| Titel: | Ueber das Trocknen des Braunsteins zum Behuf seiner Prüfung; zwei offene Briefe an die HHrn. Verkäufer und Käufer von Braunstein, von Prof. Dr. R. Fresenius. | 
| Autor: | Carl Remigius Fresenius [GND] | 
| Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. LXII., S. 277 | 
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                        LXII.
                        Ueber das Trocknen des Braunsteins zum Behuf
                           								seiner Prüfung; zwei offene Briefe an die HHrn. Verkäufer und Käufer von Braunstein, von
                           								Prof. Dr. R. Fresenius.
                        Fresenius, über das Trocknen des Braunsteins zum Behuf seiner
                           								Prüfung.
                        
                     
                        
                           I.
                           Es ist früher allgemein üblich gewesen, den Braunstein im lufttrockenen Zustande zu prüfen. – Da der Begriff lufttrocken ein
                              									unbestimmter ist, wurden bei Prüfung verschiedener Proben eines und desselben
                              									Braunsteins auf ihren Gehalt an Hyperoxyd bald höhere bald niedrigere Resultate
                              									erhalten, je nachdem der Braunstein trockener oder feuchter war. – Diesen
                              									Uebelstand suchte man später zu beseitigen, indem man übereinkam, den Braunstein im
                              										getrockneten Zustand zu untersuchen, und in der
                              									letzteren Zeit bezogen sich in der That alle Angaben des Hyperoxydgehaltes auf
                              									getrockneten Braunstein.
                           Jeder aber, der Geschäfte in Braunstein gemacht hat, wird erfahren haben, daß auch
                              									dadurch der Uebelstand nicht beseitigt wurde, denn auch bei Prüfung eines und
                              									desselben Braunsteinpulvers im getrockneten Zustande wurden von verschiedenen
                              									Personen oft ziemlich abweichende Resultate erhalten.
                           Dieser Umstand stört die Geschäfte in Braunstein außerordentlich, erweckt Mißtrauen
                              									sowohl in Hinsicht auf Methode als auf Ausführung der Prüfung, und führt zu den
                              									mannichfaltigsten Differenzen.
                           Ich habe es daher für wichtig gehalten, den Grund dieses Uebelstandes zu erforschen,
                              									und es war nicht schwierig denselben zu finden.
                           Bekanntlich erhält man bei Prüfung zweier Proben eines und desselben getrockneten
                              									Braunsteinpulvers, wenn man solche gleich nach dem Trocknen, unmittelbar nach
                              									einander abwägt und der von Will und mir angegebenen
                              									Prüfung unterwirft, nur sehr geringe Abweichungen in den Resultaten, und wenn man
                              									darauf achtet, daß der Braunstein äußerst fein gepulvert ist, daß das oxalsaure
                              									Natron frei ist von kohlensaurem, daß genau gewogen und überhaupt die einfache
                              									Operation richtig ausgeführt wird, läßt das angegebene Verfahren kaum etwas zu
                              									wünschen übrig.
                           Es war also der Grund anderswo zu suchen; er liegt in der That nur in der unbestimmten Art des Trocknens. Beachtet man die
                              									Ausdrücke, welche gegenwärtig gebraucht werden, um die Art des Trocknens deutlicher
                              									zu bezeichnen, als da sind: wohl getrocknet, feuchtigkeitsfrei, ganz trocken,
                              									vollkommen trocken, sehr trocken, extra trocken etc., so tritt diese Unbestimmtheit
                              									schon hervor, klarer aber wird sie noch, wenn man die Methoden ins Auge faßt, nach welchen in der Regel
                              									die Braunsteine getrocknet werden, um denselben die oben bezeichneten Grade der
                              									Trocknung zu geben. Während der eine sich begnügt, das Braunsteinpulver eine Zeit
                              									lang der Temperatur des Wasserbades auszusehen, erhißt es der andere längere oder
                              									kürzere Zeit über der freien Lampe oder auf sonstige Art bei denverschiedensten
                              									Temperaturen bis zu mehreren 100 Graden.
                           Um den Beweis zu liefern, wie verschiedene Resultate hierdurch erhalten werden
                              									müssen, habe ich einen Braunstein bei steigender Temperatur getrocknet und den
                              									Wassergehalt genau bestimmt, den derselbe bei jedem Stadium des Trocknens verlor.
                              									Die folgende Tabelle belehrt über die erhaltenen Resultate. Um dieselben
                              									übersichtlich zu machen, habe ich sie auf 100 Theile lufttrocknen Braunstein
                              									berechnet. – Der so geprüfte Braunstein ist ein nassauischer von der Art und
                              									Stärke, wie sie gegenwärtig zumeist im Handel vorkommen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 135, S. 278
                              100 Theile lufttrockener Braunstein
                                 										lieferten beim Trocknen; Getrockneten Braunstein 100,00 und Wasser 0,00; Der
                                 										getrocknete enthält Hyperoxyd in Procenten 65,536; Stunde; blieb das Gewicht
                                 										constant
                              
