der Schleifmühle des Dr. Hartshorn zu Providence ist. Dieselbe ist von gewöhnlicher Construction,
                              									hat ein Schieberventil und eine unabhängige Absperrung. Das Drosselventil wird
                              									unmittelbar von dem Regulator bewegt. Dieß erklärt die folgenden Mängel: 30 Pfd.
                              									Dampfverlust durch das Drosselventil, 5 Pfd. durch die Schieberventile und die
                              									Büchsen und Oeffnungen, ferner ein beständiger Verlust durch das Drosseln des Dampfs
                              									(da kein Absperrungspunkt in der Figur erscheint), endlich eine Entleerung, welche
                              									erst vollendet ist, nachdem der Kolben ein Drittel oder die Hälfte seines Rücklaufs
                              									gemacht hat.
                           Was soll man aber zu der Curve Fig. 7 sagen?
                              									Dampfverluste und ein Drosselventil veranlassen die folgenden Resultate: 1) einen
                              									Maximaldruck im Cylinder von 45 Pfd. bei einem Kesseldruck von 90 Pfd.) 2) einen
                              									Gegendruck, der fast beim halben Kolbenwege anfangt und ein Maximum von 39 Pfd.
                              									erreicht, also um 6 Pfd. weniger als der höchste Cylinderdruck. Diese Maschine wurde
                              									umgebaut; allein die alten Schwierigkeiten, welche in gewissem Grad fortdauern,
                              									rühren nicht von der Ausführung, sondern von der Construction her.
                           
                           Die letzte Indicatorcurve, Fig. 8, ist der Corliss'schen Maschine, welche im Krystall-Pallast
                              									zu New-York ausgestellt war, entnommen. Diese Curve ist fast theoretisch
                              									vollkommen. Der Dampf tritt mit nur 2 Pfd. unter dem Kesseldruck ein, und nachdem er
                              									abgesperrt wurde, dehnt er sich bis zur atmosphärischen Linie aus. Die Maschine ist
                              									für 60 Pferdekräfte construirt, zu der Zeit aber wo der Indicator angewendet wurde,
                              									entwickelte sie nur 33 1/2 Pferdekräfte.
                           Fig. 10 ist
                              									eine Abbildung der schönen Corliß'schen Maschine, welche
                              									im Krystall-Pallast zu New-York ausgestellt war. Der Styl, in welchem
                              									dieselbe erbaut wurde, ist, mit Ausnahme der Ventilbewegung, der gewöhnliche,
                              									obgleich die Formen, Verhältnisse und Einrichtungen verschiedener Theile theilweise
                              									neu sind. Die Ventile, der Kolben, sowie der Condensator sind nach ganz neuen Formen
                              									construirt, da die Erfahrung lehrt, daß diese Theile einfacher, dauerhafter und
                              									wirksamer hergestellt werden können. So werthvoll auch diese Verbesserungen seyn
                              									mögen, so sind sie doch von geringem Belang im Vergleich mit den Apparaten, welche
                              									die Zulassung des Dampfs bewirken, und diese Theile der Maschine verdienen daher
                              									besondere Beachtung.
