| Titel: | Ueber die Gewinnung des Saftes der Runkelrüben nach dreierlei gebräuchlichen Verfahrungsarten und über die geistige Gährung dieses Saftes; von Prof. A. Payen. | 
| Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XVII., S. 58 | 
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                        XVII.
                        Ueber die Gewinnung des Saftes der Runkelrüben
                           								nach dreierlei gebräuchlichen Verfahrungsarten und über die geistige Gährung dieses
                           								Saftes; von Prof. A.
                              								Payen.
                        Aus dessen: Traité de la Destillation des Betteraves. Paris, 1854.
                        Payen, über die Gewinnung des Saftes der Runkelrüben
                           								etc.
                        
                     
                        
                           Entwickelung des Zuckerstoffs in den Runkelrüben.
                           Die Menge des in dem besondern Gewebe der Runkelrübe sich absondernden Zuckers
                              									wechselt zwischen den Gränzen von 4 bis 15 Procent des Gewichtes der Wurzeln, und in
                              									denselben Verhältnissen kann also auch die Alkoholgewinnung wechseln, weil sie ganz
                              									von dem Zuckergehalt des Rohmaterials abhängt.
                           Da die Kosten der Ausziehung des Saftes, der Gährung und der Destillation für ein
                              									gleiches Gewicht Runkelrüben so ziemlich dieselben sind, so liegt es offenbar im
                              									Interesse der Zuckerfabrikanten, sich sowohl durch ihre eigenen Culturen, als bei
                              									ihren Kaufen von Landwirthen die zuckerreichsten Rüben zu verschaffen, welche
                              									überdieß in der Regel, bei gleichem Gewichte, auch Rückstände geben, welche reicher
                              									an fester Substanz oder minder wässerig sind, somit größern Nahrungswerth
                              									besitzen.
                           Die Rübenvarietät, der Boden, Dünger, die Cultur und Jahreszeiten haben einen großen
                              									Einfluß auf den Ertrag an Zucker, folglich auch auf das Ergebniß an Alkohol.
                           Die beste Rübenvarietät, welche man bis jetzt kennt, ist in dieser Beziehung die
                              									schlesische weiße Rübe mit rosenrother Haut; ein gleiches Gewicht derselben liefert
                              									2–3 mal so viel Zucker als die Feldrunkelrübe, und 1 1/2–2mal so viel
                              									als die meisten anderen Varietäten.
                           Der Boden muß ein thoniger Sandboden, tief, frei von stehendem Wasser, oder durch
                              									Drainröhren trocken gelegt seyn. Das Erdreich muß durch Ackern und Bearbeiten recht
                              									locker erhalten werden, die Aussaat in Zeilen geschehen und die Runkelrüben müssen
                              									(durch die Zucht aus Samen und Versetzung) so nahe beisammen erhalten werden, daß
                              									sie kein größeres Volum bekommen, als dem Gewicht von 2 1/2 bis 3 Kilogr.
                              									entspricht. Den Dünger betreffend, ist es am besten denselben bei einer der Einsaat
                              									vorausgehenden Cultur anzuwenden; die erste Ausjätung, zur rechten Zeit vorgenommen, hat einen sehr
                              									günstigen Einfluß auf die Menge und Qualität der Wurzeln.
                           
                        
                           Gewinnung und Zusammensetzung des
                                 									Runkelrübensaftes.
                           
                              1) Mittelst Reibmaschinen und
                                    											Pressen gewonnener Saft.
                              Bei diesem Verfahren wird nur derjenige Saft gewonnen, welchen die durch die
                                 										Zahne der Reibmaschine geöffneten Zellen enthalten; denn die verschlossen und
                                 										unverletzt gebliebenen Zellen liefern durch das Pressen so gut wie nichts, und
                                 										nur sehr wenig zuckerhaltige Flüssigkeit vermittelst der Endosmose, unter dem
                                 										Einfluß von (15 bis 20 Proc.) Wasser, mit welchem der Brei während des Reibens
                                 										begossen wird, um die Zähne von den anhängenden Theilen besser zu befreien.
                              Der so erhaltene Saft enthält, mit Ausnahme des beinahe ganz aus Zellensubstanz
                                 										bestehenden Gewebes und des nicht zerrissenen Theiles der Wurzel, so ziemlich
                                 										alle näheren Bestandtheile und die verschiedenen Substanzen, aus welchen die
                                 										Runkelrübe selbst besteht, deren mittlere Zusammensetzung, eine gute schlesische
                                 										weiße Varietät vorausgesetzt, folgende ist:
                              