                           
                           Der so bei 220–250º getrocknete Braunstein war übrigens noch keineswegs
                              									ganz wasserfrei, denn als derselbe in einer Kugelröhre 1/4 Stunde lang direct über
                              									der kleinen Weingeistlampe bis zu einer noch nicht an die dunkle Rothgluth
                              									reichenden Temperatur erhißt wurde, gab derselbe noch 1,08 Procent Wasser ab,
                              									welches in einer Chlorcalciumröhre aufgefangen und bestimmt wurde. Doch entsprach
                              									der Gewichtsverlust des Braunsteins, welcher 2,49 Procent betrug, nicht dem
                              									entwichenen Wasser, es hatte derselbe vielmehr bei diesem Erhitzen auch schon 1,41
                              									Procent Sauerstoff verloren.
                           Aus der obigen Versuchsreihe lassen sich folgende Schlüsse ziehen:
                           
                              1) Die Temperatur, bei welcher der
                                 										Braunstein getrocknet wird und ebenso die Dauer des
                                 										Trocknens sind von entschiedenstem Einflusse auf den Wassergehalt desselben, und
                                 										es führt somit jedes Trocknen des Braunsteins nur dann zu einem festen Ziele,
                                 										wenn es bei einer bestimmten Temperatur geschieht und so lange fortgesetzt wird,
                                 										bis bei dieser Temperatur keine Gewichtsabnahme mehr erfolgt.
                              2) Als die Zustände der Trockenheit, welche sich am sichersten
                                 										erreichen lassen, sind die zu bezeichnen, welche durch Trocknen bei 100º
                                 										C. oder durch Trocknen bei 220–250º C. erhalten werden.
                              3) Der Unterschied im Hyperoxydgehalt, welchen ein bei
                                 										100º getrockneter Braunstein gegenüber einem bei 220–250º
                                 										getrockneten zeigt, beträgt etwa 3 Procent. (Doch ist dieß wesentlich abhängig
                                 										von der Art des Braunsteins).
                              
                           Um das Trocknen bei einer bestimmten Temperatur leicht und sicher ausführbar zu
                              									machen, habe ich einen besonderen Trockenapparat construirt, dessen Einrichtung ich,
                              									soferne sie ihrem Zwecke entspricht (der Apparat wird erst in einigen Tagen fertig)
                              									demnächst veröffentlichen werde. Ich werde dann auch mittheilen, wie lange ein
                              									Braunstein in demselben getrocknet werden muß, um alles Wasser abzugeben, welches er
                              									bei einer bestimmten Temperatur verliert; denn daß in der Praxis die Proben nicht
                              									ohne großen Zeitverlust in der Art getrocknet werden können, daß man mit der Waage
                              									bestimmt, ob sie keinen Gewichtsverlust mehr erleiden (wie es der Chemiker zu thun
                              									pflegt), liegt auf der Hand.
                           Gestützt auf die mitgetheilten Resultate erkläre ich schließlich, daß ich zünftig allen Braunsteinanalysen, welche aus meinem Laboratorium
                              									hervorgehen, die Temperatur in Celsius'schen Graden beifügen werde, bei welchen das
                              									Trocknen ausgeführt wurde. Wollten die HHrn. Verkäufer und Käufer der Braunsteine
                              									bei ihren Kaufabschlüssen dieselbe Regel befolgen, so werden, ich bin davon
                              									überzeugt, die Unannehmlichkeiten verschwinden, welche bisher obwalteten.
                           Wiesbaden, den 18. November 1854.
                           
