| Titel: | Ueber eine allgemein anwendbare Bestimmungsmethode auf maaßanalytischem Wege; von Dr. Aug. Streng, Chemiker an der Bergschule in Clausthal. | 
| Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LIV., S. 220 | 
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                        LIV.
                        Ueber eine allgemein anwendbare
                           Bestimmungsmethode auf maaßanalytischem Wege; von Dr. Aug. Streng, Chemiker an der Bergschule in
                           Clausthal.
                        Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1854,
                              Nr. 5.
                        Streng, über eine allgemein anwendbare Bestimmungsmethode auf
                           maaßanalytischem Wege.
                        
                     
                        
                           Es gibt in der analytischen Chemie zwei Wege, um die Mengen-Verhältnisse der
                              einzelnen Bestandtheile einer Verbindung zu erforschen: entweder ist man bemüht,
                              durch meist sehr complicirte Operationen die einzelnen Bestandtheile einer zu
                              untersuchenden Verbindung von einander zu sondern und in fester Form abzuscheiden,
                              und dann zu wägen, oder man wählt den kürzeren Weg, der darin besteht, daß mittelst
                              eines Reagens von bekanntem Gehalt auf den zu untersuchenden Körper eine Reaction
                              ausgeübt wird, deren Beendigung man, je nach den verschiedenen Methoden, an
                              mancherlei Merkmalen erkennt; aus der abgemessenen Menge des verbrauchten Reagens
                              schließt man dann auf die Menge des zu bestimmenden Körpers. Es stehen sich diese
                              beiden Methoden als die Gewichtsanalyse und die Maaßanalyse gegenüber, von denen
                              jede eine gleiche Berechtigung hat, da die eine sowohl wie die andere vollkommen
                              genaue Resultate zu geben vermag. Trotzdem wurde bisher fast nur die Gewichtsanalyse
                              von Seiten der Chemiker in Anwendung gebracht, während die volumetrischen Methoden
                              lediglich dem Techniker überlassen blieben, und auch dieser nur zum Theil sich
                              derselben bediente. Erst in der neuesten Zeit wurde von den ausgezeichnetsten
                              Chemikern auf diesen letzteren Zweig der analytischen Chemie aufmerksam gemacht, so
                              daß uns die letzten Jahre volumetrische Methoden gebracht haben, die nichts zu
                              wünschen übrig lassen. Dieß berechtigt zu der Hoffnung, daß sowohl in der Technik,
                              als auch in der analytischen Chemie die maaßanalytischen Methoden immer mehr Boden
                              gewinnen werden; ja es ist von manchen Seiten die Vermuthung ausgesprochen worden,
                              daß in vielen Beziehungen die Gewichtsanalyse durch die Maaßanalyse vollständig
                              verdrängt werden könnte.
                           Einen bedeutenden Fortschritt haben die Maaßanalysen durch das Bestreben erreicht,
                              die verschiedenen, oft so sehr von einander abweichenden Bestimmungsmethoden in
                              möglichst wenige zu vereinigen, mit deren Hülfe man eine große Reihe von Körpern
                              ermitteln kann. Ein weiterer Fortschritt bestand darin, daß man nach Reagentien
                              suchte, welche nicht allein ein hinlänglich genaues Resultat geben, sondern auch
                              leicht rein zu erhalten und in ihren Lösungen auf die Dauer vollständig un veränderlich sind.
                              Allein unter denjenigen Reagentien, welche hierher gehören, sind nur sehr wenige,
                              welche zugleich der Anforderung der allgemeinen Anwendbarkeit entsprechen; es liegt
                              daher hier noch die Aufgabe vor, nach solchen Reagentien zu suchen, die Genauigkeit,
                              Reinheit und Beständigkeit mit allgemeiner Anwendbarkeit verbinden. Ein solches
                              Reagens, welches allen diesen Anforderungen entspricht, glaube ich in dem von Penny
                              Chem. Soc. Quart. Journ. Th. IV S. 239, und
                                    polytechn. Journal Bd. CXXVII S.
                                       60. zuerst angewandten sauren chromsauren Kali gefunden zu haben, und ich werde
                              daher in dieser Arbeit die Resultate zusammenstellen, die ich mit Hülfe dieses
                              Körpers bei der Bestimmung einer ganzen Reihe wichtiger Substanzen erhalten habe.
                              Zugleich mag die Genauigkeit der Analysen eine Widerlegung der Einwürfe seyn, die
                              von Schwarz
                              Praktische Anleitung zu Maaßanalysen von Dr. H.
                                    Schwarz, 2te Aufl., S. 119 und 133. gegen die Anwendung des sauren chromsauren Kalis gemacht worden sind. Schwarz verwirft nämlich das chromsaure Kali 1) weil das
                              Salz des Handels mit schwefelsaurem Kali verunreinigt, 2) weil das übermangansaure
                              Kali ein weit besseres Reagens sey, und 3) weil bei den von Penny vorgeschlagenen Bestimmungen die Vollendung der Reaction schwer zu
                              bestimmen sey.
                           Was den letzteren Punkt anbetrifft, so ist dieser Einwand vollkommen begründet. Die
                              Verunreinigungen des chromsauren Kalis dagegen lassen sich auf die einfachste Weise
                              durch mehrmaliges Umkrystallisiren beseitigen, eine Operation, die keinem Techniker
                              irgend welche Schwierigkeiten machen könnte. Wohl aber könnte einem Techniker die
                              Darstellung des übermangansauren Kalis manche Schwierigkeiten bieten, denn 1) ist
                              der zu seiner Darstellung angewandte Braunstein niemals rein; 2) muß man beim Glühen
                              mit chlorsaurem Kali und Aetzkali die Temperatur innerhalb bestimmter Gränzen
                              halten, da bei zu hoher Temperatur das gebildete mangansaure Kali wieder zerstört
                              werden kann, während bei zu niedriger Temperatur das chlorsaure, resp. überchlorsaure Kali, nicht vollständig zersetzt
                              wird und letzteres besonders schwer durch Krystallisation von dem übermangansauren
                              Kali getrennt werden kann; 3) muß die Lösung des übermangansauren Kalis von dem
                              gebildeten Mangansuperoxyd befreit werden, allein mit Vermeidung eines Filters oder
                              irgend einer organischen Substanz; 4) will man das übermangansaure Kali rein
                              erhalten, so muß es ebenfalls umkrystallisirt werden, eine Arbeit, die bei diesem so
                              leicht zersetzbaren Körper weit schwieriger ist, wie bei dem chromsauren Kali.
                           