                           Fig. 10 zeigt
                              									die einfache Anordnung von Hebeln, welche auf rotirende Ventile wirken und dadurch
                              									die erwähnten Resultate bewirken. Die Kurbel a dreht
                              									sich um einen Zapfen welcher von dem Cylinder vortritt, und theilt die Bewegung,
                              									welche sie durch den Arm b von dem Excentric erhält, den
                              									beiden Dampfventilen c und d
                              									und den beiden Auslaßventilen e und f mit. Die Dampfröhre g
                              									führt zu beiden Dampfventilen durch eine Kammer an der innern Seite des
                              									Cylinderbodens, und bei den kleineren Maschinen verbindet eine ähnliche Kammer an
                              									der entgegengesetzten Seite des Cylinders die Auslaßventile mit der Auslaßröhre h; bei den größeren Maschinen werden besondere
                              									Auslaßventile mit Expansions-Vorrichtungen angewendet. Die Dampföffnungen und
                              									Ventilsitze sind mit dem Cylinder aus einem Stück gegossen. Die Ventilstangen treten
                              									durch Stopfbüchsen auf den Kappen p, p der Ventilbüchsen
                              									hervor. Sie werden von den Klammern oder Bändern i, i
                              									getragen, und drehen sich mittelst der Kurbelarme c, d, e,
                                 										f. Die Auslaßventile e, f sind auf die
                              									einfachste Weise mit der Kurbel a verbunden und werden
                              									durch deren Bewegung geöffnet und geschlossen. Die Dampfventile c, d werden abwechselnd durch die Stangen j, k, welche dieselben mit der Kurbel a verbinden, geöffnet; allein sie werden an einem
                              									gewissen Punkt des Kolbenschubes ausgelöst und unmittelbar durch Gewichte, die mit
                              									den Stangen r und s
                              									verbunden sind, geschlossen. Der Punkt, an welchem die Stangen j und k, deren eines Ende
                              									mit der Kurbel a verbunden ist, von den Hebeln c und d
                              									 ausgelöst werden, hängt
                              									von der relativen Stellung der beweglichen Aufhalter n,
                                 										n ab. Diese Stellung hängt aber ihrerseits von der Höhe der geneigten
                              									Ebenen o, o ab, welche mit dem Regulator verbunden sind.
                              									Demnach ist also der Punkt, an welchem die Absperrung des Dampfes stattfindet, von
                              									dem Regulator abhängig, und der Cylinder erhält bei jedem Kolbenhub gerade Dampf
                              									genug, um die zweckmäßige Geschwindigkeit zu unterhalten. Stahlfedern t, t drücken gegen die Verbindungen und veranlassen sie
                              									dadurch zur geeigneten Zeit sich mit den Dampfventil-Hebeln zu vereinigen.
                              									Dieß ist im Allgemeinen die Einrichtung der Maschine.
                           Wir wollen nun genauer die Art und Weise untersuchen, wie die Bewegung des Excentric
                              									durch die Kurbel a verändert wird; Fig. 9 ist ein Aufriß von
                              									den Haupttheilen nach einem größern Maaßstabe; die gleichen Buchstaben bezeichnen
                              									dieselben Theile.
                           Maschine ohne Expansion. – Der Kolben befindet
                              									sich am Ende seines Aufganges und das obere Dampfventil ist auf dem Punkt sich zu
                              									öffnen. Der Riegel am obern Theil der Verbindungsstange j ist in Berührung mit dem Hebel gekommen, welcher fest mit der
                              									Ventilstange c verbunden ist. Der Kolben beginnt abwärts
                              									zu gehen, und nachdem er einige Zolle von seinem Schub durchlaufen hat, ist das
                              									obere Dampfventil gänzlich geöffnet, weil 1) das Excentric ungefähr auf der Hälfte
                              									des Zuges oder auf dem Punkt seiner größten Oeffnung steht; 2) sich der Punkt v der Kurbel dem Punkt ihrer größten Bewegung nähert,
                              									den sie erreicht wenn das Ventil gänzlich geöffnet ist.
                           Nehmen wir nun an, daß der Kolben die Hälfte seines abwärtsgehenden Schubes vollendet
                              									hat. Das Excentric befindet sich an seinem tobten Punkt, und die Hebel w, v und c befinden sich an
                              									den Punkten x, v' und c',
                              									also ebenfalls an ihren tobten Punkten. Der Kolben befindet sich an dem Ende seines
                              									Niedergangs, das Excentric an der andern Hälfte seiner Bewegung, und die Kurbel
                              									sowie die Hebel haben dieselbe Stellung angenommen, welche sie hatten, als sich der
                              									Kolben am Ende seines aufwärtsgehenden Schubes befand.
