| Titel: | Ueber die Anwendung der heißen Gebläseluft beim Eisen-Hohofenbetriebe; vom Gießerei-Inspector C. Welkner in Linden vor Hannover. | 
| Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LX., S. 262 | 
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                        LX.
                        Ueber die Anwendung der heißen Gebläseluft beim
                           Eisen-Hohofenbetriebe; vom Gießerei-Inspector C. Welkner in Linden vor Hannover.
                        Aus dem Notizblatt des hannoverschen Architekten- und
                                 Ingenieur-Vereins, Bd. III S. 199.
                        Welkner, über die Anwendung der heißen Gebläseluft beim
                           Eisen-Hohofenbetrieb.
                        
                     
                        
                           Seit Nielson im Verein mit Macintosh im Jahre 1830 eine Reihefolge von Versuchen mit der Anwendung
                              erwärmter Gebläseluft auf der Hütte an der Clyde anstellte, deren Resultate das
                              Staunen der metallurgischen Welt erregten, ist diese hochwichtige Erfindung so sehr
                              zur allgemeinen Anwendung gebracht, daß es gewiß nicht ohne Interesse erscheint, das
                              Wesen derselben in kurzen Grundzügen in ein klares Licht zu stellen. Ueberdieß
                              bietet die über diesen Gegenstand erschienene Literatur, so umfangreich dieselbe
                              auch ist, so viel des Schlechten dar, daß es schon deßhalb gerathen erscheint, vor
                              falschen Auffassungen zu warnen, und besonders den Einfluß der warmen Gebläseluft
                              auf die Güte des Eisens zu zergliedern. Ich werbe mich dabei lediglich auf die
                              Roheisen-Fabrication in ihrer Beziehung zur Stabeisen-Fabrication
                              beschränken.
                           Die ungeheure Roheisen-Production Englands wird zum bei weitem größten Theile
                              mit warmer Gebläseluft erzielt, und der gute Ruf, den das wenige kalt erblasene
                              Eisen in England genießt, ist Beweis genug, wie sehr man überzeugt ist, daß die
                              bedeutende Brennmaterial-Ersparung durch die Verschlechterung der Qualität
                              des heiß erblasenen Eisens, wenn auch nicht aufgewogen, doch beeinträchtigt
                              wird.
                           
                           So sehr jedoch auch alles Kohks- und Steinkohlen-Eisen ganz besonders
                              dem Einflusse der heißen Gebläseluft ausgesetzt ist, weil diese Brennmaterialien an
                              und für sich schon eine höhere Temperatur bedingen, so liegt es doch außer allem
                              Zweifel, daß dem erfahrenen Techniker viele Mittel zu Gebote stehen, dem gedachten
                              schädlichen Einflusse entgegenzuarbeiten, ohne den aus dem warmen Winde zu ziehenden
                              Vortheil außer Acht zu lassen.
                           Die Stoffe, welche das Eisen bei seiner Reduction und Schmelzung im Hohofen aufnimmt,
                              sind hauptsächlich Kohle; Silicium, Schwefel, Phosphor; Calcium, Magnesium, Alumium
                              und Mangan.
                           Von allen diesen Stoffen ist der Kohlenstoff derjenige, welcher beim Verfrischen am
                              leichtesten abzuscheiden ist, indem er als Kohlenoxydgas verbrennt. Die Einwirkungen
                              des Schwefels und Phosphors auf das Eisen, welches dadurch roth- und
                              kaltbrüchig wird, sind genugsam bekannt um weiter darüber zu reden; eine höhere
                              Schmelztemperatur kann dabei von keiner nachtheiligen Wirkung seyn, im Gegentheil
                              eher Gelegenheit zu Zersetzungen und zur Ueberführung in die Schlacke geben. Die
                              Wirkung des Mangans ist zu wenig bekannt, um darüber Bestimmtes zu sagen; doch ist
                              so viel gewiß, daß das Mangan in den geringen Mengen, in welchen es vorkommt, nur
                              günstig auf das Eisen einwirkt. Das Silicium wird häufig durch ein Aequivalent
                              Alumium vertreten; doch ist das letztere bei weitem nicht von der Wichtigkeit, als
                              ersteres, und ist auch wegen seines geringeren Vorkommens als von nicht so
                              nachtheiligem Einfluß auf das Schmiedeisen beobachtet, und noch viel weniger ist
                              dieß vom Calcium und Magnesium zu sagen. Es bleibt demnach nur noch das Silicium
                              zurück, und in der That ist dieses allein maaßgebend für den Gang des Frisch-
                              oder Puddelprocesses, und von bedeutendem Einfluß auf die Qualität des erhaltenen
                              Eisens.
                           Um ein gutes Stabeisen zu erhalten, ist kein Frischen ohne Hülfe von Frischschlacken
                              möglich, welche den vorhergehenden Processen entnommen werden und sich durch den
                              Proceß selbst vermehren. Dieselben bilden sich also lediglich aus den Bestandtheilen
                              des Roheisens, und die Eisenverluste werden um so bedeutender seyn, je bedeutender
                              das Quantum gefallener Schlacken ist.
                           Eine von mir untersuchte Eisenfrischschlacke von Königshütte am Harz enthielt:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 Sauerstoffmengen.
                                 
