| Titel: | Vorrichtung zum Schlichten der Zettel für Leineweber. | 
| Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. XLVI., S. 181 | 
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                        XLVI.
                        Vorrichtung zum Schlichten der Zettel für
                           Leineweber.
                        Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1854, Nr.
                              28.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. III.
                        Vorrichtung zum Schlichten der Zettel für Leineweber.
                        
                     
                        
                           Die Leineweber bringen gewöhnlich den Zettel ungeschlichtet auf den Stuhl und halten
                              es sodann in der Regel so, daß je die Länge der Kette vom Brustbaum bis zum hintern
                              Garnbaum, also etwa zwei Ellen, geschlichtet, getrocknet und sodann verwoben werden,
                              worauf das Schlichten der folgenden zwei Ellen der Kette folgt und so fort. Ist nun,
                              wie in der Regel und besonders im Winter, die Luft in der tiefen kellerartigen
                              Werkstätte feucht, so muß das Trocknen der geschlichteten Kette, wenn nicht längere
                              Zeit darauf gewartet werden will, durch Einheizen befördert werden. Da aber in den
                              halbunterirdischen Räumen der Leineweber sich selten Heizvorrichtungen finden, so
                              wird sehr oft nur eine Handvoll brennendes Stroh oder Reisig, oder eine Schüssel mit
                              glühenden Kohlen angewendet, und zwar oft drei- bis viermal des Tags, um das
                              Trocknen der geschlichteten Kette zu beschleunigen.
                           Um nun die oftmalige Unterbrechung der Arbeit und das Heizmaterial für die Werkstätte
                              zu ersparen, den Rauch oder Kohlendampf zu vermeiden und die Vermehrung der
                              Feuchtigkeit, welche in den unterirdischen Gelassen ohnehin mehr als hinreichend
                              vorhanden ist, zu umgehen, hat der Leineweber Lucas Velte
                              in Münchingen eine sehr einfache Vorrichtung gefertigt, mittelst deren der Zettel,
                              ähnlich wie bei Maschinenschlichterei, ehe er auf den Stuhl kommt, in seiner ganzen
                              Länge geschlichtet wird.
                           
                           Die Vorrichtung, Fig. 14, besteht aus einem Gestell – gleich einem niedrigen
                              Webstuhl – mit zwei Bäumen und kann von manchem Weber selbst gefertigt
                              werden. Der Zettel wird auf der Walze A aufgebäumt und
                              auf die Walze B herübergespannt; nachdem die
                              ausgespannte Strecke in gewöhnlicher Weise geschlichtet und sofort getrocknet ist,
                              wird dieser Theil des Zettels mittelst eines Triebels, der in dem Zapfen C steckt, auf die Walze B
                              fest aufgewickelt und so fortgefahren, bis der ganze Zettel geschlichtet ist. Damit
                              der Faden straff gespannt werden könne und auf der Walze B sich fest anlege, ist einerseits an A, wie
                              aus der Zeichnung zu ersehen, mittelst eines Stricks eine Sperrvorrichtung
                              angebracht, welche die Umdrehung der Walze A auf ihrem
                              Lager erschwert, anderseits bei C durch einen Sperrkegel
                              eine rückwärts gehende Bewegung der Welle B verhindert.
                              Ist der ganze Zettel geschlichtet, so wird der Baum B auf den Webstuhl gebracht und
                              es kann nun der Weber um so mehr ununterbrochen fortarbeiten, als auch das Abreißen
                              der Fäden, das häufig an Stellen, wo sie noch nicht geschlichtet sind, vorkommt,
                              vermindert wird.
                           Da das Gestell in der gewöhnlichen Wohnstube des Webers
                              aufgestellt und die ganze Schlichterei daselbst vorgenommen werden kann, so ist
                              keine besondere Feuerung behufs des Trocknens nöthig, auch läßt sich die feuchte
                              Luft aus der Wohnstube leichter ableiten, als aus der tiefen Werkstätte, überdieß
                              kann das Schlichten und Aufwickeln des geschlichteten Zettels durch eine andere
                              Person vorgenommen werden, so daß der Weber ungestört an dem Weben fortzufahren im
                              Stande ist.
                           Velte schlichtet schon fünf Jahre mit dieser Vorrichtung;
                              dieselbe ist zweckmäßig und verdient mehr bekannt zu werden.
                           
                        
                     
                  
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