                           Daraus geht hervor: 1) daß, nachdem die Dampföffnung frei gemacht ist, das Excentric
                              									anfangt sich seinem tobten Punkte zu nähern und folglich das Ventil, jedoch langsam,
                              									eine kurze Entfernung von der Dampföffnung fortbewegt. 2) Daß, wenn der Kolben fast
                              									seinen Niedergang vollendet hat, und sich das Excentric und die Hebel den Punkten
                              									ihrer größten Entwickelung nähern, also das Ventil wiederum bereit ist die
                              									Dampföffnung zu verschließen, es dann aus den obigen Ursachen mit beschleunigter
                              									Geschwindigkeit bewegt und der einströmende Dampf plötzlich abgesperrt wird. Das
                              									Ventil öffnet und schließt also die Dampföffnung schnell, indem es sich zu dieser
                              									Zeit über einen verhältnißmäßig großen Theil seines Sitzes bewegt, jedoch an jedem
                              									Ende seiner Bewegung zögert, besonders beim Verschluß der Oeffnung, daher es sich
                              									nur ganz unbedeutend abnutzt und zur Ueberwindung der Reibung bloß einer sehr
                              									geringen Kraft bedarf.
                           Dieß ist die Bewegung beider Dampfventile, wenn der Dampf dem Kolben auf seinem
                              									ganzen Schube folgt (nicht mit Expansion wirkt); die Bewegungen der Auslaßventile
                              									sind immer genau dieselben. Das obere Auslaßventil z.B. ist nur im wirklichen
                              									Dienst, wenn der Kolben seine aufwärtsgehende Bewegung vollbringt, und während
                              									dieses Schubes dreht sich das Ventil von e nach e'', so wie auch zurück von e'' nach e, wogegen beim Niedergange des
                              									Kolbens das Ventil nicht im Dienst ist und sich nur von e nach e' und zurück von e' nach e bewegt. Die
                              									Resultate dieser Anordnung sind folgende: 1) Daß der einströmende Dampf nicht
                              									geschwächt (gedrosselt), sondern fast mit demselben Druck wie im Kessel benutzt
                              									wird, selbst wenn er ohne Expansion wirkt. – 2) Da der ausströmende Dampf
                              									fast während des ganzen Kolbenschubes frei entweichen kann, so ist der Gegendruck so
                              									gering als möglich. – 3) Die Reibung und Abnutzung der Ventile findet nur
                              									statt, während sie im wirklichen Dienst sind. – Das gewöhnliche
                              									Schieberventil erhält von dem Excentric dieselbe Schnelligkeit und Ausdehnung der
                              									Bewegung während der Periode wo die Dampföffnung geschlossen wird (d.h. von dem
                              									Augenblick des Schließens bis zu dem Augenblick des Oeffnens), welche es vom
                              									Augenblick des Oeffnens bis zum Augenblick des Schließens erlangt. Mittelst der
                              									Kurbel a ist dagegen die Schnelligkeit und Ausdehnung
                              									der Ventilbewegung zwischen den Punkten des Oeffnens und Verschließens 3–4mal
                              									so groß, als während der Zeit des Verschlusses.
                           Daß der Dampf in die Corliß'sche Maschine zu plötzlich
                              									einströmt, kann nicht als wesentlicher Einwurf gelten, denn die Erfahrung hat
                              									gezeigt, daß dadurch kein praktischer Nachtheil entsteht; überdieß müssen die
                              									Cylinder doch immer stark genug gemacht werden, um einem bedeutenden Druck
                              									widerstehen zu können.