                        
                           II.
                           Im vorstehenden offenen Briefe habe ich den Beweis geliefert, daß die bisher übliche
                              									Art den Braunstein zu trocknen, d.h. das Trocknen desselben ohne genaue Bestimmung
                              									der Temperatur, verlassen werden müsse, wenn an verschiedenen Orten und von
                              									verschiedenen Analytikern ausgeführte Analysen eines und desselben Braunsteins
                              									übereinstimmende Resultate liefern sollen.
                           Ich habe inzwischen meine Versuche über diesen Gegenstand fortgesetzt und mich
                              									bemüht, die Temperatur zu ermitteln, welche einzuhalten ist, wenn der Zweck des
                              									Trocknens, die vollständige Entfernung der hygroskopischen Feuchtigkeit ohne
                              									chemische Zersetzung der im Braunstein enthaltenen Hydrate, vollkommen erreicht
                              									werden soll.
                           Ich stellte zu dem Behufe zwei völlig verschiedene Versuchsreihen an und säume nicht
                              									von den erhaltenen Resulten hierdurch Kenntniß zu geben.
                           
                              Erste Versuchsreihe.
                              1. In vier flache, cylindrische, glatt ausgedrehte Pfännchen von Messing wurden
                                 										je 8 Gramme eines und desselben Braunsteinpulvers gebracht. Dasselbe war im
                                 										Achatmörser möglichst fein gerieben. Der Braunstein war ein nassauischer und
                                 										enthielt, bei 120º getrocknet, 53 Procent Manganhyperoxyd. – Alle
                                 										Pfännchen, welche ich der Kürze halber mit I, II, III, IV bezeichne, wurden nun
                                 										in kupferne Trockenschränkchen gebracht, welche sich in einem und demselben
                                 										Dampfapparate befanden. Das Wasser desselben blieb vom Beginn des Versuchs bis
                                 										zu dessen Ende stets in gleichmäßigem Kochen.
                              Nach drei Stunden wurde I, nach sechs Stunden II, nach neun Stunden III, nach
                                 										zwölf Stunden IV den Trockenschränkchen entnommen und unter die Exsiccatorglocke
                                 										gebracht, so daß sie keine Feuchtigkeit aus der Luft anziehen konnten.
                              Nach dem Erkalten hatte der Braunstein in I 0,145, in II 0,15, in III 0,15, in IV
                                 										0,15 Gramm abgenommen.
                              Es ergibt sich daraus der Schluß:
                              Braunstein muß in dünner Schicht und als höchst feines
                                    											Pulver sechs Stunden lang im Wasserbad erhitzt werden, wenn er alle Feuchtigkeit
                                    											verlieren soll, die er bei dieser Temperatur verlieren kann.
                              2. Ich ließ jetzt I und II lose bedeckt zwölf Stunden lang im Zimmer stehen und
                                 										wog sie dann wieder. II wog jetzt wieder genau so viel als am Anfang, bei I
                                 										fehlte nur 0,01 Gramm.
                              Daraus folgt:
                              Das bei 100º C. entwichene Wasser ist kein
                                    											Hydratwasser, sondern lediglich hygroskopische Feuchtigkeit denn die davon
                                    											befreiten Braunsteine ziehen solche unverändert wieder an.
                              3. Alle vier Pfännchen wurden jetzt zwei Stunden lang einer genau bestimmten
                                 										Temperatur von 120º C. ausgesetzt, dann unter die Exsiccatorglocke
                                 										gebracht. Nach dem Erkalten betrug die Abnahme eines jeden, im Hinblick auf das
                                 										ursprüngliche Gewicht, übereinstimmend 0,180.
                              4. Es wurden jetzt I und II lose bedeckt im Zimmer stehen gelassen und zuerst
                                 										nach 36, sodann nach 60 Stunden gewogen. Nach 36 Stunden wog I 0,01, II 0,02
                                 										Gramm weniger als am Anfang; nach 60 Stunden aber wogen beide genau eben so
                                 										viel, als am Anfang.
                              Aus 4 folgt:
                              Das bei 120º C. entwichene Wasser ist ebenso und
                                    											aus demselben Grunde wie das bei 100º entwichene kein chemisch
                                    											gebundenes Wasser, sondern nur hygroskopische Feuchtigkeit.
                              Und somit folgt aus 3:
                              Bei 100º C. läßt sich, auch bei zwölf Stunden
                                    											fortgesetztem Trocknen, nicht alle hygroskopische Feuchtigkeit aus den
                                    											Braunsteinen entfernen.
                              Im vorliegenden Falle verlor der Braunstein bei 100º 1,87 Procent, bei
                                 										120º 2,25 Procent Wasser, also Differenz 0,38 Procent.
                              5. Die Pfännchen III und IV wurden zwei Stunden lang einer Temperatur von
                                 										150º C. ausgesetzt. Nach dem Erkalten unter dem Exsiccator betrug die
                                 										Gesammtgewichtsabnahme eines jeden 0,215. – Die beiden Pfännchen blieben
                                 										nunmehr lose bedeckt im Zimmer stehen. Nach 36 Stunden fehlte bei III am
                                 										ursprünglichen Gewichte noch 0,05, bei IV 0,06, nach weiteren 36 Stunden war das
                                 										Gewicht von III constant geblieben, während das von IV noch um 0,01 zugenommen
                                 										hatte, so daß an diesem jeßt nur noch 0,05 fehlte.
                              Hieraus ergibt sich:
                              Bei 150º C. entweicht aus Braunsteinen mit der
                                    											hygroskopischen Feuchtigkeit auch schon ein wenig chemisch gebundenes Wasser, denn
                                    											die so getrockneten ziehen, an der Luft stehend, nicht wieder die ganze
                                    											Menge des entwichenen Wassers an.
                              
