| Titel: | Das Verfahren des Grafen von Montizon, Lichtbilder auf den mit Collodium überzogenen Glasplatten darzustellen. | 
| Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LXXXVI., S. 357 | 
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                        LXXXVI.
                        Das Verfahren des Grafen von Montizon, Lichtbilder auf den mit
                           Collodium überzogenen Glasplatten darzustellen.
                        Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, August 1854,
                              S. 213.
                        Montizon's Verfahren Lichtbilder auf den mit Collodium überzogenen
                           Glasplatten darzustellen.
                        
                     
                        
                           Der Graf von Montizon, zweiter Sohn des Don Carlos,
                              welcher aus seinem Vaterland verbannt, in London lebt, beschäftigt sich daselbst mit
                              Photographie; seine ausgezeichneten Leistungen in dieser Kunst, insbesondere die
                              Lichtbilder auf Collodium von lebenden Thieren, welche er
                              im zoologischen Garten ausführt, erregen die Bewunderung der Sachverständigern. Er hat das Verfahren,
                              welches er dabei anwendet, dem Hrn. Abbé Moigno,
                              Redacteur des Cosmos, mitgetheilt, der es folgendermaßen
                              beschreibt.
                           Bereitung der Schießbaumwolle. – Man bringt in ein
                              ganz reines Gefäß 10 Drachmen gewöhnliche concentrirte Schwefelsäure, 1 1/2 Unzen
                              Kalisalpeter und 40 Gran sehr reine gekrempelte Baumwolle. Mit einem Glasstab drückt
                              man auf die Baumwolle, bis sie mit Flüssigkeit gesättigt ist, und taucht sie dann in
                              ein reichliches Quantum Wasser, welches man sechs- bis siebenmal wechselt;
                              man wäscht sie neuerdings zweimal in destillirtem Wasser, denn je besser sie
                              gewaschen wird, desto besser wird sie sich im Aether auflösen; man drückt sie in
                              einer reinen Leinwand aus, dann zwischen mehreren Lagen Fließpapier, und nachdem man
                              die Fasern mit der Hand von einander getrennt hat, trocknet man sie an einem Ofen.
                              Man stelle die Schießbaumwolle stets nur in sehr kleiner Menge dar, niemals über 40
                              Gran.
                           Auflösen der Schießbaumwolle. – Man taucht 8 Gran
                              ganz trockene Schießbaumwolle in 1 Unze guten Schwefeläthers; wenn die
                              Schießbaumwolle gut bereitet ist, wird sie sich vollständig auflösen; bisweilen ist
                              es nothwendig dem Aether ein wenig Alkohol zuzusetzen, wenn er nämlich zu rein oder
                              zu stark ist; man wende ein etwas großes Gefäß an, um nöthigenfalls decantiren zu
                              können; man lasse absetzen, wenn man die Schießbaumwolle nicht unmittelbar anwenden
                              muß; im entgegengesetzten Falle filtrirt man.
                           Jodiren des Collodiums. – Dazu dienen folgende
                              Verfahrungsarten:
                           1. Verfahren. Collodium 1 Unze; eine kleine Menge
                              Jodsilber; 3 bis 4 Gran Jodkalium. Man rührt gut um; die Flüssigkeit wird sich
                              trüben, aber nachdem sie einige Stunden stehen blieb, wieder klar werden; nachdem
                              sie sich geklärt hat, decantirt man in eine andere Flasche.
                           2. Verfahren. Collodium 1 Unze, Jodammonium 2 Gran. Dieses
                              Präparat gibt eine sehr gute Farbenabstufung, aber das Bild ist weniger kräftig.
                           3. Verfahren. In 8 Drachmen Alkohol löst man 8 Gran
                              Jodammonium oder Jodkalium, nebst einem halben Gran frisch bereitetem Jodsilber
                              vollständig auf; man setzt 24 Drachmen Collodium zu. Dieses Präparat ist sehr
                              empfindlich, aber die Halbtöne stechen weniger ab.