                           Maschine mit Expansion. – Wir gehen nun zum
                              									zweiten Theil der Corliss'schen Verbesserung über,
                              									nämlich zu der Verbindung des Expansions Apparates mit dem
                                 										Regulator. Die Kurbel v und der Hebel c' (Fig. 9) sind so
                              									angeordnet, daß die Verbindungsstange j sich dem
                              									beweglichen Aufhalter n nähert, während der Hebel sich
                              									der Stellung c' nähert. Wenn immer das Dampfventil sich
                              									öffnet, so drückt die Verbindungsstange das entgegengesetzte Ende dieses Aufhalters
                              									gegen die geneigte Ebene o, welche mit der
                              									Regulatorstange m
                              									 verbunden ist. Sobald
                              									nun die Geschwindigkeit der Maschine größer wird, so steigt die geneigte Ebene o mit den Regulatorkugeln und bewegt den Aufhalter h gegen die Verbindungsstange j. Die Verbindungsstange macht mittelst ihrer Bewegung den Aufhalter r zu einem Stützpunkt und löst sich selbst von dem
                              									Ventilhebel, welcher augenblicklich zu der Stellung c''
                              									zurückkehrt, durch die Wirkung des Gewichts welches an seinem entgegengesetzten Arm
                              									angehängt ist. Eine darunter angebrachte Feder verhindert zu plötzliche Bewegungen,
                              									welche das Gewicht veranlassen könnte.
                           Wenn hingegen die Geschwindigkeit der Maschine abnimmt, so fällt die geneigte Ebene
                              										o und die Verbindungsstange hält sie so lange in
                              									ihrer Lage, bis der erforderliche Dampf in den Cylinder geströmt ist. In allen
                              									Fällen zeigt die geneigte Ebene o die Periode der
                              									Absperrung an, und bei jedem Kolbenschub lösen sich die Verbindungsstangen von den
                              									Ventilhebeln. Die Ventile bleiben alsdann verschlossen, bis die Verbindungsstangen
                              									wieder darauf einwirken, nachdem dieselben mit Hülfe der Federn t, t (Fig. 10) wieder
                              									eingehängt wurden. Vergleichen wir die Resultate dieser Methode die Geschwindigkeit
                              									zu reguliren, mit den Resultaten aller übrigen Methoden, so werden wir finden, daß
                              									sie nicht allein in jeder Hinsicht Vortheile vor denselben besitzt, sondern auch
                              									praktisch vollkommen ist.
                           Wenn der Regulator ein Drosselventil durch eine dampfdichte Packung bewegt, so
                              									verliert er mehr oder weniger seine Empfindlichkeit; bei der Corliß'schen Maschine dagegen verwendet der Regulator keine
                              									bemerkenswerthe Kraft um die Absperrung zu bewirken.
                           Ein Punkt, auf welchen wir noch nicht gehörig aufmerksam gemacht haben, ist die große
                              									Nähe der Ventile an dem Cylinder. Der hauptsächlichste Vortheil dieser Anordnung ist
                              									die Ersparung desjenigen Dampfes, welcher sonst bei jedem Kolbenschub zur Ausfüllung
                              									der Canäle verbraucht wird; überdieß wird nach dem augenblicklichen Verschlüsse
                              									dieser Ventile vermittelst ihrer Auslösung von den Verbindungsstangen, bei dieser
                              									Anordnung der Dampf von dem Cylinder plötzlich und gänzlich abgeschlossen. Ein Drosselventil verbraucht für
                              									sich selbst den Ueberschuß an Nutzeffect, und da es stets in einiger Entfernung von
                              									dem Cylinder in der Dampfröhre angebracht ist, so würde selbst dann, wenn der
                              									Regulator vollkommen empfindlich wäre, in Folge der Expansion des zwischen Cylinder
                              									und Drosselventil befindlichen Dampfes die Regulirung etwas verzögert. Bei der Corliß'schen Maschine dagegen erfolgt eine gänzliche
                              									Regulirung, 30 bis 130mal in der Minute, je nach der Anzahl der Umgänge.
