| Titel: | Neue Untersuchung der Metalle, welche mit dem Platin in seinem Erz vorkommen; von Professor E. Fremy. | 
| Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LXI., S. 270 | 
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                        LXI.
                        Neue Untersuchung der Metalle, welche mit dem
                           Platin in seinem Erz vorkommen; von Professor E. Fremy.
                        Aus den Comptes rendus, Juni 1854, Nr.
                              23.
                        Fremy's Untersuchung der Metalle, welche mit dem Platin in seinem
                           Erz vorkommen.
                        
                     
                        
                           Bei früheren Versuchen hatte ich gefunden, daß der Rückstand des Platinerzes eine
                              wandelbare Zusammensetzung hat und bei seiner Behandlung unsichere Producte gibt.
                              Ueberdieß wissen alle Chemiker, daß die das Platin begleitenden Metalle schwierig
                              darzustellen und die Eigenschaften ihrer Auflösungen nicht constant sind: so hat uns
                              Hr. Claus in den letzten Jahren gezeigt, daß die
                              Iridiumsalze immer eine gewisse Menge Ruthenium enthalten, und ich konnte mich
                              selbst überzeugen, daß die Eigenschaften der Rhodiumsalze oft von denjenigen
                              abweichen welche Berzelius angegeben hat.
                           Es schien mir daher vor Allem nothwendig, die verschiedenen Rückstände des
                              Platinerzes genau zu analysiren und hernach eine sichere Methode zu ermitteln,
                              welche die dem Platin beigemengten Metalle mit Leichtigkeit darzustellen
                              gestattet.
                           Die HHrn. Demontis und Chapuis
                              zu Paris, welche die in den Laboratorien und chemischen Fabriken gebräuchlichen
                              Platinapparate so geschickt anfertigen, hatten die Gefälligkeit, die erforderlichen
                              Materialien zu meiner Verfügung zu stellen.
                           Aus meinen Analysen geht hervor, daß man die Platinrückstände, hinsichtlich ihrer
                              Zusammensetzung, in drei Classen eintheilen kann.
                           