                                 
                                    Wasser
                                    
                                      83,5
                                    
                                 
                                    Zucker und Spuren von Dextrin (ungefähr
                                       												0,1)
                                    
                                      10,5
                                    
                                 
                                    Zellstoff (Cellulose) und Pektose
                                       												(welche im Brei zurückbleiben)
                                    
                                        0,8
                                    
                                 
                                    Albumin, Caseïn und noch zwei
                                       												andere stickstoffhaltige Substanzen
                                    
                                        1,5
                                    
                                 
                                    Fettstoffe
                                    
                                        0,1
                                    
                                 
                                    Aepfelsäure, Pektinsäure, Pektin,
                                       												Gummisubstanz, aromatische   Substanzen, färbbarer
                                       												Stoff und Farbstoff, ätherisches Oel,   Chlorophyll,
                                       												oxalsaurer und phosphorsaurer Kalk, phosphorsaure  
                                       												Magnesia, salzsaures Ammoniak, kieselsaures,
                                       												salpetersaures,   schwefelsaures und oxalsaures Kali,
                                       												oxalsaures Natron,   Chlornatrium und -Kalium,
                                       												pektinsaurer Kalk, pektinsaures Kali   und Natron,
                                       												Schwefel, Kieselerde, Eisenoxyd etc.
                                    
                                       
                                       
                                        3,6
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    –––––
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    100
                                    
                                 
                              Wie man sieht, hat der Saft eine sehr complicirte Zusammensetzung, wenn er durch
                                 										Reiben und Pressen gewonnen wird, wobei eigentlich nur der Zellstoff abgesondert
                                 										wird; überdieß bleiben mehrere Körper in solchem Saft schwebend, welche seine
                                 										Durchsichtigkeit beeinträchtigen, unter diesen eiweißartige Körnchen und
                                 										Substanzen in größerer Menge als in dem durch Maceration mit Wasser gewonnenen
                                 										Saft, durch welche Operation derselbe klarer erhalten wird; es leuchtet daher
                                 										ein, daß die zur Bildung und Entwickelung der Hefe erforderlichen Elemente,
                                 										welche in reichlicherer Menge vorhanden sind, wenn der Saft durch Auspressen
                                 										des Breies gewonnen wurde, unter gleichen Umständen eine lebhaftere Gährung und
                                 										die Erzeugung einer größern Menge Ferments veranlassen.
                              
                           
                              2) Durch Maceration mit Wasser
                                    											gewonnener Saft.
                              Wir haben so eben bemerkt, inwiefern sich dieser Saft vom vorigen unterscheidet,
                                 										wodurch es sich erklärt, daß man während der letzten Campagne (1853/54)
                                 										gezwungen war, der durch Maceration erhaltenen Flüssigkeit ein Drittheil ihres
                                 										Volums durch Reiben gewonnenen Saftes zuzusetzen. Wahrscheinlich wäre man dessen
                                 										überhoben, wenn man einer großen Masse viel Ferment enthaltender und in voller
                                 										Gährung befindlicher Flüssigkeit fortwährend Saft in kleinen Quantitäten
                                 										zusetzen würde, bis zur halben Anfüllung einer Kufe innerhalb 10 bis 12
                                 										Stunden.
                              
                           
                              3) Durch Maceration mit
                                    											Schlämpe
                                 										Nämlich nach dem Verfahren von Champonnois,
                                       												mitgetheilt im polytechnischen Journal Bd. CXXXIII S. 378.
                                 										gewonnener Saft.
                              Bei diesem Verfahren wird das Wasser zum Theil durch die bei der Destillation des
                                 										früher erhaltenen und gegohrenen Saftes verbleibende Flüssigkeit ersetzt. Was
                                 										dabei an Wasser erspart wird, ist oft unerheblich; man hat aber den Vortheil,
                                 										den der Gährung nachtheiligen Einfluß gewisser zu viel Gyps enthaltender
                                 										natürlicher Wässer zu vermeiden.
                              Der Hauptvortheil dieses Verfahrens besteht jedoch darin, daß in den an Zucker
                                 										erschöpften Rübenschnitten fast alle oben angeführten näheren Bestandtheile und
                                 										Mineralsubstanzen zurückbleiben, welche dann zur Ernährung des Viehes dienen
                                 										können; durch die Beimengung dieser Rückstände zu den trockenen und zähen
                                 										Futterarten wird überdieß eine Erweichung und gährende Bewegung derselben
                                 										eingeleitet, wodurch dieselben leichter verdaulich werden.
                              Ein anderer Vorzug dieses Verfahrens entspringt aus der Gegenwart von
                                 										Aepfelsäure, Pektinsäure, Essigsäure und Milchsäure in der Schlämpe; die beiden
                                 										erstem sind ursprünglich im Saft enthalten, die beiden andern bilden sich erst
                                 										bei der Gährung; diese Säuren, indem sie auf die pektinsauren Salze, welche die
                                 										Zellen zusammenkleben, wirken, machen deren Wände leichter durchdringlich und
                                 										befördern so das Eindringen der Schlämpe und das Austreten des Zuckersaftes.
                              