                           
                              Zweite Versuchsreihe.
                              Dieselbe erstreckte sich auf eine genaue Erforschung des Verhaltens, welches die
                                 										verschiedenen wasserhaltigen Gemengtheile der gewöhnlichen Braunsteine zeigen,
                                 										wenn sie bei verschiedenen Temperaturen erhißt werden.
                              Untersucht wurden:
                              Manganoxydhydrat (Manganit), Eisenoxydhydrat (Brauneisenstein
                                 										und Pyrosiderit) und Thon.
                              Ich werde die ausführlichen Resultate dieser Untersuchung an einem anderen Orte
                                 										niederlegen und begnüge mich daher hier damit, die Hauptresultate
                                 										mitzutheilen.
                              1. Manganit, Brauneisenstein und Pyrosiderit, vollständig bei 100º C.
                                 										getrocknet, enthalten noch ein wenig Feuchtigkeit, welche sie erst bei
                                 										120º C. abgeben; zwischen 120º und 150º erfolgt keine oder
                                 										fast keine Gewichtsabnahme, zwischen 150 und 200º fängt das Hydratwasser
                                 										an zu entweichen.
                              2. Thon (lufttrockener von Ebernhahn) verlor bei 100º C. 1,66, bei
                                 										120º 1,92, bei 150º 1,92, bei 200º 2,11, bei 250º
                                 										2,18, beim Glühen 8,48 Procent Wasser.
                              Aus dieser Versuchsreihe folgt somit, übereinstimmend mit den Resultaten der
                                 										ersten Reihe:
                              
                                 Die chemisch gebundenes Wasser enthaltenden
                                    											Braunsteinbestandtheile geben
                                 
                              
                                 a. bei 100º C. ihre Feuchtigkeit nicht
                                       												vollständig ab; es geschieht dieß vielmehr erst bei 120º,
                                    											und
                                 b. sie verlieren bei 120º C. kein
                                       												chemisch gebundenes Wasser.
                                 