                           Allein noch eine andere Schwierigkeit bietet die Anwendung des übermangansauren
                              Salzes durch seine leichte Zersetzbarkeit, gegen welche nur das allersorgfältigste
                              Aufbewahren schützt; ist man aber genöthigt häufig mit diesem Körper zu arbeiten, so
                              können bei dem jedesmaligen Oeffnen der Flasche organische Staubtheilchen
                              hineinfallen, die auch in geringster Menge genügen, um die Lösung theilweise zu
                              zersetzen. Will man aber vor jedem Versuche den Gehalt an übermangansaurem Kali
                              ermitteln, so muß immer erst Eisendraht abgewogen und in Salzsäure gelöst werden,
                              was jedenfalls zeitraubend ist.
                           Dagegen kann das saure chromsaure Kali vollkommen rein erhalten werden, ja man kann
                              es sogar durch Schmelzen vollständig und ohne Zersetzung befürchten zu müssen, von
                              seinem hygroskopischen Wassergehalt befreien, und ist hierdurch in den Stand
                              gesetzt, eine genau titrirte Lösung zu erhalten, die lange Zeit ohne die geringste
                              Zersetzung aufbewahrt werden kann, selbst bei Gegenwart organischer Substanzen.
                              – Endlich können durch das Bestimmen der Vollendung der Reaction auf sehr
                              einfache und sichere Weise mit diesem Körper. Resultate erzielt werden, die denen
                              vermittelst des übermangansauren Kalis in nichts nachstehen.
                           Außer den Fortschritten der maaßanalytischen Chemie durch Anwendung von Reagentien,
                              denen neben den Eigenschaften der Reinheit und Beständigkeit auch die der
                              allgemeinen Anwendbarkeit zukommt, ist noch einer anderen wesentlichen Verbesserung
                              zu gedenken.
                           Es ist nämlich bei allen maaßanalytischen Methoden eine Hauptaufgabe, den Punkt genau
                              zu bestimmen, bei welchem die Reaction vollendet ist. Bei den Fällungsanalysen
                              erreicht man diesen Punkt, wenn nichts mehr gefällt wird, bei den Oxydations-
                              und Reductionsanalysen meistentheils durch Farbenveränderungen. Diese letzteren
                              geben aber nicht immer Einen Punkt an, bei dem man mit voller Bestimmtheit die
                              Reaction als vollendet ansehen kann, sondern es sind meist Uebergänge von einer
                              Farbe in die andere, so daß man über die Beendigung des Versuchs Zweifel hegen kann.
                              Erst in der neuesten Zeit sind Methoden in Anwendung gekommen, bei welchen es
                              möglich ist, den Punkt der Vollendung der Reaction fast vollkommen genau zu
                              bestimmen. Es ist dieß die Eigenschaft des Jods, selbst in den allerkleinsten
                              Quantitäten Stärkekleister so intensiv blau zu färben, daß dadurch alle andern
                              Farben überdeckt werden. Diese Eigenschaft ist von Bunsen
                              in seiner Arbeit „über eine volumetrische Methode von sehr allgemeiner
                                 Anwendbarkeit“
                              Annalen der Chemie und Pharmacie Bd. LXXXVI S. 265. benutzt worden, um die Vollendung der Reaction zu erkennen, und die Resultate
                              seiner Versuche zeigen, wie genau jener Punkt getroffen werden kann.
                           Auch ich habe diese Eigenschaft des Jods benutzt, indem nämlich das saure chromsaure
                              Kali aus der Jodwasserstoffsäure Jod austreibt, und dieß den zugesetzten
                              Stärkekleister blau färbt, für den Fall, daß keine reducirende Substanz vorhanden
                              ist, welche durch das chromsaure Kali oxydirt werden muß, ehe das Jod aus der
                              Jodwasserstoffsäure abgeschieden werden kann. Eine solche reducirende Substanz ist
                              unter andern das Zinnchlorür; setzt man daher zu einer stark sauren Lösung dieses
                              Salzes ein Körnchen Jodkalium oder einige Tropfen einer Jodkalium-Lösung und
                              verdünnten Stärkekleister, und fügt dann tropfenweise eine Lösung von saurem
                              chromsaurem Kali hinzu, so wird jeder Tropfen an der Stelle wo er niederfällt, eine
                              Ausscheidung an Jod bewirken, die aber sogleich durch die Einwirkung des
                              Zinnchlorürs wieder verschwindet; dabei wird die Flüssigkeit nach und nach durch
                              Chromchlorid schwach grünlich gefärbt, bis plötzlich nach Zusatz von nur Einem
                              Tropfen der Chromlösung ein Punkt eintritt, wo die ganze Flüssigkeit intensiv blau
                              gefärbt und fast undurchsichtig erscheint. Bei diesem Punkte ist die Reaction
                              vollendet, d.h. alles Zinnchlorür in das Chlorid verwandelt.
                           Auf der stark reducirenden Wirkung des Zinnchlorürs und auf der Leichtigkeit, mit
                              welcher man den Gehalt einer Lösung von Zinnchlorür durch das Chromsalz rasch und
                              sicher ermitteln kann, beruhen alle im Nachstehenden angegebenen Bestimmungen.
                           Hierzu sind nun folgende Flüssigkeiten nothwendig:
                           1) Eine Lösung von saurem chromsaurem Kali. Zur Bereitung derselben reinigt man das
                              käufliche Salz durch mehrmaliges Umkrystallisiren, erhitzt es in einem
                              Porzellantiegel so lange bis es eben geschmolzen ist und läßt es über Chlorcalcium
                              erkalten. Dabei blättert sich die erstarrte Masse so aus einander, daß man ein
                              feines Pulver erhält, welches aus lauter kleinen Krystallaggregaten besteht. Von
                              diesem Pulver werden 10 Gram, abgewogen und in 1/2 oder 1 Liter Wasser gelöst, so
                              daß 1 Kubikcentimeter der Lösung 0,02 oder 0,01 festes Chromsalz enthält.
                           2) Eine Lösung von Zinnchlorür. Um dieses zu erhalten, löst man guten käuflichen
                              Stanniol in concentrirter Salzsäure auf und verdünnt diese Lösung mit der
                              zwei- bis dreifachen Menge Wasser. Der Gehalt dieser Lösung an Zinnchlorür
                              wird vor jedem Versuche durch die Chromlösung ermittelt.
                           3) Eine Lösung von Jodkalium von beliebigem Gehalt.
                           4) Eine klare Stärkelösung, die man sich vor jedem Versuche durch Kochen von wenig
                              Stärke mit viel Wasser leicht darstellen kann.
                           