                              
                                 Kieseselerde
                                   32,15
                                 
                                 
                                 = 16,70 Proc.
                                 
                              
                                 KalkTalkerdeEisenoxydulManganoxydul
                                     0,56    0,59  65,31    1,67
                                     0,16    0,21  14,87    0,37
                                 
                                    
                                    
                                 =
                                    15,61    „
                                 
                              
                                 Thonerde
                                    Spur
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,28
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           woraus hervorgeht, daß die Eisenfrischschlacke annähernd ein
                              Singulosilicat des Eisens ist, daß jedes Atom Silicium 3,26 Atome Eisen bedarf, um
                              damit die eben genannte Schlacke zu bilden, und daß dieses besagte Quantum Eisen den
                              gewöhnlichen Schmiedeverlusten noch hinzugerechnet werden muß. Hiernach ist denn
                              auch leicht zu begreifen, daß bei einem bedeutenden Kieselgehalte des Eisens die
                              Verluste entsprechend wachsen müssen, so zwar, daß bei einem Gehalte von 6 Proc.
                              Silicium, der freilich in der Praxis nicht vorzukommen pflegt, der Verlust beim
                              Frischen schon dem durchschnittlich angenommenen Verluste bis zum Ausschmieden
                              kleiner Stäbe gleichkommen würde. Das ist denn auch der Hauptgrund für die Klagen
                              über warm erblasenes Roheisen bei der Stabeisenfabrication; denn ein großer Theil
                              der Fabrikanten ist leider dahin gekommen, weniger auf die Güte des dargestellten
                              Productes zu sehen, als auf die Masse, welche dargestellt werden kann. Aber auch die
                              Einwirkung des Siliciums auf die Güte des Eisens ist der Art, daß sie einer
                              besondern Beachtung werth ist, und ich will nunmehr zu dem Einflusse übergehen, den
                              die Anwendung warmer Gebläseluft auf das dargestellte Roheisen ausübt.
                           Zwei unmittelbare Folgen zieht die Anwendung der heißen Gebläseluft beim
                              Hohofenbetriebe nach sich:
                           1) ist die Temperatur im Gestelle höher, als bei Anwendung
                              kalter Luft,
                           2) wird der Reductionsraum dadurch bedeutend verkürzt.
                           So natürlich die genannte erste Erscheinung ist, so überraschend ist die zweite, da
                              man erwarten sollte, daß, da die Wärmequelle im Hohofen ergiebiger ist, auch der
                              Hohofenschacht bis zur Gicht eine entsprechend stärkere Temperatur annehmen müßte.
                              Wenn aber hiergegen die Thatsachen sprechen und zeigen, daß die Gicht bedeutend
                              geringer erwärmt wird, als bei Anwendung kalter Gebläseluft, so beweisen sie auch
                              zugleich, daß der eigentliche Verbrennungsraum durch die Anwendung der erwärmten
                              Luft nicht allein intensiver erhitzt, sondern daß dieser Raum auch bedeutend