                           4. Verfahren. In 8 Drachmen Alkohol löst man 8 Gran
                              Jodkalium, 4 Gran Jodammonium und 1 1/2 Gran Jodsilber auf; man setzt 24 Drachmen
                              Collodium zu. Dieses Präparat ist sehr empfindlich.
                           
                           5. Verfahren. In 2 Unzen Collodium, 5 Drachmen Alkohol und
                              5 Tropfen Ammoniakflüssigkeit löst man 14 Gran Jodammonium auf. Dieses Collodium ist
                              sehr gut, farblos und sehr empfindlich.
                           6. Verfahren. In 2 Drachmen Alkohol löst man 6 Gran
                              Jodkalium auf, und setzt 6 Drachmen Collodium zu.
                           Ueberziehen der Glasplatte mit Collodium. – Man
                              wende zum Reinigen der Glasplatte bloß reines Wasser in großer Menge an; man reibe
                              das Glas mit der Hand, bis das Wasser frei auf seiner Oberfläche fließt; man lasse
                              es trocknen, wische es mit Leinwand ab, welche sehr rein und ohne Anwendung von
                              Seife gewaschen worden ist. Man gieße das Collodium auf die Platte, verbreite es auf
                              derselben wie gewöhnlich, und tauche sie unmittelbar in das Silberbad, welches 30
                              Gran salpetersaures Silber per Unze Wasser enthält; die
                              Platte wird mehrmals herausgezogen und wieder hineingesteckt, damit der Aether
                              besser verdampfen kann; nachdem sie eine milchblaue Farbe angenommen hat, ist sie
                              zur Anwendung bereit. Der Zusatz von 1 Theil Alkohol auf 10 Theile Wasser (im
                              Silberbad) macht die Schicht empfindlicher und verschafft ein kräftigeres Bild. Es
                              ist gut, der Platte im Silberbad und im Rahmen die Stellung oder. Richtung zu geben,
                              welche sie hatte als das Collodium darauf verbreitet wurde. Wenn das Bad alt ist,
                              kann die Platte ohne Gefahr eingetaucht bleiben, nachdem sie die milchichte Farbe
                              angenommen hat; dieß ist aber bei einem neuen Bad nicht der Fall; ein neues Bad wird
                              jedoch durch Zusatz von 1 Gran Jodsilber auf jede Unze der Flüssigkeit eben so
                              unschädlich wie ein altes Bad. Man reinigt das Silberbad, ohne es zu filtriren,
                              indem man ein kleines Stück Fließpapier über seine Oberfläche zieht. Wenn dieses Bad
                              Alkohol enthält, bewahrt man es in einer verschlossenen Flasche auf.
                           Einstecken in den Rahmen. – Der Rahmen muß sehr
                              rein seyn, und es darf zu demselben kein Material verwendet werden, welches fähig
                              wäre das salpetersaure Silber zu zersetzen; man thut gut, die Ränder gegen welche
                              sich das Glas stützt, mit Streifen von Fließpapier zu überziehen; ein Rahmen von
                              Holz, der mit Gummilack-Firniß überzogen ist, verursacht niemals Flecken auf
                              der Glasplatte.
                           Exposition in der camera obscura
                                 . – Man muß bei vorläufigen Proben die Zeit der Exposition abändern, bis
                              man die Empfindlichkeit des angewandten Collodium gehörig kennt; man beginnt mit
                              einer sehr kurzen Zeit, denn manches Collodium, welches schlechte Bilder geben
                              würde, wenn man 30 Secunden lang exponirte, gibt sehr gute Bilder in 2 Secunden.