                           
                        
                           
                           Gährung des Saftes.
                           Die Gährung muß bei dem auf die eine oder andere Weise gewonnenen Runkelrübensaft
                              									stets durch ein fremdartiges Ferment eingeleitet werden. Die Bierhefe, ein Ferment welches sich während der Gährung, die es in der
                              									Gerstenwürze hervorruft, bis zum Sechsfachen vermehrt, nimmt bekanntlich ab und wird
                              									gewissermaßen zerstört, wenn man sie zur Gährung zuckerhaltiger, durch Auflösen von
                              									Rohr-, Rüben-, Stärke- oder Traubenzucker in Wasser erhaltener
                              									Flüssigkeiten anwendet; dagegen kann im Verlaufe der Gährung des Runkelrübensaftes
                              									das Ferment sich wieder erzeugen, und zwar in dem trüben Saft leichter als im
                              									filtrirten, und diese Reproduction ist während der Gährung des Erdbirnen-
                              									(Topinambour-) Saftes noch reichlicher.
                           Diese scheinbaren Widersprüche lassen sich wie folgt erklären:
                           Die Bierhefe sowie die analogen Producte welche sich während des Gährungsactes
                              									verschiedener Fruchtsäfte bilden und das merkwürdige Vermögen besitzen, den Zucker
                              									in Alkohol und Kohlensäure umzusetzen, sind organisirte Wesen, sehr kleine,
                              									vegetabilische, kugelförmige Körperchen, die aus einer doppelten Zellenmembran oder
                              									einem sphäroïdischen Bläschen bestehen, welches von den organischen und
                              									mineralischen Substanzen erfüllt ist, die in allen jungen Pflanzenorganismen
                              									vorkommen und in der That für das Leben und die Entwickelung oder für die
                              									Reproduction dieser mikroskopischen Wesen unentbehrlich sind.
                           Jedes dieser Körnchen, welche in zahlloser Menge vereinigt, die teigartige Substanz
                              									bilden, die man Hefe nennt, hat nicht mehr als ein Hundertel Millimeter Durchmesser.
                              									Die näheren Bestandtheile dieser winzigen Pflanzengebilde geben wir nachstehend an,
                              									und gegenüber die Zusammensetzung der ebenfalls zu den Kryptogamen gehörenden
                              									Beetpilze (champignons de couches); man wird in der
                              									Zusammensetzung dieser Pflanzengebilde eine große Aehnlichkeit bemerken.
                           Zusammensetzung der Hefe und der Beetpilze.
                           
                              
                                 
                                 Hefe.
                                 Pilze.
                                 
                              
                                 Stickstoffhaltige, eiweißartige Substanzen,
                                    											Spuren von
                                    											Schwefel    enthaltend   
                                   62,7
                                   52
                                 
                              
                                 Fettsubstanzen, wenigstens zweierlei
                                     2,1
                                     4,4
                                 
                              
                                 Zellstoff und andere nicht
                                    											stickstoffhaltige organische Substanzen
                                   29,4
                                   38,4
                                 
                              
                                 phosphorsaurer Kalk, Talkerde, Kali und
                                    											Kieselerde
                                     5,8
                                     5,2
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100
                                 100
                                 
                              
                           