                              Nachdem so die völlig verschiedenartigen Versuche ein ganz übereinstimmendes
                                 										Resultat gegeben haben, nehme ich nicht Anstand, folgenden Saß
                                 										auszusprechen:
                              Soll ein Braunstein vollkommen getrocknet werden, d.h.
                                    											soll ihm alle Feuchtigkeit entzogen werden, die ihm entzogen werden kann,
                                    											ohne ihn irgend wie zu zersetzen, so muß das Trocknen bei 120º C.
                                    											geschehen; denn trocknet man denselben bei 100º C., so enthält er noch etwas
                                    											Feuchtigkeit, trocknet man ihn dagegen bei höherer Temperatur, so verliert
                                    											er schon chemisch gebundenes Wasser.
                              Zum Trocknen der Braunsteine über 100º habe ich einen Apparat eigens
                                 										construirt, der sich in jeder Beziehung als zweckmäßig bewährt hat; er gestattet
                                 										ein gleichzeitiges Trocknen von je fünf Braunsteinproben, – macht das
                                 										Einhalten der Temperatur zu einer leichten Aufgabe, ist unzerbrechlich,
                                 										gestattet ein verhältnißmäßig rasches Trocknen und erfordert einen relativ
                                 										geringen Aufwand an Heizmaterial.
                              Derselbe besteht aus einer abgedrehten Scheibe von Gußeisen, von 21 Centimeter
                                 										Durchmesser und 37 Millimeter Dicke. Dieselbe hat somit eine bedeutende Masse
                                 										– ihr Gewicht beträgt 16 Pfund. Hierin liegt der Grund, daß sie sich sehr
                                 										gleichmäßig erwärmt, und daß man den gewünschten Temperaturgrad leicht einhalten
                                 										kann. – In der Scheibe befinden sich, in gleichen Abständen um das
                                 										Centrum vertheilt, sechs glatt ausgedrehte cylindrische Vertiefungen, in welche
                                 										sechs gedrehte cylindrische Messingpfännchen, von 55 Millimeter Durchmesser und
                                 										18 Millimeter Höhe im Lichten, ein wenig lose eingepaßt sind, so daß sie auch
                                 										nach dem Erwärmen leicht herausgenommen werden können. Jedes Pfännchen hat einen
                                 										kleinen Stiel, welcher der Peripherie der Scheibe zugewendet und ebenfalls in
                                 										diese eingelassen ist; auf den Stielen sind die Nummern 1–6
                                 										eingeschlagen, eben solche befinden sich auch hinter den cylindrischen
                                 										Vertiefungen, so daß jedes Pfännchen immer in seine bestimmte Vertiefung kommt.
                                 										Die Mittelpunkte der Pfännchen sind von dem Centrum der Scheibe 6,5 Centimeter
                                 										entfernt, die Ränder derselben liegen mit der Oberfläche der Scheibe in einer
                                 										Ebene. – Von den Pfännchen sind fünf für die Braunsteinproben, das
                                 										sechste zur Aufnahme des Thermometers bestimmt. Zu dem Ende paßt in das letztere
                                 										ein Messingring, der 3 Centimeter über die Oberfläche herausragt. Das durch
                                 										denselben erhöhte Pfännchen füllt man mit Messing- oder Kupferfeile und
                                 										senkt in diese die Kugel des Thermometers so ein, daß sie den Boden berührt. Zum
                                 										Befestigen des Thermometers dient ein kleiner Halter, der neben dem Pfännchen
                                 										eingeschraubt wird.Trockenscheiben, welche genau nach obiger Angabe gefertigt sind, liefert
                                       												Hr. Mechanikus Stumpf in Wiesbaden von sehr
                                       												exacter Arbeit.
                                 									
