| Titel: | Verfahren, die Milch vollkommen zu conserviren; von Hrn. Mabru Sohn. | 
| Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. CX., S. 449 | 
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                        CX.
                        Verfahren, die Milch vollkommen zu conserviren;
                           von Hrn. Mabru
                           Sohn.
                        Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, Sept. 1854,
                              S. 325.
                        Mabru's Verfahren die Milch vollkommen zu conserviren.
                        
                     
                        
                           Hr. Mabru Sohn hat das Problem gelöst, die Milch
                              vollkommen zu conserviren, ohne daß ihr einer ihrer wesentlichen Bestandtheile
                              entzogen und ihr Volum vermindert wird, ohne daß sie sich färbt und ohne daß ihr
                              irgend ein fremdartiger Körper zugesetzt wird etc. Er dampft daher die Milch nicht
                              ab, um sie in Pulverform zu erhalten, wie Hr. Braconnot
                              und Hr. de Villeneuve; er verwandelt sie nicht in einen
                              dicken Syrup, durch Entziehen des Wassers und Zusatz von Zucker, wie Hr. de Lignac; sondern er begnügt sich, ihr die Gase, welche
                              sie enthält, Luft und Kohlensäure, zu entziehen, indem er ihre Temperatur erhöht,
                              aber nicht in Berührung mit Luft, wie bei der Appert'schen Methode, sondern in einer Atmosphäre von Wasserdampf, wobei er
                              sie in einen absolut vollen Raum außer Berührung mit irgend einem gasförmigen Körper
                              einschließt. Sein Verfahren ist folgendes.
                           Er behandelt 4 Liter Milch auf einmal (bei der Anwendung des Verfahrens in größerem
                              Maaßstab würde er 24 Liter zugleich vornehmen), welche er in vier lange Flaschen von
                              Weißblech (oder dem emaillirten Eisen des Hrn. Paris)
                              bringt, die sich in Bleiröhren endigen, welche letztere 1 Decimeter (3'' 8''') lang
                              sind; die bleiernen Hälse der vollen Flaschen steckt er in einen
                              länglich-viereckigen Kasten und schraubt sie darin fest; diesen Kasten
                              mit den an seiner Basis hängenden vier Flaschen bringt er über einer Kammer mit
                              metallenen Wänden an, welche mit einem Dampfkessel in Verbindung steht; mittelst
                              eines Trichters füllt er den viereckigen Kasten soweit mit Milch an, daß deren
                              Schicht einige Centimeter über dem Rand der bleiernen Hälse steht; hierauf
                              verschließt er den Kasten und die Kammer, und heizt den Dampfkessel, worauf Dampf
                              von 100° C. in die Kammer gelangt und die Temperatur der Milch in einer
                              Wasserdampf-Atmosphäre erhöht wird; sie wird auf diese Weise 3/4 bis 1 Stunde
                              lang erhitzt; alsdann nimmt er den viereckigen Kasten mit den vier Flaschen weg,
                              taucht dieselben in ein mit kaltem Wasser gefülltes Gefäß, und läßt sie erkalten,
                              während eine dicke Schicht von Milch stets die Oeffnung der Röhren bedeckt; nachdem
                              das Ganze erkaltet ist, macht er die Flaschen mit ihren Röhren von dem viereckigen
                              Kasten los und drückt letztere mit einer starken Zange platt, während sie noch mit
                              Milch gefüllt sind; auf diese Weise werden die Flaschen, welche ganz voll Milch sind
                              und kein Gas enthalten können, luftdicht verschlossen.
                           Die Flaschen können dann sogleich auf jede Entfernung versendet werden, ohne daß sich
                              Butter bilden und ohne daß eine Veränderung der Milch (oder doch nur in höchst
                              seltenen Fällen) eintreten kann. Bloß der Rahm sondert sich nach und nach ab,
                              sammelt sich wegen seines geringern specifischen Gewichts oben im Hals und verdickt
                              sich daselbst, indem er vollkommen rein bleibt.
                           Um eine solche Milchflasche zu öffnen, schneidet man mit einem Messer deren bleiernen
                              Hals ein wenig über seiner Verlöthung mit der Blechflasche ab; man entfernt den
                              Rahm; die Milch erscheint dann flüssig und weiß, wie sie aus dem Kuheuter kam, mit
                              ihrem natürlichen Geruch und Geschmack, verträgt das Sieden ohne sich zu zersetzen,
                              liefert durch Rühren eine vortreffliche Butter etc.
                           Diese neue Methode zum Conserviren der Milch, wobei der Erfolg ein vollständiger und
                              absolut sicherer ist, weicht von derjenigen des Hrn. Appert in einem wesentlichen Punkt ab; allerdings vertreibt Hr. Appert ebenfalls die Gase aus der Milch, aber während
                              dieses Austreibens bleibt die Oberfläche der zu conservirenden Milch mit dem
                              Sauerstoff der Luft in Berührung; bevor er das Gefäß verschließt, verdünnt er zwar
                              so viel als möglich die im Hals enthaltene Luft oder Gase, es läßt sich jedoch nicht
                              vermeiden, daß eine kleine Menge dieser Gase zurückbleibt, welche von der Milch bald
                              wieder absorbirt wird und dann ein gefährliches Ferment bildet. Bei dem Verfahren
                              des Hrn. Mabru findet hingegen das Austreiben der Luft im
                              Wasserbad statt, und die Flasche wird verschlossen während sie ganz mit Flüssigkeit gefüllt
                              ist, ohne daß eine einzige Gasblase hineindringt. Was aber noch besser den
                              wesentlichen Unterschied beider Verfahrungsarten beweist, ist der Umstand, daß nach
                              Appert's Methode, wie er selbst zugibt, die Milch
                              sich nur dann vollständig conservirt, wenn man einen Zusatz von
                              Natron-Bicarbonat, Zucker etc. anwendet.