                           Es sind folglich dieselben organischen und mineralischen Substanzen in diesen beiden
                              									Pflanzengebilden enthalten, zwar nicht genau in denselben Mengenverhältnissen, aber
                              									doch in ähnlichen; so kommen in beiden die stickstoffhaltigen Substanzen von allen
                              									am reichlichsten vor; nach diesen folgen die mit dem Zellstoff verwandten,
                              									stickstofffreien organischen Substanzen, dann die phosphorsauren Salze oder
                              									mineralischen Stoffe, und endlich die Fettsubstanzen. Wir könnten darthun, daß
                              									dieselben Verhältnisse in der Zusammensetzung zwischen mehreren rudimentären
                              									Pflanzengebilden oder mikroskopischen Pilzen und jungen Pflanzenorganismen (z.B. den
                              									aufgeschossenen Knospen, welche den Blumenkohl bilden) bestehen; es genügt aber hier
                              									zu bemerken, daß die Entwickelungen der Hefe, wie man sie unter dem Mikroskop
                              									beobachtete, mit der Hypothese ihrer vegetabilischen Natur ganz übereinstimmt, sowie
                              									mit dem Hergang während des Verlaufs der geistigen Gährung.
                           Die Flüssigkeiten nämlich, welche, wie die Gerstenwürze, die zur Hefebildung
                              									dienlichen, folglich zur Entwickelung und Reproduction dieses Ferments nothwendigen
                              									organischen und mineralischen Stoffe enthalten, zeigen bei gehöriger Dichtigkeit (4,
                              									5, 6 bis 8° Baumé) und Temperatur (13 bis 20° R.) unter dem
                              									Mikroskop die Hefenkügelchen, welche durch die erzeugten Gasbläschen in der
                              									Flüssigkeit schwebend erhalten werden; dieselben vermehren sich, sehr kleine
                              									Kügelchen bildend, die in der Nähe des Endes ihrer großen Achse austreten, Knospen
                              									darstellend, welche an Größe zunehmen, bis sie den Durchmesser eines
                              									Hundertel-Millimeters erreichen; letztere treiben wieder Knospen und erzeugen
                              									eines oder zwei Kügelchen, welche neue reproduciren. Diese gehörig erwiesenen
                              									Thatsachen erklären uns, weßhalb nach Verlauf von zwei bis drei Tagen sechs-
                              									bis siebenmal so viel Hefe, als zur Einleitung der Gährung angewandt wurde,
                              									gesammelt werden kann.
                           Wenn zufälligerweise die Temperatur der Flüssigkeit sinkt, oder wenn sie nicht über
                              									5°,6 bis 6°,4 R. stieg, so scheinen die Hefekügelchen träge
                              									(unwirksam) zu werden; sie setzen sich ab, ohne sich zu vermehren und damit hört die
                              									Gährung auf oder ermattet.
                           Bei den meisten Gährungen geht ein Theil dieser letztern Erscheinungen in der Nähe
                              									des Bodens der Kufen vor, wo die Temperatur eine niedrigere bleibt oder unter die
                              									gehörige Gränze sinkt; die unter diesen Umständen entstandene, am Boden abgelagerte
                              									Hefe ist daher weniger wirksam, als die in der Mitte der Flüssigkeit schwebend
                              									gebliebene Hefe.
                           Daraus folgt auch, daß man mit Recht der schwebenden Hefe (Oberhefe) den Vorzug gibt
                              									und den Bodensatz der Kufen herausnimmt, um ihn in die Brennkolben zu schütten,
                              									statt sich seiner als Ferment zu bedienen.
                           
                           Wenn man die Hefe benutzt um die geistige Gährung in Auflösungen von
                              									krystallisirbarem Zucker, Traubenzucker oder Stärkesyrup hervorzurufen, so bemerkt
                              									man, daß die Kügelchen sich nicht entwickeln; im Gegentheil erschöpft sich deren
                              									Substanz, sie setzen sich ab, nachdem sie an ihrem ursprünglichen Gewicht verloren
                              									haben, und ihr Vermögen, Gährung hervorzurufen, hört ganz auf.
                           Dieß ist bei der Zusammensetzung der Hefe leicht begreiflich; denn natürlich kann
                              									eine Auflösung von krystallisirbarem Zucker oder Traubenzucker in Wasser weder die
                              									stickstoffhaltigen organischen Materien, noch die Fettsubstanzen, noch die
                              									phosphorsauren Salze und Mineralstoffe liefern, welche alle zur Bildung, daher auch
                              									zur Entwickelung und Vermehrung dieses Ferments unentbehrlich sind. In letzterm
                              									Falle muß daher die Hefe nothwendig aufhören zu leben und sich zu reproduciren; man
                              									erhält folglich eine geringere Menge von ihr, als man anwandte. Die Analyse
                              									derselben ergibt auch geringere Mengen der quaternären, stickstoffhaltigen oder
                              									eiweißartigen Materien.
                           Hinsichtlich der Natur der Hefe und der Umstände welche ihre Thätigkeit sowie ihre
                              									Reproduction begünstigen, kann sonach kein Zweifel mehr bestehen, und es ist
                              									einleuchtend, daß sich in dem durch Maceration mit Wasser erhaltenen klaren Saft
                              									nicht so viele eiweißartige und Fettsubstanzen, noch die sehr schwerlöslichen
                              									Mineralsubstanzen finden können, welche sämmtlich die Entwickelung der Hefe
                              									befördern.
                           
