| Titel: | Ueber die Ursachen des Silberverlustes beim Rösten silberhaltiger Erze und Hüttenproducte; von Prof. Plattner. | 
| Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XXXIII., S. 119 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXXIII.
                        Ueber die Ursachen des Silberverlustes beim
                           								Rösten silberhaltiger Erze und Hüttenproducte; von Prof. Plattner.
                        Plattner, über die Ursachen des Silberverlustes beim Rösten
                           								silberhaltiger Erze.
                        
                     
                        
                           In der Sitzung des bergmännischen Vereins zu Freiberg am 6. Februar d. J. theilte Hr.
                              										Plattner auszugsweise die Resultate mit, welche er
                              									bei seinen Versuchen über die Ursachen des bei der Röstung silberhaltiger Erze und
                              									Hüttenproducte zuweilen stattfindenden merklichen Silberverlustes erlangt hat. Wir
                              									lassen dieselben nach der Berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1855 Nr. 35,
                              									hier folgen:
                           
                              „Die Erfahrung hat schon längst gelehrt, daß bei einer oxydirenden Röstung
                                 										fein zertheilter silberhaltiger Erze und Producte in Flammöfen, neben einem
                                 										mechanischen Verluste an Silber durch Bildung von Flugstaub, auch ein Verlust an
                                 										Silber durch directe Verflüchtigung entsteht, der, je nach der Beschaffenheit
                                 										des Erzes oder Productes, von 1 bis 10, und bei silberhaltiger Zinkblende, wenn
                                 										dieselbe längere Zeit einer starken Rösthitze ausgesetzt ist, noch weit höher
                                 										steigt. Diese Thatsache gibt zu einer Frage Veranlassung, die in zwei Theile
                                 										zerfällt, nämlich: 1) wie kommt es, daß bei Erzen von verschiedener Qualität,
                                 										die einen gleichen Silbergehalt besitzen, der procentale Verlust an Silber
                                 										verschieden ausfällt, wenn sie oxydirend geröstet werden? und 2) in welchem
                                 										Zustande wird das Silber dabei flüchtig? – Zur Beantwortung des ersten
                                 										Theils der gestellten Frage wurden mehrere Versuche im Kleinen auf die Weise
                                 										angestellt, daß verschiedene fein gepulverte, in den meisten Fällen völlig
                                 										silberfreie Substanzen mit anderen silberreichen, ebenfalls feinzertheilten
                                 										Substanzen in solchen Verhältnissen auf Thonscherben der Einwirkung der Hitze
                                 										und der atmosphärischen Luft ausgesetzt wurden, daß auf jedes Gemenge circa 1 bis 2 Procent Silber kamen. Es wurde hierzu
                                 										eine bis zum dunklen Rothglühen erhitzte Muffel benutzt, deren Zugöffnungen so
                                 										weit zugesetzt waren, daß in der Muffel selbst nur ein geringer Luftzug
                                 										stattfinden konnte. Die Hitze wurde allmählich so weit verstärkt, bis sie
                                 										denjenigen Grad erreicht hatte, bei welchem schwefelsaures Kupferoxyd langsam
                                 										zerlegt wird. Diejenigen Substanzen, welche mit andern silberreichen Substanzen
                                 										versetzt wurden, bestanden in Schwefelkies, schwarzer Zinkblende, verschiedenen
                                 										wasserfreien schwefelsauren und freien Metalloxyden und fein gemahlenem Quarz.
                                 										Die silberreichen Versatzmittel bestanden dagegen in Schwefelsilber, lichtem und
                                 										dunklem Rothgiltigerz, metallischem Silber, schwefelsaurem, arsensaurem und antimonsaurem
                                 										Silberoxyd. (Alle Substanzen völlig fein zertheilt.)
                              
