| Titel: | Notiz über die Fabrication feuerfester Steine zu Garnkirk in Schottland; von Ad. Gurlt. | 
| Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. LVIII., S. 263 | 
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                        LVIII.
                        Notiz über die Fabrication feuerfester Steine zu
                           								Garnkirk in Schottland; von Ad. Gurlt.
                        Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1855, Nr. 4.
                        Gurlt, über die Fabrication feuerfester Steine zu Garnkirk in
                           								Schottland.
                        
                     
                        
                           Die Fabrik feuerfester Steine und Röhren von Hrn. Sprot zu
                              									Garnkirk, sieben englische Meilen von Glasgow, an der caledonischen Eisenbahn
                              									gelegen, hat sich durch die vorzügliche Güte ihrer Fabricate einen so bedeutenden
                              									Ruf erworben, daß jährlich eine nicht unbeträchtliche Menge derselben in das
                              									Ausland, und zum großen Theile nach Deutschland exportirt wird. Die Consumtion
                              									feuerfester Materialien in Deutschland ist überhaupt in jüngster Zeit, namentlich
                              									durch Anlage so colossaler Hüttenwerke, wie z.B. zu Horde in Westphalen und in
                              									anderen Theilen Deutschlands, auf eine so enorme Höhe gestiegen, wie sie niemals
                              									zuvor beobachtet worden. Zieht man bei solchen Bauten Erkundigungen nach dem
                              									Ursprungsorte dieser für den Hüttenmann so unentbehrlichen Materialien ein, so
                              									erfährt man in den meisten Fällen, daß sie auf englischem Boden, von englischen
                              									Arbeitern, b. h. theuer producirt sind und also noch theurer durch den weiten
                              									Transport geworden, verwendet werden. Man darf sich daher nicht wundern, wenn für
                              									1000 Stück feuerfester Steine von der gewöhnlichen Größe, d. i. 10'' lang, 5'' breit und 2, 5'' hoch, auf deutschen Hüttenwerken ein Preis von
                              									durchschnittlich 34–36 Thlr., auf den Freiberger Hütten sogar von 66 Thlrn.
                              									bezahlt wird, während 1 Tausend gewöhnlicher Mauersteine wohl nirgends mehr als
                              									höchstens 14 Thlr. kostet.
                           Bei Erwägung eines so hohen Preises für ein nothwendiges Baumaterial, welches wir
                              									bisher noch zum größten Theile von Stourbridge in Staffordshire oder aus Schottland
                              									beziehen müssen, dringt sich unwillkürlich die Frage auf, ob es denn nicht möglich
                              									und vortheilhaft wäre, in Deutschland selbst feuerfeste Materialien von bester
                                 										Qualität zu produciren, und warum dieses noch nicht in hinreichendem Maaße
                              									geschieht. Gewöhnlich wird diese Frage dahin beantwortet, daß es uns an einem
                              									brauchbaren Thon mangelt, in der That scheint aber der Grund für die geringere
                              									Qualität des deutschen Productes in einer unpassenden Behandlungsweise bei der
                              									Fabrication zu liegen. In dem mit mineralischen Schätzen so reich begabten
                              									Deutschland wird wohl die Natur auch den feuerfesten Thon nicht vergessen haben; man
                              									möge sich nur Mühe geben ihn zu suchen, und wenn man ihn gefunden hat, versuche man
                              									es ihn auf eine ihm angemessene Weise zu verarbeiten. Daß die Production der
                              									berühmten Thonsteine von Garnkirk auch nicht möglich ist ohne die sorgfältigste
                              									Bearbeitung des Materials, wird aus folgender Notiz ersichtlich werden.
