| Titel: | Verfahren zum Bleichen der Baumwollenzeuge, mit Anwendung von Zuckerkalk anstatt Aetzkalk; von Hrn. L. Benner, Chemiker der Köchlin'schen Kattundruckerei zu Darnetal bei Rouen. | 
| Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LXXII., S. 306 | 
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                        LXXII.
                        Verfahren zum Bleichen der Baumwollenzeuge, mit
                           Anwendung von Zuckerkalk anstatt Aetzkalk; von Hrn. L. Benner, Chemiker der Köchlin'schen
                           Kattundruckerei zu Darnetal bei Rouen.
                        Aus dem Moniteur industriel, 1854, Nr.
                              1885.
                        Benner's Verfahren zum Bleichen der Baumwollenzeuge.
                        
                     
                        
                           Ich nehme zu einer Laugoperation stets 200 Stücke, wovon jedes 7 Kilogr. wiegt; das
                              Laugen geschieht in großen Kufen (citadelles), welche
                              über freiem Feuer erhitzt werden, und unter einem Druck von 1 1/2 Atmosphäre. Sobald
                              die rohen Stücke gesengt sind, passirt man sie durch die Waschmaschine,Clapat, nach dem Princip der im polytechn.
                                    Journal Bd. CXIX S. 407
                                    beschriebenen Robinson'schen Maschine.A. d. Red. um sie zu durchnetzen und so jede Gefahr einer Entzündung zu vermeiden. Nach
                              dieser Operation haspelt man sie mittelst eines Mechanismus in einem Bottich, wobei
                              jedes Stück in breiten Falten eingelegt wird; während dieses Einhaspelns läuft eine
                              mit 20 Kilogr. gebranntem Kalk bereitete Kalkmilch auf die Stücke, so daß nach dem
                              Einhaspeln der 200 Stücke sämmtlicher Kalk verwendet ist. Aus diesem Kalkbottich
                              werden die Stücke mechanisch in die Laugkufe gezogen und darin schichtenweise über
                              einander aufgestapelt; nachdem die ganze Partie in die Kufe gebracht, mit dem
                              Laugentuch bedeckt ist und auf demselben die zur Befestigung der Waare dienenden
                              Querhölzer angebracht worden sind, läßt man Wasser in die Kufe laufen, bis es etwa
                              einen Fuß hoch über den Stücken steht, und setzt dann den Zuckerkalk zu, welchen man
                              in einem Bottich besonders bereitet hat. Man gibt nämlich in den Bottich 15 Kilogr.
                              gebrannten Kalk, gießt 36 Kilogr. heißes Wasser darüber, setzt dann noch 18 Kilogr.
                              heißes Wasser zu, um den Kalkbrei zu verdünnen, und hierauf sogleich 7 1/2 Kilogr.
                              Melasse, welche vorher mit 18 Kilogr. heißen Wassers verdünnt worden ist; das Ganze
                              wird nach gutem Umrühren in die Laugkufe geschüttet, welche man dann mit ihrem
                              Deckel versieht und acht Stunden lang im Kochen erhält; man muß jedoch langsam
                              feuern, bis das Kochen beginnt; gewöhnlich dauert diese Operation zehn Stunden.
                           Nach Verlauf dieser Zeit nimmt man die Stücke aus der Kufe, passirt sie zweimal durch
                              die Waschmaschine, und bringt sie dann sogleich wieder in die Laugkufe; nachdem die
                              Stücke in derselben eingeschichtet wurden und wie früher einen Fuß hoch mit Wasser
                              bedeckt sind, setzt man Zuckerkalk zu, welcher auf angegebene Weise, aber nur mit 15
                              Kilogr. gebranntem Kalk und 5 Kilogr. Melasse bereitet worden ist. Man unterhält die
                              Kufe wieder acht Stunden im Kochen, nimmt dann die Stücke heraus, läßt sie zweimal
                              die Waschmaschine passiren, und weicht sie nun vier Stunden lang in Salzsäure von 1
                              1/2° Baumé ein. Nach Verlauf dieser Zeit kommen sie heraus, werden
                              wieder zweimal durch die Waschmaschine genommen, und dann in die Laugkufe
                              zurückgebracht, um mittelst einer einzigen Sodalauge das Bleichen zu beendigen,
                              wobei man folgendermaßen verfährt:
                           Nachdem die Stücke in die Laugkufe eingeschichtet, befestigt und wenigstens einen Fuß
                              hoch mit Wasser bedeckt sind, setzt man eine Auflösung von 30 Kilogr.
                              krystallisirter Soda zu, befestigt den Deckel auf der Kufe und erhält sie drei
                              Stunden im Kochen; nach Verlauf dieser Zeit entfernt man das Feuer aus dem Ofen.
                              Hierauf hebt man den Ueberdruck in der Kufe auf, d.h. man öffnet ihren Abflußhahn
                              und läßt den Dampf durch das Sicherheitsrohr entweichen, dann schraubt man
                              allmählich den Deckel ab, und wenn der größere Theil der Flüssigkeit ausgelaufen
                              ist, so öffnet man den Kaltwasserhahn über der Kufe und schließt den Hahn am Boden.
                              Nachdem die Kufe mit Wasser gefüllt ist, setzt man eine Kolophoniumseife zu, die man
                              mit 50 Kilogr. calcinirter Soda und 50 Kilogr. Kolophonium bereitet hat; man
                              befestigt den Deckel wieder auf der Kufe, und macht wieder Feuer im Ofen, um die
                              Kufe zwölf Stunden lang im Kochen zu erhalten; nach Verlauf dieser Zeit wird wieder
                              auf angegebene Weise der Ueberdruck aufgehoben, und nachdem die Kufe mit frischem
                              Wasser gefüllt wurde, eine Auflösung von 30 Kilogr. krystallisirter Soda zugesetzt
                              und die Kufe noch drei Stunden lang im Kochen erhalten.
                           
