| Titel: | Ueber die Wirkung des Braunsteins als Entfärbungsmittel des Glases; von Prof. Justus v. Liebig. | 
| Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. CIII., S. 377 | 
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                        CIII.
                        Ueber die Wirkung des Braunsteins als
                           								Entfärbungsmittel des Glases; von Prof. Justus v. Liebig.
                        Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, April
                              								1854, S. 112.
                        v. Liebig, über die Wirkung des Braunsteins als Entfärbungsmittel
                           								des Glases.
                        
                     
                        
                           Es ist bekannt, daß der Zusatz von geringen Mengen Braunstein als ein unentbehrliches
                              									Erforderniß zur Darstellung weißer Gläser angesehen war; der Braunstein wirkt aber
                              									günstig nur bei Glassätzen, die ohne denselben ein grünes, durch Eisenoxydul
                              									gefärbtes Glas liefern würden.
                           Ueber die Art und Weise der Wirkung des Braunsteins hat man keine bestimmte
                              									Vorstellung; man nimmt gewöhnlich an (siehe Gmelin Bd. II
                              									S. 363), daß er dazu diene, um das Eisenoxydul in Oxyd zu verwandeln, welches dem
                              									Glase eine viel schwächere blaßgelbe Farbe ertheile, die in dünnen Lagen weniger
                              									oder kaum sichtbar sey. Man wird aber sehr selten Hohlglas oder Tafelglas finden,
                              									welches selbst in dicken Massen gelb ist; in der Regel zeigt das Glas dann eine
                              									blaue oder grüne Farbe, oder ist ganz farblos.
                           Der Braunstein kann in den Glassätzen durch Salpeter oder oxydirende Zusätze, deren
                              									Wirkung schon aufhört, wenn das Glas erst zu schmelzen beginnt, nicht ersetzt
                              									werden, und ich halte es für höchst wahrscheinlich, daß das Mangan des Braunsteins
                              									als Oxydul durch die Farbe, die es dem Glase für sich ertheilt, wirkt, so zwar, daß
                              									die grüne Färbung durch Eisenoxydul aufgehoben wird, indem es seine eigene Farbe
                              									damit gleichzeitig einbüßt.
                           Von dieser Wirkung kann man sich leicht durch einen Versuch überzeugen, der sich ganz
                              									gut für eine Vorlesung eignet.
                           Setzt man einer concentrirten Lösung von schwefelsaurem Manganoxydul (von rother
                              									Farbe) eine Lösung von Eisenchlorür oder schwefelsaurem Eisenoxydul (von grüner
                              									Farbe) zu, so erhält man, bei richtig getroffenem Verhältniß, eine ganz farblose
                              									Mischung. Die grüne Farbe des Eisenoxydul- und die rothe des Manganoxydulsalzes
                              									sind complementäre Farben, die einander aufheben.
                           Die Wirkung beider ist der einer verdünnten Kobalt- und Nickellösung ähnlich,
                              									welche in richtigem Verhältniß eine Flüssigkeit darstellen, die weder grün noch
                              									roth, aber auch nicht ganz farblos ist; sie behält einen schwachen Stich ins Blaue.
                              									Aus gleichem Grunde erscheint eine Phosphorstange, die man in einer
                              									Kupfervitriollösung mit metallischem Kupfer hat überziehen lassen, bei nicht zu
                              									dicker Schicht der Kupferlösung, silberweiß. Diese Erscheinungen sind bekannt, und
                              									es wäre, um den vollständigen Beweis von der entfärbenden Wirkung des Braunsteins
                              									auf eisenoxydulhaltiges Glas zu führen, der Versuch, durch Zusammenschmelzen eines
                              									durch Eisenoxydul grün mit einem durch Manganoxydul roth gefärbten Glase ein
                              									farbloses Glas zu erzielen, von Interesse.