| Titel: | Verfahren zur Fabrication der Fettsäuren, von G. F. Melsens, Professor der Chemie zu Brüssel; patentirt in England am 18. December 1854. | 
| Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XXXV., S. 126 | 
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                        XXXV.
                        Verfahren zur Fabrication der Fettsäuren, von
                           									G. F. Melsens, Professor
                           								der Chemie zu Brüssel; patentirt in England am 18. December 1854.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Septbr.
                              									1855, S. 207.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									II.
                        Melsens' Verfahren zur Fabrication der Fettsäuren.
                        
                     
                        
                           Meine Erfindung besteht in der Anwendung von reinem oder schwach gesäuertem Wasser in
                              									einem auf 340° bis 400° F. (171° bis 204° Cels.)
                              									erhitzten Kessel, zum Verseifen der thierischen und vegetabilischen Fette, d.h. zur
                              									Abscheidung des Glycerins und der Fettsäuren aus denselben.
                           Nach meinem Verfahren werden die natürlichen Fette jeder Art in Fettsäuren und
                              									Glycerin dadurch zersetzt, daß man sie eine gewisse Zeit lang erwähnter Temperatur
                              									in Berührung mit folgenden Flüssigkeiten aussetzt: 1) mit Wasser welches wenige
                              									Procente von Schwefelsäure oder einer andern starken Säure enthält; 2) mit Wasser
                              									welches mit Boraxsäure oder anderen schwachen Säuren gesättigt ist; 3) mit
                              									gewöhnlichem Wasser. Die Zersetzung ist hierbei eine theilweise oder vollständige,
                              									je nach der Dauer der Berührung mit dem gewöhnlichen oder gesäuerten Wasser. Nachdem
                              									die Fettsäuren abgeschieden sind, können sie in die Presse gebracht und nach den
                              									gewöhnlichen Methoden in Kerzen umgewandelt oder in bekannter Weise benutzt werden
                              									um die Seifenfabrication zu vereinfachen. Das reine Wasser ist unter dem Einfluß
                              									einer Temperatur von 340° bis 400° Fahr. (204° Cels.)
                              									hinreichend, um die angegebenen Resultate zu erhalten.
                           Beschreibung des Apparats. – Fig. 1 und 2 stellen den Durchschnitt
                              									und Aufriß eines Apparats dar, um die Fettsäuren mittelst reinen oder gesäuerten
                              									Wassers bei einer Temperatur von beiläufig 400° Fahr. in Freiheit zu
                              									setzen.
                           A, A ist der Hauptkessel, welcher beiläufig 50 Gallons
                              									geschmolzenen Fettes nebst etwa 25 Gallons Wasser fassen kann, so daß noch ein Raum
                              									für 20 bis 30 Gallons leer bleibt. Dieser Kessel ist aus Eisenblech oder Messing von
                              									der erforderlichen Stärke angefertigt und kann nöthigenfalls innen mit einem andern
                              									Metall gefüttert werden. Sein vorderer Theil ist durch eine aufgeschraubte eiserne
                              									oder messingene Platte a, a geschlossen; ein Mannloch
                              										o dient zum Einbringen von Talg oder sonstigem Fett
                              									in festem Zustande.
                           Der Kessel A, A muß für einen Druck von 10 bis 12
                              									Atmosphären construirt seyn, und ist mit folgendem Zugehör versehen: einem
                              									Sicherheilsventil 
                              									S, S'; zwei Röhren, wovon jede einen Thermometer X enthält, von welchen der eine in das Wasser, der
                              									andere in das Fett gesteckt wird, um deren Temperatur anzugeben; einem Manometer M; zwei Glasröhren N, N,
                              									wovon die eine den Stand des Wassers, die andere den des Fettes anzeigt; endlich
                              									zwei Reinigungshähnen R, R'.
                           Ein zweiter Kessel B, B ist in geeigneter Entfernung über
                              									dem ersten angebracht und mit ähnlichem Zugehör versehen, nämlich einem Mannloch H zum Einbringen des Fettes, einem Thermometer,
                              									Manometer, zwei Röhren welche den Stand der Flüssigkeit anzeigen, und einem oder
                              									zwei Reinigungshahnen. Dieser Kessel ist auch mit zwei Röhren versehen, an welchen
                              									die Hähne Q, V angebracht sind, wie bei Dampfkesseln
                              									ohne Speisepumpen.
                           Der Kessel B, B hat ein Fünftel vom Inhalt des Kessels
                              										A, A; die Kessel sind mittelst vier Röhren C, D, E, F verbunden, wovon jede mit einem Hahn, c, d, e, f, zu dem nachstehend angegebenen Zweck
                              									versehen ist. Auf dem Betrieb der Hähne c, d, e, f, V,
                              									und q, welche von Hand bewegt werden, beruht die ganze
                              									Wirkung des Apparats. Das Rohr D ist rechtwinkelig mit
                              									einer horizontalen Röhre δ, δ versehen, welche sich über den ganzen
                              									obern Theil des Kessels erstreckt; diese Röhre ist auf ihrer ganzen Länge mit
                              									kleinen Löchern versehen, um eine bessere Zertheilung der hindurchgehenden
                              									Substanzen zu sichern.