                        
                           
                           Bestimmung des Zinns.
                           Wie ich schon oben anführte, ist von Penny das saure
                              chromsaure Kali zur Bestimmung des Zinnchlorürs angewandt worden. Er versetzt die
                              Lösung des Zinnchlorürs mit der Chromlösung so lange, bis ein herausgenommener
                              Tropfen mit Schwefelcyankalium und reinem Eisenvitriol eine rothe Färbung erzeugt.
                              Diese Operation ist sehr zeitraubend und man muß mit großer Vorsicht zu Werke gehen,
                              um den Punkt zu finden, bei welchem die Reaction vollendet ist. Ich habe es deßhalb
                              vorgezogen, diesen Punkt durch Jodkalium und Stärke zu finden.
                           Zur Ausführung dieser Operation verfährt man folgendermaßen:
                           Von der auf metallisches Zinn oder auf Zinnchlorür zu untersuchenden Substanz wägt
                              man eine gewisse Quantität ab und löst sie in Salzsäure unter stetem Kochen auf.
                              Alsdann gießt man die Lösung in ein Becherglas, versetzt sie mit einigen Tropfen der
                              Jodkalium-Lösung und Stärkekleister, füllt die Bürette mit der Chromlösung
                              und setzt diese tropfenweise unter beständigem Umrühren so lange hinzu, bis die
                              Flüssigkeit plötzlich durch die Jodstärke blau gefärbt und fast undurchsichtig
                              erscheint, wobei die grüne Lösung des gebildeten Chromchlorids vollständig durch die
                              blaue Farbe gedeckt wird, die man noch sicherer dadurch erkennt, daß man das
                              Becherglas auf ein Blatt weißes Papier stellt.
                           Die Reaction findet nach folgender Formel statt:
                           3 Sn O + Cr₂ O₆ = 3 Sn O₂ + Cr₂
                              O₃ 
                           Aus der abgelesenen Menge der verbrauchten Chromlösung berechnet man dann auf
                              nachstehende Weise den Gehalt an Zinn:
                           Bezeichnet
                           C die Anzahl von Kabikcentimetern der verbrauchten
                              Chromlösung,
                           c den Gehalt an festem Chromsalz in 1 Kubikcent. der
                              Lösung,
                           A die angewandte Menge der zinnhaltigen Substanz,
                           x die gesuchte Zinnmenge in Procenten, so ist:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 224
                              
                           wägt man gerade 100c/A Gram. der Substanz ab, so gibt die Formel:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 224
                              
                           direct den Procentgehalt an Zinn an.
                           
                           Will man käufliches Zinnchlorür auf seinen Gehalt an reinem Zinnchlorür untersuchen,
                              so gibt die Formel:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 225
                              
                           den procentischen Gehalt an SnCl an.
                           Will man dagegen Zinnchlorid auf seinen ganzen Zinngehalt untersuchen, so muß eine
                              gewogene Menge in Salzsäure gelöst, durch Zink das Zinn ausgefällt und dieses dann
                              wieder in Salzsäure gelöst werden. Das so erhaltene Zinnchlorür wird auf angegebene
                              Weise bestimmt.
                           Da nun Penny aus einer großen Reihe von Versuchen den
                              Schluß zog, daß das Atomgewicht des Zinns sowohl als das des Chroms noch nicht genau
                              bestimmt sey, so ermittelte er durch directe Versuche die Menge an saurem
                              chromsaurem Kali, welche gerade 100 Th. Zinn entspricht. Als das Mittel seiner
                              Versuche ergibt sich, daß 83,2 Th. r₂ auf 100 Th. Zinn
                              kommen.
                           Da auch ich durch mehrere Versuche zu demselben Resultate kam, so halte ich es für
                              angemessen, diese Zahlen statt der Aequivalente des Zinns und des chromsauren Kalis
                              in obige Formel einzuführen; diese würde hiernach folgende Form erhalten:
                           x = (100 . 100 . cC)/(83,2 .
                              A)
                           1 Gr. käuflicher Stanniol auf angegebene Weise geprüft
                              gab:
                           
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 =   1
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 40,25
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 =   0,02
                                 
                              
                           
                              
                                                           Gehalt
                                    an reinem Zinn
                                 
                              
                                 volumetrisch bestimmt
                                            
                                 durch eine Gewichtsanalyse bestimmt
                                 
                              
                                           96,75
                                                     
                                    96,85.
                                 