                              eingeengt wird, gleichwie eine Flamme, deren intensive Verbrennung man durch
                              künstliche Mittel, als: Zug etc. befördert, um so kleiner, leuchtender und weniger nach außen wirkend
                              wird, je mehr die angewandten Mittel die Intensität der Verbrennung befördern.
                           Bei Anwendung kalten Windes liegt die Temperatur im Schmelzraume etwas über dem
                              Schmelzpunkte des Roheisens, wir wollen annehmen bei + 1600° C., während sie
                              unter der Gicht circa 800° C. betragen mag. Ich
                              bemerke von vornherein, daß die angeführten Zahlen nur als relativ richtig
                              anzunehmen sind, was zu den vorliegenden Beweisen auch vollkommen ausreichend ist,
                              wie denn überhaupt in dieser Beziehung keine genauen Zahlen angegeben werden können.
                              Verfolgen wir die durch jenen Temperatur-Unterschied und durch die
                              verschiedenen Erz- und Kohlenschichten bedingten Temperaturschichten oder
                              Zonen von oben abwärts, so gelangen wir zu einer Zone, wo die Reduction des
                              Eisenerzes durch die aufsteigenden desoxydirenden Gase beginnt, und über diesen
                              hinaus zu einem Punkte, wo diese Reduction als beendet zu betrachten ist. Wenn wir
                              nun auch nicht die schon oben erwähnte Contraction des Schmelzraumes wollen gelten
                              lassen, so beweisen doch zwei Thatsachen, daß diese beiden Punkte, der, bei dem die
                              Reduction beginnt, und der, bei dem sie aufhört, bei Anwendung der warmen
                              Gebläseluft enger zusammen liegen; es sind dieß, wie schon gesagt, die niedere
                              Temperatur der Gicht, und die höhere des Gestells.
                           Nehmen wir wie oben die Gestell-Temperatur zu 1600° C. bei kaltem Winde
                              an, und führen nun plötzlich Wind, der auf 400° C. erwärmt ist, zu, so wird
                              dieß eine Temperatur-Erhöhung im Gestelle auf 2000° C. zur Folge
                              haben. Darin nun, daß die Temperatur zu hoch ist, theils weil das Gestell dadurch
                              zerstört, theils weil mehr schädliche Bestandtheile aus den Schlacken in das Eisen
                              übergeführt werden würden, man also folgerecht mehr Eisenerz setzen muß, um die zu
                              hohe Temperatur wieder herunter zu drücken – liegt der eigentliche
                              ökonomische Vortheil bei Anwendung der warmen Luft. Angenommen, daß die
                              Gestell-Temperatur durch stärkere Erzsätze nicht tiefer als bis zu
                              1700° C. heruntergedrückt wird, um das zu häufige Vorlegen unreducirten
                              Eisenerzes vor die Formen zu verhindern, was durch die an und für sich schwereren
                              Erzsätze noch befördert werden würde, so wird zugleich am unteren Theile der Gicht
                              eine Temperatur-Erniederung um 300° stattgefunden haben, oder die
                              Temperatur wird hier von 800° auf 500° zurückgegangen seyn. Unter
                              diesen Umständen werden in vier verschiedenen Schachthöhen folgende Temperaturen zu
                              bemerken seyn:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                   bei
                                 