                           Das Material für die Fabrication der feuerfesten Steine zu Garnkirk liefert ein
                              									grauer, bituminöser, wenig sandiger Schieferthon, welcher
                              									der schottischen Steinkohlenformation angehört, und dem
                              									Kohlensandsteine untergeordnet, mit diesem und mit Flößen von Steinkohlen und
                              									Kohleneisenstein wechsellagert. Diese Schieferthonbänke, welche, um ein gutes
                              									Product zu geben, so viel wie möglich frei von Sand und Schwefelkies, namentlich von
                              									letzterem seyn müssen, weil sie beim Brennen der Steine zur Bildung von leicht
                              									schmelzbaren Eisen-Thonsilicaten Veranlassung geben, kommen in einer
                              									Mächtigkeit von 3–6', regelmäßig dem Fallen und Streichen des
                              									Steinkohlengebirges folgend, vor, und werden mittelst eines unterirdischen
                              									systematisch betriebenen Bergbaues durch förmliche Schräm- und Schießarbeit
                              									gewonnen; so findet nicht nur zu Garnkirk, sondern auch bei dem großen Eisenwerke
                              									Gartsherrie und auch noch an anderen Punkten ein ausgedehnter Bergbau auf
                              									Schieferthon statt. Die gesammten Verhältnisse des schottischen Kohlengebirges
                              									scheinen mit denen der großen westphälischen Steinkohlenmulde eine so große
                              									Aehnlichkeit zu haben, wie namentlich auch in dem Vorkommen des Kohleneisensteins,
                              									daß es sehr wahrscheinlich in der letzteren auch solche Schieferthonbänke gibt, wie
                              									in Schottland, die sich zur Fabrication feuerfester Steine vorzüglich eignen, und es
                              									sich gewiß der Mühe verlohnen würde nach ihnen zu suchen. Gerade das
                              									Zusammenvorkommen der Eisenerze, der Steinkohlen und des feuerfesten Materials zum
                              									Ofenbau, gibt den schottischen Eisenwerken ein so großes Uebergewicht über die auf
                              									dem Continente, und es läßt sich voraussehen, daß die letzteren nicht ohne Schaden
                              									die Concurrenz der ersteren werden bestehen können, so lange sie noch genöthigt
                              									sind, wie z.B. die neue Hütte zu Horde, sich ihr Baumaterial aus Schottland zu
                              									beschaffen.
                           
                           Der bergmännisch gewonnene Schieferthon wird nur zum Theil aus beträchtlichen Teufen
                              									gefördert und über Tage in Halben von 15–20' Höhe aufgestürzt, wo er
                              									2–3 Jahre liegen muß, um zu verwittern oder zu faulen, wie der Kunstausdruck
                              									ist. Durch den Einfluß der Sonne und atmosphärischen Feuchtigkeit geht mit dem
                              									frisch geförderten, ziemlich festen Schieferthone eine große Veränderung vor. Er
                              									wird Heller an Farbe, schwillt auf, durch Aufnahme von Wasser, zerfällt zu einem
                              									klebrigen Pulver, welches sich mit der Hand ballen läßt, und verliert den etwaigen
                              									Schwefelkiesgehalt fast vollständig durch Verwittern und Auslaugen der gebildeten
                              									Eisensalze durch den Regen.
                           Nachdem der Thon durch mehrjährige Verwitterung vorbereitet ist, wird er erst
                              									ausgeklaubt ehe er zur Fabrik gefördert wird. Diejenigen Schieferthonstücke, welche
                              									entweder sehr sandig oder durch Eisenoxydhydrat braun gefärbt sind, welches aus
                              									Schwefelkiesen entstand, und sich in der Hand nicht mit Leichtigkeit zerdrücken
                              									lassen, werden ausgehalten, und theils ganz weggestürzt, theils als noch nicht reif
                              									wieder auf die Halde zurückgegeben. Nur der durch das Faulen vollständig reif
                              									gewordene Thon wird in die Fabrik gefördert, wo er dann nach Bedürfniß zur
                              									Bearbeitung kommt.
                           Zunächst wird der Thon in gewöhnlichen englischen Quetschmühlen mit stehenden
                              									Steinen, welche sich um ihre horizontale Achse drehend, sich zugleich mit einer
                              									stehenden Welle im Kreise herumbewegen, auf einem feststehenden eisernen Teller
                              									gequetscht und dann durch sehr feine Drahtsiebe durchgeworfen.