                              Zum Erhitzen bedient man sich entweder einer Gas- oder Weingeistflamme,
                                 										welche man auf den Mittelpunkt der auf einem Dreifuß liegenden Scheibe wirken läßt, oder
                                 										man wendet eine kleine Kohlenpfanne an, die am besten mit bereits glühenden
                                 										Kohlen gespeist wird.
                              Es bedarf nur einer kurzen Uebung, um auf eine oder die andere Art die Scheibe
                                 										auf 120º C. zu erhitzen und sie stundenlang auf dieser Temperatur zu
                                 										erhalten. – Die die feingepulverten Braunsteinproben enthaltenden
                                 										Pfännchen werden erst eingesetzt, wenn die richtige Temperatur erreicht und
                                 										Fürsorge getroffen ist, um dieselbe zu erhalten. Die Pulver werden dann und wann
                                 										mittelst eines Glasstäbchens umgerührt. – Ein anderthalbstündiges
                                 										Erhitzen genügt vollkommen, um 6–7 Grm. Braunsteinpulver zu trocknen.
                                 										– Die getrockneten Proben bringt man am besten noch heiß in am einen Ende
                                 										zugeschmolzene Glasröhren, verstopft diese mit glatten, mit Stanniol unterlegten
                                 										Korkstopfen, läßt sie erkalten und wägt alsdann die Proben ab, indem man den
                                 										Braunstein aus dem Röhrchen direct in das tarirte Schälchen bringt.
                              Vom Standpunkte der Wissenschaft hat somit die
                                 										vorliegende Frage ihre volle Erledigung gefunden; es ist gezeigt worden, daß, warum und wie die Braunsteine bei 120º C.
                                 										zu erhitzen sind, wenn der Zweck des Trocknens ganz
                                 										erreicht werden soll. – Fassen wir jetzt die Frage vom Standpunkt der Praxis ins Auge.
                              Für den Handel mit Braunstein ist es offenbar weniger wichtig, letzteren so zu
                                 										trocknen, wie es den strengen Anforderungen der Wissenschaft entspricht, als
                                 										vielmehr so, daß durch das Trocknen auf eine möglichst leichte Art ein fester,
                                 										allen gleich gut erreichbarer Grad der Trockenheit auf sichere Art erzielt wird;
                                 										ob daher das Trocknen bei 100º, oder bei 120º ausgeführt, ob alle
                                 										Feuchtigkeit oder nur der größte Theil ausgetrieben wird, ist in dieser Hinsicht
                                 										gleichgültig, wenn nur Gleichmäßigkeit und Uebereinstimmung herrscht.
                              Da nun die Temperatur von 100º C., als die des kochenden Wassers, sich
                                 										leicht, sicher und ohne Thermometer herstellen und beliebig lange erhalten läßt,
                                 										so kann keine andere Trockentemperatur bequemer seyn als diese, und es möchte
                                 										daher, ungeachtet unserer erlangten Erkenntniß, daß 120º C. die
                                 										richtigste Trockentemperatur ist, doch wohl am zweckmäßigsten seyn, die Temperatur von 100º C. allgemein
                                    											anzunehmen, zumal auch in England alle Braunsteinproben mit bei
                                 										100º C. getrockneten Pulvern angestellt werden, und eine allgemeine
                                 										Uebereinstimmung in diesem Punkt nicht hoch genug angeschlagen werden kann.
                                 										– Da oben festgestellt ist, daß die bei 100º getrockneten
                                 										Braunsteine bei vollständigem Trocknen bei
                                 										120º noch 0,3–0,5 Procent Feuchtigkeit abgeben, so läßt sich ja
                                 										nöthigenfalls der eine Zustand auf den andern mit größter Leichtigkeit
                                 										reduciren. - Wohl zu beachten aber ist, wie sich aus meinen obigen
                                 										Versuchen ergibt, daß der Braunstein nur dann als bei
                                    											100º getrocknet betrachtet werden kann, wenn sein höchst feines
                                    											Pulver in dünner Schicht sechs Stunden lang der angegebenen Temperatur
                                    											ausgesetzt worden ist.
                              Zum Trocknen bei 100º empfehlen sich kleinere oder größere kupferne
                                 										Dampfkessel am meisten, in welche 4, 6, 12 oder mehr kleine Trockenschränkchen
                                 										an der Seite frei eingesetzt sind, so daß sie überall von siedendem Wasser oder
                                 										Wasserdampf umgeben werden. – Die Braunsteinpulver werden am besten in
                                 										kleinen Messingpfännchen in die Trockenschränke eingeschoben.
