| Titel: | Photographie auf mit Eiweiß überzogenem Glase; Verfahren des Hrn. Mayall. | 
| Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. XCIX., S. 443 | 
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                        XCIX.
                        Photographie auf mit Eiweiß überzogenem Glase;
                           								Verfahren des Hrn. Mayall.
                        Aus dem Cosmos, Januar
                              								1855, S. 90.
                        Mayall's Photographie auf mit Eiweiß überzogenem Glase.
                        
                     
                        
                           Die Zeitschrift der photographischen Gesellschaft zu London enthält über diesen
                              									Gegenstand eine Abhandlung des dortigen ausgezeichneten Photographen Mayall, woraus wir im Folgenden alles Wesentliche
                              									mittheilen.
                           Hr. Mayall verwendet nur Hühnereier, welche man sich am
                              									leichtesten verschaffen kann; sie müssen neu, seit höchstens fünf Tagen gelegt seyn;
                              									man muß sie an einem kühlen Ort aufbewahren; die Eier vom Lande sind besser als
                              									diejenigen aus den Städten; es ist gut, wenn die Hühner welche sie legten, beliebig
                              									kohlensauren und phosphorsauren Kalk anpicken konnten, das Eiweiß ist dann klarer
                              									und zu unserem Zweck ergiebiger.
                           Es handelt sich im Folgenden nur um negative Bilder.
                           1) Reinigen des Glases. – Man nimmt: Alkohol, 30
                              									Gramme; concentrirtes Aetzammoniak, 10 Gramme; Wasser, 40 Gramme; Tripel, 30 Gamme.
                              									Man mischt das Ganze durch Schütteln. Man rundet drei Massen reiner Baumwolle vom
                              									Volum eines kleinen Hühnereies zu einer Kugel ab und befestigt die Glasplatte
                              									vollkommen eben in einem hölzernen Schraubstock, worauf man mit einem der erwähnten
                              									Baumwollbällchen und jener Flüssigkeit zuerst stark und gleichförmig die Oberfläche
                              									der Glasplatte reibt, wie es für ein Daguerre'sche Platte zu geschehen pflegt; hernach reibt
                              									man sanfter, und stellt die Platte gerade auf einen ihrer Ränder, um sie trocknen zu
                              									lassen; alsdann nimmt man eine andere Platte vor, und präparirt auf angegebene Weise
                              									zwölf Dutzend-Man kehrt den obern Theil der Platten nach unten, um die
                              									anderen Ränder trocknen zu lassen. Wann sie trocken sind, wischt man die Ränder mit
                              									einem zweiten Baumwollbällchen ab, ohne ihre Oberfläche zu berühren; auch wischt man
                              									ihre hintere Seite ab, um allen Staub davon zu entfernen. Man reibt neuerdings die
                              									Oberfläche mit einer frischen Baumwollkugel, anfangs stark, hernach schwach und
                              									gleichmäßig. Hierauf reinigt man mit einem Pinsel von Dachshaaren die Rückseite und
                              									die Ränder. Endlich stellt man diese Platten in ganz trockne Kasten, die gereinigte
                              									Seite nach links gerichtet; ein solcher Kasten faßt 30 Platten.
                           2) Ausbreiten des Eiweißes auf der Oberfläche der zwölf Dutzend
                                 										Platten. – Man nimmt: Eiweiß, 450 Gramme; gesättigte Auflösung von
                              									Jodkalium, 7 1/2 Gramme; gesättigte Auflösung von Bromkalium, 1 1/2 Gramme;
                              									Aetzkalilösung, 1 Tropfen; Wasser, 1 Gramm. Man muß bei der Temperatur von 12 bis
                              									13° Reaumur operiren; die angegebenen Verhältnisse der Substanzen müssen
                              									streng beibehalten und letztere daher mit der größten Sorgfalt abgewogen werden; bei
                              									einem größeren Verhältniß von Salzen würden dieselben im Eiweiß krystallisiren; der
                              									Tropfen Aetzkali macht das Eiweiß klarer. Man gibt jene Ingredienzien in eine
                              									Flasche mit weitem Hals und von beiläufig zwei Liter Inhalt und schüttelt die
                              									Flasche, bis sie mit weißem Schaum ganz angefüllt ist, was nach zehn Minuten der
                              									Fall seyn wird; man läßt sie an einem kühlen Ort sechs Stunden lang ruhig stehen.