                           Die groben Stücke kommen wieder auf die Mühlen zurück und der Durchfall wird mit
                              									wenig Wasser in einem Thonschneider, von vielen schiefgestellten Messern
                              									durchschnitten, möglichst sorgfältig bearbeitet. Der Thonschneider hat die
                              									Einrichtung, daß ihm von oben fortwährend durch einen Rumpf gesiebter Thon und
                              									Wasser zugeführt wird, während er den bearbeiteten Thon, der nur so naß ist, daß er
                              									sich mit der Hand gerade gut ballt, beständig in untergestellte Gefäße fallen
                              									läßt.
                           Der so vorbereitete Thon gelangt nun in die Förmerei, und
                              									muß sogleich verarbeitet werden, wenn er nicht durch theilweises Austrocknen
                              									ungleichmäßig werden und seine Elasticität verlieren soll.
                           Das Formen der Ziegelsteine geschieht theils mit der Hand,
                              									theils mit Maschinen. Die Handförmerei ist derselbe Proceß, wie das gewöhnliche
                              									Ziegelstreichen, sie unterscheidet sich dadurch, daß der Thon trockner geformt wird,
                              									und daher in die hölzernen Formen stärker eingepreßt werden muß, als dieses
                              									gewöhnlich geschieht. Zum Theile werden die Steine aber auch aus einem fast ganz
                              									trockenen Thonpulver in einer Formmaschine mit hydraulischer Presse gepreßt. Die Maschine formt
                              									zwanzig Steine zu gleicher Zeit, welche sehr dicht und scharfkantig sind, jedoch war
                              									man mit ihr deßhalb nicht ganz zufrieden, weil sie zu langsam arbeitet.
                           Große Gestellsteine für die Hohofenanlage zu Hörde von
                              									mehreren Kubikfuß Rauminhalt wurden gleichfalls mit der Hand in hölzernen Schablonen
                              									geformt und verlangten schon beim Formen eine besonders sorgfältige Behandlung,
                              									namentlich ein gleichmäßiges Einformen unter verstärktem Drucke, weil sie sonst beim
                              									Trocknen und Brennen Risse bekamen.
                           Nicht unbedeutend ist in Garnkirk die Fabrication von feuerfesten Thonröhren von den verschiedensten Kalibern, bis zu mehr
                              									als 1 Fuß Durchmesser. Sie werden theils zu Wasserleitungen, theils zu Kaminröhren
                              									verwendet. Ihre Anfertigung geschieht mittelst einer Dampfpresse, welche das Rohr
                              									durch eine, mit ringförmigem Ausschnitte versehene Formplatte, ähnlich wie bei den
                              									gewöhnlichen Drainröhrenpressen, hier aber senkrecht hindurchpreßt. Der Dampfkolben
                              									befindet sich unmittelbar über dem Preßkolben, und ist also in dieser Maschine,
                              									welche übrigens ziemlich rasch arbeitet, die Dampfwirkung direct. Die Muffe werden
                              									theils mit der Hand an die gepreßten Röhren angeformt, theils nach einem patentirten
                              									Verfahren gleich in der Maschine angepreßt.
                           Die Trockenräume sind für alle Thonfabricate ohne Ausnahme
                              									große geräumige Gebäude, welche durch Canäle in dem Boden geheizt werden. Bei dem
                              									stets feuchten schottischen Klima ist die Anwendung heizbarer Trockenräume durchaus
                              									nothwendig. Da jedoch bei der Anfertigung der Steine und Röhren so wenig Wasser, wie
                              									möglich, angewendet wird, ist die vollständige Austrocknung derselben schon nach
                              									wenigen Tagen soweit erreicht, daß sie den Brennöfen übergeben werden können.