                           
                           Wird die Belastung der Maschine bedeutend und plötzlich vermindert, wie es z.B. bei
                              									dem Walzwerksbetriebe oft der Fall ist, so bewegt der gänzlich unbelastete Regulator
                              									der Corliß'schen Maschine die Aufhalter nur so weit, daß
                              									sich die Verbindungsstangen nicht auf die Ventilhebel einlösen und die Maschine oft
                              									während eines ganzen Kolbenschubes gar keinen Dampf erhält. Die Geschwindigkeit der
                              										Corliß'schen Maschine wird niemals länger als während
                              									eines Kolbenschubes wesentlich verändert, und die verhältnismäßigen Vortheile der
                              									neuen Regulirung wurden durch die im Krystallpallast zu New-York während der
                              									Ausstellung angestellten Versuche hinlänglich erwiesen.
                           Das Hauptverdienst des Hrn. Corliß besteht also darin, daß
                              									er das Drosselventil aufgab. Denn durch dasselbe geht fortwährend Kraft verloren,
                              									wie die oben besprochenen Indicatorcurven genügend beweisen. Bei der Corliß'schen Maschine erfolgt der Abschluß des Dampfes
                              									augenblicklich, ohne Verlust und Gegenwirkung; der Dampf strömt mit einem Druck in
                              									den Cylinder, welcher von dem in dem Kessel stattfindenden so wenig verschieden ist,
                              									daß der Unterschied in der Praxis gar nicht in Betracht kommt. Wegen der plötzlichen
                              									Absperrung des unter dem Kesseldruck einströmenden Dampfes gewinnt man auch den
                              									ganzen Vortheil der Expansion.
                           Die Erfindung machte Hr. Georg H. Corliß zu Providence,
                              									und solche Maschinen werden nur in der großen Maschinenbauanstalt der HHrn. Corliß und Nightingale in
                              									jener Stadt ausgeführt.
                           Die Vortheile der neuen stationären Balanciermaschinen sind in Kürze folgende:
                           1. Die Kurbel a und ihr Zugehör verhindern den
                              									Dampfverlust beim Oeffnen und Schließen der Ventile.
                           2. Die eigenthümliche Anwendung des Regulators bei den Dampfventilen sichert eine
                              									gleichartige Bewegung der Maschine, sowie die Benutzung der ganzen Spannkraft des
                              									Dampfes.
                           3. Zur Bewegung der Ventile ist, wegen ihrer eigenthümlichen Construction, nur eine
                              									geringe Kraft erforderlich. Mittelst eines vier Fuß langen Hebels, welcher in die
                              									Kurbel a greift, kann ein Mann leicht das vollständige
                              									Oeffnen der vier Ventile bei einer Maschine von 300 Pferdekräften während ihres
                              									Ganges bewerkstelligen.
                           4. Die besten, mit der Corliß'schen Maschine erlangten
                              									Resultate lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
                           a) Bei einer Condensationsmaschine in der oben erwähnten Atlantic de Laine Spinnerei
                              									betrug der Steinkohlenverbrauch nach einem Durchschnitt im Januar 1854 sowohl zur
                              									Krafterzeugung als für Fabrikoperationen 2 72/100 Tonnen per Tag; dabei
                              									war die Maschine mit 225 Pferdekräften täglich 11 Stunden und 40 Minuten im
                              									Betriebe; rechnet man eine Drittel-Tonne Kohlen per Tag für die Fabrikoperationen, so verbrauchte die Maschine in der
                              									Stunde für eine Pferdekraft 2 1/25 Pfund Kohlen. Der Dampf wurde in 2 Kesseln (mit
                              									Zügen) von 7 Fuß Durchmesser und 22 Fuß Länge erzeugt.
                           b) Bei einer Hochdruckmaschine mit gewöhnlichen cylindrischen Kesseln, welche schon 12
                              									bis 15 Jahre im Gebrauch waren, betrug der Kohlenverbrauch, um während 11 Stunden 35
                              									Minuten die Kraft von 131 Dampfpferden zu unterhalten, zwei reichliche Tonnen, d.h.
                              										per Stunde für eine Pferdekraft nicht ganz 3
                              									Pfund.
                           
                        
                     
                  
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