                              									Man gießt das klare Eiweiß in ein großes Decantirglas, welches am unteren Theil
                              									weiter als oben ist, damit die etwa zurückgebliebenen unauflöslichen Substanzen zu
                              									Boden fallen und sich nicht an die Wände anhängen. Die Auflösung muß in dieses Gefäß
                              									eine Stunde vor ihrer Verwendung gegossen werden.
                           Man legt auf einen Tisch, im Bereich der Hand, einen feuchten Schwamm welcher mit
                              									einem feuchten Musselin überzogen ist, und neben den vollkommen horizontalen
                              									Trockenkasten einen flachen und sehr trocknen Dachshaarpinsel. Man muß ferner die
                              									Glasplatten alle vollkommen rein neben sich haben. Auf einem Glasgefäß von 1/2 Liter
                              									Inhalt bringt man einen Trichter an, dessen langer Schnabel bis auf den Boden
                              									reicht; auf den Trichter legt man eine ebene Glasscheibe mit aufgebogenen Rändern,
                              									welche in der Mitte ein Loch hat und mit einem feuchten Musselin belegt ist. Man
                              									nimmt eine Glasplatte und läßt sie auf den Fingerspitzen der rechten Hand
                              									balanciren, indem man sie so horizontal als möglich hält; man wischt sie mit dem Pinsel ab
                              									und gießt dann auf sie eine Quantität der eiweißhaltigen Flüssigkeit, welche
                              									hinreicht um die Oberfläche zu überziehen. Dann kehrt man die Platte plötzlich um,
                              									indem man sie mit einem ihrer Ränder auf die in ihrer Mitte mit einem Loch versehene
                              									Platte senkrecht stellt, damit das überschüssige Eiweiß in den Trichter fällt. Man
                              									wischt sie sorgfältig ab, zuerst acht Secunden lang auf dem Rand des Musselins
                              									welcher die Scheibe bedeckt, dann noch acht Secunden auf dem Musselin des
                              									Schwammkissens. Hierauf gibt man sie in den Trockenkasten. Man beginnt dieselbe
                              									Operation mit anderen Platten, bis der Trockenkasten voll ist.
                           Die Praxis lehrt bald, welche Quantität Eiweiß man auf der Platte lassen muß; wenn zu
                              									viel von demselben zurückbleibt, ist die Oberfläche der Platte runzelig und
                              									ungleich; bleibt zu wenig zurück, so bekommt man ein schwaches Bild. Hr. Mayall wendet nur aus Frankreich bezogene Trockenkasten
                              									an; er versichert sich mittelst einer Nivelle daß ihre Trageleisten ganz horizontal
                              									sind. Die Glasplatten sind nach drei Tagen trocken; man stellt sie dann in Kasten,
                              									worin man sie an einem trocknen Ort beliebig lang aufbewahrt. Man sollte jedoch nie
                              									mehr Platten präpariren, als man in einem Monat verbraucht; in einer Stunde kann man
                              									vier Dutzend Platten mit Eiweiß überziehen.
                           3) Jodiren und Empfindlichmachen der Platten. – Man
                              									setzt die Platten zuerst dem Joddampf aus (ganz so wie man mit Daguerre'schen
                              									Platten verfährt), um das Alkali des Eiweißes zu sättigen. Die Zeit der Exposition
                              									ist nach der Temperatur verschieden und beträgt im Mittel zwei Minuten; die
                              									Eiweißfläche muß durch die Joddämpfe eine gelbliche Farbe annehmen. Diese Operation
                              									darf erst wenige Stunden vor dem Empfindlichmachen im Silberbad ausgeführt werden.
                              									Letzteres geschieht auf folgende Weise:
                           Man nimmt 1500 Gramme Wasser, 150 Gramme salpetersaures Silber und 150 Gramme
                              									krystallisirbare Essigsäure, vermischt und schüttet das Ganze in eine Schale von
                              									Gutta-percha. Besser ist es, zwei Schalen mit Silberbad und eine Schale mit
                              									destillirtem Wasser zu benutzen; jede Platte muß 1 1/2 Minute im Silberbad bleiben;
                              									man taucht sie dann in das destillirte Wasser; man wascht ihre mit Eiweiß überzogene
                              									Fläche mittelst destillirten Wassers, welches man darauf gießt, und ihre hintere
                              									Fläche mittelst gewöhnlichen Wassers; man läßt sie gerade gestellt an einem ganz
                              									staubfreien Orte trocknen. Man kann die Platte ohne Nachtheil stark abwaschen, weil
                              									das Jod- und Bromsilber in das Innere des Eiweißes eingedrungen sind und
                              									demselben durch Wasser nicht entzogen werden können; ein gutes Abwaschen macht die
                              									Operation sicherer. Man muß das Silberbad zeitweise erneuern, indem man nach je hundert durchgenommenen
                              									Platten zusetzt: 30 Gramme salpetersaures Silber, 20 Gramme krystallisirbare
                              									Essigsäure und soviel Wasser daß das anfängliche Volum wieder hergestellt wird.