                           Die Brennöfen, welche mit Steinkohlen befeuert werden,
                              									haben verschiedene Construction und Größe. Die Oefen zum Brennen der Ziegelsteine
                              									haben eine länglich-viereckige Form und fassen 20,000 Stück Ziegel. Auf
                              									beiden schmalen Seiten des Ofens befinden sich die Feuerungen, bestehend aus
                              									mehreren kleineren, nebeneinander liegenden Rosten von circa 2' Breite und 4–5' Länge. Von ihnen zieht sich die Flamme
                              									durch Feuergassen, welche beim Eintragen der Ziegel offen gelassen werden, nach der
                              									Mitte des Ofens hin, und zwar so, daß sie zuerst von unten nach oben bis an das
                              									Gewölbe aufsteigt, dann aber wieder nach der Mitte zu niedergeht und hier durch
                              									Oeffnungen, welche in den langen Ofenseiten unmittelbar über der Ofensohle
                              									angebracht sind, in zwei neben dem Ofen stehende, etwa 20' hohe Essen entweicht. Ein
                              									Brand dauert 8 bis 10 Tage und sind während desselben zwei Arbeiter zur Bedienung des Ofens, einer für
                              									jede Feuerseite, erforderlich.
                           Zum Brennen der Röhren wird ein runder Ofen von 18–20' Durchmesser angewendet,
                              									der mit einer aus feuerfesten Steinen gebauten durchbrochenen Sohle versehen ist,
                              									auf welche die Röhren senkrecht aufgestellt werden. In der Mitte des Ofens steht ein
                              									5–6' hoher und 3–4' weiter Cylinder, durch welchen die Flamme von der
                              									unter ihm befindlichen Feuerung in den Ofen gelangt. Das Feuer breitet sich dann
                              									unter dem Ofengewölbe aus, steigt in den eingesetzten, zu brennenden, Röhren nieder
                              									und gelangt durch den durchbrochenen Boden in eine neben dem Ofen gebaute Esse. Ein
                              									anderer Ofen ist viereckig, gleichfalls mit durchbrochenem Boden, auf dem die Röhren
                              									in gleicher Weise aufgesetzt werden. Die Feuerung liegt bei diesem an einer Seite
                              									und ist von dem Brennraume nur durch eine 5–6' hohe Feuerbrücke getrennt,
                              									über welche die Flamme fortgehen muß, um in die Röhren und aus diesen ebenfalls
                              									durch die durchbrochene Ofensohle in eine Esse zu gelangen.
                           Die Effecte beider Oefen sind gleich, jedoch soll der runde, ungleich theurer in der
                              									Anlage, etwas weniger Brennmaterial erfordern.
                           Wenn die Röhren glasirt werden sollen, so wird, nachdem der Brand gaar ist, Kochsalz
                              									in die Feuerung geworfen, welches verdampft und überall in Dampfform mit den
                              									Wandungen der Röhren in Berührung kommt, wodurch dieselben eine gleichmäßige Glasur
                              									erhalten.
                           Das in dieser Notiz so beschriebene Fabricationsverfahren für feuerfeste Steine, wie
                              									es der Verfasser im Herbste 1853 in Garnkirk vorfand, dürfte auch für viele deutsche
                              									Verhältnisse geeignet seyn, namentlich da, wo sich feuerfester Thon oder wenigstens
                              									ein Material, aus welchem dieser bereitet werden kann, in der Nähe von Steinkohlen
                              									vorfindet. Die Aufsuchung von hierzu brauchbaren Schieferthonen dürfte um so
                              									leichter seyn, da in Deutschland kaum irgend eine Formation durch Bergbau so
                              									vollständig aufgeschlossen und leicht zugänglich geworden ist, wie gerade die
                              									Steinkohlenformation. Es wäre daher zu wünschen, daß die deutschen Hüttenwerke recht
                              									bald in den Stand gesetzt wünden, sich mit Hülfe einer deutschen Industrie, welche
                              									allen Anforderungen genügt, wenigstens in Bezug auf feuerfestes Baumaterial von
                              									England unabhängig zu machen.