                        
                           Chemische Vorgänge bei der geistigen Gährung.
                           Nachdem wir die physiologischen Vorgänge bei der Thätigkeit der Hefe betrachtet
                              									haben, wollen wir noch einen Blick auf die dabei stattfindenden chemischen
                              									Reactionen werfen. Wenn beim Rohr- oder Rübenzucker Gährung eintritt, so ist
                              									die erste Wirkung die Umwandlung dieses Zuckers in Frucht- oder
                              									Traubenzucker. Letzterer unterscheidet sich von dem krystallisirbaren Zucker durch
                              									seine chemische Zusammensetzung, er enthält nämlich ein Aequivalent Wasser mehr. Die
                              									erste Wirkung der Gährung ist sohin die Fixirung der Elemente des Wassers, welche
                              									sich mit jenen des Zuckers verbinden, daher eine Gewichtsvermehrung desselben
                              									stattfindet.
                           Nachdem der krystallisirbare Zucker in Fruchtzucker umgewandelt ist, oder wenn man
                              									sogleich Fruchtzucker anwendet, z.B. den Zucker oder Syrup aus Stärke, Trauben,
                              									Gerstenwürze, Honig, so zersetzt sich der Zuckerstoff unter denselben Einflüssen;
                              									seine Elemente vereinigen sich in anderer Ordnung und bilden zwei neue Verbindungen:
                              									Alkohol, welcher fast
                              									ganz in der gegohrenen Flüssigkeit aufgelöst bleibt, und gasförmige Kohlensäure,
                              									wovon eine höchstens dem Volum der Flüssigkeit gleichkommende Menge aufgelöst
                              									bleibt, während der größte Theil dieses Gases entweicht, mit jenem mehr oder weniger
                              									starken, knisternden Geräusch, welches eine mehr oder weniger lebhafte Gährung
                              									bezeichnet.
                           Der Rübensaft enthält in der Regel sämmtlichen Zucker in dem mit dem Rohrzucker
                              									identischen krystallisirbaren Zustand; dieser Zucker erleidet sonach zuvörderst die
                              									Umwandlung in Fruchtzucker, welcher dann sich in Alkohol und Kohlensäure umsetzt.
                              									Folgende Tabelle stellt diese Umwandlungen in Aequivalenten dar.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 138, S. 64
                              
                                 
                                 Folgende Formeln stellen diese Reaction dar:
                                 Rohrzucker + Wasser = 180 = Fruchtzucker = Alkohol +
                                    											Kohlensäure, oder C¹²H¹¹O¹¹ + HO =
                                    											C¹²H¹²O¹² = 2
                                    											(C⁴H⁶O²) + 4 CO².
                                 
                              Zusammensetzung des Rübenzuckers;
                                 										Zusammensetzung des bei der Umwandl. entstehend. Fruchtzuckers; Producte;
                                 										Alkohol; Kohlensäure; Kohlenstoff: 12 C = 72; Wasserstoff: 11 H = 11;
                                 										Sauerstoff: 11 O = 88; Gesammtgewicht
                              
                           Demnach erzeugen 171 Gewichtstheile krystallisirbarer Zucker, 180 Fruchtzucker und
                              									dieser 92 absoluten Alkohol plus 88 Kohlensäure. Da 171
                              									Zucker 92 Alkohol geben, so würden 100 Zucker 53,8 Alkohol erzeugen. Wenn bei diesen
                              									Operationen gar kein Verlust stattfände, so müßten 100 Kilogr. Runkelrüben, welche
                              									10 Kilogr. Zucker enthalten, bei 12° R. also 5,38 Kilogr. oder 6,70 Liter
                              									absoluten, oder 13,40 Liter Alkohol von 50° Tralles liefern.
                           Die Destillation hat bekanntlich den Zweck, den bei der Gährung gebildeten Alkohol
                              									von dem größten Theil seines Wassers zu befreien, welches zur Reaction des Ferments
                              									auf die Zuckerflüssigkeit unentbehrlich war.