| Titel: | Ueber das Nitrobenzin oder sogenannte künstliche Bittermandelöl; von E. van den Corput. | 
| Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. LXXXIV., S. 384 | 
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                        LXXXIV.
                        Ueber das Nitrobenzin oder sogenannte künstliche
                           								Bittermandelöl; von E. van den Corput.
                        Aus dem Technologiste,
                           								durch polytechn. Centralblatt, 1854, S. 1391.
                        Van der Corput, über das Nitrobenzin.
                        
                     
                        
                           Das Nitrobenzin, welches in Frankreich unter dem Namen Huile
                                 										de Mirbane oder Essence de Mirbane fabrikmäßig
                              									bereitet wird, benutzt man im großen Maaßstabe zum Ersatz des Bittermandelöls bei
                              									der Seifen-, Parfümerie- und Likörfabrication, bei Conditorwaaren
                              									u.s.w., und soll auch das für medicinische Zwecke bestimmte Bittermandelöl damit
                              									verfälschen. Es ist dem Bittermandelöl im Geruch sehr ähnlich, besitzt aber einen
                              									zimmetartigen Beigeruch, der jedoch nicht sehr merklich ist. Zwischen den Händen
                              									gerieben, entwickelt das rohe Nitrobenzin einen empyreumatischen Geruch, ähnlich dem
                              									Geruch des aus dem Steinkohlentheer gewonnenen Benzins, aus welchem das Nitrobenzin
                              									bereitet wird. Der bloße Geruch ist nicht genügend, um Bittermandelöl und
                              									Nitrobenzin zu unterscheiden, namentlich wenn letzteres rectificirt ist und man es
                              									mit einem Gemenge beider zu thun hat. Andere Unterscheidungsmittel liegen in
                              									Folgendem: Das Bittermandelöl ist im rohen Zustande hellgelb, im gereinigten
                              									farblos, von 1,043 spec. Gewicht, kocht bei 176° C. und besitzt einen starken brennenden und
                              									zugleich bitterlichen eigenthümlichen Geschmack. Das Nitrobenzin hat ein spec.
                              									Gewicht von 1,209, siedet erst bei 213° C., besitzt einen sehr deutlich
                              									süßlichen Geschmack und eine gelbe Farbe, die ins Orange zieht. Durch Rectificiren
                              									kann man es jedoch farblos erhalten, und der Rückstand von dieser Operation liefert,
                              									mit Alkohol zusammen gebracht, ein neues ätherisches Product von angenehmem
                              									Ananasgeruch, welches gleichfalls schon benutzt wird, um Eis, Syrupe, Bonbons u.s.w.
                              									zu aromatisiren. Dieses Product, von welchem eine sehr geringe Menge schon einen
                              									starken Geruch verbreitet, könnte auch zu Parfümerien benutzt werden. Ein anderes
                              									Mittel zur Unterscheidung des Bittermandelöls und des Nitrobenzins und zur Prüfung
                              									des ersteren auf einen Gehalt an letzterem beruht darauf, daß das reine
                              									Bittermandelöl sich in seinem 30fachen Gewicht Wasser bei 15° C. vollständig
                              									auflöst und dem Wasser seinen Geruch und sonstige Eigenschaften mittheilt, während
                              									das Nitrobenzin in Wasser unlöslich ist und demselben nur einen ganz schwachen
                              									Geruch mittheilt. Das Bittermandelöl gibt ferner, in der Wärme mit weingeistiger
                              									Kalilösung behandelt, Krystalle von benzoësaurem Kali und von Benzoin, ohne
                              									die Farbe erheblich zu verändern. Das Nitrobenzin färbt sich dagegen bei dieser
                              									Behandlung rothbraun, und liefert beim Destilliren mit weingeistiger Kalilösung
                              									zuletzt ein rothbraunes, nachher zu Krystallen erstarrendes Destillat von
                              									Stickstoffbenzin.
                           In einer Fabrik in London wird das Nitrobenzin im großen Maaßstabe bereitet. Der
                              									Apparat, dessen man sich daselbst bedient, besteht in einem Schlangenrohr von dickem
                              									Glas, dessen oberes Ende sich zu zwei mit Trichtern versehenen Röhren gabelförmig
                              									theilt. Die eine dieser Röhren nimmt das aus dem Theer gewonnene reine Benzin auf,
                              									während in die andere ein Strahl concentrirter rother Salpetersäure einfließt. Indem
                              									die beiden Stoffe an der Vereinigungsstelle der Röhren zusammenkommen, findet hier
                              									ihre chemische Einwirkung statt, und das entstandene Nitrobenzin kühlt sich in dem
                              									Schlangenrohr ab und wird am untern Ende desselben unter Wasser aufgefangen. Man
                              									behandelt es dann noch mit verdünnter Sodalösung, um die demselben anhängende freie
                              									Säure zu neutralisiren, wascht es dann mit Wasser und unterwirft es einer
                              									Rectification, worauf es fertig ist. Das Pfund Nitrobenzin kostet ungefähr 5
                              									Francs.