                              
                           Um das in Salzsäure nur langsam sich lösende Zinn rascher in Lösung zu versetzen,
                              erhitzte ich anfangs die Flüssigkeit bis fast zum Sieden, und setzte dann einen
                              Tropfen ganz verdünnter Platinchlorid-Lösung hinzu; es schied sich dann auf
                              dem Zinn eine Spur von metallischem Platin nieder, wodurch unter starker
                              Gasentwickelung die Lösung so befördert wurde, daß sich binnen wenigen Minuten das
                              Zinn gelöst hatte. Die kleine Menge Zinnchlorid, die sich durch Zusatz von
                              Platinchlorid gebildet hatte, wurde durch das überschüssige Zinn rasch wieder
                              reducirt.
                           
                        
                           
                           Bestimmung der Chromsäure.
                           Zur Bestimmung der Chromsäure wägt man eine gewisse Quantität des chromsauren Salzes
                              ab und bringt sie in einen Kolben. Dann füllt man eine große Bürette mit
                              Zinnchlorür-Lösung, gießt von derselben im Ueberschuß zu der
                              Chromsäure-Verbindung und erhitzt dann nach Zusatz von Salzsäure die Masse
                              einige Zeit. Dadurch wird die Chromsäure zu Oxyd reducirt und ein Theil des
                              Zinnchlorürs ist in Chlorid umgewandelt worden. Man gießt nun in ein Becherglas,
                              versetzt mit Jodkalium und Stärke und bestimmt durch die titrirte Chromlösung die
                              Menge des überschüssig zugesetzten Zinnchlorürs. Alsdann liest man an beiden
                              Büretten die Menge des zugesetzten Zinnchlorürs und die der Chromlösung ab, gießt
                              nun von der Zinnlösung 10–20 Kubikcent. in ein Becherglas und bestimmt ihren
                              Gehalt an Zinnchlorür durch Chromlösung.
                           Nachstehende Formel dient zur Berechnung der Menge Chromsäure in der zu
                              untersuchenden Substanz:
                           G = Anzahl der zur Reduction der Chromsäure angewandten
                              Kubikcentimeter Zinnlösung.
                           g = Anzahl der zur Probe auf ihren Zinngehalt
                              angewandten Kubikcentimeter Zinnlösung.
                           K = Anzahl der zur Oxydation der überschüssig
                              angewandten Zinnchlorür-Lösung dienenden Kubikcentimeter Chromlösung.
                           C = Anzahl der zur Oxydation von g Zinnlösung dienenden Kubikcentimeter Chromlösung.
                           c = Gehalt der Chromlösung.
                           A = angewandte Substanz.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 226
                              
                           
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 = 1 Gr. PbO . CrO₃
                                 
                              
                                 
                                    G
                                    
                                 = 52,25
                                 
                              
                                 
                                    K
                                    
                                 = 28,55
                                 
                              
                                 
                                    g
                                    
                                 =   9,05
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 12,85
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 =   0,01
                                 
                              
                           
                              
                                    Gefunden
                                 Berechnet
                                 
                              
                                 PbO  = 67,99
                                   68,29
                                 
                              
                                 CrO₃ = 32,01
                                   31,71
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                         
                                    100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           
                        
                           
                           Bestimmung des Kupfers.
                           Aehnlich wie das Zinn, läßt sich auch das Kupfer bestimmen, da auch das Kupferchlorür
                              die durch Chromlösung aus Jodkalium und Stärke erzeugte Jodstärke so lange zerstört,
                              als noch Kupferchlorür vorhanden ist. Man verfährt hiebei auf folgende Weise.
                           Die kupferhaltige Substanz wird in Wasser, oder, wenn sie darin unlöslich ist, in
                              einer Säure gelöst. Ist es nothwendig Salpetersäure anzuwenden (z.B. bei
                              Kupferkies), so muß diese möglichst durch Eindampfen mit Salzsäure zerstört werden.
                              Alsdann versetzt man zuerst mit kohlensaurem Natron bis zur schwach sauren Reaction,
                              dann mit Milch- oder Traubenzucker, und erwärmt gelinde; endlich setzt man
                              Kali im Ueberschuß hinzu und digerirt so lange in mäßiger
                              Wärme, bis alles Kupfer als Oxydul gefällt, d.h. der Niederschlag
                              röthlich-braun und die darüberstehende Flüssigkeit farblos geworden ist. Dann
                              versetzt man mit überschüssiger Salzsäure, läßt etwas erkalten, bringt die
                              Flüssigkeit in ein Becherglas, versetzt mit Jodkalium und Stärkelösung und gießt
                              endlich aus der Bürette so lange von der Chromlösung hinzu, bis die Bläuung
                              eintritt. Die Reaction läßt sich durch folgende Formel darstellen:
                           3 Cu₂ O + Cr₂O₆ = 6 Cu O +
                              Cr₂O₃ 
                           Die Berechnung der Analyse läßt sich leicht durch nachstehende Gleichung ausführen,
                              worin die Buchstaben die bei der Bestimmung des Zinns angeführte Bedeutung
                              haben:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 227
                              