                           
                           Entwickelung des Bildes. – Die Pyrogallussäure ist ein besseres Agens als der
                              Eisenvitriol; man lege die Glastafel nicht auf einen Träger, sondern halte sie in
                              der Hand; man gieße auf dieselbe so daß sie gänzlich bedeckt wird, folgende
                              Auflösung: Pyrogallussäure 3 Gran; Essigsäure eine halbe Drachme; Wasser 1 Unze. Man
                              setze nur dann salpetersaures Silber zu, wenn das negative Bild zu schwach ist und
                              aufhört sich zu entwickeln. Wenn man erst nach ziemlich langer Zeit zum Entwickeln
                              des Bildes schreitet, thut man gut die Platte einen Augenblick in das Silberbad zu
                              tauchen. Das Gefäß, welches die Gallussäure enthält, muß nach jedem negativen Bild
                              mit destillirtem Wasser gewaschen werden. Man darf das Entwickelungsbad mit
                              Pyrogallussäure höchstens zwei Tage vor seiner Anwendung bereiten, weil es sonst
                              seine Kraft verliert.
                           Das Bad mit Eisenvitriol hat den Vortheil, daß man darin
                              die Platte baden lassen (hineinlegen) kann, es eignet sich daher für die großen
                              Platten; man kann es folgendermaßen zusammensetzen: Eisenvitriol 12 Drachmen;
                              Essigsäure 2 1/2 Drachmen; Wasser 250 Drachmen; concentrirte Schwefelsäure 11
                              Tropfen.
                           Die empfindliche Platte muß stets und insbesondere während der Entwickelung des
                              Bildes gegen jeden Lichtzutritt vollständig geschützt seyn.
                           Fixiren des Bildes. – Man wendet dazu eine
                              gesäingte Auflösung von unterschwefligsaurem Natron an, und wäscht hierauf das
                              negative Bild mit sehr viel Wasser; man läßt es trocknen, aber ohne es dem Ofen zu
                              nähern; man schützt seine Oberfläche durch einen Firniß, z.B. Diamond's BernsteinfirnißSeine Bereitung ist S. 313 in diesem Bande des
                                    polytechn. Journals beschrieben. oder Horne's Dammarharzfirniß.
                           Verfahren die Collodiumschicht auf Papier zu übertragen.
                              – Nachdem das Bild fixirt und die Schicht gewaschen (aber noch nicht trocken
                              und auch nicht gefirnißt) ist, nimmt man ein Stück Fließpapier, so breit wie die
                              Glasplatte; man befeuchtet es und legt es auf die Glasplatte, indem man die Ecken
                              des Glases vorstehen läßt; man erfaßt eine von den Ecken der Schicht, hebt sie auf,
                              kehrt sie um und legt sie auf das Papier; dieselbe Operation macht man mit den drei
                              andern Ecken; dann nimmt man das Papier vorsichtig weg, welchem die Schicht
                              anhaftend folgen wird. Man tränkt nun eine Seite eines dünnen Canson'schen Papiers mit arabischem Gummi oder einer sonstigen klebenden
                              Flüssigkeit; legt
                              die Mitte der Collodiumschicht auf die Mitte des gummirten Papiers, indem man
                              sorgfältig alle Luftblasen austreibt; die über das Fließpapier umgebogenen Ecken der
                              Collodiumschicht werden dann auf das Canson'sche Papier niedergeschlagen und so
                              gedrückt, daß sie ihm anhaften; man hebt nun eine der Ecken des Fließpapiers auf, um
                              sich zu versichern daß es sich von der Schicht trennt, und entfernt es so nach und
                              nach vorsichtig auf allen Stellen. – Der Graf von Montizon zieht es vor, auf diese Weise die Collodiumschicht zu übertragen,
                              anstatt sie zu firnissen; diese Operation, sagt er, ist sehr leicht und sehr schnell
                              ausführbar. Dadurch verschwindet der Haupteinwurf, welchen man
                                 gegen die Anwendung des Collodiums gemacht hat, die Nothwendigkeit eine große
                                 Anzahl von Glastafeln mit sich zu führen.