                                 
                              
                                 
                                 kaltem
                                 
                                 warmem
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Winde
                                 
                                 
                              
                                 im untern Theile der
                                    Gicht   
                                   800°
                                 
                                   500°
                                 
                              
                                 auf 3/4 der Schachthöhe
                                 1000°
                                 
                                   800°
                                 
                              
                                   „  1/2
                                    der Schachthöhe
                                 1200°
                                 
                                 1000°
                                 
                              
                                   „  1/4
                                    der Schachthöhe
                                 1400°
                                 
                                 1400°
                                 
                              
                                 im Gestelle
                                 1600°
                                 
                                 1700°
                                 
                              
                           Beim ersten Blick auf dieses Schema, welches in Bezug auf die absolute Gradezahl
                              unrichtig seyn kann, aber in relativer Beziehung richtig ist, bekommen wir sofort
                              einen Ueberblick über die durch die Anwendung der heißen Gebläseluft im Eisenhohofen
                              bedingten Veränderungen. Es lassen sich hieraus die verschiedenartigsten
                              Erscheinungen erklären, so z.B. die Ablagerungen des sogenannten Gichtschwamms,
                              Zinksublimats, im untern Theile der Gicht, eine Erscheinung, die man in manchen
                              Gegenden vor Einführung der heißen Gebläseluft gar nicht gekannt hatte, oder die in
                              anderen Gegenden nur im obern Theile der Gicht bemerkt wurde, und hier leicht
                              unschädlich gemacht werden konnte.
                           Hauptsächlich aber ist es die Verkürzung des Reductionsraumes, die daraus hervorgeht.
                              Von welcher Einwirkung dieselbe auf die Beschaffenheit des Eisens ist, müssen wir im
                              Einzelnen dahin gestellt seyn lassen, da hier die Art und Beschaffenheit der Erze
                              und das zu erzielende Product verschiedene Constructions- und
                              Betriebsverhältnisse bedingen; im Allgemeinen aber möchte ich mich der Ansicht
                              hinneigen, daß die Verkürzung des Reductionsraumes bei Anwendung der heißen Luft nur
                              dem letzten Röstungs- oder Aufbereitungs-Processe der Erze Vorschub
                              leistet, während die Reduction rascher aber vollständiger vor sich geht, und das
                              reducirte Eisen in den unterern Schacht-Zonen nicht so lange der Einwirkung
                              fremder Stoffe ausgesetzt ist; – daß also die Verkürzung des Reductionsraumes
                              nur von gutem Einfluß auf die Güte des Eisens seyn kann.
                           Anders ist es mit der höheren Temperatur des Gestells. Dieselbe macht sich durch ein
                              kräftigeres Leuchten der Formen, weniger vorkommendes Nasen derselben, höhere Wärme
                              des Tümpels, dünnflüssigere Schlacken, vollständigere Reduction, damit verbundene
                              größere Reinheit der Schlacken und endlich durch das stärkere Angegriffenwerden der
                              Gestellwände in gleichen Zeiträumen bemerklich. Die dadurch bedingten Veränderungen
                              in der Wechselwirkung der Körper auf einander, oder des Hohofen-Processes
                              selbst, lassen es nicht ohne Grund erscheinen, ein abweichendes Verhalten des bei
                              warmer Luft erblasenen Roheisens, dieser selbst zur Last zu legen. Hier wirkt Alles
                              zusammen, um das Eisen mit allen schädlichen Bestandtheilen der Schlacken in Contact zu bringen und die
                              Wechselwirkung beider mit den aufsteigenden reducirenden Gasen zur Darstellung eines
                              fehlerhaften Productes zu vereinigen.
                           Schon lange vor der Anwendung der heißen Gebläseluft hat man die Erfahrung gemacht,
                              daß die Gestell-Temperatur von Einfluß auf die Beschaffenheit des Roheisens
                              sey, – daß verschiedenes Roheisen, von vollkommen gleicher Beschickung
                              erblasen, nämlich einer Beschickung, welche eine Bisilicatschlacke von Kalk gab, als
                              die Temperatur niedrig und die Schlacken noch einen bedeutenden Theil (4 1/2
                              Procent) Eisenoxydul enthielten, nicht eine Spur von Silicium aber, als die
                              Temperatur höher gestiegen war, beinahe 1/2 Proc. Silicium enthielt, welcher Gehalt