                           Um den Betrieb des Apparats zu erläutern, will ich eine Operation mit rohem Talg
                              									beschreiben. Nachdem man in den Kessel A, A Wasser bis
                              									zum Niveau n, n' und Talg bis m,
                                 										m' gebracht hat, erhitzt man das Ganze allmählich bis der Thermometer
                              									beiläufig 400° Fahr, anzeigt, wo dann die Wirkung des Wassers auf das Fett
                              									beginnt und fortdauert. Nach Verlauf einer gewissen Zeit muß man die Reaction durch
                              									Vermehrung und Erneuerung der Berührungsflächen verstärken, wozu ich mittelst der
                              									vier Röhren C, D, E, F und des Hahns V folgendermaßen operire:
                           Nachdem der Hahn d geöffnet ist, entweicht der Dampf aus
                              									demselben in den Kessel B, B; und durch Oeffnen des
                              									Hahns V entweicht dieser Dampf in die Atmosphäre und
                              									zwar von allen Punkten des Kessels A, A aus; es entsteht
                              									ein ungestümer wasserhaltiger Dampfstrom, welcher durch die Talgschicht m, m' zieht und eine erste Berührung zwischen den zwei
                              									Flüssigkeiten veranlaßt; einige Minuten darnach sperrt man die Hähne d und V ab, und der Kessel
                              										B, B erkaltet; nöthigenfalls kann das Abkühlen
                              									dadurch beschleunigt werden, daß man kaltes Wasser auf ihn spritzt, wodurch ein
                              									theilweises Vacuum entsteht. Wenn man dann die Hähne e
                              									und f abwechselnd und gleichzeitig öffnet, so wird eine
                              									Mischung von geschmolzenem Talg und Wasser in den Kessel B,
                                 										B hinaufgetrieben; schließt man hierauf die Hähne e und
                              										f, und öffnet die Hähne c und d, so wirkt der durch das Rohr C eingeführte Dampf auf das Wasser und den Talg im
                              									Speisekessel B, B und treibt sie durch die Röhren D, δ, δ in den Hauptkessel hinab; die
                              									beiden Flüssigkeiten fallen in Tropfenform auf die Oberfläche des Talgbades, durch
                              									welches nur das Wasser auf seinem Wege zum Boden des Kessels A, A zieht; in Folge dieses doppelten Stroms, welcher in entgegengesetzter
                              									Richtung wirkt, muß das Wasser in dichte Berührung mit dem Talg kommen. Dieser
                              									doppelte Strom muß so oft erneuert werden, als es erforderlich ist um das Glycerin
                              									von den Fettsäuren frei zu machen; jenes löst sich im Wasser auf, sobald es von den
                              									Fettsäuren getrennt ist.
                           Wenn das am Boden des Kessels befindliche Wasser ziemlich mit Glycerin gesättigt ist,
                              									zieht man es ganz oder theilweise durch den Hahn R ab,
                              									wobei zu beachten ist, daß das etwa im Wasser suspendirte Fett nicht verloren geht.
                              									Die Glycerin-Auflösung wird verwendet wenn es erforderlich ist. Das
                              									abgezogene glycerinhaltige Wasser wird durch reines Wasser ersetzt; zu diesem Zweck
                              									stellt man im Kessel B, B mittelst der Hähne d und V das Vacuum her, und
                              									setzt das Rohr Q dann mit dem Wasserbehälter in
                              									Verbindung; sobald das Wasser in den Kessel B, B
                              									eingezogen ist, treibt man es durch Oeffnen der Hähne c
                              									und d in den Kessel A,
                                 									A.
                           Dieselbe Verfahrungsweise dient zum Einbringen des Talgs in den Kessel A, A, nämlich aus einer Kufe worin er im flüssigen
                              									Zustande erhalten wird; ich ziehe es jedoch vor, direct mittelst des Speisekessels
                              									zu operiren. Nachdem man nämlich den Talg durch das Mannloch in den Speisekessel
                              									gegeben hat, wird er entweder durch äußerliches Erhitzen desselben geschmolzen, oder
                              									besser mittelst Wasser und Dampf, die man dem Hauptkessel entnimmt; nachdem der Talg
                              									geschmolzen ist, treibt ihn die vorher beschriebene Wirkung der Hähne in den
                              									Hauptkessel. Wenn man rohen Talg in den Kessel gibt, so muß man die Röhren an der
                              									Eintrittsstelle mit Drahttuch oder feindurchlöchertem Blech füttern, um die Grieben
                              									zurückzuhalten, welche sonst die Hähne verstopfen könnten.
                           Die Operation wird mit ununterbrochener Feuerung durchgeführt. Zur Sicherheit setze
                              									ich den Manometer mit einem Schlagwerke in Verbindung, um den Heizer zu warnen,
                              									falls der Druck den erforderlichen Grad überschreiten sollte.
                           Damit die Temperatur die erforderliche Gränze nicht überschreiten kann, construire
                              									ich den Kessel so, daß die heißen Gase dem Kesselboden schnell entzogen werden
                              									können, der auch mittelst eines Luftstroms abgekühlt werden kann; Fig. 3 zeigt die hiezu
                              									dienende Anordnung.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
