| Titel: | Verfahren zur Fabrication der flüssigen Kohlenwasserstoffe und des Paraffins, von Paul Wagenmann , Ingenieur zu Bonn in Rheinpreußen; patentirt in England am 20. Decbr. 1854. | 
| Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. XXXII., S. 138 | 
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                        XXXII.
                        Verfahren zur Fabrication der flüssigen
                           								Kohlenwasserstoffe und des Paraffins, von Paul Wagenmann
                           								Vom Erfinder mitgetheilt. – Wir verweisen auf die im polytechn. Journal
                                 										Bd. CXXIX S. 157 gelieferten Notizen über die der Gesellschaft A. Wiesmann und Comp. gehörende Augusten-Hütte zu
                                 										Beuel bei Bonn, wo das Verfahren des Erfinders zur Gewinnung von Oelen, Paraffin
                                 										etc. aus der Blätterkohle angewandt wird; ferner auf Prof. G. Karsten's Bestimmung der Leuchtkraft der
                                 										Paraffinkerzen in Bd. CXXXIV S. 366. A. d. Red., Ingenieur zu Bonn in Rheinpreußen; patentirt in England am 20. Decbr.
                              								1854.
                        Wagenmann's Verfahren zur Fabrication der flüssigen
                           								Kohlenwasserstoffe und des Paraffins.
                        
                     
                        
                           Diese Erfindungen bestehen darin, daß man die Kohlen oder bituminösen Schiefer in
                              									wallnußgroße Stücke zerbricht und sie, falls sie Schwefel enthalten, mit Kalkwasser
                              									besprengt. Alsdann werden sie auf einen Trockenofen, welcher folgendermaßen
                              									construirt ist, gebracht: ein Raum, z.B. 200 Fuß lang und 20 Fuß breit, ist von 2
                              									Fuß hohen Mauern, welche 4 Fuß von einander liegen, durchkreuzt, und diese Mauern
                              									sind unter einander überwölbt; über die Gewölbe bringt man die Schiefer zum
                              									Trocknen, unter dieselben aber die glühende abdestillirte Schieferasche aus den
                              									Retorten, damit sie ihre Wärme an die Gewölbe abgibt und so die Schiefer
                              									trocknet.
                           Nachdem die Kohle oder Schiefer getrocknet sind, destillirt man sie in Retorten,
                              									welche insofern von den Gasretorten verschieden sind, daß die Destillationsproducte
                              									an dem Ende, welches dem Rost entgegengesetzt liegt, abgeführt werden. Ueber jedem
                              									Feuer liegen zwei Retorten, jede ungefähr 8 Fuß lang, 2 Fuß breit, mit 5 zölligem
                              									Abzugsrohr. Das Feuer geht unter den Retorten durch, und wird auch unter denselben
                              									zum Kamin abgeführt.
                           Der Erfinder zieht es vor, Oefen von acht Feuern mit sechzehn Retorten, rund um einen
                              									Kamin liegend, anzulegen, wobei die Flamme von einem Feuer zum anderen geführt
                              									werden kann und die Retorten einer zunehmenden Hitze unterworfen sind. Die
                              									Destillations-Producte von den sechzehn Retorten ziehen in ein eisernes Rohr
                              									von 80 Fuß Länge und 2 Fuß Durchmesser, welches von außen beständig mit kaltem
                              									Wasser umgeben ist. Nachdem die Gase diese Röhre passirt haben, treten sie in große
                              									eiserne Cylinder, welche mit Kohks angefüllt sind; diese entziehen den Gasen die letzten
                              									Theerantheile. Von hier aus gelangen die Gase in einen 40 Fuß hohen Kamin, dessen
                              									Zug durch einen Regulator adjustirt wird.
                           Die flüssigen Destillations-Producte laufen in ein großes Reservoir, welches
                              									beständig auf einer Temperatur von 30° Cels. erhalten wird; darin trennt sich
                              									der Theer von dem Ammoniakwasser. Das Ammoniakwasser wird mit der abdestillirten
                              									Asche vermischt und liefert damit einen guten Dünger.
                           Der Theer wird alsdann mittelst Pumpen in die Reinigungsmaschinen geschafft, worin
                              									man 250 Gallons desselben mit 10 Gallons Eisenvitriollösung bei einer Temperatur von
                              									30° C. 3/4 Stunden lang mischt. Diese Reinigungsmaschinen sind liegende
                              									eiserne Trommeln von 500 Gall. Inhalt, in welchen eiserne Röhren durch
                              									Maschinenkraft bewegt werden.
                           Der nun von Schwefelwasserstoff-Ammoniak gereinigte Theer kommt in
                              									Destillirblasen von circa 300 Gallons Inhalt und wird
                              									mit überhitztem Wasserdampf destillirt. Die Destillations-Producte
                              									condensiren sich in einer 100 Fuß langen Bleischlange von 3 Zoll Weite. Die Producte
                              									der Destillation trennt man in folgende drei: 1) Essenz von 0,700 bis 0,865 spec.
                              									Gew.; 2) lubricating oil von 0,865 bis 0,900 spec. Gew.;
                              									3) Paraffin von 0,900 bis 0,930 spec. Gew. Diese drei verschiedenen Producte werden,
                              									jedes für sich, in liegenden bleiernen Misch-Maschinen bei einer Temperatur
                              									von 60° C. mit resp. 4, 6, 8 Proc. concentrirter Schwefelsäure, 1, 1 1/2, 2
                              									Proc. Salzsäure und 1/2, 3/4, 1 Proc. saurem chromsaurem Kali eine halbe Stunde lang
                              									gemischt. Drei Stunden nachher werden sie vom Rückstande getrennt und mit resp. 2,
                              									3, 4 Procent Aetzkalilauge von 50° Baumé in eisernen Maschinen
                              									gemischt. Alsdann wird jedes so gereinigte Product in einer Destillirblase mit
                              									überhitztem Wasserdampf destillirt.
                           Man erhält von Nr. 1, mit einem Theil von Nr. 2 gemischt, ein Oel von 0,820 spec.
                              									Gew., welches unter dem Namen Photogène oder Mineralöl in den Handel kommt und in eigens dazu
                              									construirten Lampen gebrannt wird (Lampen dieser Art halten in großer Auswahl C. Wiebke und B. Staudt in
                              									Berlin).
                           Ein Theil der Destillations-Producte von Nr. 2, im spec. Gewicht von 0,860 bis
                              									0,70, gibt Solar-Oel, welches sich zum Brennen in
                              									Argand'schen und Carcel-Lampen eignet.
                           Der Rest von Nr. 2, gemischt mit einem Theil der Producte von Nr. 3, gibt das seit
                              									einigen Jahren vielfach angewandte lubricating oil zum
                              									Schmieren von Maschinen.
                           