                           Man nimmt dann die Stücke aus der Laugkufe, läßt sie zweimal die Waschmaschine
                              passiren, haspelt sie dann in Chlorkalklösung, worin man sie einige Stunden liegen
                              läßt, zieht sie hierauf durch Wasser, gibt dann eine Passage in schwacher Salzsäure,
                              und nimmt sie endlich zweimal durch die Waschmaschine.
                           Stücke, welche kein Chlorkalkbad erhielten, geben beim Färben dennoch dasselbe
                              Resultat; man kann daher bei einem großen Theil der Stücke das Chlorkalkbad
                              ersparen.
                           Dieses Bleichverfahren ist so ökonomisch und schnell ausführbar, als irgend ein
                              bisher angewandtes, und die Resultate sind ebenso genügende; dabei ist man überdieß
                              gegen die Nachtheile gesichert, welche die Anwendung des Aetzkalks veranlassen kann,
                              indem man dabei bisweilen geschwächte (morsche) Stücke erhält, wenn man nämlich
                              anfangs zu rasch heizt oder zu viele Stücke in die Kufe gibt.
                           Der Zuckerkalk, in geringer Quantität angewandt, hebt den Zusammenhang der harzigen
                              Substanz womit die Baumwolle ursprünglich überzogen ist, vollkommener auf, als
                              Aetzkalk im Verhältniß von 1 bis 1 1/2 Pfund per Stück;
                              die Oelflecken und fetten Theile welche in den Geweben vorkommen, werden durch den
                              Zuckerkalk vollständig verseift und dann durch die Säure zersetzt.
                           Das erste Kochen mit krystallisirter Soda hat zum Zweck, anfangs eine sehr geringe
                              Menge Säure zu sättigen, welche die Gewebe trotz der kräftigen Wirkung der
                              Waschmaschine zurückhalten, hernach den größten Theil der harzartigen Substanz der
                              Baumwolle aufzulösen, worauf die Kolophoniumseife um so mehr einwirken kann.
                           Das zweite Kochen mit krystallisirter Soda hat zum Zweck, die harzartige Substanz
                              vollends aufzulösen und zugleich die Stücke von der überschüssigen Kolophoniumseife
                              zu reinigen; denn wenn sie ein wenig Kolophoniumseife zurückhalten und mit
                              kalkhaltigem Wasser in Berührung kommen, so wird dieselbe sogleich zersetzt und es
                              verbleibt dann im Gewebe ein wenig Kalkseife welche im Krapp anzieht.
                           Diese Bleichmethode gewährt also den Vortheil, die Stücke viel weniger zu schwächen,
                              als es bei den Verfahrungsarten geschieht, wo man nur eine einzige sehr starke
                              Kalklauge anwendet; indem man auf vorgeschriebene Weise zwei schwache Laugen mit
                              Zuckerkalk gibt und die Ordnung der Stücke in der Kufe umkehrt, so daß diejenigen
                              welche sich bei der ersten Operation unten befanden, bei der zweiten Operation sich
                              oben befinden, erhält man eine gleichförmige und vollkommene Wirkung.
                           
                           Es versteht sich von selbst, daß man niemals zu viele Stücke in die Kufen geben darf,
                              damit die Laugen sie leicht durchdringen können.