                           Bei dieser Probe lag die Befürchtung nahe, daß die Gegenwart der organischen Substanz
                              ebenfalls reducirend auf die Chromlösung einwirken könnte; allein nicht nur die
                              Resultate mehrerer Analysen, sondern auch directe Versuche bewiesen das
                              Gegentheil.
                           Es wurde nämlich Zucker in Wasser gelöst und mit Kali gekocht, darauf wurde zu der
                              noch heißen Flüssigkeit ein Tropfen Chromlösung gesetzt. Diese färbte sich dadurch
                              gelb, und durch Zusatz von Salzsäure konnte die ursprüngliche Farbe des sauren
                              Salzes wiederhergestellt werden. Hätte eine Reduction stattgefunden, so wäre diese
                              durch die grüne Farbe des Chromchlorids angezeigt worden.
                           Ebensowenig konnte das durch Zusatz von Jodkalium sich bildende Kupferjodür eine
                              schädliche Einwirkung verursachen, denn bei Gegenwart einer hinlänglichen Menge von
                              Salzsäure wird das Kupferjodür gelöst und durch Chromlösung ebenfalls höher
                              oxydirt.
                           
                           Zur Controlirung der Methode wurde Kupfervitriol durch mehrmaliges Umkrystallisiren
                              gereinigt, 24 Stunden lang bei 100° C. getrocknet und dadurch wasserfrei
                              gemacht und auf obige Weise behandelt
                           
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 =   1 Gr. CuO . SO₃
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 15,65
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 =   0,02
                                 
                              
                           Kupfermenge in Procenten:
                           
                              
                                 Gefunden   
                                 Berechnet
                                 
                              
                                   39,98
                                   39,75.
                                 
                              
                           
                        
                           Bestimmung des Bleies.
                           Die maaßanalytischen Methoden, deren man sich bisher zur Bestimmung des Bleies
                              bediente, waren der Art, daß man sie nur bei leicht löslichen
                              Blei-Verbindungen (Bleiweiß, Bleizucker) anwenden konnte; ausgeschlossen
                              hiervon waren alle unlöslichen Bleiverbindungen, vor allem der Bleiglanz und das
                              schwefelsaure Bleioxyd. Da bisher das einzige Lösungsmittel des Bleiglanzes die
                              Salpetersäure war, durch deren Einwirkung immer unlösliches schwefelsaures Bleioxyd
                              entsteht, so war kein Mittel gegeben, das Blei des Bleiglanzes volumetrisch zu
                              bestimmen. Erst in neuester Zeit ist von Rivot, Beudant
                              und Daguin
                              L'emploi du chlor dans les analyses parRivot,BeudantetDaguin. Annales de
                                       mines, 5 série 1853, T. IV p. 221.
                                    (Journal für praktische Chemie Bd. LXI S. 130.) der Gebrauch des Chlors in den Analysen anempfohlen worden und vorzüglich
                              auf die zersetzende Einwirkung dieses Körpers auf den Bleiglanz bei Gegenwart eines
                              freien Alkalis unter Bildung von Schwefelsäure und Bleisuperoxyd hingewiesen worden.
                              Wenn man nämlich nach den genannten Chemikern in eine kalihaltige Lösung, in der
                              sich Bleiglanz suspendirt befindet, einen Strom von Chlorgas leitet, so tritt die
                              oben angeführte Reaction ein, so daß man leicht das Blei auf diese Weise als
                              Superoxyd bestimmen kann. Diese Angabe benutzend, suchte ich dieselbe Reaction auf
                              einfachere Weise hervorzubringen und zwar durch Behandeln des Bleiglanzes mit
                              Chlorkalklösung. In der That bildete sich auch beim Erwärmen Bleisuperoxyd in großer
                              Menge, allein die Zersetzung war keine vollständige, indem trotz mehrfacher
                              Behandlung mit Chlorkalklösung die nicht vollständig fein zerriebenen
                              Bleiganzpartien der Einwirkung hartnäckig widerstanden. Ich suchte daher den
                              Bleiglanz ganz zu umgehen und verwandelte denselben durch Salpetersäure in
                              schwefelsaures Bleioxyd, neutralisirte die Flüssigkeit mit Kali und ließ nun erst
                              die Chlorkalklösung auf das fein zertheilte schwefelsaure Bleioxyd einwirken. Die Umwandlung war eine
                              vollständige; nachdem die Flüssigkeit längere Zeit bei 95–100° C.
                              erhitzt worden war, hatte sich alles Blei in Bleisuperoxyd verwandelt. Doch muß man
                              hier Sorge tragen, daß sich das schwefelsaure Bleioxyd nicht zusammenballe, weil
                              sonst die Einwirkung nicht bis in das Innere der kleinen Körner eindringen kann.
                              Uebrigens läßt sich nicht allein das schwefelsaure Bleioxyd auf diese Weise in
                              Bleisuperoxyd verwandeln, sondern fast alle andern Blei-Verbindungen
                              verhalten sich ebenso.
                           Diese Eigenschaften der Bleisalze wurden benutzt, um ihre Bestimmung auf
                              maaßanalytischem Wege auszuführen.
                           Das Verfahren hierbei ist folgendes:
                           Ist die bleihaltige Substanz in Wasser oder Säuren löslich, so wird sie darin gelöst
                              und mit Kali im Ueberschuß versetzt; hat man es mit Bleiglanz zu thun, so wird
                              derselbe mit Salpetersäure vollständig oxydirt und ebenfalls mit Kali übersättigt.
                              Schwefelsaures Bleioxyd wird möglichst fein zerrieben und der gleichen Behandlung
                              unterworfen. Alsdann setzt man eine Lösung von unterchlorigsaurem Kalk im
                              Ueberschusse zu und erhitzt längere Zeit bis fast zum Sieden, wobei sich alles Blei
                              in braunes Bleihyperoxyd verwandelt. Den Niederschlag bringt man auf ein Filter,
                              wäscht ihn mit kochendem Wasser aus – eine Operation, die sehr schnell von
                              statten geht, stößt dann mit einem Glasstabe das Filter durch und spritzt den
                              Niederschlag in das Gefäß, in welchem die Umwandlung in Pb
                                 O₂ vorgenommen wurde. Hierauf gießt man aus der Bürette tropfenweise
                              so lange Zinnchlorür-Lösung auf das Filter, bis aller noch daran hängende
                              Niederschlag gelöst ist, wäscht dann das Filter nochmals mit heißem Wasser aus und
                              setzt nun zu der so erhaltenen verdünnten Flüssigkeit einen Ueberschuß der
                              Zinnchlorür-Lösung, der hinreichend ist, um das Bleisuperoxyd in Chlorblei zu
                              verwandeln. Hierauf fügt man noch etwas Salzsäure zu und erhitzt so lange, bis sich
                              Alles gelöst hat, wobei folgender Vorgang stattfindet:
                           SnO + PbO₂ = SnO₂ + PbO
                           Die klare Flüssigkeit wird hierauf in einem Becherglase mit Jodkalium und Stärke
                              versetzt und die überschüssig zugesetzte Menge Zinnchlorür durch Chromlösung
                              bestimmt. Ermittelt man dann den Gehalt der Zinnlösung an Zinnchlorür, so hat man
                              alle Anhaltspunkte zur Bestimmung des Bleies.
                           Die Formel zur Berechnung der Analyse ist folgende:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 229
                              