                           Den Rest von Nr. 3 bringt man in einen großen Keller, dessen Temperatur möglichst
                              									niedrig gehalten wird, behufs der Krystallisation. In drei bis vier Wochen ist das
                              										Paraffin in großen Tafeln herauskrystallisirt und
                              									wird dann vermittelst Centrifugalmaschinen, welche circa 2000 Umdrehungen pro Minute machen, vom Oel getrennt. Dieses Paraffin,
                              									geschmolzen und in Tafeln gegossen, wird in einer kalten hydraulischen Presse einem
                              									Druck von 300,000 Pfd. ausgesetzt. Alsdann wird es wieder geschmolzen und bei
                              									180° C. mit 50 Proc. concentrirter Schwefelsäure gemischt. Nach zwei Stunden
                              									wird das Paraffin von der Säure abgelassen und mit Wasser gemischt. Hierauf wird es
                              									in Kuchen gegossen und zwischen Haartüchern in einer warmen hydraulischen Presse
                              									abermals gepreßt; dann wieder geschmolzen, mit 1/2 Proc. Stearin vermischt und bei
                              									150° C. mit 70 Proc. Schwefelsäure in bleiernen Mischmaschinen zwei Stunden
                              									lang gemischt. Nach zweistündigem Stehen wird es von der Säure getrennt und mit
                              									Wasser gewaschen, dann abermals mit 1/2 Proc. Stearin zusammengeschmolzen und
                              									hierauf 1 Proc. Aetzkalilauge von 40° Baumé darunter gemischt. Nach
                              									Verlauf von zwei Stunden haben sich sämmtliche Unreinigkeiten niedergeschlagen und
                              									das Paraffin ist wasserklar zum Vergießen fertig.