                              Da der Braunstein des Handels immer mehr oder weniger feucht ist, und für diese
                                 										Feuchtigkeit, wenn sie ein gewisses Maaß überschreitet, häufig eine Vergütung
                                 										geleistet wird, so mache ich darauf aufmerksam, daß man als Regel muß gelten
                                 										lassen, daß die Feuchtigkeit bei derselben Temperatur zu bestimmen ist, bei
                                 										welcher der Braunstein zum Behuf der Analyse getrocknet werden soll. Läßt man
                                 										z.B. die Temperatur von 100º als Normaltemperatur gelten, so muß somit
                                 										auch der Braunstein zum Behufe der Feuchtigkeitsbestimmung bei 100º
                                 										getrocknet werden. Man wird zu dem Ende zweckmäßig einige Trockenschränkchen an
                                 										den oben besprochenen Dampfapparaten größer machen lassen als die übrigen, so
                                 										daß man kleine flache viereckige Pfannen in dieselben einschieben kann, welche
                                 										etwa 50 oder 100 Gramme gepulverten Braunsteins in so dünner Schicht fassen, daß
                                 										man überzeugt seyn kann, derselbe werde nach sechs Stunden alle Feuchtigkeit
                                 										abgegeben haben, welche er bei 100º überhaupt abgeben kann. Es wird
                                 										hierdurch der Zweck weit leichter und sicherer erreicht werden, als wenn man den
                                 										Versuch mit einem ganzen Pfunde anstellt, wie dieß bisher meist geschah.
                                 										– Da sich der Feuchtigkeitsgehalt der Braunsteine leicht ändert, so wird
                                 										es stets am zweckmäßigsten seyn, die Bestimmung der Feuchtigkeit sogleich an dem
                                 										Orte vorzunehmen, an welchem der Braunstein abgewogen wird.
                              Nach meiner Ueberzeugung würde endlich der Braunsteinhandel dadurch an Sicherheit
                                 										gewinnen, wenn man alle Abschlüsse auf bei 100º C. getrockneten
                                 										Braunstein bezöge, und die Procente an Hyperoxyd durch den Zähler eines Bruches
                                 										ausdrückte, dessen wechselnder Nenner die jeweilige, bei 100º
                                 										austreibbare Feuchtigkeit bezeichnete; so wäre Braunstein von 60/100 solcher,
                                 										der in 100 Theilen bei 100º C. getrocknetem Braunstein 60 Procent
                                 										Hyperoxyd enthielte – Braunstein von 60/107 solcher, der im bei
                                 										100º getrockneten Zustande 60 Procent Hyperoxyd, aber in dem Zustande,
                                 											wie er eben ist,
                                 										soviel Wasser enthält, daß auf 100 Pfund bei 100º getrocknetem Braunstein
                                 										7 Pfund bei 100º austreibbare Feuchtigkeit kommen. Man ersieht leicht,
                                 										daß bei dieser Bezeichnung der Zähler den Gehalt des Braunsteins, der Nenner
                                 										aber die Zahl der Pfunde angibt, welche statt 100 Pfund bei 100º
                                 										getrockneten Braunsteins geliefert werden muß. Es ist dieß dieselbe
                                 										Bezeichnungsweise, welche ich früher, in Gemeinschaft mit Hrn. Professor Dr. Will, bereits für
                                 										Potasche und Soda vorgeschlagen habe. Nichts kann einfacher seyn, als die Art,
                                 										wie man aus dem Feuchtigkeitsgehalte den fraglichen Nenner findet. Verlieren
                                 										z.B. 100 Gramme Braunstein 6 Gramme Wasser, wenn sie bei 100º getrocknet
                                 										werden, enthalten somit 100 Theile feuchten Braunsteins 94 Theile bei
                                 										100º getrockneten, so ergibt sich der Nenner aus dem Ansatze:
                              
                                 
                                    94 :
                                    100
                                    = 100 : x
                                       											
                                    
                                 
                                    
                                    
                                       x
                                       
                                    = 106,4.
                                    
                                 
                              Man ersieht, daß bei dieser Art des Abschlusses alle Differenzen wegfallen, denn
                                 										je feuchter der Braunstein ist, um so mehr muß für dieselbe Summe geliefert
                                 										werden.
                              Wiesbaden, den 27. Januar 1855.