                           (Die Bedeutung der Buchstaben siehe bei Chrom.)
                           
                           Zur Controlirung der Methode wurden folgende Versuche angestellt:
                           1) Reines Bleisuperoxyd, erhalten durch Behandeln von frisch gefälltem Bleioxydhydrat
                              mit Chlorkalklösung, wurde nach dem Auskochen mit Essigsäure filtrirt, bei
                              100° C. getrocknet und auf angegebene Weise analysirt:
                           
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 =   1 Gr. PbO₂
                                 
                              
                                 
                                    G
                                    
                                 = 64,5
                                 
                              
                                 
                                    g
                                    
                                 = 21,1
                                 
                              
                                 
                                    K
                                    
                                 = 98,4
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 39
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 =   0,02
                                 
                              
                           
                              
                                   Gefunden  
                                 Berechnet
                                 
                              
                                 Pb = 85,94
                                   86,67
                                 
                              
                                 O  = 14,06
                                   13,33
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––
                                 
                              
                                       100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           2) Natürlicher, etwas kupfer- und eisenhaltiger Bleiglanz:
                           
                              
                                 
                                   I.
                                 
                                   II.
                                 
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 = 1 Gr. PbS   
                                 
                                    A
                                    
                                 = 1 Gr. PbS
                                 
                              
                                 
                                    G
                                    
                                 = 26,05
                                 
                                    G
                                    
                                 = 19,55
                                 
                              
                                 
                                    g
                                    
                                 = 18,30
                                 
                                    g
                                    
                                 = 15,00
                                 
                              
                                 
                                    K
                                    
                                 = 26,80
                                 
                                    K
                                    
                                 = 23,6
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 33,35
                                 
                                    C
                                    
                                 = 34,05
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 =   0,02
                                 
                                    c
                                    
                                 =   0,02
                                 
                              
                           
                              
                                          
                                    Gefunden
                                 Berechnet
                                 
                              
                                         I.
                                     II.
                                 
                                 
                              
                                 Pb = 85,37
                                   85,61
                                   86,66
                                 
                              
                                 S   = 14,63
                                   14,39
                                   13,34
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                       100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           Die auf docimastischem Wege ermittelte Bleimenge gab 80 Procente, was mit der
                              volumetrischen Prüfung deßhalb übereinstimmt, weil erstere immer etwa 5 Procente zu
                              wenig gibt.
                           3) Chemisch reines schwefelsaures Bleioxyd:
                           
                              
                                 
                                    G
                                    
                                 = 48,30
                                 
                              
                                 
                                    g
                                    
                                 = 23,15
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 30,60
                                 
                              
                                 
                                    K
                                    
                                 = 30,5
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 = 0,01
                                 
                              
                           
                              
                                 Gefundene Bleimenge   
                                 Berechnete Bleimenge
                                 
                              
                                         
                                    68,89
                                           68,42
                                 
                              
                           
                        
                           
                           Bestimmung des Mangans.
                           Das Mangan kommt in der Natur in mannichfachen Verbindungen vor, unter welchen das
                              Mangansuperoxyd die wichtigste Stelle einnimmt. Die Bestimmung dieses Körpers ist
                              nach der hier beschriebenen Methode eine leichte Aufgabe. Man pulverisirt den
                              Braunstein, setzt aus der Bürette eine überschüssige Menge Zinnchlorür zu und
                              erhitzt mit Salzsäure. Es löst sich hierbei Alles auf unter Bildung von
                              Manganchlorür:
                           SnO + MnO₂ = SnO₂ + MnO
                           Die Berechnung läßt sich nach folgender Formel ausführen:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 231
                              