                           
                              Die 3/4 bis 1 1/2 Stunde lang gerösteten Proben wurden wie gewöhnliche Erzproben
                                 										auf trockenem Wege auf Silber probirt. Um aber gleichzeitig zu erfahren, wie
                                 										viel von der angewendeten Quantität des betreffenden silberreichen
                                 										Versatzmittels bei einer solchen Probe, die bekanntlich stets einen geringen
                                 										Verlust an Silber als „Kapellenzug“ verursacht –
                                 										metallisches Silber zu erlangen sey, wurde auch eine ebenso große Quantität des
                                 										Versatzmittels entweder mit der Substanz, wenn dieselbe selbst etwas Silber
                                 										enthielt, oder ohne dieselbe, wenn sie frei von Silber war, bei Anwendung von
                                 										einer gleichen Gewichtsmenge Probirbleies, wie zu den gerösteten Proben, auf
                                 										Silber probirt; aus der Gewichtsdifferenz der ausgebrachten Silberkörner ergab
                                 										sich dann der Silberverlust, welcher bei der Röstung entstanden war.
                              
                           
                              Die Resultate dieser zur Beantwortung des ersten Theils der gestellten Frage
                                 										vorgenommenen Versuche weisen nach:
                              
                           
                              1) daß der betreffende Silberverlust hauptsächlich auf chemischem Wege
                                 										entsteht;
                              
                           
                              2) daß eine Verflüchtigung von Silber einzutreten scheint, wenn das im Erze
                                 										befindliche Silber entweder aus seiner Verbindung mit Schwefel in den
                                 										metallischen Zustand übergeht, oder als bereits gebildetes Oxyd in Verbindung
                                 										mit Schwefelsäure wieder eine Zersetzung erleidet. Der Silber, Verlust steigt am
                                 										höchsten bei locker liegenden Substanzen, deren einzelne Theile wenig
                                 										Zusammenhang zeigen und auch nicht geneigt sind zu sintern weil dieselben von
                                 										der atmosphärischen Luft leicht durchdrungen werden können;
                              
                           
                              3) daß der Silberverlust mit der Länge der Röstzeit steigt, wenn zugleich die
                                 										Temperatur zunimmt;
                              
                           
                              4) daß der Verlust an Silber zunimmt, wenn Eisenoxyd-Oxydul oder
                                 										Kupferoxydul Gelegenheit finden, auf schwefelsaures Silberoxyd zerlegend
                                 										einzuwirken;
                              
                           
                              5) daß der Silberverlust höher ausfällt, wenn das Silber als schwefelsaures
                                 										Silberoxyd mit freien Metalloxyden in Berührung einer längeren starken Rösthitze
                                 										ausgesetzt wird, als wenn es als arsensaures oder als antimonsaures Silberoxyd
                                 										vorhanden ist. Der Grund hievon ist der: daß das schwefelsaure Silberoxyd eher
                                 										zerlegt und in metallisches Silber umgeändert wird, als die anderen beiden
                                 										Salze, und vorzüglich eher, als das arsensaure Silberoxyd; obgleich das
                                 										Verhalten in hoher Temperatur in so ferne ein anderes ist, als das antimonsaure
                                 										Silberoxyd sehr rasch und die beiden anderen Salze nur langsam zerlegt
                                 										werden.
                              
                           
                           
                              Was nun den zweiten Theil der gestellten Frage betrifft: in welchem Zustande wird
                                 										das Silber flüchtig? so wurden darüber ebenfalls Versuche im Kleinen angestellt,
                                 										und zwar folgende:
                              