                           4) Exponiren. – Man setzt die Platten zuerst eine
                              									halbe Minute lang dem Joddampf aus; bevor man sie in die Camera obscura bringt, läßt man sie 30 Secunden bis 10 Minuten lang dem
                              									Licht ausgesetzt, je nach der verschiedenen Intentisität des Lichts, nach der Farbe
                              									der Gegenstände und der Oeffnung des Objectivs.
                           5) Entwickelung des latenten Bildes. – Man
                              									verschafft sich einerseits eine gesättigte Gallussäure-Lösung B; andererseits ein Gemisch C von 400 Grammen Wasser, 30 Grammen salpetersaurem Silber und 80 Grammen
                              									Essigsäure; in einem Gefäß von einem halben Liter Inhalt bereitet man ein Bad A, bestehend aus 3 Theilen der gesättigten
                              									Gallussäure-Lösung und 1 Theil Wasser. Man gießt in eine ausschließlich zu
                              									diesem Zweck bestimmte flache Schüssel eine Schicht des Bades A von einem halben Zoll Höhe; man läßt in die Schüssel 8 Tropfen der
                              									Mischung C fallen, rührt um. Man gießt destillirtes
                              									Wasser auf die aus der Camera obscura genommene Platte,
                              									taucht sie in das auf angegebene Weise bereitete Gallussäure-Bad, nimmt sie
                              									heraus und rüttelt sie dabei ein wenig; nun legt man die Platte wieder in die
                              									Schüssel und fährt fort umzurühren, indem man nach jeder Stunde 8 bis 20 Tropfen der
                              									Lösung C zusetzt, bis das Bild vollständig entwickelt
                              									ist. Diese Operation kann ohne Gefahr nöthigenfalls drei Tage lang fortgesetzt
                              									werden; es ist aber besser wenn die Entwickelung des Bildes in einem Zeitraum von
                              									zwölf bis sechzehn Stunden beendigt ist. Man wascht vollkommen mit Wasser, und
                              									stellt die Platten gerade, um sie trocknen zu lassen.
                           Nach einer andern Methode kann man das Bild viel schneller mittelst Pyrogallussäure
                              									entwickeln; dazu dient folgendes Bad: Wasser, 300 Gramme; Pyrogallussäure, 1 Gramm;
                              									krystallisirbare Essigsäure, 5 Gramme; Ameisensäure, 1 Gramm. Das Bild ist in diesem
                              									Bade in einer halben Stunde vollständig entwickelt; Hr. Mayall findet aber, daß alsdann die Halbtöne bei weitem nicht so gut
                              									ausfallen als bei der langsamen Methode.
                           6) Fixiren des Bildes. – Man bereitet ein Bad mit:
                              									Wasser, 100 Grammen; unterschwefligsaurem Natron, 10 Grammen. Man taucht die Platte
                              									so lang in dieses Bad, bis das gelbe Jodsilber vollständig verschwunden ist; dann
                              									wascht man sie sorgfältig, läßt sie trocknen und Alles ist beendigt.
                           
                           Die Platten für positive Bilder werden auf dieselbe Weise präparirt, ausgenommen daß
                              									man das Bromkalium durch Kochsalz ersetzt. Die Expositionszeit, wenn man durch
                              									Uebereinanderlegen (Contact) operirt, wechselt von 10 Secunden bis 1 1/2 Minute, je
                              									nach der mehr oder weniger großen Intensität des negativen Bildes. Die nach Hrn. Mayall's Verfahren präparirten Platten können nach dem
                              									Empfindlichmachen vierzehn Tage aufbewahrt werden; nachdem man sie dem Licht
                              									exponirt hat, kann man vor dem Entwickeln der Bilder sechs Tage verstreichen
                              									lassen.