                           Mangansuperoxyd-Hydrat, erhalten durch Behandeln von Manganoxyd-Hydrat
                              mit verdünnter Salpetersäure, wurde längere Zeit bei 50° C. getrocknet und
                              analysirt:
                           
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 =   0,5 Gr. MnO₂ . HO
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 22,75
                                 
                              
                                 
                                    K
                                    
                                 = 33,5
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 =   0,01
                                 
                              
                                 
                                    G
                                    
                                 = 47,05
                                 
                              
                                 
                                    g
                                    
                                 = 13,5
                                 
                              
                           
                              
                                     Gefunden
                                 Berechnet
                                 
                              
                                 MnO₂ = 82,61
                                   83,02
                                 
                              
                                 HO     =
                                    17,39
                                   16,98
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––
                                 
                              
                                           
                                    100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           Soll irgend eine andere Mangan-Verbindung analysirt werden, so verfährt man
                              wie bei der Blei-Bestimmung. Die Verbindung wird gelöst, mit überschüssigem
                              Kali, dann mit Chlorkalklösung versetzt und in der Wärme damit digerirt, das
                              entstandene Mangansuperoxyd auf ein Filter gebracht und in derselben Weise durch
                              Zinnchlorür reducirt, wie das Bleisuperoxyd. Zur Berechnung des Mangans dient
                              folgende Formel:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 231
                              
                           
                        
                           Bestimmung des Kobalts und des Nickels.
                           Auch die Bestimmung dieser beiden Körper schließt sich ganz an die Bestimmungsmethode
                              des Bleies an. Auch hier wird die in Säuren gelöste Verbindung mit Kali und
                              unterchlorigsaurem Kalk behandelt, das gebildete Oxyd (CO₂O₃ und
                              Ni₂O₃) abfiltrirt und durch Zinnchlorür reducirt:
                           Co₂O₃ + SnO = CO₂O₂ + SnO₂ 
                           
                           Formel zur Berechnung des Kobalts und Nickels:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 232
                              
                           A = 0,5 Gr. Co₆O₇ durch lange andauerndes
                              Glühen des Oxyds erhalten:
                           
                              
                                 
                                    G
                                    
                                 = 46,00
                                 
                              
                                 
                                    g
                                    
                                 = 11,5
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 19,5
                                 
                              
                                 
                                    K
                                    
                                 = 46,7
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 = 0,01
                                 
                              
                           
                              
                                   Gefunden
                                 Berechnet
                                 
                              
                                 Co = 76,48
                                   75,96
                                 
                              
                                 O   = 23,58
                                   24,04
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––
                                 
                              
                                       100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           Sollen beide Oxyde neben einander bestimmt werden, so könnten zwei Wege eingeschlagen
                              werden. Der erstere würde auf dem ungleichen Verhalten von Nickeloxyd und Kobaltoxyd
                              zu Ammoniak beruhen, in welchem sich das erstere löst. Der zweite Weg würde sich
                              durch das verschiedene Verhalten beider Oxydule in der Glühhitze bei Zutritt der
                              Luft ergeben, indem das Kobaltoxydul unter diesen Verhältnissen Sauerstoff aufnimmt,
                              das Nickeloxydul dagegen nicht. Doch werde ich diese Punkte in einer besondern
                              Arbeit einer genaueren Prüfung unterwerfen.
                           ––––––––––
                           Auch die Bestimmung des Wismuths hoffte ich auf ähnliche Weise ausführen zu können,
                              wie die der bisher angeführten Metalle, da auch dieser Körper in einer alkalischen
                              Flüssigkeit mit unterchlorigsaurem Kalk braune Wismuthsäure (Bi O₅) liefert; allein diese Oxydation scheint entweder nicht
                              vollständig zu seyn, oder die Formel Bi O₅ für
                              die Wismuthsäure ist nicht richtig, wie dieß von mehreren Chemikern vermuthet wurde,
                              denn als ich gereinigtes aus basisch-salpetersaurem Wismuthoxyd dargestelltes
                              Wismuth mehrmals auf ähnliche Weise, wie das Blei, behandelte, erhielt ich bei
                              mehreren Versuchen nur 65–69 Proc. Wismuth. Ich mußte deßhalb die Bestimmung
                              dieses Körpers fürerst aufgeben.
                           
                        
                           Bestimmung des Quecksilbers.
                           Die Bestimmung dieses Körpers ist eine sehr einfache: man löst die quecksilberhaltige
                              Substanz (gleichgültig ob oxydul- oder oxydhaltig) in Salzsäure, setzt aus der Bürette
                              überschüssiges Zinnchlorür zu und erwärmt so lange, bis alles Quecksilber sich
                              reducirt und fest zusammengeballt hat, was noch unter der Siedhitze stattfindet.
                              Darauf gießt man die Flüssigkeit von dem Niederschlage in ein Becherglas, wäscht
                              einigemal aus und bestimmt mittelst der Chromlösung das überschüssig zugesetzte
                              Zinnchlorür
                           HgO + SnO = Hg + SnO₂ 
                           Hg₂O + SnO = Hg₂ + SnO₂ 
                           man berechnet nach Formel I. und II. für Oxyd und Oxydul:
                           I. Textabbildung Bd. 133, S. 233
                           II. Textabbildung Bd. 133, S. 233
                           
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 = 1 Gr. HgO
                                 
                              
                                 
                                    G
                                    
                                 = 24,15
                                 
                              
                                 
                                    g
                                    
                                 = 10,3
                                 
                              
                                 
                                    K
                                    
                                 = 13,25
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 24,6
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 =   0,01
                                 
                              
                           