                           1) Der Rückstand in Pulverform ist ein Gemenge von Iridium
                              und Rhodium; er entsteht bei der Fällung saurer Auflösungen mittelst Eisen, und hält
                              nur wenig Osmium zurück; die Metalle welche diesen Rückstand bilden, hatten sich im
                              Königswasser durch Beihülfe des Platinchlorids aufgelöst.
                           2) Der Rückstand in Flimmern, unter dem ungeeigneten Namen
                              Osmiumiridium bekannt, ist eine Legirung von vier
                              Metallen, nämlich Iridium, Ruthenium, Rhodium und Osmium: das Rhodium findet sich in
                              diesen Flimmern nur in geringer Menge.
                           3) Der dritte Rückstand, welchen ich Rückstand in Körnern
                              nennen werde, besteht hauptsächlich aus Rhodium, Osmium und Iridium.
                           Um das Rhodium darzustellen, muß man also den Rückstand in Pulverform und denjenigen
                              in Körnern anwenden; zur Darstellung des Iridiums eignen sich die drei Arten von
                              Rückständen; der Rückstand in Flimmern gestattet allein das Ruthenium leicht
                              darzustellen; das Osmium muß man hauptsächlich aus dem Rückstand in Körnern und
                              demjenigen in Flimmern darstellen.
                           Ich will nun die Methode angeben, welche ich befolge, um die Rückstände des
                              Platinerzes anzugreifen; sie besteht im Rösten derselben,
                              und beruht einerseits darauf, daß das Rutheniumoxyd die Rothglühhitze aushält, ohne
                              sich zu zersetzen, andererseits darauf, daß das Osmium mit Sauerstoff eine flüchtige
                              Säure bildet, wie der Schwefel und Arsenik.
                           Ich glaubte anfangs, daß der Rückstand des Platinerzes nur in einem Strom von
                              Sauerstoffgas leicht geröstet werden kann; jetzt bewirke ich aber dieses Rösten
                              mittelst atmosphärischer Luft, welche man zuvor durch eine Röhre geleitet hat, die
                              mit Schwefelsäure getränkte Bimssteinstücke enthält, um sie von den organischen
                              Körpern zu reinigen die in ihr suspendirt sind; der Platinrückstand wird in einer
                              Thonröhre oder besser in einem Platinrohr zum Rothglühen erhitzt; die Luft wird in
                              den Apparat mittelst eines gewöhnlichen Aspirators gezogen; das Platinrohr steht mit
                              einer Reihe gläserner Ballons in Verbindung, worin sich die Osmiumsäure verdichtet;
                              in denjenigen Theil des Rohrs, welcher über den Ofen hinausreicht und mit den
                              Ballons communicirt, gibt man einige Porzellanstücke, die sich während der Operation
                              mit schönen Krystallen von Rutheniumoxyd überziehen, welches nicht flüchtig ist,
                              sondern bloß von den Osmiumsäure-Dämpfen mitgerissen wird: die atmosphärische
                              Luft welche durch die Ballons zog und mit Osmiumsäure-Dämpfen gesättigt ist,
                              geht in eine Aetzkalilösung und begibt sich endlich in den Aspirator; das so
                              erzeugte osmiumsaure Kali wird mit ein wenig Alkohol behandelt, um krystallisirtes osmigsaures Kali
                              zu erhalten, welches in alkoholhaltigem Wasser unauflöslich ist.
                           Dieses Rösten läßt sich also ohne Schwierigkeit bewerkstelligen und liefert folgende
                              Producte: 1) sehr reine Osmiumsäure, welche oft über 40 Procent vom Gewicht des
                              angewandten Platinrückstandes beträgt; 2) osmigsaures Kali, womit man das
                              metallische OsmiumDas Osmiun scheint im Platinerz dieselbe Rolle zu spielen, wie der Arsenik in
                                    den Arsenikmetallen; es ist daher höchst wahrscheinlich, daß es auch mit dem
                                    Wasserstoff eine Verbindung bildet. Durch Behandlung der osmiumsauren Salze
                                    mit Sauerstoff und oxydirenden Verbindungen, ist es mir gelungen eine Säure
                                    darzustellen, welche mehr Sauerstoff als die Osmiumsäure enthält; diese
                                    Säure entspricht der Formel OsO⁵, wornach die Oxydationsstufen des
                                    Osmiums folgende wären:OsO;   Os²O³;  
                                    OsO²;   OsO³;  
                                    OsO⁴;   OsO⁵.Die neue Säure ist wenig beständig und bildet mit Kali und Natron dunkelbraun
                                    gefärbte Salze, welche in alkalischen Flüssigkeiten krystallisiren
                                    können. leicht darstellen kann; 3) krystallisirtes Rutheniumoxyd; 4) eine Legirung
                              von Iridium und Rhodium, welche im Platinrohr zurückbleibt.
                           Letztere Legirung ist oft mit Rutheniumoxyd gemengt, welches die
                              Osmiumsäure-Dämpfe nicht mitgerissen haben, und sie enthält auch noch Spuren
                              von Osmium.
                           Ich ziehe zuerst das Rutheniumoxyd aus, indem ich die Legirung mit schmelzendem
                              Aetzkali erhitze, welches das Metalloxyd auflöst, und trenne dann das Iridium vom
                              Rhodium nach folgender Methode, die wenig von Wöhler's
                              Verfahren abweicht.
                           Ich erhitze nämlich die Legirung mit 4 Theilen Salpeter; die Masse wird hierauf in
                              kochendem Wasser aufgenommen, welches oft beim Erkalten schöne oktaedrische
                              Krystalle von osmigsaurem Kali absetzt: der Rückstand wird mit Königswasser
                              behandelt, welches das Iridium in Chlorür verwandelt; letzteres verbindet sich dann
                              mit dem Chlorkalium und bildet ein Doppelsalz welches sich in kochendem Wasser
                              auflöst und beim Erkalten daraus krystallisirt; der unauflösliche Rückstand wird mit
                              Kochsalz gemengt und bei der Dunkelrothglühhitze mit einem Strom trocknen Chlorgases
                              behandelt; es bildet sich dabei ein Doppelchlorid von Natrium und Rhodium, welches
                              in Wasser auflöslich ist und daraus in violetten Oktaedern krystallisirt, die oft
                              sehr groß sind.
                           Das Rhodium, welches einen silberähnlichen Metallglanz hat, verdient wegen seiner
                              Unauflöslichkeit in Königswasser besonders die Beachtung der Chemiker.