                              bei noch höherer Temperatur bis zu 2 1/2 Proc. stieg, während die Schlacke eisenfrei
                              wurde. Dieß wird durch eine große Anzahl von Analysen bestätigt, die mit Eisensorten
                              vorgenommen wurden, welche aus ein und derselben Beschickung erblasen waren, und die
                              sich nur dadurch unterschieden, daß sie bei verschiedenen
                              Gestell-Temperaturen entnommen wurden.
                           Je mehr man nun die Temperatur durch Zuführung warmen Windes erhöht, desto
                              bedeutender wird das Eisen mit Silicium geschwängert, wenn man nicht durch andere
                              Mittel dem entgegenarbeitet. Eines dieser Mittel finden wir in der minimalen
                              Anwendung des Siliciums bei Bildung der Beschickung. Es liegt in der Hand des
                              Hüttenmannes, dem Eisen möglichst viel oder wenig Silicium zuzuführen, je nachdem er
                              das Silicium gegen die Basen in der Beschickung vorwalten oder zurücktreten läßt.
                              Macht man z.B. die Beschickung ärmer an basischen Bestandtheilen, so daß sich statt
                              einer Bisilicatschlacke vielleicht eine Trisilicatschlacke bilden muß, so ist die
                              Möglichkeit gegeben, den Siliciumgehalt bei Anwendung warmer Luft auf 6 Procent zu
                              bringen, während man bei einer Sesquisilicatschlacke denselben auf 0,1 bis 0,2 Proc.
                              herunterzubringen im Stande ist. Roheisen, welches von einer auf
                              Sesquisilicatschlacke zusammengesetzten Beschickung zu Dormsjö in Schweden fiel,
                              enthielt nur 0,0017 bis 0,2116 Proc. Silicium. Die Kieselsäure will eine Base haben,
                              mit der sie sich verbindet; findet sie diese genugsam an den Erdbasen, um sich damit
                              zu sättigen, so ist kein Grund vorhanden, sich mit dem Eisen zu verbinden; ist dieß
                              aber nicht der Fall, so wird sie sich diese Base an dem Eisen suchen, das gebildete
                              kieselsaure Eisenoxydul sich aber bei genugsam hoher Temperatur und dem
                              Vorhandenseyn desoxydirender Gase reduciren und als Siliciumeisen in das Roheisen
                              übergehen.
                           Es ist ja bekannt, wie sehr große Schwierigkeiten manchen Werken daraus erwachsen
                              können, daß den Erzen nicht in dem Maaße, wie nöthig, Kalkstein zugeschlagen werden
                              kann, weil es eines Theils an diesem Material fehlt, und andern Theils der Procentgehalt der Beschickung
                              zu sehr sinken würde; aber dieß sind nur wenige Werke in Vergleich zu den übrigen,
                              und bei den meisten anderen ist es, wenn nicht Sachunkenntniß, lediglich das
                              Interesse, eine verhältnißmäßig große Masse Producte mit möglichst geringen Kosten
                              zu produciren, ohne, so lange es nicht an Absatz für diese Producte fehlt, darauf zu
                              sehen, wie sie beschaffen sind. Ebenso bin ich überzeugt, daß viele große Eisenwerke
                              in der einen Abtheilung ihres Betriebes bedeutende Ersparungen anstreben, die sie in
                              der andern, ohne sich dessen bewußt zu seyn, wieder theuer bezahlen müssen.
                           Es würde jedoch irrig seyn zu behaupten, daß man mit einer mehr basischen Schlacke
                              die nachtheilige Wirkung der heißen Gebläseluft ganz und
                              gar aufzuheben im Stande wäre, wie denn überhaupt für
                              jede einzelne Localität auch andere und besondere Vorsichtsmaßregeln bedingende
                              Verhältnisse auftreten. Die Ungleichheit der Erze, der Zuschläge, der Kohlen, die
                              Ungleichheit der Hohöfen und Gebläse, die ungleiche, auf der Gewohnheit der Arbeiter
                              beruhende Wartung der Hohöfen, und endlich die nach der verschiedenen Anwendung
                              verschiedenen Ansprüche, welche an das darzustellende Product gemacht werden
                              – bedingen andere Vorsichtsmaßregeln. Aber auch außerdem ist es nicht die
                              Zusammensetzung der Schlacke allein; auch eine vorsichtige Anwendung der zu Gebote
                              stehenden Temperatur des Windes, die Temperatur, auf welcher man je nach dem
                              verlangten Producte das Gestell des Hohofens erhalten soll, ferner die Construction
                              des Hohofens bei warmem Winde im Gegensatz zum kalten Winde, und endlich die
                              Gattirung der Erze selbst, bilden ein Hauptaugenmerk für den Hüttenmann.
                           In keinem Lande finden wir einen größeren Mißbrauch mit der Anwendung der heißen
                              Gebläseluft, als in England, was um so mehr zu bewundern ist, als es kein anderes
                              Land so wenig auf Kohlenersparniß abzusehen braucht. Es erklärt sich dieses weniger
                              aus der ungeheuren Production jenes Landes, als vielmehr aus der, diese Production