                              
                                   Gefunden
                                 Berechnet
                                 
                              
                                 Hg = 92,07
                                   92,59
                                 
                              
                                 O   =  
                                    7,93
                                     7,41
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––
                                 
                              
                                        100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           Wie aus dem bisher Angegebenen ersichtlich, wird hier eine ganze Reihe von Körpern
                              nach einer und derselben Methode bestimmt. Käme es aber darauf an, mehrere derselben
                              neben einander zu bestimmen, so bietet das verschiedene Verhalten der betreffenden
                              Superoxyde gegen Säuren ein treffliches Mittel, um dieselben von einander zu
                              trennen. So löst sich Nickeloxyd unter Zersetzung, Kobaltoxyd ohne Zersetzung in
                              Essigsäure; ebenso werden beide von Salpetersäure gelöst, während Bleisuperoxyd und
                              Mangansuperoxyd der Einwirkung dieser Säuren widerstehen. Dieses verschiedene
                              Verhalten könnte leicht zu ihrer Scheidung benutzt werden.
                           
                        
                           Bestimmung des Chlors und seiner Sauerstoffsäuren.
                           Das Verfahren bei der Bestimmung dieser Substanzen beruht auf demselben Principe,
                              nach welchem alle vorhergehenden Bestimmungen ausgeführt wurden, nämlich auf der
                              reducirenden Wirkung des Zinnchlorürs.
                           
                           Die zu untersuchende Substanz wird abgewägt, in Wasser gelöst und mit einer bekannten
                              Menge Zinnchlorür-Lösung und mit Salzsäure versetzt und erwärmt. Der
                              Ueberschuß an Zinnlösung wird durch die Chromlösung ermittelt.
                           Cl + SnCl = SnCl₂ 
                           ClO + HO + 2 SnO = ClH + 2 SnO₂ 
                           Formel zur Berechnung 1) des Chlors:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 234
                              
                           2) des unterchlorigsauren Kalkes:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 234
                              
                           und so fort.
                           Für die übrigen Säuren des Chlors ergeben sich die Formeln von selbst.
                           
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 = 0,5 Gr. KO . ClO₅
                                 
                              
                                 
                                    G
                                    
                                 = 71,5
                                 
                              
                                 
                                    g
                                    
                                 = 16
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 15,85
                                 
                              
                                 
                                    K
                                    
                                 = 12,25
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 =   0,02
                                 
                              
                           
                              
                                   Gefunden
                                 Berechnet
                                 
                              
                                 KCl = 61,16
                                   60,85
                                 
                              
                                 O    =
                                    38,84
                                   39,15
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––
                                 
                              
                                        100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           
                        
                           Bestimmung des Jods.
                           Auch hier wird vermittelst des freien Jods eine bekannte Menge Zinnchlorür höher
                              oxydirt und der Ueberschuß des letzteren wie oben bestimmt.
                           J + HO + SnO = JH + SnO₂ 
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 234
                              
                           Doch kann man dieß Verfahren dadurch abkürzen, daß man zu der Jodlösung
                              Stärkekleister setzt und so lange vorsichtig von der Zinnchlorür-Lösung
                              zufügt, bis die blaue Färbung auf Zusatz von einem Tropfen verschwunden ist. Auf
                              diese Weise ist auch nachstehende Analyse ausgeführt und nach Formel:
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 235
                              
                           berechnet.
                           
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 =   0,2387 Gr. Jod in KJ gelöst
                                 
                              
                                 
                                    G
                                    
                                 =   4,45
                                 
                              
                                 
                                    g
                                    
                                 = 30,45
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 = 62,05
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 =   0,01
                                 
                              
                           
                              
                                    Gefunden
                                 Angewandt
                                 
                              
                                 Jod = 0,2388   
                                   0,2387
                                 
                              
                           
                        
                           Bestimmung der schwefligen Säure und des
                                 Schwefelwasserstoffs.
                           Die Bestimmung dieser Körper schließt sich derjenigen des Zinns an, da beide in
                              ähnlicher Weise reducirend auf die Chromlösung einwirken.
                           Eine gewisse Quantität der zu untersuchenden Substanzen wird mit Salzsäure, Stärke
                              und Jodkalium-Lösung versetzt und Chromlösung bis zum Blauwerden
                              zugefügt.
                           Cr₂O₆ + 3 SO₂ = Cr₂O₃+ 3
                              SO₃ 
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 133, S. 235
                              
                           1 Maaßtheil einer Lösung von schwefliger Säure wurde mit Chromlösung, ein anderer
                              derselben Lösung nach Bunsen's Methode mit Jodlösung auf
                              seinen Gehalt an schwefliger Säure untersucht:
                           
                              
                                 Mit Chromlösung   
                                        Mit
                                    Jodlösung
                                 
                              
                                    C
                                       = 0,75
                                 C = 3,7 Jodlösung
                                 
                              
                                   
                                       c  = 0,01
                                 c  = 0,005
                                    Gehalt derselben.
                                 
                              
                           
                              
                                               Gefunden
                                 
                              
                                 SO₂ =
                                    0,02332     
                                 0,02381
                                 
                              
                           Aus den bisher angeführten Beispielen geht hervor, daß die angegebene Methode
                              hinlängliche Genauigkeit gibt, um sowohl bei technischen, als auch bei
                              wissenschaftlichen Untersuchungen Anwendung zu finden.
                           Zum Schluß möge noch bemerkt seyn, daß wahrscheinlich noch andere Körper nach dieser
                              Methode bestimmt werden können, wie z.B. das Antimon und das Arsenik; doch konnte
                              ich bisher auf diese Substanzen noch keine Rücksicht nehmen.