                           
                              1) Wurden 3 Gramme feinzertheiltes Silber dem Volumen nach mit gleichen Theilen
                                 										feingemahlenen Quarzes in einem Glasmörser sorgfältig gemengt, dieses Gemenge
                                 										wurde in eine 1/2 Zoll weite und circa 20 Zoll lange
                                 										Glasröhre von schwer schmelzbarem Glase gebracht und, nachdem die Stelle der
                                 										Glasröhre, an welcher sich das Gemenge befand, des gleichförmigen Erhitzens
                                 										halber, noch mit Platinblech umgeben worden war, über einer Spirituslampe mit
                                 										doppeltem Luftzug bis zum mäßigen Rothglühen (angehend starker Rösthitze)
                                 										erhitzt, während zugleich aus einem Gasometer trockenes Wasserstoffgas ganz
                                 										langsam darüber wegströmte. Obgleich der Versuch in der angegebenen Weise eine
                                 										ganze Stunde lang fortgesetzt wurde, so konnten aber Zeichen, die eine
                                 										Verflüchtigung von Silber verrathen hätten, durchaus nicht wahrgenommen
                                 										werden.
                              
                           
                              2) Ein ganz auf dieselbe Weise mit Kohlenoxydgas angestellter Versuch führte zu
                                 										demselben Resultate. Als aber
                              
                           
                              3) ein eben solches Gemenge mit Sauerstoffgas behandelt wurde, entstand sehr bald
                                 										in der Nähe des Gemenges, nach dem offenen Ende der Glasröhre hin, ein schwacher
                                 										matter Beschlag von graulichweißer Farbe, der sich nach und nach verstärkte und
                                 										einige Zolle weit in der Röhre hinzog; später bildete sich derjenige Theil des
                                 										Beschlags, welcher dem Gemenge am nächsten war, zu einem ringförmigen
                                 										Metallspiegel aus. Als nach Beendigung des Versuches, zu welchem ebenfalls, wie
                                 										zu den ersten beiden Versuchen, eine Stunde Zeit verwendet worden war, ein Theil
                                 										des entstandenen Beschlags im Achatmörser zerrieben wurde, gab er sich als
                                 										metallisches Silber zu erkennen, was auch eine Prüfung auf nassem Wege
                                 										bestätigte. Die Stelle der Glasröhre, wo das Gemenge gelegen hatte, war sowohl
                                 										unten als oben, und sogar links und rechts, noch ein wenig darüber hinaus von
                                 										aufgenommenem Silberoxyd hell- bis dunkelgelb gefärbt worden; auch
                                 										erschienen die untersten Partien des Quarzes gefrittet und schwach gelb
                                 										gefärbt.
                              
                           
                              4) Ein Gemenge von fein zertheiltem Silber und geglühtem Zinkoxyd auf dieselbe
                                 										Weise, wie bei dem vorhergehenden Versuche mit Sauerstoffgas behandelt, gab im
                                 										Allgemeinen dieselben Resultate; nur war der metallische Silberspiegel nicht
                                 										ganz so auffällig.
                              
                           
                              5) Metallisches Silber in feinzertheiltem Zustande für sich mit Sauerstoffgas
                                 										behandelt, gab ebenfalls einen Beschlag von Silber; auch zeigte die Glasröhre
                                 										nach Beendigung des Versuches an der Stelle, wo das unverändert verändert gebliebene Silber
                                 										lag, von aufgenommenem Silberoxyd eine gelbe Farbe.
                              
                           
                              Aus den Resultaten vorstehender Versuche ist daher der Schluß zu ziehen: daß
                                 										derjenige Theil des Silbers, welcher bei einer oxydirenden Röstung neben dem im
                                 										Flugstaube befindlichen Silber flüchtig wird, nicht als metallisches Silber,
                                 										sondern von einem gewissen Temperaturgrade an, der schon mit einer schwachen
                                 										Rothglühhitze beginnt, sich als Oxyd aus dem Röstgute entfernt, welches in
                                 										freiem Zustande seinen Sauerstoff zwar sehr bald in einer niedrigeren Temperatur
                                 										abgibt und sich wieder in metallisches Silber verwandelt, aber, da dasselbe in
                                 										fast unendlich fein zertheiltem Zustande in den gasförmigen
                                 										Verbrennungsproducten des Brennmaterials und den gas- und dampfförmigen
                                 										Röstproducten vertheilt ist, von denselben auch leicht in die Atmosphäre mit
                                 										übergeführt wird.“