                              noch überbietenden Consumtion, welche weniger nach der Güte des Productes fragen
                              läßt. Diejenigen Werke, denen die Kohlen theuer zu stehen kommen, benutzen die
                              Gichtflamme, oder die unter der Gicht aufgefangenen brennbaren Gase zur Erwärmung
                              des Windes, und begnügen sich mit weniger hoch erhitzter Luft; diese Genügsamkeit
                              bildet das einzig richtige Princip bei Anwendung der erwärmten Gebläseluft. Andere
                              Werke, bei denen die Kohlenverhältnisse günstiger sind, erbauen auf der Hüttensohle
                              unmittelbar neben dem Hohofen oder Gebläse, besonders geheizte Erwärmungsapparate,
                              theils um die Anlage zu vereinfachen, theils auch um die durch Friction in der
                              Röhrenleitung nach und von der Gicht herbeigeführten Windverluste zu vermeiden,
                              theils aber auch und hauptsächlich, um damit den Wind auf jede beliebige Höhe der
                              Temperatur bringen zu können. Hier ist es denn auch, wo wir gewöhnlich kein Maaß und
                              Ziel eingehalten sehen, da eine Temperatur-Erhöhung um je 100° C.
                              einen um circa 1/18 höheren Erzsatz gestattet und
                              deßhalb zu lockend ist. Die Annahme, daß durch diesen entsprechenden höhern Erzsatz
                              auch die Gestell-Temperatur wieder um ein Entsprechendes verringert wird, ist
                              allerdings richtig, aber doch nur bedingungsweise; denn die eigentliche Stichflamme,
                              unmittelbar über dem Herde, oder im Untergestelle, verliert nicht in demselben Maaße
                              von ihrer intensiven Hitze, und wird, da das Eisen auch hier noch immer mit den
                              Erdsilicaten in Contact ist, dasselbe auch immer mehr zu seiner Verwandtschaft zum
                              Sicilium geschickt machen.
                           Mag man übrigens auch den Gebläsewind von irgend welcher Temperatur anwenden, immer
                              wird das Verhältniß des Erzsatzes zum Kohlensatze und die damit zu erreichende
                              Herunterdrückung der Temperatur im Ofengestelle als Hauptaugenmerk für den
                              Hüttenmann gelten. Ist es auch, wie wir eben gesehen haben, unmöglich, mit dieser
                              Uebersetzung Alles zu erreichen, so bleibt es immerhin ein Mittel, um neben dem
                              ökonomischen Vortheile, den es gewährt, auch möglichst weißes und für die
                              Stabeisenfabrication taugliches Roheisen zu erzielen.
                           Sehr beachtenswerth ist die Construction der Hohöfen, aber dieselbe muß ganz und gar
                              den Betriebsbeamten überlassen bleiben, da die verschiedenen Verhältnisse der
                              Eisenwerke auch verschiedene Verhältnisse in den Dimensionen der Hohöfen bedingen.
                              Möglichst weite und kurze Gestelle und eine flache Rast sind durch alles
                              Vorhergesagte gerechtfertigt, und es mag genügen, hierauf hingewiesen zu haben. Die
                              Gattirung der Eisenerze ist von jeher eine auf Erfahrung beruhende Kunst gewesen, da
                              hauptsächlich die Gattung der Erze die Art des dargestellten Roheisens bedingt.
                              Unter allen Eisenerzen sind diejenigen, in denen das oxydirte Eisen mit Kieselerde
                              zu Eisensilicaten verbunden ist, am schwersten zu reduciren; während die meisten
                              übrigen schon im Ofenschachte durch die aufsteigenden Gase reducirt werden, geht die
                              Zersetzung und Reduction dieser erst in der hohen Schmelzhitze des Gestells vor sich
                              und die verwandtschaftliche Aeußerung des Siliciums auf das Eisen und auf die
                              Erdbasen ist eine gleichzeitige, woraus folgt, daß sich diese Erze mehr als alle
                              anderen zu einer Silicirung des Eisens eignen. Auf der andern Seite ist es eben so
                              klar, daß diese Erze eine höhere Temperatur erfordern als alle übrigen, welches
                              wiederum von nachtheiliger Wirkung ist. Ohne hier also auf die gewöhnlichen
                              Vorbereitungs- und Aufschließungs-Methoden dieser
                              Kiesel-Eisensteine näher einzugehen, will ich nur erwähnen, daß eine
                              vorsichtige und
                              gleichmäßige Verwendung dieser Erze, wobei natürlich die zu Gebote stehende und
                              nothwendig zu benutzende Quantität derselben maßgebend ist, vor allem noth thut.
                           Aus dieser kurzen Darlegung der Verhältnisse wird genugsam hervorgehen, daß die
                              Anwendung der heißen Gebläseluft beim Eisenhohofen-Betriebe die einzig wahre
                              und radicale Methode ist, daß sie eines Theils günstig auf den Proceß einwirkt und
                              andern Theils die Nachtheile derselben durch zur Genüge zu Gebote stehende Mittel
                              aufgehoben werden können, sie also nur in der Hand des unerfahrenen und ungebildeten
                              Hüttenmannes von üblem Einflusse auf die Güte des Roheisens seyn kann.